Die geistige Sonne Teil 2




13. Der Geist, Schöpfer seiner eigenen Welt
(Bd. 2, Kapitel 119)

Ein guter Landschaftsmaler und zugleich ein großer Freund schöner Landpartien kommt von einer Landpartie nach Hause. Die Gegend, die er bei dieser Landpartie gesehen hat, gefällt ihm so überaus, dass er sich für immer in derselben aufhalten möchte. Seine Geschäfte aber lassen solches nicht zu. Was bleibt ihm daher übrig, um sich wenigstens dem Scheine nach in dieser für ihn so herrlichen Gegend zu befinden? Er malt diese Gegend mit großer Kunstfertigkeit auf zwei leere, große Wände seines Wohnzimmers so vortrefflich, dass ein jeder Besucher sich hoch verwundernd augenblicklich die herrliche, allgemein bekannte Gegend erkennt.

Frage: Wo hat denn unser Maler das Vorbild für diese Gegend hergenommen? Hat er etwa Kupferstiche vor sich gehabt? Oder hat er selbst an Ort und Stelle früher die Gegend konturmäßig aufgenommen? Nein, weder eins noch das andere, sondern er hat die lebendige Kontur der Gegend in seiner Phantasie festgehalten und sie hier auf der Wand getreu wiedergegeben.

Das ist richtig, und ein jeder Mensch sieht davon die Möglichkeit ein, aber sicher sieht es nicht ein jeder Mensch ein, auf welche Weise unser Maler die schöne Gegend in seiner Phantasie auf die Wand gebracht hat. Hier fragt es sich also: Wie und auf welche Weise hat dieser Maler die Gegend in seiner Phantasie auf die Wand gebracht? Sehet, das ist ein wichtiger Lebensprozess und besagt gar viel; daher wollen wir ihn auch ein wenig näher beleuchten. Wir haben bei der Gelegenheit der Beschauung unserer Zentralsonne so klar als möglich kennen und einsehen gelernt, was alles in dem Geiste des Menschen vorhanden ist. Wäre es nicht in dem menschlichen Geiste vorhanden, woher wohl könnte er von dem je eine Idee fassen und sich irgendeine Vorstellung machen, was noch nie ein sterbliches Auge geschaut hat?

Nun aber kann der Mensch in sich selbst zu unbegreiflich hohen und übersinnlich geistigen Anschauungen gelangen, und so muss er ja alles das in sich haben, was je eine Phantasie hervorbringen kann.

Die Phantasie eines Menschen aber kann rein und unrein sein. Rein ist sie dann, wenn, freilich selteneren Falles, der unsterbliche Geist des Menschen in seinem Leibe schon so absolut dasteht, dass seine reinen Bilder durch die Bilder der Außenwelt nicht getrübt und verunreinigt werden. So kann auch die Phantasie durch Auffassung bloß äußerer Bilder rein sein, wenn sie durch die Kraft der Seele die geschauten Bilder festhält und sie dann bei Gelegenheit naturgetreu wiedergibt. Unrein aber ist die Phantasie, wenn sich der Geist noch zu sehr passiv in seinem Leibe sowohl zu seinen inneren Bildern wie zu denen der Außenwelt verhält, wo sich dann alles durcheinandermengt, Geistiges und Naturmäßiges, und niemand daraus klug werden kann, wenn er ein Phantasiebild aufstellt, was es so ganz eigentlich vorstellt, ob Geistiges oder Naturmäßiges. Zu dieser Klasse unreiner Phantasiebilder gehören alle jene mittelalterlichen mystischen Obszönitäten (Unanständigkeiten), laut welcher der Himmel seine wunderliche Gestalt erhalten hatte, die Hölle und das sogenannte Fegfeuer zu einem Bratofen wurde und dergleichen Torheiten mehr.

Daraus aber geht hervor, dass im Geiste, der das ganze Leben seiner Seele wie seines Leibes ausmacht, vorerst schon alles vorhanden sein muss, vom Kleinsten bis zum Größten, was die ganze Unendlichkeit fasst, also Himmel und Hölle, und zwischen diesen beiden Extremen die ganze naturmäßige Welt. Und dieses endlos lebendigreiche Vermögen des Geistes ist das, was ihr im allgemeinen Sinne die `Phantasie` nennet.

Wenn dann jemand aus dieser reichen Kammer etwas hervorholen will, so darf er nur seine Liebe erwecken. Je stärker die Liebe wird, desto heftiger ihre Flamme und desto heftiger ihre Wärme und ihr Licht.

Durch diese Eigenschaft der Liebe wird das von ihr erfasste Bild selbst lebendig, prägt sich durch das Licht der Liebe immer deutlicher aus, bis es endlich wie die Gegend unseres Malers die Vollreife erlangt hat. Und dieses durch die Eigenschaft der Liebe ausgereifte Bild im Menschen selbst ist die eigentliche innere Welt des Geistes.

Nun wissen wir, woher der Maler das Bild genommen hat. Allein das ist das geringere, wir wissen noch etwas mehr, und das besteht darin, dass der Geist auf diese Weise der Schöpfer seiner eigenen Welt ist. –

Wir wissen aber auch, dass jedes Ding in der Welt entsprechend gut oder schlecht sein kann, und dazu wird es von der Liebe gemacht. Ist die Liebe nach der Ordnung Gottes, so wird durch sie alles gut; ist diese gegen die Ordnung Gottes, so wird durch sie alles schlecht. – Auf diese Weise entwickelt dann ein jeder Mensch in sich entweder den Himmel oder die Hölle.

Eine jede Tat und Handlung muss eine Ortsunterlage und an und für sich selbst eine gewisse Form oder besser Zeremonie haben, unter welcher sie geschieht. Wie kommt euch aber eine Gegend auf der Erde vor, in welcher ihr Denkmäler vieler Greueltaten findet? Sicher wird euch bei ihrem Anblicke ein geheimer Schauder befallen. Sehet, das ist schon die Form des Höllischen; denn im Geiste bildet sich hernach ebenfalls eine solche Welt aus, die voll Denkmäler von Greueltaten ist. In dieser Welt erschaut der Geist unendliche Tiefen zurück und in ihnen sein unverbesserliches böses Verhalten. Aber ganz anders verhält es sich, wenn ihr in eine Gegend kommt, in der von jeher edle Menschen gewohnt haben, die viel Gutes und Edles taten. Gar anheimelnd wird es euch da vorkommen, und es wird euch ein verklärendes Gefühl überkommen, als befändet ihr euch etwa im Schoße Abrahams. Das ist ein Vorgefühl des Himmels. – Im absolut geistigen Zustande prägt sich dann eben dieses Gefühl samt der Form auf das Lebendigste aus. Diese Form ist des Himmels geistige Örtlichkeit und ist, wie ihr leicht einsehet, ebenfalls ein Werk des Geistes.

Aus dem aber geht dann klar hervor, dass ein jeder Mensch durch die Art seiner Liebe der Schöpfer seiner eigenen inneren Welt wird, und dass er nie in irgendeinen Himmel oder in irgendeine Hölle kommen kann, sondern nur in das Werk seiner Liebe. Darum heißt es auch: `Und eure Werke folgen euch.` – Und auf eben diese Weise, wie wir jetzt die Erscheinlichkeit der Hölle durchgemacht haben, machen es unsere bekannten Sonnenschüler durch. Was aber mit ihnen hernach geschieht, wollen wir nächstens betrachten.“ – (GS.02_119,01 ff)


14. Weiterentwicklung der jenseitigen Schüler.
Das Mittelreich (Hades)

(Bd. 2, Kapitel 120)

„Kommen sie etwa, wie ihr zu sagen pflegt, aus der Hölle zurück in den Himmel? Das wäre sehr irdisch gesprochen, denn diese Schüler kommen eigentlich nie in die Hölle, sondern nur in den Zustand, in ihrer eigenen Sphäre dieselbe zu beschauen. Es braucht nichts weiter als eines gerechten Abscheues des antipolarischen oder höllischen Zustandes, und unsere Schüler sind wieder in ihrer eigentlichen positiv himmlischen Sphäre. Da aber der Himmel sich nicht durch die alleinigen Erkenntnisse und Einsichten erlangen lässt noch durch eine nonnenhaft untätige Gebets- und Verehrungs-Liebe, sondern nur durch die Werke der Liebe, die ein ersprießliches Wohltun gegen den Nächsten zum Grunde haben, so müssen unsere Schüler, um den wahren Himmel zu erreichen, sich nun auch gefallen lassen, sich in einen ernstlich tätigen Zustand zu begeben.

Worin aber besteht dieser? Das werden wir mit wenigen Worten gesagt haben. – Sehet an die naturmäßig-geistige Sphäre eurer Erde oder das sogenannte `Mittelreich`, welches auch den Namen `Hades` führt, und ungefähr das ist, was ihr als Römischgläubige, freilich stark irrig, unter dem `Fegfeuer` verstehet. Am besten kann dieses Reich einem großen Eintrittszimmer verglichen werden, wo alle ohne Unterschied des Standes und Ranges eintreten und sich dort zum ferneren Eintritt in die eigentlichen Gastgemächer gewisserart vorbereiten.

Also ist auch dieser Hades (Mittelreich) jener erste naturmäßig-geistige Zustand des Menschen, in den er gleich nach dem Tode kommt.

Denn niemand kommt entweder sogleich in den Himmel noch in die Hölle, außer es müsste im ersten Falle jemand schon auf der Erde entweder vollkommen wiedergeboren sein aus der reinen Liebe zum Herrn, oder er müsste im zweiten Falle ein böswilligster Frevler gegen den Heiligen Geist sein. Im ersten Falle wäre sonach der Himmel ohne Eintritt in das Mittelreich, im zweiten Falle aber sogleich die unterste Hölle zu erwarten. Der Himmel im ersten Fall darum, weil ihn ein solcher Mensch schon in der höchsten Vollendung in sich trägt, und im zweiten Falle die Hölle darum, weil ein solcher Mensch alles Himmlischen ledig geworden ist. Doch das ist nur eine Nebenbemerkung, die nicht zur Sache gehört; daher wollen wir uns dabei auch nicht länger aufhalten, sondern sogleich unsere Blicke dahin wenden, wo und was unsere Schüler zu tun bekommen.

Dieses große Mittelreich ist die Hauptwerkstätte für alle himmlischen Geister. Da bekommen alle vollauf zu tun. Denn denket euch diesen Ort, der jede Stunde eures Tages über fünf bis siebentausend neue Ankömmlinge erhält. Diese müssen sogleich durchgeprüft und an den ihnen vollkommen entsprechenden Ort gebracht werden oder: sie müssen sobald in einen solchen Zustand hineingeleitet werden, der mit ihrer Grundliebe in eins zusammenfällt. Daher müssen sie in all ihren Neigungen erforscht und erprobt werden. Wohin sie dann am meisten neigen, dahin muss ihnen auch geistig der Weg geöffnet sein.

Auf der Welt tut sich das freilich nicht; denn das wäre der barste sogenannte St. Simonismus, welcher in kürzester Zeit die ganze Erde in ein Raub- und Mordnest verwandeln möchte. Aber im Geisterreiche wird eben dieser St. Simonismus beobachtet und ein jeder kann demzufolge seiner Neigung ungehindert nachgehen.

Man wird hier freilich sagen: Wenn es dort so zugeht, wer wird da in den Himmel gelangen? Dort gilt es aber anders; es heißt: Jeder Arzt muss seinen Patienten vom Grunde aus erkennen, bevor er ihm eine Medizin verschreiben kann, die ihn vom Grunde aus heilen soll. Denn jenseits ist niemandem mit einer Palliativ-Kur etwas gedient. Also muss jenseits gewisserart werktätig ein jeder neue Ankömmling ein Generalbekenntnis seines Lebens von A bis Z ablegen. Ist solches geschehen, dann erst geschieht eine Veränderung des Zustandes, welcher die vollkommene Enthüllung heißt. In diesem Zustande steht ein jeder Geist völlig nackt da und gelangt dann in einen dritten Zustand, welcher die Abödung, wohl auch die Abtötung alles dessen genannt wird, was der Mensch von der Welt an Sinnlichem mitgenommen hat.

Von da aus erst kommt der Geistmensch dann im guten Falle in den Himmel oder im schlimmen Falle in die erste Hölle.

Wie sich dieser Ort der Abödung in der Erscheinlichkeit darstellt, hat euch mein Vorgänger in der abendlichen Gegend hinreichend gezeigt, als ihr euch in der stockfinsteren Gegend unter den `Moosessern` befunden habt. Wie diese Geister dann daraus nach und nach in den ersten Himmel gelangen oder auch gleicherweise in die erste Hölle, das alles habt ihr bildlich klar dargestellt gesehen.

Daher können wir nun sogleich die Frage lösen, was bei all diesen Gelegenheiten unsere Schüler eigentlich zu tun bekommen. Ihr Geschäft ist erforschen und die Wege zu öffnen bis zum Orte der Abödung. In diesem haben sie vorderhand dann nichts mehr zu tun; denn für das Weitere müssen schon tüchtigere Engelsgeister sorgen.

Wie aber geschieht solche Erforschung und Wegeröffnung? Wir haben früher den sogenannten St. Simonismus berührt und wollen nun durch ein kleines Beispiel die Sache in aller Kürze so klar als möglich darstellen. Und so höret denn:

Ein jeder Mensch, der hier seinen Standespflichten gemäß gelebt hat und auch bei seinem Austritte aus dieser Welt mit allen sogenannten geistlichen Gütern versehen worden ist, fragt jenseits sogleich nach dem Himmel. Er wird auch erscheinlichermaßen sogleich in einen Zustand erhoben, der für ihn des Himmels Örtlichkeit bildet.

Solcher Himmel aber wird allezeit in seiner Wahrheit dargestellt, welche wahrlich himmelhoch verschieden ist von dem, was der neue Ankömmling in seiner begründeten Idee mit hinübergebracht hat. Dass ihm aber ein solcher Himmel ebenso wenig gefällt, als wie es hier manchem gegenwärtigen Bischofe, Prälaten und anderen geistlichen Würdenträgern gefallen möchte, wenn sie auf einmal zum Nutzen ihrer Brüder mit eigener Hand den Pflug ergreifen müssten, das lässt sich sehr leicht einsehen.

Daher verlangt auch ein solcher Himmelsgast, dem es in solch einem (wahren) Himmel gar nicht gut wird, gleich wieder von selbem hinaus. Und wie er wieder in seinen gewöhnlichen Zustand zurückkommt, so sucht er sogleich in sich, was ihn auf der Erde am meisten vergnügt hat. Er findet zum Beispiel, dass schöne Weiber und Mädchen seine größte Freude auf der Erde waren. Solches merken sobald die ihn erforschenden und leitenden Geister und stellen ihm vor, dass dieses für den Himmel nicht taugt, indem seine Begierde unlauter ist. Aber da protestiert er und spricht: Setzet mich nur auf die Probe, lasset mich zu der schönsten Weibern und Mädchen, und ich werde mich mit ihnen ganz gebührlich unterhalten. Nach solcher Äußerung wird dem Gaste sogleich gewillfahrt. Er wird genau in jene Zustände geführt, in denen er sich nach und nach ganz leibhaftig in all jenen Szenen befindet, die ihm auf der Welt so viel Vergnügen gemacht haben. Hier aber weichen die (leitenden) Geister zurück und lassen ihn allein handeln, doch immer unter ihrer für ihn unsichtbaren Beobachtung.

Dass der Gast hier alle seine Szenen repetiert, braucht kaum erwähnt zu werden. Was aber mit ihm weiter geschieht und was dann das Geschäft unserer Geister ist – davon in der Folge.“ (GS.02_120,01 ff)



15. Jedes Leben hat vom Herrn aus Seiner Liebe bestimmte Wege
(Bd. 2, Kapitel 121)

Hat der Gast eine solche Szene einer seiner Hauptleidenschaften durchgemacht, so wird er dann gewöhnlich voll Ekels gegen solch ein flüchtiges Vergnügen, indem er sich dabei überzeugt, dass daran nichts Reelles ist. Ihr müsset wissen, dass solche Geister auch jenseits den Beischlaf pflegen; aber sie empfinden statt des Lustreizes einen sehr bedeutenden Lustschmerz, und diese Eigentümlichkeit macht ihnen um so eher ihre Leidenschaft zum Ekel.

Ist aber eine solche Leidenschaft auf diese Weise besiegt, dann sucht der Geist in sich etwas anderes, was ihm sonst auf der Welt Vergnügen machte, z.B. ein Spiel. Ist das der Fall, so sehnt er sich nach einer Spielgesellschaft. Auch diese wird ihm gewährt. Er kommt unter bekannte Freunde, und ihr erstes Zusammenkommen verlangt nichts anderes, als die schnelle Arrangierung eines Spieles. Und alsbald wird er in den Zustand versetzt, in welchem er alles das findet, was zum Spiele wie in seinem eigenen Hause auf der Welt vonnöten ist: Karten, Geld u. dgl. m. Das Spiel beginnt, endet aber dann gewöhnlich mit dem Verlust seines ganzen Geldes und seines Hauses. Dass er dadurch einen Hass auf das Spiel bekommt, versteht sich von selbst; aber leider dabei auch auf die Spieler, die ihm alles abgenommen haben. Aber da sind wieder unsere Leiter sogleich bei der Hand, zeigen ihm das Nichtige seiner Leidenschaft und wie er sich dadurch von Gott mehr und mehr entfernt, anstatt sich ihm zu nähern.

Auf diese Weise taucht in unserem neuen Gaste wieder alles das auf, was er von seinen Kinderjahren an getrieben hat. Selbst die Musik, wenn sie eine mehr sinnliche Leidenschaft ausmacht und mehr als eine mit Hochmut verbundene Gewinnsache betrieben wurde, kommt dort in gleicher Reihe als böse Leidenschaft vor und wird auf die gleiche Weise hinausgearbeitet. Auch die Malerei und Poesie, kurz alles, was den Menschen auf der Welt bei irgendeinem Grade von Vorzüglichkeit zu einem Hochmutseigendünkel verleitet hat, muss auf eine ähnliche Weise hinausgeschafft werden.

Aber solches alles muss der Geist am Ende freiwillig tun, denn niemand wird je zu etwas auf was immer für eine Weise gezwungen und gewisserart gerichtet, sondern er selbst muss sich zwingen und sich selbst richten!

Und das ist eben dann vorzugsweise das Geschäft dieser leitenden Engelsgeister, dass sie jeden Neuangekommenen nach und nach vollkommen in sich selbst einführen und ihn allda alles finden lassen, was er durch sein ganzes Erdenleben nur immer in sich aufgenommen hat, und zwar zuerst das Gröbere und hernach das Feinere.

So mancher, besonders der Römischgläubige, wird das nicht sehr billig finden, denn fürs erste will er von den gebeichteten Sünden nichts mehr wissen und fürs zweite glaubt er an ein besonderes Gericht, welches der Herr mit jedem Verstorbenen gleich nach dem Tode insbesondere vornimmt.

Er wird das nicht leichtlich annehmen, dass der Herr nie jemanden richtet und am allerwenigsten in der Geisterwelt. Noch eher wäre solches auf der materiellen Welt anzunehmen, wenn man die mannigfachen Züchtigungen gottvergessener Menschen als ein Gericht annehmen will, aber in der Geisterwelt hört das alles auf. Der Geist ist vollkommen frei und kann tun, was er will. Seine eigenen Taten aber sind hernach erst sein Richter, denn wie seine Liebe ist, so sind seine Taten, und so auch sein Leben.

Nur das Einzige ist vom Herrn von Ewigkeit fest bestimmt, dass ein jedes Leben seine bestimmten Wege hat, über die es ewig nimmer hinaus kann. Diese Wege aber sind so intim mit der Natur des Lebens verflochten, dass sie eben mit dem Leben selbst das Leben ausmachen. Würde man jemandem einen solchen Weg abschneiden, so schnitte man ihm seine Freiheit und somit auch sein Leben ab. Ein solcher Abschnitt wäre so ganz eigentlich ein Gericht, welches jedem Geiste den Tod brächte.

Zugleich aber wäre der Herr Selbst nicht mehr vollkommen frei, so Er auch nur einem einzigen Geiste die volle Freiheit nähme; so wie ein Weltrichter schon dadurch nicht mehr frei ist und sich selbst gerichtet hat, sobald er nur einen Menschen ins Gefängnis verurteilt. Denn ist er auch sonst in seinem Wirken frei, so ist er aber schon bei diesem einzigen beschränkt; denn so gut dieser im Gefängnisse schmachtet, schmachtet auch das Urteil des Richters mit und darf nicht eher aus dem Gefängnisse als der Gefangene selbst. In der materiellen Welt nimmt sich eine solche Gefangenschaft freilich nicht sehr einleuchtend aus, aber desto einleuchtender und wirkungsvoller wird sie in der geistigen Welt.

Wohl hat der Herr einem jedem Haupt- und Grundleben ein vollkommen entsprechendes Ziel gesetzt, und zwar zufolge Seiner unendlichen Liebe und Erbarmung; und dieses Ziel ist eben wieder kein Gericht, sondern nur ein Sammelpunkt, wo ein jeder Geist sein zerstreutes Leben und dessen Wirkung vollkommen wiederfinden soll. Solch ein Ziel ist die Hölle sowohl wie der Himmel, und die Geister in ihrer vollen Freiheit, einem oder dem andern Ziele zuzuführen, macht sonach das Hauptgeschäft unserer bekannten Engelsgeister im Mittelreiche aus.

Wie diese Führung geschieht, haben wir bereits  gesehen, und was hernach mit dem geführten Geiste geschieht, wissen wir auch.“ (GS.02_121,01ff)


16. Jeder Mensch trägt ein anderes Samenkorn für die Entwicklung der geistigen Welt in sich
(Bd. 2, Kapitel 124)

Wenn ihr im Evangelium nachleset, so werdet ihr mit leichter Mühe finden, unter welchen allgemeinen Bildern Ich Selbst das Himmelreich dargestellt habe. Unter den Gleichnissen findet sich das vom Senfkörnlein vor. Dieses Gleichnis ist eben auch dasjenige, welches am allermeisten hierher taugt. Klein ist dieses Korn; wer sieht in ihm die baumartig große Pflanze? Doch trägt dieses Senfkörnlein eine ganze Unendlichkeit seinesgleichen in sich. Zahllose ganz gleiche Senfkörnlein können aus dem einen hervorgehen. Säet aber zahllose solche Senfkörnlein in das Erdreich, und ihr werdet wohl lauter gleiche Pflanzen daraus bekommen. Aber was die gewisse Symmetrie der Form betrifft, da wird nicht ein Stamm dem andern gleichen, so wenig, als ihr imstande seid, auf einem und demselben Baume zwei vollkommen gleich symmetrische Blätter zu treffen.

Wer dieses Beispiel von diesem Gesichtspunkte fasst, der wird daraus doch sicher den Schluss ziehen und sagen: An der symmetrischen Form, welche man eine bleibende oder konstante nennen könnte, liegt nichts; denn ob ein Blatt auf diesem oder jenem Punkte des Stammes oder eines Astes und Zweiges hervorkommt, ob es etwas größer oder kleiner oder ob der Stamm selbst höher oder niederer dem Boden entwächst, mehr oder weniger Äste und Zweige schießt und diese allezeit in einer anderen Ordnung, so macht das alles nichts, wenn nur der Stoff der Pflanze und deren Brauchbarkeit eine und dieselbe bleibt.

Sehet, das ist im Grunde nichts anderes, als so Ich euch sage: An der Form oder an dem Erscheinlichen der Geisterwelt liegt an und für sich gar nichts, wenn nur alle diese endlos verschiedenen Formen und Erscheinungen eine und dieselbe Wahrheit und einen und denselben Zweck zum Grunde haben.

Und so trägt denn ein jeder Mensch ein anderes Samenkorn für die Entwicklung der geistigen Welt in sich, welches in ihm aufgeht und endlich zu einem Baume wird, der die Form der inneren Welt ist.

Wenn ihr verschiedene Samenkörner in die Erde streuet, und das in eine und dieselbe Erde, meinet ihr wohl, dass daraus ganz gleiche Gewächse zum Vorscheine kommen oder dass selbst aus einer und derselben Art Samenkörner ein vollkommen gleiches Gewächs hervorwächst? O mitnichten, überall etwas anderes und bei gleichartigem Samen wenigstens ein anderes Bild.

Aber alles dessen ungeachtet bleibt sich der Grundstoff gleich; und ihr könnet auf chemischem Wege alle Materie zerlegen, wie ihr nur immer wollt und könnt, und dennoch werdet ihr bei der letztmöglichen Zerlegung auf nichts als zwei Urgrundstoffe kommen, nämlich auf den euch wohlbekannten sehr flüchtigen Kohlenstoff und auf den zusammenziehenden Sauerstoff.

Sehet, das ist wieder gleich der Grundwahrheit und dem Hauptzwecke aller Formenerscheinlichkeit im Reiche der Geister.

Überall ist nur ein Gott, ein Vater, eine Liebe, eine Weisheit, und aus ihr geht hervor das Unendliche wie das Ewige!

Beschauet das Gewölk, das tagtäglich über eurer Erde Boden in der Luft dahinzieht. Habt ihr an selbem je schon eine beständige Form entdeckt? Werdet ihr es am Abende gleich erblicken wie es am Morgen steht oder am nächsten Tage oder in einem nächsten Jahre?

Endlos verschieden verändern sich die Formlinien des Gewölkes; nie erblicket ihr ganz dieselben wieder, die ihr schon geschaut habt. Beirrt euch aber das in eurem Dasein? Sicher nicht, denn es mag die Wolke unter was immer für einer Form in der Luft dahinschweben, sie bleibt deswegen doch nur eine Wolke, als nur eine Wahrheit, und ihr Zweck ist, den Regen zu geben, und das ebenfalls in einer und derselben Art, wenn alle Bedingungen ordnungsmäßig vorhanden sind, die zur Erzeugung des Regens vonnöten sind.

Und so liegt hier wieder nichts an der Form, sondern einzig und allein nur alles am Grunde und am Zwecke.

Überhaupt, was das erscheinliche Wesen betrifft, so ist dessen stets andere Form nur zur Weckung des Geistes da, der darin sein Wonnegefühl findet. Denn unter einem ewigen vollkommenen Einerlei würde alles in einen ewigen Schlaf dahinsinken.

Nur muss der Mensch sein Heil und seine Seligkeit nicht in der Form, sondern in der Realität, in der Wirklichkeit suchen. Was die Form betrifft, so habe Ich für ihren ewigen, stets neu reizenden Formenwechsel schon von Ewigkeit her gesorgt; und es gilt auch dafür der Grundtext aus dem Evangelium:

`Suchet vor allem das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit; alles andere wird euch hinzugegeben werden.`

Fraget daher nicht diesen oder jenen: Wie sieht der Himmel aus und wie die Geisterwelt? Denn alles das ist eitel! Sondern suchet jegliches Wort von Mir in euch lebendig zu machen durch die Werke der Liebe; und ihr habt dann schon den Himmel lebendig in euch und alles, was der Geisterwelt ist.

Denn es wird nie jemand in einen Himmel kommen, der so aussehen wird, wie er ihn so oder so beschrieben in sein Gedächtnis und Vorstellungsvermögen aufgenommen hat. Ein jeder trägt den eigenen Himmel und die eigene Geisterwelt in sich, deren Form sich allezeit nach der Art der Liebe richten wird, die in ihm ist, und nach den Werken, die aus ihr hervorgegangen sind.

Jemand möchte einem Fremden die Gestalt eines Apfelbaumes dadurch vollkommen erkenntlich machen, indem er zu ihm spricht: Siehe, da vor uns steht ein Apfelbaum; merke dir genau die Höhe und Dicke des Stammes, genau die Lage seiner Äste und Zweige und ebenso die Blätter und die Rinde, und du wirst jeden Apfelbaum erkennen, der dieser Form vollkommen entspricht. Der so Unterrichtete zeichnet sich die Form des Baumes genau auf und geht damit in einen großen Baumgarten, der nahe aus lauter Apfelbäumen besteht. Er passt seine aufgezeichnete Form überall an; da er aber diese nicht völlig wiederfindet, so existiert für ihn in diesem Baumgarten kein Apfelbaum.

Also soll sich niemand in irgendeiner Erscheinlichkeit begründen; denn da wird er allezeit hohl ausgehen. Wenn er aber die Sache im Geiste der Wahrheit nimmt, so wird er unter einer jeden Form die Wahrheit finden und den Weg und das Leben!

Diese Sache ist von großer Wichtigkeit; daher soll all dieses Gegebene jedermann wohl überdenken und es genau in sich prüfen, damit er zufolge dieser Prüfung der Weisheit wahren Grundstein finden möchte. Also ist es und wird es sein ewig wahr und gut. – Zur näheren Beleuchtung alles dessen nächstens der Beispiele mehr!“ – (GS.02_124,01 ff)



17. Das Himmelreich ist gleich dieser gegenwärtigen Zeit
(Bd. 2, Kapitel 125)

Was ferner noch `das Himmelreich` betrifft, so ist es gleich dieser eurer gegenwärtigen Zeit, welche wieder gleich ist dem Sämann im Evangelium, der da guten Samen ausstreute, von dem ein Teil auf den Weg, ein Teil ins Gebüsch, ein Teil auf Steinboden und nur ein Teil auf gutes Erdreich fiel.

Sehet eure Zeit an, ob sie nicht dem Sämanne und dem Himmelreiche gleicht?

Das Wort wird allenthalben ausgesät; allerorts leben noch geweckte Menschen, die das Wort aus dem innern Grunde erläutern. Allein die Bedürfnisse der Menschheit in der gegenwärtigen Zeit sind gleich geworden dem Wege, auf den der Same fällt, oder: sie sind rein weltlich geworden. Daher macht das Wort bei ihnen gerade solch einen Eindruck, als würfe man Erbsen an die Wand, da keine hängen bleiben wird und noch weniger Wurzeln schlagen in dem harten, steilen und glatten Grunde.

Daher dürfte Ich alle Engel des Himmels herabsenden und von ihnen das Wort des Lebens allorts verkünden lassen auf die wunderbarste Weise – heute, morgen und übermorgen werden es die Menschen erschüttert anhören und annehmen, aber hernach werden sie anfangen, das Wunder ganz gleichgültig zu betrachten und werden dabei ihren Weltgeschäften nachrennen wie zuvor.

Das sind die industriellen Menschen und deren nimmer zu sättigenden Bedürfnisse. Sie gleichen dem Gebüsch und den Dornen. Geht anfangs das Wort auch auf, so wird es aber dennoch bald erstickt und die Menschen werden hernach gleichgültiger gegen dasselbe als zuvor. Denn erst sprachen sie: So wir es auf einem wirklich wunderbaren Weg erhielten, da wollten wir ja glauben und darnach tun. Ich aber willfahre auch diesem Wunsche. Fast an allen Orten spende Ich es nun, wie hier, wunderbar aus. Welche Wirkungen aber macht es? Höchstens hie und da politische Bedenklichkeiten; das ist aber auch schon das meiste. Dass sich aber jemand daran kehren möchte – dieses gute Erdreich – wo ist es?

Ich sage: Wo hundert Millionen Menschen leben, da ist viel zu viel mit tausend gesagt, die sich daran wahrhaft lebendig kehren möchten. Was nützen darunter zehn oder hundert Tausende, die das wohl recht gläubig anhören, wenn es aber aufs Tun ankommt, so lassen sie sich von einem Tage bis zum andern Zeit; denn sie sagen: Warum sollte man sich denn gar so anstrengen, um ein ewiges Leben zu erlangen? Gibt es ein ewiges Leben, wie sie es glauben, so wird es wohl nicht schwer sein, dasselbe zu erlangen; daher nur lustig gelebt und am Ende dennoch selig gestorben! Was braucht man darüber mehr?

Da haben wir aber auch zugleich den steinigen und sandigen Grund. Dieser nimmt wohl den Samen an, und er geht auch bis zur Hälfte auf; aber der Boden hat keine Feuchtigkeit und so geht am Ende noch das was aufgegangen ist zugrunde!

Also hält sich der alleinige Glaube nie, wenn er nicht durch die Tat belebt wird; gleich wie durch die pure Theorie ohne tatsächliche Übung und Anwendung derselben niemand ein praktischer Mensch wird.

So könnt ihr jetzt auch eine Legion um die andere moralischer und religiöser Plauderer finden. Aber alle diese Plauderer wollen an sich keine Probe machen und nicht ein Steinchen mit einem Finger anrühren. Ein jeder glaubt schon damit etwas außerordentlich Verdienstliches geleistet zu haben, wenn er nur gut gepredigt und durch sein moralisches und religiöses Geplauder allenfalls einige dumme Andächtler und Schwärmer zuwege gebracht hat.

Niemand aber will im Ernste die Wege versuchen, durch welche er unmittelbar dahin gelangen möchte, wo er mit Mir Selbst in Verbindung träte und dann aus Meinem Munde eine lebendige Lehre bekäme, die ihn erst zu einem guten Erdreiche umgestalten könnte.

Es gibt zwar eine Menge Gottesgelehrte und Theosophen, darunter aber kaum einen, der nach dem Evangelium Johannis wirklich von Gott gelehrt wäre, das da kündet, dass alle sollen von Gott gelehrt sein!

Fürwahr, so Ich nicht aus Meiner großen Erbarmung heraus hier und da jemanden aufrütteln möchte, gleichwie ein emsiger Hausherr sein träges und faules Gesinde aufrüttelt, so wüsste von den Zeiten der Apostel angefangen bis jetzt beinahe kein Mensch, was `das lebendige Wort` ist und was es heißt `von Gott gelehrt sein`.

Die derzeitigen Gottesgelehrten stellen Mich lieber ganz geheimnisvoll über alle Sterne und lassen Mich da in einem völlig unzugänglichen Lichte sitzen. Warum aber tun sie das? Sie tun das aus verschiedenen Gründen. Der erste wäre z.B. der: Weit weg ist gut vor dem Schuss. Der zweite möchte also lauten: Keinem Menschen ist es sonach möglich, sich Gott so zu nähern, dass er von Ihm gelehrt würde. Und noch ein Grund, der sich auf den vorigen stützt, lautet also: Gott hat dem Menschen Vernunft und Verstand gegeben; das ist das lebendige Wort Gottes im Menschen. Wer sich darnach kehrt, der lebt nach dem Willen Gottes, und wer seinen Verstand und seine Vernunft ausbildet, der ist schon von Gott gelehrt; denn niemand kann von Gott unmittelbar, sondern nur mittelbar gelehrt werden, indem Gott ja über allen Sternen im unzugänglichen Lichte wohnt.

Wenn dann gegenüber diesen geheimnisvollen theosophischen Thesen Ich dennoch hie und da jemanden erwecke, der dann unmittelbar von Mir ein lebendiges Wort empfängt, so wird er vom größten Teile der gegenwärtigen Menschheit als ein Narr und Schwärmer erklärt, mitunter auch als ein Betrüger und Scharlatan, der sich einige Fähigkeiten seines Verstandes zugute zu machen versteht. Saget, ob es nicht also ist?

Es werden euch verschiedene Männer nicht unbekannt sein, die das lebendige Wort hatten, und das aus der neuen Zeit, vom achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert (Neuoffenbarung: Emanuel Swedenborg, Jakob Lorber, Gottfried Mayerhofer, Leopold Engel) wie auch manche aus früheren Jahrhunderten. Was aber ist ihr Los? Die stumme Vergessenheit. Der gelehrten Welt genügt, dass sie ihre Namen kennt. Was aber diese Männer aus Mir gelehrt haben, das geht sie nichts an. Und wenn es auch noch hier und da einen oder den andern gibt, der ein solches Buch liest, so kommt er aber bald auf Sätze, die mit seiner Vernunft nicht übereinstimmen. Er verwirft daher auch bald das Ganze und lässt sonach unseren von Mir gelehrten Mann ruhen.

Wenn es gut geht, so lässt man höchstens Mir allein noch einige Gerechtigkeit widerfahren; aber Meine Boten sind lauter Narren und Betrüger.

Ist nicht eure Zeit so beschaffen? Ich meine, das kann ein jeder mit der Hand greifen.

Da aber das Himmelreich keine irgendwo vorhandene Örtlichkeit ist, sondern nur vollkommen ein Zustand des Lebens, so ist das Himmelreich auch vollkommen gleich eurer Zeit, und zwar dieser Zeit, nämlich karg, armselig, klein, selten.

Und wo es noch ist, daselbst ist es nicht rein. Wird aber das wohl ein Himmelreich sein, so es nicht ganz rein ist? Ich sage euch: Das Himmelreich ist in dieser Beziehung sehr relativ, und das darum, weil einem jeden Narren seine Kappe am besten gefällt.

Ein jeder findet in seiner Dummheit sein Himmelreich. Ob das wahre aus Mir, das ist eine andere Frage. Dieses ist wahrlich selten, karg und spärlich geworden. Warum? Weil bei den Menschen das gute Erdreich ausgegangen ist! Daher mag Ich nun auch den allerbesten und reinsten Samen säen, wie Ich will, so fällt er dennoch auf lauter Wege, zwischen Dornen und auf steinigen Boden, hie und da zwischen eine Ritze am Wege. So gehen auch zwischen einer Steinkluft aus einer Million Körner etwa tausend auf und hundert erreichen die Reife. Und das ist dann die ganze Ernte und das ganze Himmelreich! Das ist doch sicher karg, selten und spärlich!

Aus dem könnt ihr abermals ersehen, dass alles bisher Gesagte seinen guten Grund hat, dass an der oberflächlichen Erscheinlichkeit des Geistigen ebenso wenig gelegen ist wie an den Erscheinungen der Zeit. Sie sind taub und hohl, aber für den Weisen sind sie eine Schrift, aus deren Grundzügen er mit leichter Mühe die innere Wahrheit findet; denn einer jeden Erscheinlichkeit geht ein wirkender Grund voraus. Ist die Erscheinlichkeit edel und gut, so wird es auch in gleichem Maße der Grund sein; ist die Erscheinlichkeit aber unedel, das heißt weltlich, materiell und schlecht, so wird auch ihr Grund gleichen Maßes sein.

Wer denn alles Geistige in seiner wahren Gestalt erschauen will, der binde sich nicht an das Erscheinliche, sondern er bediene sich dessen nur zur Erforschung des geistigen Grundes. Hat er diesen, so hat er das ganze Wesen aller Geisterwelt.“…(GS.02_125,01 ff)



Nachtrag
18. Wo sind drüben die Heiden?
(Aus Bd. 1, Kapitel 40)

…„So da jemand fragen möchte: Wo sind denn die Ankömmlinge aus dem Heidentume?, so sage ich euch, dass diese zwar auch in dieser Gegend zuallermeist anlangen; dessen ungeachtet aber sind hier solche Anlandungsplätze voneinander schroff geschieden, und es kann in diesem Zustande sich ein Heide nicht demjenigen Teile nahen, in welchem von was immer für einer Sekte Christgläubige anlangen.

Solche Unterscheidungen finden sogar in der Hölle statt, und es ist nirgends, wie ihr glaubet, alles wie Kraut und Rüben untereinander geworfen; denn solche Unterscheidungen sind im höchsten Grade nötig. Würden solche Geister zusammengelassen werden, so würden sie sich zufolge ihrer innersten Bosheit so sehr verderben, dass ihnen auf keinem Wege, außer auf dem der gänzlichen Vernichtung, beizukommen wäre.

Ihr müsst euch die Sache so vorstellen, wie es auf der Erde verschiedenartige Elemente gibt, die sich fortwährend zerstörend feindlich gegeneinander verhalten, so gibt es auch in der geistigen Sphäre ebenfalls solche Grundelemente, die sich nicht berühren dürfen. Würden sie miteinander in Berührung kommen, so würden in der geistigen Sphäre ähnliche Effekte zum Vorschein kommen, als wenn ihr auf der Welt Feuer und dürres Stroh zusammentätet oder Feuer und euer Schießpulver, oder wenn ihr möchtet Wasser kommen lassen über ein aus Ton aufgeführtes Gebäude. Darum sind in der Geisterwelt, wo keinem Geiste mehr ein Hinterhalt möglich ist, solche Unterschiede allerstrengst notwendig.

So aber jemand fragen möchte: Wie sieht es dessen ungeachtet auf dem Anlandungsplatze heidnischer Geister aus?, so sei ihm darauf gesagt, dass es für einen christlichen Geist nicht geheuer ist, solche Plätze zu besuchen mit was immer für einem Geiste.

Es müsste nur der Herr jemanden unmittelbar Selbst führen und leiten; sonst aber würde es für jeden mehr gefährlich als ersprießlich sein, solche Plätze zu besuchen.“… (GS.01_040,02 ff).