"Daher geht der Weise in die alte Rumpelkammer und  findet da oft große Schätze vom Staube der Zeremonie bedeckt. Den Staub wischt er weg und legt das reine Gold in seine Schatzkammer. Desgleichen tuet auch ihr!" (HiG.01_40.08.20,15)



Zu den christlichen Kirchen


1

"So wie Moses zuvor, war später Petrus der Felsen, auf den Meine Kirche gegründet wurde. Alle Umwälzungen und Stürme konnten sie nicht vernichten. Entstellt ist sie zwar oft genug worden durch die Herrschsucht und Macht einzelner Menschen; aber wie einst vor Meinen Aposteln Meine Verklärung zugelassen wurde, bei der durch Meine irdische Form Meine geistige, göttliche hindurchleuchtete, so geschieht es auch jetzt: Aus dem irdischen Prunk und den Zeremonien des katholischen Kultus und seiner Irrlehren beginnt das geistige Gewand hindurchzuleuchten. Die Klärung und Verklärung beginnt. Aus Nacht wird Dämmerung, aus Dämmerung - Tag!

 

Das Licht der so lange zurückgehaltenen Wahrheit bricht durch. In allen Gemütern lebt die Ahnung einer höheren Extase, einer Verklärung. Alle fühlen den Geisteswind, der durchs Weltliche hindurchströmt und die Eingeschlafenen weckt. Wie ein Lichtstrahl durch einen Fensterladen auf einen Schlafenden fällt und dieser, durch dessen Lebenskraft geweckt, anfängt, sich im Bette herumzuwälzen und doch nicht weiß, wie ihm geschieht, - so bricht diese Verklärung an. Es dämmert schon in vielen Köpfen.

 

Moses bereitete das mit ihm lebende Judenvolk zu Meinem Empfange vor, Petrus das nach ihm kommende Geschlecht und die in der Jetztzeit von Meiner Lehre begeisterten Lehrer, welche noch kommen, werden die Johannesse sein, die - wie einst Meine Jünger - auch Meine Lieblinge werden bis in ihr spätes Alter Zeugen Meiner Liebe, Meiner Gnade sein sollen. So vollzieht sich stets der nämliche geistige Läuterungsprozeß, zuerst vom Festen ins Leichtere, dann vom Leichteren ins Flüchtige und vom Flüchtigen ins Luftartige und endlich ins Geistige.

 

Wie Ich in jener Zeit ans Kreuz genagelt, Meine Lehre verhöhnt und Meine Jünger beschimpft und verfolgt wurden, so wird es wieder sein. Statt Meiner Person werden die Menschen Meine Lehre ans Kreuz schlagen und sie verhöhnen. Meine Kämpfer werden ebenfalls mit allerlei Unbilden zu kämpfen haben; aber auch sie werden siegreich hervorgehoben und Mich dann bei Meiner nächsten Wiederkunft verklärt erblicken und die Stimme ihres Gewissens wird ihnen dann zurufen: `Segen euch, weil ihr Diesem treu geblieben, Seine Worte gehört, ausgeübt und auch andern mitgeteilt habt, so wie Er sie von den Menschen verstanden wissen wollte!`

 

Die Verklärung wird aber dann nicht - wie einst bei Meinen Jüngern - ein Ende haben, sondern Meine Vorkämpfer werden Mich ewig von Angesicht zu Angesicht sehen können, werden mit allen früher Hinübergegangenen sich Meines und ihres Sieges freuen können.

 

Dies ist der entsprechende Sinn der Verklärung. Trachtet auch ihr danach, daß ihr solcher teilhaftig werden möget, damit auch ihr zu jenen gezählt werden könnt, die alles Weltliche hintansetzend, nur Mich und Meine Lehre zum Hauptzweck ihres Lebens, ihres Strebens gemacht haben! Dann werdet ihr in Momenten der höchsten Wonne, wo eure geistige Sehe geöffnet wird, Den in Person verklärt sehen können, der euch schon so lange mit Seinen Segensworten überhäuft und zu Seinen Kindern machen möchte. Amen." (PH.01_014,16ff)

 

2

"Ist es wohl löblich, wenn Kinder ihre kranke Mutter verlassen und der Leidenden den Tod wünschen ihrer vielen Gebrechen halber?

 

Ich sage, die römische Kirche ist eine Hure; aber ihr seid denn doch in ihr  geboren worden und habt die erste Kindermilch aus ihrer Brust gesogen. Sie lehrte euch zuerst Meinen Namen nennen, nährte euch wie eine recht zärtliche Mutter und untersagte euch nur das Naschen solcher Speisen, die euch den Magen verdorben hätten.

 

Sie weckte dadurch in euch den Appetit zu kräftigeren Speisen der Seele und des Geistes, welche nach Meinem Willen euch (von Mir) nie vorenthalten wurden, so dass ihr nach Herzenslust habt schwelgen können. Und noch heutzutage schwelget ihr wie nicht bald jemand – in ihrem Schoße!

 

Wie kommt es denn nun, dass ihr mit Jakobus und Johannes rufet: Herr, lasse Blitz und Schwefel regnen auf ihr krankes Haupt!?

 

Hört, da schaut noch ganz wenig wahre Liebe heraus!

 

Meinet denn ihr, Vernichtung sei der Weg zur Besserung!? O nein, da irret ihr euch gar abscheulich. So meinten denn auch alle Sektenstifter. Aber sie haben sich ebenfalls sehr geirrt, und die Folge war: Bruderzwist, Krieg, Mord und Greuel aller Art!

 

War eine solche Besserung gesegnet? Oder kann da eine Sekte sagen: `Meine Lehre ist nicht mit dem Blute der Brüder besiegelt!?`

 

Sehet, sie, die Römerin, ist dasjenige ehebrecherische Weib, welches da hätte gesteinigt werden sollen. Ich aber sage auch hier: Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie! -

 

Wieder ist sie das kananitische Weib und hat einen großen Glauben und viel Liebe. – Wieder ist sie das Weib, das da zwölf Jahre am Blutgange litt und Mir aus Meinem Kleide die Heilung stahl und genaß, da sie viel Glauben und Liebe hatte. – Und wieder ist sie gleich der großen Hure und hernach Büßerin Magdalena, die da Meine Füße salbte. – Unter allen diesen Gestalten kann die römische Kirche auftreten.

 

Dagegen sind andere Jünger voll Ärgers, so sie von Meinem `Fleische und Blute` hören. Sie glauben, was sie wollen, beleben sich mit den Brosamen, die von ihrer Herren Tische fallen (was da ist mein zerstückeltes Wort) und wollen in ihrem übermütigen Taumel beweisen, dass Ich gar nicht sei; und wenn doch noch etwas von Mir übrigbleibt, so kann Ich erst dann sein, wenn sie so herablassend waren und Mich in ihre `Idee` aufgenommen haben.

 

Wahrlich Ich sage: So irgendeine Sekte im Vollbesitze Meines Wortes zu keiner besseren Vorstellung von Mir gelangen kann als zu einer solchen, die auf Meine gänzliche Vernichtung ausgeht, da sind Mir (...) unvergleichlich lieber die Römischen, allwo man Mir als Gott und Herrn doch noch immer wenigstens ein äußerliches, sichtbares Opfer darbringt, welches für viele ein lebendiges Denkmal Meiner Erlösung ist.

 

Sehet, so steht es also mit Rom! – Ich habe kein Wohlgefallen am Vatikan noch an der Peterskirche. Und es wäre Mir an deren Stelle ein Armenhaus überaus lieber. Rom ist eine Stadt, die mit den Königen der Welt Hurerei getrieben hat. Sie ist eine Hure und tut wie eine Hure. Sie schmückt ihr Fratzengesicht und zieht ihrem halbverwesten Leibe schöne Kleider an, um auszusehen, als wenn sie noch eine Jungfrau wäre.

 

Seht, dieses alles und tausenfach anderes ist Mir wohlbekannt. Aber sagt ihr nicht selbst: Eine Hure erzieht ihre Kinder oft besser als eine stolze Mutter, die da glaubt, sie habe alle Meine Weisheit mit dem Löffel gegessen!?

 

So sage auch Ich: Diese Hure hat schon sehr viele gute Kinder erzogen und hat dadurch Meine Füße gesalbt. Daher will Ich ihr helfen und sie ansehen, damit sie Buße tue; denn sie hat viel gesündigt, aber auch viel geliebt!

 

Zu euch aber sage Ich, dass ihr in ihr geboren und getauft wurdet, daher sollet ihr auch nicht Vernichtung, sondern Heilung ihr wünschen. Ich gebe euch den Balsam und heile in euch das Erbübel. So ihr nun lebet nach den gegebenen Regeln, so wird euch die Kirche achten. Und so sie an euch erfahren wird Wunderdinge, so wird sie selbst nach dem Balsam verlangen und wird im stillen viele ihrer Wunden heilen. So ihr aber wollet abtrünning werden, so wird wenig Segen an eure Brüder gelangen!

 

Lebet, wie ich euch gezeigt habe, dann wird euch auch nie eine Untersuchung Meinetwegen treffen! Denn Ich werde euch beschützen und Mein Werk wird ungehindert ans Tageslicht treten als ein großer Magnet, der alles an sich ziehen wird. Aber ihr müsst ihn nicht entkräften durch euren Ungehorsam und durch solche Zweiflerei.

 

So ihr sagt: Wie kann da ein neunundneunzigfacher Segen darin sein? – Da sage Ich: Es werden sich die Engel über einen büßenden Sünder neunundneunzigmal mehr freuen als über ebenso viele Gerechte, die da meinen, durch Mein Vollwort gerechtfertigt zu sein. –

 

Denn das sage Ich wahrlich: Luther, Calwin, Melanchthon u.a. mehr wiegen nicht einen Johann vom Kreuz, noch einen Johann von Gott, noch einen Franziskus, noch einen Thomas von Kempen, noch einen Taulerus, noch eine Theresia und noch viele tausend andere auf.

 

Ja da hätten die namhaften Protestanten noch sehr vieles lernen können! Selbst Swedenborg hat in Rom manches erfahren, was ihm erst die Pforte zum inneren Leben ganz bedeutend zu öffnen geholfen hat; denn er war einer, der sich aus allem die Quintessenz zu verschaffen wusste und tatsächlich davon den Nutzen zog.

 

Seht, daher geht der Weise in die alte Rumpelkammer und findet da oft große Schätze vom Staube der Zeremonie bedeckt. Den Staub wischt er weg und legt das reine Gold in seine Schatzkammer. Desgleichen tuet auch ihr! –

 

Denn es steht geschrieben: `Laßt die Kleinen zu Mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solcher ist das Reich der Himmel!` Und wer nicht wird gleich ihnen, wird nicht kommen alsbald in Mein Reich, als bis er wird wie sie, die da nicht grübeln, sondern in der Einfalt den Eltern aufs Wort glauben und darnach tun; und selbst, wenn sie durch Meine Gnade den Eltern entwachsen sind, noch immer ihr Wort ehren, wenn sie es auch nicht benötigen.

 

Noah fehlte, da er sich berauschte; aber er hat den Sohn verflucht, da er gelacht hat. Und die zwei, die, ihn liebend, seine Blöße bedeckt haben, hat er gesegnet. Desgleichen wie die zwei besseren Noahsöhne tuet auch ihr, wollt ihr neunundneunzigmal gesegnet sein! – Das sage Ich, die Ewige Liebe und Weisheit. Amen, Amen, Amen.“ (HiG.01_40.08.20,06)

 

3

"...Denn alles ist nicht schlecht an der Römerin! Nur das ist ein Greuel, so sie des irdischen Mammons wegen Mittel ergreift, die rein höllischer Natur sind - als da sind: falsche Wunder, falsche Heilmittel, Ablässe, Reliquien und Bilderdienst, Amulette, fromm klingende Zaubersprüche, blinde Zeremonien, Gnadenwallfahrtsorte, Kirchenschätze für leeren kirchlichen Luxus, hohe Ämter und Ehrenstellen, die ausgedehnteste Herrschsucht und die hartnäckigste Alleinrechthaberei.

 

Ich will von den Meßopfern nichts sagen, nichts von ihrer Ohrenbeichte, von ihren Tempeln, Glocken und Orgeln, nichts von würdigen Kunstwerken, nichts von der Heilighaltung ihrer Bethäuser und nichts von den Begräbniszeremonien für die Verstorbenen. Denn dies alles im reinen Sinn würdig benützt ist nicht untauglich, das menschliche Gemüt zu erheben und zu veredeln. -

 

Aber daß die Römerin diese an und für sich reinen Dinge dazu gebraucht, das menschliche Herz zu verdummen und blind glauben zu machen, daß man durch sorgfältigsten Gebrauch alles dessen zum Leben in den Himmeln und nur durch sie zu Meiner Gnade gelangen könne - das ist schlecht.

 

Denn dadurch werde Ich bei den Kindern als Vater zu einem Tyrannen gemacht, den die Dummheit wohl fürchtet, aber nie liebt!

 

Die Verständigen und Weltläufigen aber fangen dann an, Meiner sich zu schämen. Sie wollen dann oft von einem solchen Erlöser, wie ihn die Römerin schildert, nichts mehr hören und verwerfen damit das Kind samt dem Bad.

 

Und das bewirkt die römische Kirche durch ihre eigenmächtigen Lehren, Satzungen, Zugeständnisse und Privilegien, die sie als von Mir empfangen vorgibt, und durch allerlei geduldeten und gepredigten Aberglauben.

 

Das ist es aber, wodurch sie selbst sich zugrunde richtet und eigentlich schon zugrunde gerichtet ist." (RB.02_223,09)

 

4

"Es kommt die Zeit, wo man Gott allenthalben im Geiste und in der Wahrheit anbeten wird, und nicht zu Jerusalem und nicht auf dem Berge Garizim! - Also leset ihr auch in der Schrift. -

 

Demnach aber ist dann ja Geist, Wahrheit, rechte Erkenntnis, Glaube, Vertrauen und wahre Liebe zu Gott und dem Nächsten in jedes einzelnen Menschen Herzen der einzig und alleinig wahre Fels und die dann von Mir Selbst darauf lebendig erbaute Kirche, die allein der Hölle Trotz bieten kann ewig.

 

Alles andere aber ist ein eitles Werk der Menschen und gilt für ganz und gar nichts und gibt gegen die Hölle nicht den allerleisesten Schutz, wenn der wahre Fels und die wahre lebendige, bei jedem einzelnen Menschen erbaute Kirche dabei mangelt.

 

Es ist daher auch eine eitle Frage, welche äußere, sichtbare Kirche unter den vielen, die Meinen Namen führen, die rechte sei.

Die Antwort darauf lautet und kann ewig nie anders lauten als: Gar keine!

 

Nur die Kirche im Herzen, das Ich gemacht habe, ist die alleinige rechte und vor der Hölle für ewig gesicherte; alles andere hat die Welt ausgeheckt, gehört ihr an und gilt vor Mir ewig nichts!" (HiG.03_47.05.25,10ff)

 

5

"Wo nicht Christus gepredigt wird in seinem wahren Geiste, da ist falsches Prophetentum an Stelle einer wahren Kirche!" (Er.01_073,01)

 

6

Eine Geschichte bzw. eine Entsprechung über die "Gestalten der verschiedenen christlichen Kirchen" aus Lorber, "Die geistige Sonne"

 

"Wenn ihr unserem Ringwall eine bedeutende Aufmerksamkeit schenket, so werdet ihr sehen, daß innerhalb desselben nicht nur eine, sondern mehrere Bahnen am inwendigen Flächenrande den Anfang nehmen und schnecken- oder spiralförmig sich gegen das verschlossene Gezelt drehend hinaufziehen.

 

Wenn ihr noch aufmerksamer hinsehet, so werdet ihr dazu noch entdecken, daß alle diese Bahnen auf eine wohlberechnete Weise gegen das Gezelt also angelegt sind, daß man auf gar keiner zur Eingangstür in das Zelt gelangen kann.

 

Dennoch heißt es am Rande der bedeutenden Fläche: Wer da die schmalste Bahn ersehen kann und dann, ohne sich auf eine Seitenbahn zu verirren, fortwandelt, der gelangt sicher und unfehlbar in das Gezelt, allda ein großer Lohn seiner harret.

 

Sehet, wo immer eine solche Bahn von außen nach einwärts beginnt, da auch befinden sich ein sogenannter Bahnchef, ein Bahndirektor und noch eine ziemliche Menge anderer Helfershelfer. Sehet, wie sie alle außerordentlich ernste und ganz wichtige Mienen machen. Auf dem breiten Walle sehet ihr eine große Menge Menschen beiderlei Geschlechtes.

 

Sehet, wie dort bei einem Bahnanfange die sämtlichen Bahninteressenten und hauptsächlich der Bahnchef ihre Bahn als die allein richtige anpreisen und sagen: daher kommet alle! Diese Bahn ist die allein richtige, auf welcher ihr ganz sicher zu der Türe des Gezeltes und somit auch in das Gezelt selbst gelangen könnet, wo ein unermeßlicher Preis euer harret!

 

Aber sehet, gleich der nächste nachbarliche Bahnchef schreit und sagt den Gästen: Lasset euch nicht anführen! Zahlet uns das viel billigere Bahngeld, denn unsere Bahn ist die älteste, somit auch approbierteste; auf ihr sind schon so viele Tausende und Tausende in das Gezelt gelangt und haben sich dort ihren hohen Preis abgeholt.

 

Doch der erste Bahnchef erhebt sich sogleich, ganz gewaltig protestierend, und warnt auf das Allerdringendste die Gäste, den betrügerischen Lockungen des zweiten Bahnchefs zu folgen.

 

Aber sehet, gleich daneben ist schon wieder ein dritter Bahnchef. Der schlägt zwar keinen Lärm, macht dabei ein ganz gutmütiges und mitleidiges Gesicht und die Gäste fragen ihn, warum er solches tut, was ihm denn so sehr am Herzen liegt? Und dieser ruft ihnen ganz bescheiden mit stillen Worten zu und sagt: Wer sollte da nicht traurig sein?! Diese Armen gehen ja alle den falschen Weg, während doch nur dieser der allein richtige ist und beinahe schnurgerade zur Türe des Gezeltes hinlenkt.

 

Ich sage euch nicht: Kommet hierher, sondern wenn ihr es allenthalben werdet erfahren haben, daß ihr nichts erreicht habt als eine vergebliche leere Plackerei, so werdet ihr euch schon selbst zu meiner Bahn verfügen. Ich sage euch: Mir ist es sogar nicht einmal recht, so jemand zu meiner Bahn läuft und macht dadurch meine ränkesüchtigen nachbarlichen Bahnchefs eifersüchtig. Wenn er sich überall überzeugen wird, daß er geprellt worden ist, wird er ohnehin zu mir kommen und wird mir noch gern einen hohen Bahnpreis bezahlen, so ich ihm nur meine Bahn eröffnen will.

 

Aber sehet da einen vierten Bahnchef, wie er heimlich verschmitzt auf seinen Nachbar herübersieht, seinen Kopf schüttelt und endlich spricht: Nur zu! Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Ich sage euch, meine Adjunkten, lasset alle diese Wallgäste unangefochten. Sollen die Narren machen, was sie wollen; wir laden ja keinen ein, sondern übersteiget den Wall hinaus ins Freie. Dort draußen fischet und bringet sie daher. Wenn diese auswendigen Dummköpfe sobald hierher gebracht werden, da sind wir wohl sicher, daß sie keine andere Bahn suchen werden und keine andere betreten als die unsrige. Wir pflanzen nur eine Fahne auf mit der Inschrift: Einzig richtige Bahn zum Ziele!, machen dabei aber so wenig Spektakel als möglich, und die fetten Fische gehören alle uns!

 

Sehet aber weiter! Daneben ist schon wieder eine andere, ganz schmale und dürftig ausgestattete Bahn. Der Bahnchef sitzt gar kümmerlich am Eingang und scheint sich um niemanden zu kümmern; seine wenigen Adjunkten folgen seinem Beispiele. Sehet, wie sich mehrere Gäste zu diesem Bahnchef hinunterziehen und ihn gar verstohlen fragen: Wie steht es mit deiner Bahn? Er sagt darauf gar nichts als nur die wenigen Worte: Meine Bahn spricht für sich selbst; wer sie wandeln will, der wird sich überzeugen, ob sie ihn zum Ziele bringen wird oder nicht. Diese sonderbaren und geheimnisvollen Worte machen viele stutzen, und bei ihm fangen bedeutend viele Bahngäste an, sich einzufinden.

 

So sie um den Preis fragen, da sagt er: Hier ist kein Preis, sondern wer diese Bahn betreten will, der gebe alles, was er hat, denn er wird auch alles wiederfinden; ich für mich aber brauche nichts! Diese Bedingung macht dann die Bahnlustigen wieder stutzen, und es zieht sich einer um den andern wieder auf den Wall zurück.

 

Aber sehet, daneben ist gleich wieder eine andere Bahn. Sie hat einen ganz griesgrämigen alten Bahnchef. Dieser hat eine förmliche Einnahmekasse vor der Bahn aufgerichtet. Er ladet zwar niemanden ein, aber wer dahin kommt und fragt ihn: Was ist das für eine Bahn, und führt sie wohl in das Gezelt?, zu dem spricht der Bahnchef ganz leise und geheimnisvoll: Freund, es war noch keine Bahn als diese, und diese allein ist die älteste und verbindet sich mit der Pforte des Gezeltes. Willst du sie wandeln, so wird es dein Schade nicht sein; nur mußt du das Bahngeld, welches so und so viel beträgt, in feiner, klingender Münze bezahlen. Dafür aber bekommst du einen Wechsel gleichlautenden Wertes.

 

Wenn du die Bahn richtig wandelst und dich am Wege nicht von einer andern verlocken läßt, so kommst du ohne weiteres ins Gezelt und machst somit den Haupttreffer. Solltest du dich aber doch verirren, so hast du dabei noch gute Hoffnung, denn mit diesem Wechsel in der Hand wirst du dennoch für deine hier eingelegte klingende Münze allzeit so und so viel an Interessen zu beziehen haben.

 

Dieser Bahnchef, wie ihr sehet, hat einen sehr bedeutenden Zulauf von groß und klein, aber nicht etwa der Bahn wegen, sondern allein des reinen Geldgeschäftes wegen; daher strotzt er von Gold und Silber und allerlei Edelgestein.

 

Was aber das Gezelt betrifft, um das bekümmert er, der Chef,  sich sozusagen nicht im Geringsten mehr, denn seine Sache sind nur Geldgeschäfte.

 

Aber sehet ferner hin; da gibt es noch mehrere wenig betretene Bahnen. Ihre Bahnchefs werden von den Hauptbahnchefs gewisserart nur geduldet; daher sitzen diese auch ganz still bei ihren Bahnen. Kommt ein Wallfahrer zu einem oder dem andern, so ist es wohl und gut; kommt aber niemand, so lassen sie sich darum auch kein graues Haar wachsen. Sie stehen im Grunde nicht auf den Bahnertrag an, sondern sie unterhalten sich so ganz gemächlich mit ihren allerlei Krambuden, die sie bei ihren Bahnen aufgestellt haben. Werden sie von jemandem heimlich gefragt: Ist diese deine Bahn die richtige?, so sagen sie ganz gleichgültig: Wenn dies nicht die richtige ist, welche soll es denn sein?

 

Und sehet, so ist diese Kreisbahnebene umlagert von lauter Bahnchefs, Großen, Schreienden, Beklagenden, Schweigenden, Heimlichtuenden; mit Ausnahme einer einzigen Bahn, welche nämlich die schmalste ist, findet ihr überall Wandler und Zielsucher.

 

Da aber zu Ende alle Bahnen eingezäunt sind, so geschieht es, daß alle diese Bahnwandler am Ende an die Wand des Gezeltes anstoßen. Zur Türe gelangt keiner.

 

Und so viele ihr eilig dahinwandeln sehet, ebenso viele werden an der schroffen Wand abgestumpft und suchen umkehrend wieder die Freiheit, indem sie durch ihr Bemühen nichts erreicht haben. Alles drängt sich hin zu jenem Bahnchef, der gegen klingende Münze Wechsel ausstellt.

 

Und sehet, sogar alle die übrigen Bahnchefs senden unvermerkt ihre Adjunkten mit Beuteln voll Silbers und Goldes hin und lassen sich von ihm dafür Wechsel ausstellen.

 

Aber nur zu unserem armseligen Bahnchef, der am Eingang der engsten Bahn ruht, begibt sich niemand hin. Dieser allein hat somit auch wenig zu tun, und so noch jemand hingehen will, so wird er entweder verlacht oder aber von den ersteren Bahnchefs gewaltsam davon abgezogen.

 

Nun aber sehet noch einmal hin, wie auf dem Wall eine bedeutende Menge tüchtiger Späher sich aufgestellt hat, und verfolgen mit ihren Augen die schmale, völlig unbetretene Bahn. Einige darunter sagen: Sehet hin, eine Bahn führt richtig zur Türe. So aber alle Bahnen rings umher an die blanke Wand nur führen, wer weiß, ob nicht gerade diese schmale Bahn zur Türe führt?

 

Sehet, eine Menge zieht sich schon um den Wall herum und verfolgt mit ihren Augen die Bahn. Die Bahnchefs begreifen nicht, was dieses Herumwandeln bedeutet. Aber wehe allen, wenn diese glücklichen Spione den richtigen Gang der schmalen Bahn werden ausgekundschaftet haben. Dann wird es arg mit ihnen sein, denn sie werden zur Rechenschaft gezogen werden. Alle ihre Bahnen werden zerstört und gleichgemacht werden der engen Bahn; und der unansehnlichste Bahnchef wird alles Geschäft an sich ziehen. -

 

Daher wundert euch nicht, daß man auf dem Ringwalle schon häufig ein Gelächter vernimmt, besonders über die am meisten schreienden Bahninhaber. Solches Gelächter hat seinen guten Grund, und ihr könnet es glauben: Alle diese gegenwärtigen Hauptbahnen müssen mit Hohn und Gelächter belegt werden; alle ihre Bahnen und großen Verheißungen müssen zuschanden werden, wenn die Hauptlinie gefunden wird!

 

Glaubet es aber, wie euch diese geistige Erscheinlichkeit lehrt, also verhält es sich auch in der Tat!

 

Es gibt schon gar viele scharf sehende Bahnforscher auf dem Walle, und sie haben nur noch die letzte halbe Schneckenbahnwende zu erforschen.

 

Wenige Blicke und Schritte mehr, und ihr werdet die schmale Bahn ganz reichlich betreten erblicken!

 

Ihre Wandler werden unfehlbar zur Türe und ins Gezelt gelangen, werden da die großen Schätze nehmen und sie zeigen allen Gästen.

 

Wenn solches geschehen wird, dann wird es auch geschehen sein um alle anderen Bahnen. Die Gäste werden über alle die Bahnen hereinbrechen, alle Zäune niederreißen und sich so von allen Seiten der Türe des Gezeltes nahen.

 

Es braucht kaum näher bestimmt zu werden, daß die erstbesprochene Bahn das Hierarchentum, die zweite die griechische Kirche, die dritte die protestantische, die vierte die engliche Kirche bezeichnet; und daß die anderen kleineren Bahnen noch verschiedene andere Sekten bezeichnen.

 

Wenn ihr nun solches wisset, so wisset ihr damit auch alles, was da dieses Bild bezeichnet." (GS.01_14,01ff)


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