"...Des Menschen Kopfverstand hat keinen andern Weg, als den der materiellen Anschauung und sinnlichen Betastung. Ein geistig lebensvoller Glaube aber kann in einem sinnlichen Gemüt ebensowenig Wurzeln fassen wie ein Weizenkorn auf einem Granitfelsen." (RB.01_035,01f)



Vernunft, Verstand und freier Wille


1

Der Herr: "Der Verstand gehört der Welt, ihren Bedürfnissen und ihren materiellen Interessen.

 

Mein lieber Freund! Schon oben habe Ich es gesagt: der Verstand gehört zu der Beurteilung von Weltdingen, Maschinen zu erfinden und Entdeckungen zu machen, um euer Leben bequemer einzurichten, oder dem einen oder dem andern mehr Macht zum Herrschen einzuräumen und so weiter. Aber was ihr auch alles mit dem Verstande nur immer aushecken möget, Meine Schöpfung, ihr `Warum so und nicht anders` könnt ihr damit nicht ergründen. Mit dem Gefühl könnet ihr es wohl ahnen, aber auch nicht begreifen; nur erst, wenn Ich Mich ins Mittel lege und euch einen Blick in Mein Wirken machen lasse, nur dann wird euch etwas Licht werden, und dann werdet ihr aber auch mehr den liebenden Vater als den unerbittlichen Gott in Mir finden, Der nie zerstören, sondern stets aufbauen und sammeln will! (Gottfried Mayerhofer, "Lebensgeheimnisse": "Worte an einen Rationalisten", siehe linke Randspalte unter "Einführende Texte")


2

Der Herr: "Mein Freund, solange der Mensch bloß aus seinem Verstande heraus Definitionen macht, kann er vom Glauben und vom Gebet auch keine andere Meinung haben, als du sie Mir sehr unumwunden kundgegeben hast. Denn des Menschen Kopfverstand hat keinen andern Weg, als den der materiellen Anschauung und sinnlichen Betastung. Ein geistig lebensvoller Glaube aber kann in einem sinnlichen Gemüt ebensowenig Wurzeln fassen, wie ein Weizenkorn auf einem Granitfelsen. Wohl hat es da eine feste Unterlage; aber weil der harte Fels keine Feuchtigkeit hat, die das Weizenkorn auflöst und den Keim frei macht, so bleibt das Korn auf dem harten Felsen eine Zeitlang, was es war. Mit der Zeit jedoch stirbt es dann gänzlich ab, weil es keine Nahrung hat. Was nützt dir all dein Wissen und deines Verstandes Gehorsam, den du Glauben nennst, so dein Geist keinen Anteil daran nimmt?

 

Siehe, jeder Mensch hat ein doppeltes Erkenntnisvermögen; ein äußeres, das ist der Kopf- oder eigentlich äußere Seelenverstand. Mit diesem Erkenntnisvermögen läßt sich nie das göttliche Wesen erfassen und begreifen, weil es der Seele gerade nur darum gegeben ward, um den Geist in ihr von der Gottheit vorderhand zu trennen und ihm diese auf eine Zeitlang verborgen zu machen. Will nun eine Seele mit diesem alleinigen negativen Vermögen Gott suchen und finden, entfernt sie sich stets desto weiter vom Ziele, je hartnäckiger sie auf diesem Wege dasselbe verfolgt.

 

Aber die Seele hat noch ein anderes Vermögen, das nicht in ihrem Kopfe, sondern in ihrem Herzen wohnt. Dieses Vermögen heißt inneres Gemüt und besteht aus einem ganz eigenen Willen, aus der Liebe und aus einer diesen beiden Gemütselementen entsprechenden Vorstellungskraft. Hat diese einmal den Begriff vom Dasein Gottes in sich aufgenommen, so wird er dann sogleich von der Liebe umfaßt und durch ihren Willen festgehalten, - welches Festhalten dann erst `Glauben` heißt.

 

Durch diesen Glauben, der lebendig ist, wird der wahre Geist erweckt. Der beschaut dann seinen Erwecker, erkennt und ergreift ihn sogleich, richtet sich darnach auf wie ein mächtiges Licht aus Gott und durchdringt dann die Seele und umwandelt in ihr alles ins Licht. Und dieses Licht ist dann der eigentliche Glaube, durch den jede Seele selig werden kann." (RB.01_035,01ff)


3

Der Herr: "Bis zum Menschen sorgt ganz Gottes Liebe, Weisheit und Macht dafür, dass die Entwicklung des in der Weltmaterie gefesteten und gehaltenen Urgeistlebens von Stufe zu Stufe in eine stets größere Vollendung übergehe und sich fortbilde; aber beim Menschen, als dem Schlussstein der Urgeist-Lebensentwicklung, geht diese Sache dann notwendig anders.

 

Was seinen materiellen Leib anbelangt, so ist dessen Einrichtung auch noch zum allergrößten Teil von der Liebe, Weisheit und Macht Gottes abhängig, - aber nicht so die Entwicklung der Seele und ihres Geistes.

 

Dieser ist gegeben die Vernunft, der Verstand, ein freies Denken, ein vollkommen freier Wille und die Kraft zu handeln, wie sie es für gut und nützlich erkennt.

 

Damit aber die Seele wissen kann, wie sie zu handeln hat, um zur endlichen und gottähnlichen materielosen und von allem Gerichte befreiten und also vollends freiesten Lebensselbständigkeit nach der Ablegung des Leibes zu gelangen und vor dem Angesichte Gottes bestehen zu können, so werden ihr von Gott die Wege gezeigt, die sie zu wandeln hat, um seligst zum endlichen Lebensziele zu gelangen.

 

Es kommt dann auf den wahren Verstand und Willen der Seele selbst an, sich von allen Banden der alten gerichtsvollen Materie frei zu machen und sich durch die materiellen Weltgelüste nicht wieder wie von neuem von der Materie gefangennehmen und verschlingen zu lassen." (GEJ.09_102,03ff)


4
„...Du wirst daraus nun wohl entnehmen können, dass der Mensch mit seiner puren Vernunft und mit seinem noch so klaren und scharfen Verstande von alle dem, was geistig ist, nichts fassen kann.

 

Er kann nicht begreifen das Leben und dessen Grund-Endzweck; denn die Vernunft und der Verstand haben ihren Grundsitz im Gehirne und im Blute, das das Gehirn in einer gewissen tätigen Spannung erhält, wodurch dieses die Fähigkeit beibehält, die Eindrücke und Bilder der materiellen Außenwelt aufzunehmen, sie zu vergleichen in ihren Formen und Wirkungen und sich endlich daraus einen Kreis von allerlei Schlüssen zu bilden.

 

Aber alles das sind Dinge und Abbilder der Materie, in der des Kopfes Sinne nimmer etwas Geistiges zu entdecken imstande sind.

 

Weil aber das Leben doch nur etwas Geistiges sein kann, so kann es auch nur in und durch sich selbst begriffen werden.

 

Es müssen im Menschen sonach noch andere Sinne vorhanden sein, durch die er auch das geistige Lebenselement in sich erfühlen und erschauen und also nach und nach auch begreifen kann in allen seinen Tiefen, Verbindungen und Beziehungen. Welches sind aber solche inneren Sinne? –

 

Siehe und höre! Da gibt es eigentlich nur einen einzigen Sinn, und der heißet Liebe, die da wohnt im Herzen. Dieser Sinn muß vor allem gestärkt, gebildet und geläutert werden, und alles, was der Mensch tut, was er will, was er denkt, und was er urteilt, muß von der lebensheißen Lichtflamme aus dem Feuer der reinen Liebe erleuchtet und durchleuchtet sein, damit da alle Geister erwachen am Morgen des im Menschenherzen werdenden Lebenstages.

 

Werden alle Lebensgeister in den Gedanken, Worten, Taten und Werken wach, so werden sie sich zu regen anfangen, und der des inneren geistigen Lichtes volle Mensch wird bald und leicht ihrer gewahr, weil sie schon in dem ersten Beginne ihrer Regungen sich unter allerlei Formen zu äußern beginnen.

 

Diese Formen aber sind keine zufälligen und leeren, sondern alle entsprechen irgendeiner sehbaren geistigen Tätigkeit aus der Sphäre der Ordnung aus Gott.

 

Solches aber kann der Mensch mit seinem Verstande und mit seiner eitlen Vernunft nimmer erschauen, sondern nur mit den lebensflammenden Augen seines Geistes, der die Liebe ist.

 

Darum kannst du das als eine feste Norm annehmen und dernach sagen: Kein äußerer Weltverstand kann es je ergründen und erschauen, was im Menschen ist; das kann allein nur der Geist im Menschen.

 

Und also kann auch niemand Gott erkennen als nur der erweckte und vollauf tätig gewordene Geist Gottes im Menschenherzen, der gleich wie Gott Selbst die reinste Liebe ist und ewiger Sabbat im Menschenherzen." (GEJ.05_062,01 ff)


5
"Die Gottheit könnte freilich mit ihrer Allmacht dahin wirken, dass der Mensch gleich den Pflanzen und den Tieren in einer gewissen Ordnung bestehen müsste, allein dann wäre der Mensch nicht mehr Mensch; denn er hätte von selbst weder eine Vernunft noch einen Verstand, noch einen freien Willen.

 

Da aber die Gottheit dieses nicht wollte aus den höchst weisesten Gründen, so gab sie dem Menschen Vernunft, Verstand und freien Willen, dadurch auch die Fähigkeit darin, sich geistig selbst zu bilden und zu vollenden." (GEJ.10_238,03)


6
"Wer außer Gott könnte dem Menschen, dessen Leib schon ein kunstvollster Organismus und eine höchst weise eingerichtete Lebensmaschine ist, Intelligenz, Selbstbewusstsein, Vernunft, Verstand, Liebe und einen ganz freien Willen mit der entsprechenden Tätigkeitskraft geben, erhalten und vollenden?!

 

Freund, wenn du das, was Ich dir nun nur so in aller Kürze vorgestellt habe, nur einigermaßen helle überdenkst, so wirst du darin auch ganz leicht den natürlichen Weg finden, auf dem der Mensch, so er es nur ernstlich will, Gott und mit Ihm die ewige Wahrheit finden kann!

 

Und so er diesen Weg mit aller Liebe zu Dem, den er sucht, betritt, so wird er Ihn auch finden; und hat er Ihn gefunden, so wird der Gefundene ihm auch alsbald Seinen Willen kundtun.

 

Handelt der Mensch dann diesem gemäß, so wird es auch heller und lichtvoller in seiner Seele, die sich durch die Liebe zu Gott, den sie gefunden hat, eben mit dem Geiste aus Gott stets mehr und mehr einigt.

 

Und siehe nun, wenn bei dem Menschen dieser Umstand eingetreten ist, dann ist er selbst zur Wahrheit geworden, weil er in sich die Wahrheit gefunden hat; und mit dem wirst du nun wohl einsehen, was die Wahrheit ist, wie sie zu suchen und wie und wo sie auch allzeit sicher zu finden ist." (GEJ.08_176,13)


7
"Du, lieber Philopold, bist vor hundert Jahren noch nicht geboren gewesen und warst somit nicht da, wie du nun da bist; kommt es dir aber wohl vor in deinem Gefühle, als wärest du nicht allzeit dagewesen?

 

Nur die kalte Rechnung deines Verstandes zeigt es dir, dass du nicht immer da warst; aber dein Gefühl und deine lebendigste Empfindung zeigen dir das allerblankste Gegenteil.

 

Ebenso zeigt dir dein kalter Verstand, dass du einmal sterben und somit als das, was du nun bist, für diese Erde für immer und ewig vergehen wirst; frage aber dein Gefühl und deine Empfindung dagegen, diese beiden werden von irgendeinem Sterbe- und Vergehungsakt von dieser Erde nichts wissen und auch nichts wissen wollen.

 

Nun, wer hat da Recht und Wahrheit in sich, - der kalte Verstand oder das warme Lebensgefühl?

 

Ich sage dir: Beide, der Verstand und das warme sich selbst bewusste Lebengefühl!

 

Der Verstand als geordnete Gehirnbibliothek der Seele wird mit dem Wegfall des Leibes wohl offenbar mit demselben von der Seele fallen. Samt den andern Teilen des Leibes und dessen Gliedern muß auch sein materielles Wahrnehmungs- und  Berechnungsvermögen als vergänglich auch die Empfindung der Vergänglichkeit in sich haben; anders aber ist es mit dem Lebensgefühl und mit dem Sich-seiner-selbst-bewußt-Sein, das, weil geistig aus Gott, nie einen Anfang genommen hat und darum auch nie ein Ende nehmen kann!

 

Aus diesem Grunde ist es denn der Seele auch sogar in ihrem materiellsten Zustande unmöglich, sich als einst vergänglich und zu sein aufhörend zu denken.

 

Und so geht es der Seele stets heller und heller, und wird sie erst vollends eins mit ihrem ihr innewohnenden Geiste aus Gott, dann wird das Gefühl des Lebens so klar und mächtig, dass darauf das Vergänglichkeitsgefühl aus der kalten Rechnung des Verstandes jede Bedeutung und jede Kraft verliert.

 

Der Grund davon liegt darin, dass der alle Lebenskräfte der Seele durchdringende Geist des Herrn auch die nervengeistigen Teile des Leibes durchdringt und ihnen dadurch alles Vergehungsgefühl benimmt.

 

Dieses wird aber wieder dadurch zustande gebracht, dass durch den Geist am Ende alle eigentlichen, ätherischen leiblichen Lebensstoffe gleich den Lebenssubstanzen der Seele unsterblich werden."  (GEJ.03_180,13)


8
"Den Schaden am Leibe wird euch Gott dereinst tausenfach vergelten; aber  den Schaden an eurer Seele wird euch Gott nimmerdar vergelten.

 

Denn darum hat Gott der Seele den Verstand, die Vernunft, das Gewissen und den freien Willen und das Gesetz gegeben, damit sie wohl beurteilen kann, was da gut und böse ist, und sie kann mit ihrem Willen das eine oder das andere erwählen.

 

Was sie aber erwählen wird, danach wird sie auch aus sich selbst gerichtet werden, entweder zum Tode oder zum Leben."   (GEJ.06_196,08 ff)