„...Seht, das sind die Worte des Mosis! Wollt ihr sie im naturmäßigen Sinne nehmen, so müsst ihr ja doch auf den ersten Blick den dicksten Unsinn sogleich ersehen, der da notwendig  zum Vorschein kommen muß!" (GEJ.01_157,03)



Die Erklärung der Schöpfungsgeschichte


 

Der Herr: „...Obschon aber die obbesagten besseren Juden und Pharisäer nun schon fest sich an Mich hielten, so zuckten sie doch bei manchen Meiner Erklärungen über die wirkliche Entstehung oder eigentlich gradative (stufenweise) Schöpfung der Erde und aller Dinge in und auf ihr, sowie desgleichen aller zahllosen andern Weltkörper, mit den Achseln und sagten bei sich:

 

`Das ist denn doch wohl schnurgerade antimosaisch! Wo sind da die sechs Schöpfungstage, wo der Sabbat, an dem Gott geruht hat? Was ist nachher das, was Moses berichtet über die Entstehung alles dessen, das nun in allen Teilen die Welt ausmacht? So uns dieser Wundertäter aus Nazareth nun darüber eine ganz andere Lehre gibt, die die mosaische gänzlich aufhebt, was sollen wir dazu sagen? Hebt er aber Moses auf, so hebt er dadurch auch alle Propheten und am Ende auch sich selbst auf; denn ist Moses nichts, so sind auch die Propheten nichts – und der zu erwartende Messias, der eigentlich er selbst sei, auch nichts!

 

Aber im Grunde ist seine Lehre richtig, und es kann mit der Schöpfung wohl eher so zugegangen sein, wie er sie nun erklärt hat, als wie davon Moses Kunde gibt.`“

 

Da kam einer hin zu Mir und sprach: „Herr! Wenn so, was soll es dann mit Moses und all den Propheten?“

 

Sage Ich: „Diese sollen von euch im rechten Sinne und Verstande verstanden und begriffen werden! Moses stellt in seiner Schöpfungsdarstellung nur Bilder auf, die die Gründung der ersten Erkenntnis Gottes bei den Menschen der Erde kundgeben, nicht aber die materielle Schöpfung der Erde und aller andern Welten.“


Erklärung der Schöpfungsgeschichte Mosis

Der erste Schöpfungstag

 

Der Herr: „Heißt es nicht: `Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, und die Erde war wüste und leer und Finsternis auf der Tiefe; Gottes Geist aber schwebte über den Wassern.`Und Gott sprach: `Es werde Licht!, und es ward Licht. Gott sah, dass das Licht gut war; da schied Er das Licht von der Finsternis. Er nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus dem Abend und Morgen der erste Tag.` Seht, das sind die Worte Mosis!

 

Wollt ihr sie im naturmäßigen Sinne nehmen, so müsst ihr ja doch auf den ersten Blick den dicksten Unsinn sogleich ersehen, der da notwendig zum Vorschein kommen muß! Was wohl ist der `Himmel` und was die `Erde`, davon Mosis spricht, dass dies alles im Anfang erschaffen worden sei?

 

Der `Himmel` ist das Geistige, und die `Erde` das Naturmäßige im Menschen; dieses war und ist noch wüste und leer – wie bei euch. Die `Wasser` sind eure schlechten Erkenntnisse in allen Dingen, über denen wohl auch der Gottesgeist schwebt, aber noch nicht in ihnen ist. Da aber der Geist Gottes allzeit sieht, dass es in eurer materiellen Welttiefe ganz entsetzlich finster ist, so spricht Er zu euch, wie nun augenscheinlich: `Es werde Licht!`Da fängt es in eurer Natur zu dämmern an, und Gott sieht es wohl, wie gut für eure Finsternis das Licht ist; aber nur ihr selbst könnt und wollt es nicht einsehen.

 

Deshalb aber geschieht denn auch eine Teilung in euch, nämlich Tag und Nacht werden geschieden, und ihr erkennet dann aus dem Tage in euch die frühere Nacht eures Herzens. Bei dem Menschen ist sein erstes Natursein tiefer Abend, also Nacht. Da aber Gott ihm gibt ein Licht, so ist solch ein Licht dem Menschen ein rechtes Morgenrot, und es wird also aus des Menschen Abend und Morgenrot wahrlich sein erster Lebenstag.

 

Denn sehet, wenn Moses, der doch in alle Wissenschaften der Ägypter eingeweiht war, die Entstehung des ersten Naturtages der Erde in seiner Schrift hätte anzeigen wollen, so dürfte er bei aller seiner Wissenschaft und Weisheit doch gemerkt haben, dass aus dem Abend und Morgen nie ein Tag hervorgehen kann; denn dem Abend folgt natürlich doch allzeit die feste Nacht, und dem Morgen erst der Tag.

 

Was sonach zwischen Abend und Morgen liegt, ist Nacht; nur was zwischen Morgen und Abend liegt, ist Tag! Hätte Moses gesagt: `Und also ward aus Morgen und Abend der erste Tag!`, so könntet ihr darunter wohl den  natürlichen Tag verstehen; aber so sagte er aus gutem Entsprechungsgrunde gerade umgekehrt, und das bedeutet den Abend und zugleich die Nacht des Menschen, was doch leicht zu begreifen ist, indem noch nie jemand ein in aller Weisheit sich befindendes Kind gesehen hat.

 

So ein Kind zur Welt geboren wird, da ist es in dessen Seele vollkommen finster und somit Nacht. Das Kind aber wächst auf, bekommt dann allerlei Unterricht und wird dadurch stets mehr und mehr einsichtig in allerlei Dingen, und seht, das ist der Abend, das heißt, es fängt dann in der Seele an, so dämmerig zu werden, wie im Vergleiche es am Abende ist. Ihr saget wohl, dass es auch am Morgen dämmere, und Moses hätte da ja sagen können: `Und also wurde aus der Morgendämmerung und aus dem eigentlich schon hellen Morgen der erste Tag!`

 

Ich sage dazu: Allerdings, so er den Menschen in geistiger Entsprechung einen barsten Unsinn hätte vorsagen wollen! Aber Moses wusste, dass nur der Abend dem irdischen Zustande des Menschen entspricht; er wusste es, dass es bei den Menschen mit der rein irdischen Verstandesbildung also zugeht, wie mit dem stets schwächer werdenden Scheine des natürlichen Abends.

 

Je mehr die Menschen mit ihrem Verstande nach irdischen Dingen zu ringen anfangen, desto schwächer wird in ihrem Herzen das rein göttliche Licht der Liebe und des geistigen Lebens. Daher nannte denn Moses ein solches irdisches Licht des Menschen auch den Abend. Nur wenn Gott durch Seine Barmherzigkeit dem Menschen ein Lebenslichtlein im Herzen anzündet, dann fängt der Mensch erst an, einzusehen die Nichtigkeit alles dessen, was er zuvor mit seinem Verstande, dem geistigen Abend, sich angeeignet hatte, und er sieht es dann auch nach und nach stets mehr ein, dass alle die Schätze des Abendlichtes ebenso vergänglich sind wie dies Licht. Das rechte Licht von Gott aber, im Herzen des Menschen angezündet, ist eben der Morgen, der mit und aus dem vorhergegangenen Abend den ersten wahren Tag im Menschen bedingt.

 

Aus dieser Meiner nunmaligen Erklärung aber müsset ihr nun auch einsehen, dass es einen gewaltigen Unterschied zwischen den beiden Lichtern, oder besser Erkenntnissen, geben muß; denn alles Erkennen im Abendlichte der Welt ist trügerisch und daher auch vergänglich. Nur die Wahrheit dauert ewig; aber der Trug muß endlich zunichte werden.


Der zweite Schöpfungstag

 

Der Herr: „Es könnte aber sehr leicht geschehen, dass das Gotteslicht im Menschenherzen sich ergösse ins Abendlicht und als dann verzehrt oder zum wenigsten also vermengt würde, dass man am Ende nicht mehr wüsste, was da Naturlicht und was da Gotteslicht sei im Menschen.

 

Da machte Gott eine Feste zwischen den beiden Wassern, die da besagen die beiderlei Erkenntnisse, von denen Ich nun einen genügenden Aufschluß gegeben habe, und teilte also die beiden Wasser.

 

Die Feste aber ist der eigentliche Himmel im Menschenherzen und spricht sich aus im wahren lebendigen Glauben, aber ewig nie in einer leeren und nichtigen Verstandesgrübelei.

 

Aus solchem Grunde nenne Ich auch nun den, der da hat den mächtigsten und ungezweifeltesten Glauben, einen Felsen und stelle ihn als eine neue Feste zwischen Himmel und Hölle, und diese Feste wird keine finstere Macht der Hölle ewig nimmer überwältigen können. Wenn im Menschen solche Feste gestellt und der Glaube mächtiger und mächtiger wird, so wird dann aus solchem Glauben das Nichtige der Sache des Naturverstandes stets klarer und klarer ersichtlich.

 

Der Naturverstand begibt sich dann unter die Herrschaft des Glaubens, und es entsteht also im Menschen aus seinem Abend und seinem stets helleren Morgen der andere und schon bei weitem hellere Tag.

 

In solchem zweiten Tages-Zustande sieht nun der Mensch schon das, was allein als vollends Wahres sich für ewig bewähren muß; aber es ist in ihm noch immer keine rechte Ordnung. Da vermengt der Mensch noch gleichfort das Naturmäßige mit dem rein Geistigen, vergeistigt oft die Natur zu sehr und erschaut dadurch auch im Geiste Materielles und ist darum auch noch für keine rechte Tat entschieden da. Er gleicht einer puren Wasserwelt, die wohl von allen Seiten mit lichtdurchflossener Luft umgeben ist, wobei er aber am Ende doch nicht darüber ins klare kommen kann, ob seine Wasserwelt aus der sie umgebenden Lichtluft, oder ob diese aus der Wasserwelt hervorgegangen ist, - das heißt, er weiß es in sich noch nicht klar genug, ob sich seine geistige Erkenntnis aus seinem Naturverstande, oder ob dieses aus der geheim im Menschen etwa daseienden und also auch im Anfange ganz geheim wirkenden geistigen Erkenntnis sich entwickelt hat, oder, um noch handgreiflicher zu reden, er weiß es nicht, geht der Glaube aus dem Wissen oder das Wissen aus dem Glauben hervor, und welch ein Unterschied da ist zwischen beiden.

 

Kurz, er weiß es da noch nicht, was eher da war, die Henne oder das Ei, oder ob der Same oder der Baum. Da kommt dann wieder Gott und hilft dem Menschen weiter, so der Mensch für solchen zweiten Tag seiner geistigen Bildung aus der ihm verliehenen und somit eigenen Kraft genug getan hat. Und diese weitere Hilfe besteht darin, dass im Menschen das Licht vermehrt wird und es dadurch, gleich der Sonne im Frühling, nicht allein durchs erhöhte Leuchten, sondern durch die eben durchs erhöhte Leuchten bewirkte Wärme alle die ins Herz des Menschen gelegten Samen zu befruchten anfängt.

 

Solche Wärme aber heißt die Liebe und ist geistig zugleich das Erdreich, in welchem die Samen ihre Keime und Wurzeln zu treiben beginnen. Und sehet, das ist es, was im Moses geschrieben steht, dass Gott befohlen hat den Wassern, dass sie sich sammeln sollen in gewisse, abgesonderte Örter und man dadurch das trockene und feste Erdreich ersehe, aus dem allein die Samen zur lebendigen und belebenden Frucht erwachsen können! Und es heißt: `Und Gott nannte das Trockene `Erde` und das nun an bestimmte Örter versammelte Wasser `Meer`.

 

Frage: `Für wen hat Gott das also benamset?`- Für Sich hätte Er es wahrlich nicht nötig gehabt; denn es wäre denn doch etwas zu lächerlich, der höchsten göttlichen Weisheit zumuten zu wollen, dass sie daran ein ganz besonderes Wohlgefallen hätte haben wollen, weil es ihr etwa wie einem Menschen gelungen sei, das Trockene `Erde` und das in den bestimmten Örtern abgesonderte Wasser `Meer` zu nennen.

 

Für jemand anders aber konnte Gott ja doch dem Trockenen und dem abgesonderten Wasser diese Namen sicher nicht geben, da außer Ihm zu solcher Schöpfungszeit doch noch kein Wesen da sein konnte, das Ihn verstanden hätte!

 

Solche Sage Mosis hat sonach unmöglich einen materiellen Sinn, sondern nur einen rein geistigen, und hat mit der einstigen Schöpfung der Welten nur in einem aus dem Geistigen nach rückwärts wirkenden Entsprechungssinne, das heißt vom Geistigen ins Materielle, eine Beziehung, - was wohl nur eines Engels Weisheit zu ergründen vermag.

 

Aber geradeaus, wie es da steht, hat es nur einen rein geistigen Sinn und zeigt an, wie vorerst ein Mensch für sich, und also auch die ganze Menschheit, von Zeit zu Zeit und von Periode zu Periode gebildet wird, von ihrer ursprünglich notwendigen Naturmäßigkeit ins stets reinere Geistige hinüber.

 

Der Mensch wird demnach gesondert sogar in seinem naturmäßigen Teile. Die Erkenntnisse haben ihren Ort, das ist das Meer des Menschen, und die aus den Erkenntnissen hervorgegangene Liebe als ein Früchte zu tragen fähiges Erdreich wird stets von dem Meere als der Gesamtheit der Erkenntnisse rechten Lichtes umspült und stets reichlicheren Hervorbringung allerlei edelster Früchte neu gekräftigt.“


Der dritte Schöpfungstag

 

Der Herr: „Wenn sonach die Erkenntnisse des Menschen die Liebe von allen Seiten umgeben und von der Liebesfeuerflamme, der sie stets mehr und mehr Nahrung geben, heller und heller erleuchtet und erwärmt werden, so wird der Mensch in allem auch in gleichem Maße tatkräftiger und tatfähiger.

 

In solchem Zustande kommt dann wieder Gott zum Menschen, natürlich – wie sich von selbst versteht - im Geiste, und spricht als die ewige Liebe zur Liebe des Menschen im Herzen: `Es lasse die Erde nun aufgehen allerlei Gras und Kraut, das sich besame, und fruchtbare Bäume und Gesträuch aller Art, davon ein jegliches Frucht trage nach seiner Art und seinen eigenen Samen habe bei sich auf Erden!`

 

Nach solchem Gebote von Gott im Herzen bekommt dann der Mensch einen festen Willen, Kraft und Mut und legt nun Hand ans Werk. Und sehet! Seine rechten Erkenntnisse erheben sich als regenschwangere Wolken über das geordnete Meer, und ziehen über die trockene Erde, befeuchten und befruchten sie. Und die Erde fängt dann an zu grünen, bringt allerlei Gras und Kraut mit Samen und allerlei Fruchtbäume und Gesträuch mit Samen zum Vorschein, das heißt, was nun der rechte, mit himmlischer Weisheit durchleuchtete Verstand als vollends gut und wahr erkennt, das will und begehrt dann sogleich auch die Liebe im Herzen des Menschen.

 

Denn gleichwie der Same, so er in die Erde gelegt wird, bald aufgeht und eine vielfältige Frucht bringt, ebenso wirken die rechten Erkenntnisse, so sie ins lebensvolle Erdreich des Herzens gelegt werden.

 

Der Same wirket aber also, dass er die Lebenskraft, die sonst in der Erde schlummert, erweckt, und diese sammelt sich dann gleich mehr und mehr um das Samenkorn und bewirkt, dass sich dieses entfalte und zu einem fruchtreichen Gewächs werde.

 

Kurz, die rechte Erkenntnis wird erst im Herzen zur Tat, und aus der Tat gehen dann allerlei Werke hervor, und diese sind das, was Moses in tiefer Weisheit sagt in seiner Genesis, und zwar im schon vorher wörtlich besprochenen 1.Kapitel, Vers 11 und 12.

 

Der frühere ursprüngliche Abend des Menschen, durch das Licht aus den Himmeln zur rechten Erkenntnis erhoben, wird so zur Tat, der die Werke folgen müssen; und das ist der dritte Tag in der Bildung des Herzens und des ganzen Menschen im Menschen, welcher da ist der geistige Mensch, um den allein sich alles handelt, dessentwegen Moses und alle andern Propheten von Gott in diese Welt gekommen sind, so wie nun Ich Selbst! Ich meine, diese Sache dürfte euch nun denn doch einleuchtend genug sein!?“

 

Sagte einer der Pharisäer: „Erhabener, weisester Freund und Meister! Ich für meine Person unterschreibe jedes Deiner uns allen gegebenen Worte, da sie völlig wahr sind und wahr sein müssen. Aber ziehe hin nach Jerusalem und erkläre die Genesis also im Tempel, und Du wirst gesteinigt samt Deinem ganzen Anhange, so Du Dich nicht schützest durch Deine evidenteste göttliche Macht!

 

Kommst Du aber den Templern mit dieser Macht entgegen, dann sind sie aber auch gerichtet, und es dürfte da wenig Unterschied sein, so Du sie sogleich mit Blitz und Feuer vom Himmel vollkommenst zugrunde richten lässt! Wie gesagt, so ist das sowieso eine höchst gewagte Sache. Und dazu geht es wohl mit solcher Deiner wahrlich allerweisesten und scharfsinnigsten Erklärung der drei ersten in der Genesis beschriebenen Schöpfungstage ganz gut an, und man kann da durchaus nicht ein Wörtlein des Widerspruches finden.

 

Aber nun kommt der vierte Tag, an dem beschriebenermaßen Gott alleroffenbarst Sonne, Mond und all die Sterne erschuf! Wie magst Du das anders erklären? Sonne, Mond und Sterne sind einmal da, und kein Mensch weiß einen sonstigen Ursprung, wie all diese großen und kleinen Lichter am Firmamente entstanden sind, als wie man es in der Genesis liest. Frage nun: Wo ist der Schlüssel, wo die Entsprechung, durch die sich der vierte Tag allein auf den Menschen beziehen möchte?“

 

Sage Ich: „Mein Freund, hast du schon öfter vernommen und sogar selbst erfahren, dass es da gibt weitsichtige und kurzsichtige und endlich halb-, ganz- und stockblinde Menschen, der fleischlichen Sehe nach!

 

Die Weitsichtigen sehen in der Ferne alles gut, aber in der Nähe sehen sie schlecht; die Kurzsichtigen sehen wieder in der Nähe gut, dafür aber in der Ferne schlecht; bei den Halbblinden ist es zur Hälfte Nacht und zur Hälfte Tag, das heißt, sie sehen die Gegenstände mit einem Auge wohl noch recht gut, weil aber das andere Auge blind ist, so versteht es sich von selbst, dass solche Seher alles nur im halben Lichte sehen können; die ganz Blinden sehen keinen Gegenstand mehr, weder bei Tag und ebensowenig bei der Nacht, nur haben sie bei Tag noch einen schwachen Schimmer, so dass sie den Tag von der Nacht sondern können; die Stockblinden aber haben keinen Schimmer und können den Tag von der Nacht nimmer unterscheiden.

 

Und sieh, wie aber die Menschen mit ihren fleischlichen Augen gar so unterschiedlich beschaffen sind, eben also und oft noch um vieles unterschiedlicher sind sie beschaffen in ihrer geistigen Sehe. Und du hast eben auch einen starken Gesichtsfehler, und zwar in deiner Seele bei weitem stärker denn in deiner fleischlichen Seele. Ich sage es dir: du bist außerordentlich kurzsichtig in deiner Seele!“


Der vierte Schöpfungstag

 

Der Herr: „Wie liest du denn in der Genesis? Steht es nicht also geschrieben: `Und Gott sprach: `Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre, und seien zwei Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf Erden!` Und es geschah also.

 

Und Gott machte zwei große Lichter, ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, und dazu auch Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.`

 

Sieh, also lautet wörtlich die Schöpfungsgeschichte des vierten Tages, durch die eigentlich nach der Genesis der vierte Tag bedingt wird. Wenn du die Sache nur ein wenig näher beleuchtest mit – sage – deinen bloß natürlichen Verstandeskräften, so muß dir ja auf den ersten Blick der dickste Unsinn in die Augen fallsen, so du den Wortlaut der Genesis für deren Sinn hältst!

 

Schuf Gott laut der Genesis doch schon am ersten Tage das Licht, und ward also aus dem Abend und Morgen der erste Tag. Sage, was war denn das für ein Licht dann, das für drei Tage wohl genügte, den Tag und die Nacht zu bewirken?

 

Am vierten Tage aber spricht Gott wieder: `Es werden Lichter am Himmel!` Frage: Was denn für Lichter, die den Tag und die Nacht scheiden sollen? Hat ja doch schon das am ersten Tage geschaffene Licht vorher drei Tage zuwege gebracht; warum nun am vierten Tage noch mehr Lichter für eine und dieselbe Verrichtung? Dazu ist nur von `Lichtern`die Rede; aber von einem Monde und einer Sonne geschieht nicht die leiseste Erwähnung!

 

Diese Lichter bewirken dazu auch noch Zeichen – was für Zeichen denn? -, endlich Zeiten – welche denn? -, und Tage und Jahre – was für Tage und Jahre denn? – Ist denn die Nacht nichts? Wird die Nacht nicht so gut wie der Tag gezählt? Und dazu ist die Erde kugelrund und hat auf einer Seite stets gleich Tag und auf der andern Seite stets gleich Nacht. Je nachdem sich die Erde vom Abend bis gen Morgen hin dreht um ihre Achse, wird dort stets Tag sein, wo die Länder sich der Sonne gegenüber befinden oder vielmehr durch die beständige und immer gleichmäßige Drehbewegung der Erde gewisserart unter die Sonne geschoben werden.

 

Wenn aber unstreitig also der natürliche Tag auf der Erde durch ihre eigentümliche Bewegung zustande gebracht wird, wobei die Sonne nichts tut, als dass sie auf einem Flecke gleichfort leuchtet und durch ihr Licht alldort den Tag bewirkt, wo ihre Strahlen hindringen, und sogestaltig nicht und nimmer den Tag regieren kann und mag, - frage: Wie sollte da Moses unter seinen Lichtern die Sonne und den Mond gemeint haben?

 

Und hätte Moses da die natürliche Sonne und den natürlichen Mond gemeint, so hätte er zur größeren Verdeutlichung seiner offenbarlichen Kundgabe an die Menschheit diese beiden Lichter am Himmel sicher benannt; denn zu Mosis Zeiten wussten schon alle Menschen diese beiden Gestirne zu benennen!

 

Dazu spricht Moses von einer Feste am Himmel, die eigentlich im natürlichen Raume nirgends besteht, indem Sonne, Mond und alle Sterne sowie diese Erde selbst im völlig freiesten, mit nichts und nirgends eingeschränkten Äther schweben und durch das in sie gelegte Gesetz in ihrem zweckdienlichen Stande erhalten werden, eine freie Bewegung haben und nirgends an irgend eine himmlische Feste angeheftet sind!

 

Denn es gibt nur eine Feste im endlosen und freiesten Raum, und diese ist der Wille Gottes, aus dem ein ewig unwandelbares Gesetz solchen Raum und alle Dinge in ihm erfüllt. Wäre das, was sich eurem Auge als ein überweit gespanntes blaues Gewölbe zeigt, eine Feste, und Sonne, Mond und all die Sterne wären an dieselbe gleichsam angeheftet, wie könnte sie sich bewegen und besonders die euch bekannten Planeten in einem fort ihre Plätze verändern?

 

Die andern Sterne, die ihr die festen (d.h.Fixsterne) nennet, scheinen freilich also, als wären sie an irgendeine Feste angeheftet; aber es ist dem nicht also. Sie sind von der Erde nur so überweit entfernt und ihre Bahnen sind so weit gedehnt, dass sie solche oft kaum in mehreren Hunderttausenden von Erdjahren zurücklegen und aus solchem Grunde ihre Bewegungen auch selbst von hundert Menschenaltern gar nicht wahrgenommen werden können. Und das ist der Grund, darum sie euch als förmlich feststehend erscheinen; aber in der Wirklichkeit ist es anders, und es gibt nirgends eine sogenannte Feste im ganzen unendlichen Raume.

 

Die Feste, die Moses meint, ist der aus dem rechten Verständnisse und aus der Liebe, welche ist das gesegnete Erdreich des Lebens, hervorgehende feste Wille nach der göttlichen Ordnung.

 

Weil solcher Wille aber nur aus der fruchtbringenden Fülle der wahren Gottesliebe im Menschenherzen, so wie diese selbst aus dem himmlischen Lichte, das Gott in den Menschen ausgoß, als Er dessen innere Finsternis teilte in Abend und Morgen, hervorgehen kann, so ist diese rechte Liebe und die rechte Einsicht und ein rechter Verstand, das alles sich im Menschen als ein lebendiger Glaube bekundet, der Himmel im Menschen, und der daraus hervorgegangene feste Wille in der Ordnung Gottes ist die Feste des Himmels im Menschen, und an solche Feste gibt Gott, so solche Feste vollends nach dem Liebewillen Gottes in der rechten Ordnung ist, neue Lichter aus dem Himmel der Himmel, welcher da ist die reine Vaterliebe im Herzen Gottes; und die Lichter beleuchten dann den Willen und erheben ihn zur Einsicht der Engel des Himmels der Himmel und erheben dadurch den geschaffenen Menschen zum ungeschaffenen, nun durch den eigenen freien Willen sich selbst in der göttlichen Ordnung neu umgestaltet habenden Kinde Gottes!

 

Solange der Mensch Geschöpf  ist, ist er zeitlich, vergänglich und kann nicht bestehen; denn ein jeder Mensch, wie er naturmäßig geschaffen ist, ist nichts als nur ein taugliches Gefäß, in dem sich erst ein rechter Mensch durch beständige göttliche Mitwirkung entwickeln kann.

 

Wenn das äußere Gefäß den hinreichenden Grad der Ausbildung gewonnen hat, wozu Gott das Gefäß mit allen nötigen Bestandteilen und Eigenschaften zur Übergenüge wohl eingerichtet hat, dann erweckt oder vielmehr entwickelt Er Seinen ungeschaffenen ewigen Geist im Menschenherzen, und dieser Geist ist nach dem Maße seiner Auswirkung das, was Moses unter den zwei großen Lichtern, die an die Feste des Himmels gestellt werden, versteht und verstanden haben will, wie es auch alle Patriarchen und Propheten also und nie anders verstanden haben.

 

Dieses ewige, ungeschaffene, vollauf für ewig lebendige Licht an der Himmelsfeste im Menschen ist dann erst der vollwahre Dirigent des wahren Tages im Menschen und lehrt das frühere Gefäß, sich völlig in sein ewig ungeschaffenes  Gottwesen umzugestalten und also den ganzen Menschen zu einem wahren Gotteskinde zu machen.

 

Ein jeder geschaffene Mensch aber hat eine lebendige Seele, die da auch wohl ein Geist ist und die notwendige Fähigkeit hat, Gutes und Wahres und Böses und Falsches zu erkennen, das Gute und Wahre sich anzueignen und das Böse und Falsche aus sich zu verbannen; aber sie ist dessen ungeachtet kein ungeschaffener, sondern ein geschaffener Geist und kann als solcher für sich nie die Kindschaft Gottes erreichen.

 

Wenn sie aber nach dem ihr gegebenen Gesetze das Gute und Wahre angenommen hat in aller Demut und Bescheidenheit ihres Herzens und ihres ihr von Gott eingepflanzten freien Willens, dann ist solcher demütige, bescheidene und gehorsame Wille, um so recht handgreiflich zu reden, zu einer rechten Himmelsfeste geworden, weil er sich eben nach dem in die Seele des Menschen gelegten Himmlischen gebildet hat, und ist also ganz geeignet, das rein ungeschaffene Göttliche in sich aufzunehmen.

 

Das rein Göttliche, oder der ungeschaffene Geist Gottes, der nun für ewig an solche Himmelsfeste gestellt wird, ist das große Licht; die Seele des Menschen aber, die durch das große Licht denn auch zu einem nahezu gleich großen Lichte umgestaltet wird, ist das zweite, kleinere Licht, das aber nun gleich dem ungeschaffenen großen Lichte an dieselbe Himmelsfeste gestellt und vom ungeschaffenen Lichte zum mitungeschaffenen Licht umgestaltet wird, ohne an seiner naturmäßigen Beschaffenheit etwas zu verlieren, sondern in einem vollends geistig geläuterten Sinne unendlich vieles zu gewinnen.

 

Denn die Seele des Menschen für sich könnte ewig nie Gott in Seinem reinsten Geistwesen erschauen, und umgekehrt könnte der reinste ungeschaffene Gottesgeist nie das Naturmäßige erschauen, da es für ihn keine materielle Naturmäßigkeit gibt.

 

Aber in obbesagter voller Verbindung des reinsten Geistes mit der Seele kann nun die Seele durch den ihr zugekommenen neuen Geist Gott erschauen in Seinem urgeistigen reinsten Wesen, und der Geist durch die Seele das Naturmäßige.

 

Das ist es, was Moses sagt, dass das eine große Licht regiere den Tag und das kleine Licht die Nacht und bestimme die Zeichen, das ist: in aller Weisheit der Grund aller Erscheinlichkeit und aller geschaffenen Dinge, also auch bestimme die Zeiten, Tage und Jahre, was soviel sagen will als: in allen Erscheinungen erkennen die göttliche Weisheit, Liebe und Gnade.

 

Die Sterne aber, von denen Moses auch erwähnt, sind die zahllosen nützlichen Erkenntnisse in allen einzelnen Dingen, welche einzelnen Erkenntnisse natürlich aus der einen Haupterkenntnis kommen und daher an dieselbe Himmelsfeste wie die zwei Hauptlichter gestellt sind. Und sehet, das ist endlich der vierte Schöpfungstag, von dem Moses in seiner Genesis Erwähnung macht, der aber leicht begreiflich, so wie die früheren drei, aus demselben Abend und Morgen des Menschen hervorgegangen ist.“


Der fünfte und sechste Schöpfungstag

 

Der Herr: „Auf dass ihr Mich dann aber in dieser Hinsicht nicht weiter fraget, welche  Bewandtnis  es dann sogestaltig mit dem fünften und sechsten Schöpfungstage habe, so sage Ich es euch in aller Kürze, dass die nachträgliche Erschaffung der gesamten Tierwelt und endlich des Menschen selbst nichts anderes bezeichnet als die volle Lebendigwerdung und sichere Realisierung alles dessen, was der Mensch in seinem naturmäßigen Teile in sich fasst.

 

Sein Meer und all sein Gewässer wird voll Lebens, und der Mensch erkennt in seinem nun rein göttlichen, ungeschaffenen Lichte die zahllosen und endlos mannigfache Fülle der schöpferischen Ideen und Formen und wird auf diese Art seiner rein göttlichen Abkunft inne.

 

Und durch die erzählte Erschaffung des ersten Menschen wird dargestellt die vollendete Menschwerdung oder die Überkommung der vollkommenen Kindschaft Gottes.

 

Freilich fragst du nun ganz geheim bei dir im Herzen und sagst: `Ja, ja, das ist wohl alles ganz gut, weise und herrlich, und niemand kann die vollste Wahrheit dessen in den geringsten Zweifel ziehen; aber wie ist dann diese Erde, die doch unmöglich von Ewigkeit also dasein kann, wie sie nun ist, entstanden? Wie ist sie mit Gräsern, Kräutern, Gesträuchen und Bäumen aller Art bewachsen worden? Wie entstanden all die Tiere, und warum? Und wie wurde der Mensch ein Bürger dieser Erde? Wurde wirklich nur ein Menschenpaar, wie die Genesis anzeigt, geschaffen, oder wurde auf die Erde sogleich ein Menge Menschen von verschiedener Farbe, Gestalt und Charakter gesetzt?`

 

Auf solche eben nicht zu tadelnde Fragen kann Ich dir nichts anderes sagen, als was Ich dir schon gesagt habe, nämlich: So dir die Weisheit der Engel eigen ist, dann wirst du aus dem rein Geistigen in rückgängiger Entsprechung ins Naturmäßige hinaus auch die ganze natürliche Schöpfung auf ein Haar aus dem finden, was Moses in seiner Genesis sagt, und wirst finden, dass die naturmäßige Schöpfung, freilich in sehr gedehnten Perioden, fast in derselben Ordnung aufeinanderfolgt, wie sie in der Genesis erzählt wird, und die Entstehung des ersten Menschenpaares nahe in dieselbe Zeit fällt und seine Probung und seine Fortpflanzung am Ende bis auf Weniges, in entsprechende Bilder Eingehülltes, gerade in der Ordnung also folgt, wie es im weiteren Verlaufe der Genesis erzählt und dargetan wird.

 

Aber wie gesagt, ohne die Weisheit der Engel magst du solches wohl nimmer finden, und besäßest du auch alle Weisheit der Weisen der ganzen Erde, die da auch über diesen Punkt schon die verschiedensten Ansichten und Meinungen gewechselt haben.

 

Es ist aber solche Wissenschaft auf dieser Welt auch für keinen Menschen von irgendeinem Nutzen, weil der Mensch durchs viele Wissen eigentlich in seinem Herzen selten oder gar nie um ein bedeutendes besser wird, wohl aber gar oft schlimmer.

 

Denn der Vielwissende wird nicht selten stolz und hochmütig, schaut dann hochtrabend auf seine Brüder von seiner vermeinten unerreichbaren Höhe herab wie ein Geier auf die Sperlinge und andere kleines Gevögel, als seien diese bloß da, damit er sie fange und ihr zartes Fleisch verzehre. Suche du vor allem das Gottesreich in deinem Herzen und dessen Gerechtigkeit, um alles andere kümmere dich wenig; denn solches alles samt der Weisheit der Engel kann dir über Nacht gegeben werden. Ich meine nun, dass du Mich vollends verstanden hast!?“ (GEJ.01_156,05 ff)

 

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