"14 Gleichnisse Jesu", Teil 2 (Fortsetzung von "Jesus und Seine Widersacher"

 

190. Kapitel

Das ewige Leben der Seelen

[GEJ.07_190,01] Sagte Ich mit einer ernsten Miene: „Du wagst viel Ungerechtes und Unwahres vor dem Volke Mir ins Gesicht zu sagen! Wäre Ich euch Juden und Pharisäern gleich zornmütig, so würdest du nun für diese deine kecke, wahrheits- und sinnlose und hochmutsvolle Rede einen Lohn von Mir überkommen, dass sich darüber alles Volk entsetzen würde, da es dadurch sicher schnellst zu der Einsicht käme, dass Mir alle Macht und Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist; aber Ich bin von ganzem Herzen sanftmütig, bin Selbst voll Demut und werde dich vor dem Volke nur mit Meinem Worte strafen!

[GEJ.07_190,02] Du hast Mich des Wahnsinns beschuldigt, dieweil Ich lehre, dass der, welcher an Mich glaubt und nach Meiner Lehre lebt, das ewige Leben in sich haben wird, – wer aber nicht an Mich glaubt und nicht nach Meinem Worte lebt, in sich haben wird das Gericht und mit demselben den ewigen Tod.

[GEJ.07_190,03] Dummer und blinder Pharisäer! Was ist denn nach deinem höchst materiellen Begriffe das ewige Leben der Seele in Meinem Reiche, das nicht von dieser Welt ist, und was ist denn das Gericht und mit ihm der ewige Tod?

[GEJ.07_190,04] Verstündest du dieses Geheimnis, so würdest du anders urteilen und reden; aber weil du blind bist an deiner Seele und finster in deinem Herzen, so urteilst du über geistige Dinge geradeso wie ein Blindgeborener über den Lichtschmelz der Farben.

[GEJ.07_190,05] Ist denn bei dir der ewige Tod der Seele und ihre – sage – unmögliche gänzliche Vernichtung für ewig hin ein und dasselbe? Siehe, du und dein ganzes Kollegium seid der Seele nach schon lange völlig tot; seid ihr aber darum vernichtet?! Ihr werdet auch ewig nie vernichtet werden, aber bleiben, wie ihr nun seid, in euren Sünden, die da sind der Seele Tod darum, weil sie in solch einem Zustande nimmerdar zu einer höheren und reineren Erkenntnis emporsteigen kann, sondern in ihrer Finsternis und in ihren alten Weltzweifeln, deren eure Seelen voll sind, bleiben muss.

[GEJ.07_190,06] In dieser Welt aber drücken sie euch weniger, weil ihr euch mit allen Dingen der Welt gar gut zu trösten verstehet; aber wenn eure Seelen bald ohne die irdischen Leiber sich in der eigenen, aus ihnen hervorgehenden geistigen Weltsphäre befinden werden ohne Liebe und ohne Licht in sich, – wie wird es ihnen dann ergehen?!

[GEJ.07_190,07] Ich weiß das aber sehr wohl und kenne das und weiß es nur zu klar, wie ihr alle gänzlich von dem Worte Gottes abgewichen seid, – und darum bin Ich Selbst, der Ich im Geiste Derselbe bin, der auf Sinai dem Moses die Gesetze gab, sowie dereinst dem Adam und später nach der Sündflut dem Noah, dem Abraham, dem Isaak und Jakob, wie nach Moses auch den vielen Propheten, nun verheißenermaßen in diese Welt im Fleische eines Menschen gekommen, um euch alle durch Lehre und Taten aus eurem Gerichte und Tode zu erlösen, weil ihr trotz allen den Urvätern, trotz Moses und allen Propheten in die harte Gefangenschaft der Sünde und des Todes geraten seid.

[GEJ.07_190,08] So Ich euch nun Selbst lehre, weil alle Meine früher an euch Menschen gesandten Boten nichts ausgerichtet haben, bin Ich dann und darum ein Wahnsinniger? O du Schlangenbrut, du Otterngezüchte, wie lange werde Ich dich noch in deinem Gerichte und in deinem Tode ertragen müssen!

[GEJ.07_190,09] Du meinst, dass die Menschen, die vor Mir gelebt haben und Mein nunmaliges an euch gerichtetes Wort nicht hören, an Mich also nicht glauben und somit auch das ewige Leben nicht einernten konnten, sowie auch jene nicht, die nun in fernen Landen leben und zumeist Heiden sind? O du blinder Pharisäer! Da sieh hin, sieben Männer aus dem fernsten Oberägypten, sie kennen Mich, lebten nach Meinem Willen, und ihre Seelen haben schon lange das ewige Leben und dessen nie versiegbare Kraft und Macht überkommen. Sie sollen dir ein Zeichen geben!

[GEJ.07_190,10] Hier trat der erste Oberägypter vor und sagte: „Höre, du elender Hurer und Ehebrecher, zehn Väter, aus denen du hervorgegangen bist, sollen erscheinen und dir sagen, dass sie sich wohl elend im Jenseits befinden, aber nicht vernichtet sind!

[GEJ.07_190,11] Da umstanden plötzlich, gar elend aussehend, die Gerufenen den Pharisäer, und sein Vater, den er gar wohl erkannte, sagte: „Weil ich war, wie du nun bist, so bin ich nun also elend, wie du mich schaust, und du wirst auch so elend, wie ich und alle die Vorväter nun sind und auch sicher bleiben werden; denn uns leuchtet kein Glaube und keine Hoffnung!

[GEJ.07_190,12] Fragte der Pharisäer ganz erstaunt: „Kann euch denn nimmer geholfen werden?

[GEJ.07_190,13] Sagte der Geist: „O ja, so wir das wollten; aber wir haben den Willen dazu nicht, gleichwie du ihn auch schon in dieser Welt nicht hast und Den verfolgst, der dir helfen könnte, – und wir tun dasselbe!

[GEJ.07_190,14] Hier verschwanden die Geister und Ich sagte: „Was ist nun deine Meinung?“

[GEJ.07_190,15] Da sagte der Pharisäer: „Ihr alle seid Zauberer und Magier, und diese Erscheinung habt ihr hergezaubert! Ich werde mich darum mit euch nicht mehr abgeben und mich zurückziehen.“

[GEJ.07_190,16] Das Volk aber sagte: „Oh, oh, seine Weisheit hat sich gehäutet, darum geht er nun voll Schande zurück!“

[GEJ.07_190,17] Die Tempeljuden aber ermahnten das laute Volk; dieses aber wurde noch lauter und fing an zu zischen und zu pfeifen. Da zogen sich alle Pharisäer und alle die Tempeljuden in aller Eile zurück.

[GEJ.07_190,18] Das Volk aber bat Mich, dass Ich es belehren möchte.

[GEJ.07_190,19] Ich aber ermahnte das Volk Selbst zur Ruhe, und es ward alsbald ruhig. Darauf erst fing Ich an, das Volk zu lehren über die Liebe zu Gott und zum Nächsten, und warnte es vor den Irrlehren der Pharisäer.

191. Kapitel

Ein neuer Plan der Templer, den Herrn zu fangen

[GEJ.07_191,01] Es kam aber durch etliche unter dem Volke versteckte Spione zu den Ohren der Pharisäer, dass Ich das Volk also lehrte. Da hielten sie einen Rat, was sie wider Mich unternehmen sollten, um Mich zu fangen und zu verderben.

[GEJ.07_191,02] Aber die Gemäßigteren sagten: „Ihr könnet zwar tun, was ihr wollet; aber wir versichern euch zum voraus, dass ihr gegen ihn nichts ausrichten werdet. Denn fürs erste hängt ihm viel Volk an, und fürs zweite besitzt er eine uns unbegreifliche Zaubermacht, durch die ihm alle Mächte und Kräfte der Natur und Geisterwelt zu gehorchen scheinen, und fürs dritte ist er in der Schrift derart bewandert, dass wir alle gegen ihn pure Pfuscher sind, und zum vierten hat er die hohen Römer, die ihn sicher für einen Halbgott halten, fest für sich. Auch die alten, wunderlichen Ägypter, Perser, Araber, Indier und noch andere Morgenländer hat er um sich, und da wird es nun schon sehr schwer werden, gegen ihn etwas Erfolgwirkendes zu unternehmen. Wollet ihr aber uns etwa keinen Glauben schenken, so gehet selbst hinaus und erkundiget und überzeuget euch von allem selbst!

[GEJ.07_191,03] Sind gestern nachmittag nicht die zwei allerbewährtesten Pharisäer hinaus nach Emmaus gezogen mit zwei unserer schlauesten Leviten? Wo sind sie etwa nun? Wir wissen es nicht. Vorgestern haben wir unsere vertrautesten Spione und Häscher nach ihm ausgesandt und haben ihnen die feste Weisung gegeben, uns noch vor dem Abende Nachricht zu bringen, was sie irgend in Erfahrung gebracht haben, und es kam keiner bis zur Stunde zurück! Wo sind sie hingekommen? Welche entsetzlichen Verlegenheiten haben uns die vorgestrigen Erscheinungen in der Nacht bereitet! Wer außer ihm und seinen Helfershelfern konnte sie bewirkt haben?!

[GEJ.07_191,04] Heute haben drei aufgegangene Sonnen [2 Nebensonnen durch Luftspiegelungen] uns und alles Volk in eine große Verwirrung gebracht! Auch das scheint von ihm bewirkt worden zu sein! Es scheint sich an ihm alles zu bestätigen, was wir von anderwärts über ihn und sein Wirken in Erfahrung gebracht haben, und so ist es nun von uns ein eitles Ding, so wir uns vornehmen, ihm irgendeine Gewalt anzutun. Hätte er nur eine geringste Furcht vor uns, so würde er es wohlweislich bleiben lassen, im Tempel offen lehrend aufzutreten; denn unsere Strenge gegen solche Menschen wird ihm so gut bekannt sein wie uns selbst. Das ist so unsere nüchterne Meinung; ihr aber könnet nach der großen Mehrheit eurer Stimmen noch immer tun, was euch gut dünkt, und wir werden euch nicht in den Weg treten.

[GEJ.07_191,05] Das aber glauben wir nach unserem allzeit nüchternen Nachdenken: Ist seine Sendung etwa doch von Gott geheim verordnet, so werden wir sie nicht zu unterdrücken imstande sein; ist sie aber nur ein pures Menschenwerk, so wird sie auch von selbst wieder zerfallen in den Staub der Vergessenheit. Kann nun unser Wort gegen ihn nichts ausrichten, so werden unsere Taten noch weniger vermögen!“

[GEJ.07_191,06] Sagte nun einer von der Erzpartei des Kaiphas: „Wenn denn nun schon alles sich so verhält, wie ihr das nun wohlmeinend vorgebracht habt, so ratet ihr denn, was da Rechtens zu tun sein könnte; denn gar so unbeirrt können wir diese Sache, die uns den Untergang bringen muss, ja doch wohl nicht vor sich gehen lassen!“

[GEJ.07_191,07] Sagte darauf der Gemäßigte: „Wenn wir ihn durch eine kluge und wohlberechnete Frage und Rede nicht vor dem Volke und vor den Römern entlarven und verdächtig machen können, so sind wir so gut wie fertig; durch Taten werden wir ihm nicht im geringsten zu schaden imstande sein! Das ist unsere feste und wohlbegründete Meinung.“

[GEJ.07_191,08] Sagte darauf der Erzpharisäer: „Der Rat ist gut und lässt sich hören, und wir können da ja einen Versuch machen; denn an schlauen, klugen und guten Rednern hat es bei uns noch keinen Mangel, obwohl uns schon eine bedeutende Anzahl der sonst bewährtesten Redner in diesen Zeiten abhanden gekommen sind, was wir wahrscheinlich auch dem verruchten Nazaräer zu verdanken haben. Wer von uns getraut sich denn, gegen eine große Belohnung dieses Amt zu übernehmen?“

[GEJ.07_191,09] Hier traten ein Schriftgelehrter und ein Pharisäer, der auch der Römergesetze wohl kundig war, auf, und die beiden sagten: „Betrauet uns mit diesem Amte, und wir werden ihn bald und leicht gefangen haben; denn uns ist noch keiner durchgekommen!“

[GEJ.07_191,10] Der ganze Rat war damit einverstanden, und Kaiphas sagte mit großer Gravität: „Gut, so verkleidet euch, auf dass euch das Volk nicht erkenne! Tretet durch die große Volkstür in den Tempel, und machet eure Sache gut, und mein und Gottes Wohlgefallen wird euch zuteil werden!“

[GEJ.07_191,11] Hierauf verkleideten sich die beiden und gingen nach der Anweisung des Kaiphas in den Tempel, wo Ich noch das Volk über die Liebe zu Gott und zum Nächsten belehrte; aber die Hohenpriester (Obersten), Pharisäer und auch noch etliche Schriftgelehrte trauten den zweien nicht völlig, verkleideten sich auch und zogen ihnen nach in den Tempel, um selbst Zeuge zu sein, was die beiden mit Mir ausrichten würden, und stießen im Tempel zu ihnen.

192. Kapitel

Die Pharisäer versuchen, den Herrn zu fangen: Matth. 21,23 – 32

[GEJ.07_192,01] Die beiden kamen bald vor Mich hin und fragten Mich gleich ganz keck, als Ich ein wenig ausruhte: „Meister, wir wissen es, dass du außerordentliche Dinge verrichtest, die vor dir kein Mensch je verrichtet hat! Sage es uns denn doch einmal, aus was für Macht du solches alles zu verrichten imstande bist; denn du als ein Meister wirst doch wohl sicher am besten wissen, durch welche Kräfte und Mittel dir all die Wundertaten zu verrichten möglich sind (Matth.21,23)!“

[GEJ.07_192,02] Sagte Ich: „O ja, das weiß Ich gar sehr wohl, und sehet, Ich will es euch auch sagen; aber zuvor werde Ich euch um etwas fragen! Beantwortet ihr Mir Meine an euch gestellte Frage recht, so will Ich euch dann auch sagen, aus welcher Macht Ich Meine Taten verrichte (Matth.21,24)!“

[GEJ.07_192,03] Sagten die beiden: „Frage du uns nur immerhin; wir werden dir keine Antwort schuldig bleiben!“

[GEJ.07_192,04] Sagte Ich: „Gut denn; also saget es Mir frei und offen vor allem Volke: Woher war die Taufe Johannis, des Sohnes eben desselben Zacharias, der von euch in diesem Tempel zwischen dem Altar und dem Allerheiligsten erwürgt worden ist? War dieses Johannis Taufe vom Himmel oder nur von den Menschen? Denn an euch liegt es, das vor dem Volke als etwas Bestimmtes auszusprechen. Ihr seid wohl in anderen Kleidern und seid gleich anderen Pilgern beim großen Volkstor in den Tempel gekommen; aber dessenungeachtet seid ihr dennoch schnell erkannt worden. Machet eure Sache aber gut, sonst bleibt der euch verheißene Lohn unterm Wege, den ihr dafür erhalten könntet, so ihr Mich finget in der Rede!“

[GEJ.07_192,05] Da gedachten sie bei sich und sagten still zueinander (die Pharisäer): „Das ist eine ganz verzweifelt feine Frage! Denn sagen wir des Volkes wegen: Die Taufe Johannis war vom Himmel, so wird er und das Volk zu uns sagen: Wenn so, warum habt ihr ihm denn nicht geglaubt, und warum habt ihr ihn verfolgt und Herodes beredet, dass er ihn zuerst in den Kerker werfen und darauf enthaupten ließ (Matth.21,25)?‘ Sagen wir aber, dass die Taufe vom Menschen war, so wird sich alles Volk wider uns erheben; denn das Volk hält Johannes gleichfort für einen wahren Propheten (Matth.21,26) und würde über uns herfallen, so wir so etwas von Johannes aussagten. Darum ist da schwer, diesem Menschen eine rechte Antwort zu geben!“

[GEJ.07_192,06] Sagte im geheimen noch ein anderer: Mir fiel nun ein guter Gedanke ein! Sagen wir das eine oder das andere, so geben wir uns gefangen; wir müssen hier tun, als hätten wir uns um solche Aus- und Missgeburten des verdorbenen Judentums gar nie gekümmert, weil das zu tief unter unserer Würde sich befand! Und um der langen Rede einen kurzen Sinn zu geben, sagen wir ganz einfach: Das wissen wir nicht; denn über eine so geringfügige Begebenheit dem Tempel gegenüber haben wir uns gar nie gekümmert!“

[GEJ.07_192,07] Nach solch einer Beschlussnahme wandten sich die beiden wieder an Mich und sagten: „Meister, auf deine Frage können wir dir gar keine Antwort geben; denn wir wissen das nicht, von wem die Taufe des Johannes war! Denn ganz offen gesagt: wir haben uns um diese viel zuwenig gekümmert!“

[GEJ.07_192,08] Sagte Ich zu ihnen: „Nun gut, weil ihr Mir das nicht sagen wollet, so sage auch Ich euch nicht, aus welcher Macht Ich Meine Werke verrichte (Matth.21,27)!

[GEJ.07_192,09] Was dünkt euch aber? Sehet, es hatte ein Mann zwei Söhne! Er ging zu dem ersten und sagte zu ihm: ,Mein Sohn, gehe hin und arbeite heute in meinem Weinberge (Matth.21,28)!‘ Der Sohn aber sagte: ,Vater, ich will das nicht tun; denn ich scheue mich vor der schweren Arbeit!‘ Als aber der Vater von ihm gegangen war, da reute es den Sohn; er stand auf und ging hin in den Weinberg und arbeitete den ganzen Tag mit allem Fleiß und Eifer (Matth.21,29).

[GEJ.07_192,10] Der Vater aber ging darauf zum zweiten Sohne und sagte auch zu diesem, was er zum ersten gesagt hatte. Und dieser antwortete: ,Herr und Vater! Ja, ich werde sogleich dahin gehen und arbeiten!‘ Als aber der Vater von ihm ging, da blieb der Sohn daheim und ging nicht in den Weinberg, dass er dort arbeitete (Matth.21,30). – Welcher von den beiden Söhnen hat denn hier den Willen des Vaters erfüllt?“

[GEJ.07_192,11] Sagten die Befragten: „Eine wahrhaft kindische Frage! Hier hat ja doch offenbar der erste Sohn des Vaters Willen erfüllt (Matth.21,31a)! Denn mit der abschlägigen Antwort hatte er dem Vater sicher nur eine überraschende Freude machen wollen; denn am Worte liegt doch offenbar weniger als an der Tat. Aber wofür soll dieses Bild gut sein, und was hast du uns damit sagen und zeigen wollen?“

[GEJ.07_192,12] Sagte Ich: „Ich werde euch das schon erläutern, wenn ihr schon so blind seid, dass ihr das nicht von selbst einsehen möget! Der Vater ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Die beiden Söhne aber sind, und zwar der erste: die von Gott berufenen wahren Propheten, die aber eben im Anfange mit der Berufung nicht zufrieden waren, wie das schon Moses gar klar dadurch an den Tag legte, dass er sich weigerte, ob seiner schweren Zunge das hohe Amt zu übernehmen, und darum Gott bat, dass Er ihm den Bruder Aaron zum Dolmetscher gebe. Aber gearbeitet hat dann doch nur Moses. Der zweite Berufene [Aaron und alle Priester nach ihm] führte wohl das Wort; aber gearbeitet hat nur Moses. Und so ging es dann bis auf diese Zeiten immer schlimmer herab.

[GEJ.07_192,13] Da die zweiten, die das Versprechen und das Gelübde machten, im Weinberge Gottes zu arbeiten, stets nur das Versprechen machten, dass sie arbeiten würden, aber dann doch nichts taten [= die jüdischen Priester], so musste sich Gott wieder an die Hartzüngigen [= die Propheten des AT] wenden. Diese gaben ihm zwar kein Versprechen, aber sie arbeiteten; so sie aber dann arbeiteten, da fielen die zweiten [die Priester] über sie [die Propheten] her und verfolgten sie aus Eifersucht und wollten ihnen die gute Arbeit verwehren, damit die wahren Arbeiter nicht angesehen werden sollten vom Vater des Weinbergs.

[GEJ.07_192,14] Und so waren in dieser jüngsten Zeit Zacharias und darauf sein Sohn Johannes wohlbestellte Arbeiter im Weinberge des Herrn, obwohl im Anfang ihres inneren Berufes sich ein jeder von beiden geweigert hat, dieses Amt zu übernehmen, weil sie die große Trägheit und die glühende Eifersucht derer [der Priester] wohl kannten, die Gott das Versprechen und das Gelübde gaben, im Weinberge zu arbeiten, aber dann stolz die Hände in den faulen Schoß legten und nicht nur selbst nichts arbeiteten, sondern noch den guten und eifrigen Arbeitern mit Feuer und Schwert verboten, zu arbeiten.

[GEJ.07_192,15] Darum sage Ich euch: Wahrlich, wahrlich, Zöllner und Huren werden wohl eher in den Himmel kommen denn ihr (Matth.21,31b)! Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg, und ihr glaubtet ihm nicht, wie auch eure Vorfahren den alten Propheten nicht geglaubt haben; aber die Zöllner und Huren glaubten dem Johannes, taten Buße und besserten sich. Ihr sahet das wohl und sahet auch euer Unrecht ein; aber ihr tatet dennoch nicht, was die Zöllner taten, damit es ja nicht etwa ruchbar werde, dass auch ihr an ihn geglaubt hättet (Matth.21,32). Darum werden auch die Zöllner und die Huren eher ins Gottesreich eingehen als ihr, die ihr da endlos große Dinge auf euren Beruf haltet und euch damit also brüstet vor aller Welt, als hättet ihr Gott Himmel und Erde erschaffen helfen.

[GEJ.07_192,16] Aber Ich sage es euch: Eben darum seid ihr die Allerletzten vor Gott! Denn alles, was vor der Welt groß und glänzend ist, das ist vor Gott ein Gräuel. Ihr wollet nicht in den Himmel und vertretet noch denen, die hinein wollen, den Weg. Darum aber werdet ihr dereinst auch desto mehr Verdammnis überkommen.

[GEJ.07_192,17] Ich sage euch das, weil Ich das Recht und die Macht dazu habe und keine Furcht habe vor den Menschen dieser Welt, wie ihr sie habt; denn Ich kenne Gott und die Macht Seines Willens, der nun in Mir ist und will und handelt. Ihr aber kennet Gott nicht, und Sein Wille ist nicht in euch! Darum aber fürchtet ihr dann die Welt und handelt nach dem, was sie euch vorschreibt in euren Herzen; und da ihr das tuet, so bereitet ihr euch auch selbst euer Gericht, eure Verdammnis, und mit ihm den wahren, ewigen Tod. Dieser aber besteht eben darin, dass ihr fortwährend Sklaven eurer stets wachsenden Trägheit und Sinnlichkeit bleiben und ihre schnöden und argen Früchte einernten werdet.“

[GEJ.07_192,18] Sagte einer der beiden: „Du redest frei und offen zu uns, die wir so gut Menschen sind, wie du einer bist. Hat es dem allmächtigen Gott gefallen, uns Menschen nur für die Hölle zu erschaffen, so hätte Er Sich da wohl die Mühe ersparen können; denn dafür wird Ihn keine Seele loben. Wir aber meinen, dass Gott die Menschen noch immer zu etwas Besserem erschaffen hat, und hoffen darum, dass Er als das weiseste und vollkommenste Wesen uns Menschen deshalb, weil wir so oder so zu handeln durch unüberwindbare Umstände genötigt werden, nicht schon gleich auf ewig in allen Qualen der Hölle wird peinigen wollen.

[GEJ.07_192,19] Dass wir so manchem Menschen, der sich uns als ein Prophet darstellt, nicht gleich glauben können, davon ist der Grund wohl sehr begreiflich; denn würde der Tempel das tun, so wäre er schon lange kein Versammlungspunkt der noch an Moses glaubenden Juden mehr! Warum lässt sich denn ein von aller Macht Gottes erfüllter Prophet von den Juden ergreifen und sogar töten? Geschieht das, so fallen seine Jünger dann aber auch schon, wie die Erfahrung lehrt, beinahe allzeit von ihm ab und werden wieder Juden, wie sie es vor dem Propheten waren. Warum lässt denn Gott solches zu?

[GEJ.07_192,20] So die Propheten Seine besonders erweckten und berufenen Arbeiter sind und wir denselben trägen Sohn darstellen, der dem Vater wohl versprochen hat, im Weinberge zu arbeiten, aber dann sein Wort nicht hielt – wie kommt es denn, dass sich die von Gott so hoch bevorzugten Arbeiter von uns trägen Nichtstuern noch allzeit haben besiegen lassen? Wie hat denn dein Gott so etwas zulassen können?“

193. Kapitel

Das Gleichnis von den Weingärtnern: Matth.21,33 – 41

[GEJ.07_193,01] Sagte Ich: „Gott hat jedem Menschen einen vollkommen freien Willen gegeben und einen Verstand und ein ihn mahnendes und allzeit zurechtweisendes Gewissen, ohne welche drei Stücke der Mensch nur ein bloßes Tier wäre.

[GEJ.07_193,02] Dem Menschen aber ist zur Probe seines freien Willens auch die Trägheit und die Eigenliebe angeboren in seinem Fleische, in dem sich der Mensch auf dieser Welt am meisten behaglich fühlt.

[GEJ.07_193,03] Der Mensch aber soll aus eigener Kraft das als ein Übel für seine Seele an sich erkennen und es mit den von Gott ihm gegebenen Mitteln so lange fort bekämpfen, bis er ein vollendeter Meister über alle seine leiblichen Leidenschaften geworden ist. Das kommt aber dem sinnlichen und trägen Menschen zu unbequem und unbehaglich vor; er lässt sich lieber von seinen wachsenden sinnlichen Leidenschaften so fest als nur immer möglich umstricken und zieht dadurch Tausende nach, weil es auch ihrem Fleische wohltut, sich in aller Trägheit und ihrer Wollust zu baden.

[GEJ.07_193,04] Aber was ist von dem die arge Folge? Die Seele, statt sich aus den Banden der Materie auf dem Wege der von Gott ihr angeratenen rechten Tätigkeit loszumachen und am Ende sogar ihr Materielles zu vergeistigen und wahrhaft zu beleben, begibt sich nur stets tiefer und tiefer in den Tod ihrer Materie.

[GEJ.07_193,05] Wenn das bei den Menschen einmal zu allgemein zu werden beginnt, so erbarmt sich Gott der Menschen und sendet stets zur rechten Zeit Wecker unter die trägen Menschen. Wenn diese aber dann ihr Werk beginnen, so werden die vielen Trägen über die Wecker toll, fallen über sie her, und misshandeln sie und erwürgen sie gar in ihrer blinden Wut, damit sie dann wieder in ihrer ihrem Fleische so wohltuenden Trägheit fortschlafen können.

[GEJ.07_193,06] Weil aber Gott eben die Menschen nur fürs ewige Leben und nicht für den ewigen Tod erschaffen hat, so lässt Er auch nicht ab, den trägen und sinnlichen Menschen fort und fort allerlei Wecker zukommen zu lassen, damit sie, die trägen Menschen nämlich, sich aufrichten möchten zur wahren, die Seele belebenden Tätigkeit.

[GEJ.07_193,07] Werden die mahnenden Propheten nicht angehört, sondern nur verfolgt, so sendet dann Gott bald andere und schärfere Wecker wie Misswachs, Teuerung, Kriege, Hungersnot und Pestilenz und noch gar manche andern Plagen.

[GEJ.07_193,08] Bekehren sich die Menschen und werden wieder tätig nach dem göttlichen Rate, dann nimmt Gott bald wieder die Plagen von den Menschen; kehren sich aber die Menschen nicht daran, so hat dann Gott schon noch große Wecker im Vorrate, und diese sehen dann aus wie die Sündflut Noahs und die Zerstörung von Sodom und Gomorra!

[GEJ.07_193,09] Wenn ihr in euren Sünden also fortbeharret, bis das gegebene Maß voll wird, dann werdet auch ihr die letzten großen und erschrecklichen Wecker ehest zu gewärtigen haben. Ich habe euch das nun gesagt, auf dass ihr, wenn es über euch kommen wird, euch Meiner Worte wohl erinnern möget.“

[GEJ.07_193,10] Sagten die beiden: „Was tun wir denn Arges, dass darum über uns so etwas kommen sollte?“

[GEJ.07_193,11] Sagte Ich: „Was ihr tut und noch allzeit getan habt, das werde Ich euch nun sogleich in einem Gleichnisse dartun, – und so höret Mich!

[GEJ.07_193,12] Es war ein weiser Hausvater, der pflanzte einen Weinberg und führte einen festen Zaun um ihn; dazu grub er eine Kelter und baute einen festen Turm darüber, in dem gar viele Menschen wohnen konnten. Als das alles beendet war, da übergab er alles den Weingärtnern, nachdem sie ihm zuvor Treue, Aufrichtigkeit und Fleiß und Eifer versprochen und er ihnen einen gar guten Lohn ausgesetzt hatte, mit dem die Weingärtner sich sehr zufrieden stellten. Und der Hausvater, da er noch gar viele anderartige Geschäfte hatte, konnte ganz ruhig über Land ziehen, da er alles in der besten Ordnung bestellt hatte (Matth.21,33).

[GEJ.07_193,13] Als dann herbeikam die Zeit der Ernte, sandte der Hausvater seine Knechte (Propheten und Lehrer) hin, auf dass sie in Empfang nähmen die Früchte des Weinberges (Matth.21,34). Als aber die Weingärtner, die dem Hausvater alle Treue und Aufrichtigkeit und allen Fleiß und Eifer versprochen hatten, die Knechte ersahen, da berieten sie sich also untereinander und sagten: ,Ei was, wir sind unser viele und werden mit den wenigen Knechten des Herrn bald fertig werden und werden die Ernte fein unter uns verteilen!‘ Damit waren alle die bösen Weingärtner einverstanden, und sie ergriffen die Knechte, die vom Herrn gesandt waren, die Früchte in Empfang zu nehmen. Den einen stäupten sie, den andern töteten sie, und den dritten steinigten sie (Matth.21,35).

[GEJ.07_193,14] Als das vor den Hausvater kam, da ward er voll Ärgers und sandte abermals Knechte hin, aber in einer größeren Anzahl, als da war die der ersten. Und seht, die Weingärtner überwältigten auch diese und taten mit ihnen, was sie mit den ersten getan hatten (Matth.21,36).

[GEJ.07_193,15] Als auch das vor den Hausvater kam, da ward er ordentlich traurig und gedachte bei sich, ob er mit seinen Weingärtnern ein strenges Gericht halten solle, oder ob er infolge seiner großen Güte und Geduld noch einmal versuchen solle, seine Weingärtner zur freiwilligen Herausgabe seiner Früchte aufzufordern. Da gedachte er bei sich und sprach: ,Ich weiß, was ich tun werde! Ich werde meinen einzigen Sohn dahin entsenden! Vor diesem werden sie sich scheuen und werden tun nach seinem gerechtesten Verlangen (Matth.21,37)!‘

[GEJ.07_193,16] Als aber die Weingärtner den Sohn ersahen, da sprachen sie untereinander: ,Das ist der Erbe! Kommt und lasst uns auch den töten, und wir bringen dadurch sein Erbgut an uns (Matth.21,38)!‘ Und sie ergriffen ihn, stießen ihn zum Weinberge hinaus und töteten ihn daselbst (Matth.21,39). –

[GEJ.07_193,17] Was meinet ihr nun: Was wird der Herr des Weinberges, wenn er darauf selbst, mit großer Macht begleitet, zu den bösen Weingärtnern kommen wird, ihnen wohl tun (Matth.21,40)?“

[GEJ.07_193,18] Da sagten die beiden: „Er wird die Bösewichter alle übel umbringen und seinen Weinberg sicher andern Weingärtnern anvertrauen, die ihm die Früchte zur rechten Zeit ausliefern werden (Matth.21,41)!“

[GEJ.07_193,19] Sagte Ich: „Da habt ihr nun ganz wahr und gut geurteilt; aber wisset ihr auch, dass unter dem Weinberge die [jüdische] Kirche zu verstehen ist, die Gott als der besagte Hausvater durch Moses gegründet hat, dass ihr Priester die euch nun gezeigten argen Weingärtner seid, dass die Knechte die vielen Propheten sind, die Gott zu euch gesandt hat, und dass nun eben Ich der Erbe des Vaters bin, über den ihr nun Tag für Tag Rat haltet, wie ihr ihn ergreifen, aus seinem Eigentum hinaus stoßen und auch töten könntet, auf dass ihr dann ganz unbeirrt auf seinem Throne herrschen könntet und des Weinbergs Früchte unter euch teilen?“

[GEJ.07_193,20] Sagten darauf die beiden: „Wo sind denn hernach die, welche dich, wenn du wahrhaft der Erbe bist, zu töten trachten? Wir sind nicht hierher gekommen, um dich nun zu ergreifen und zu töten, sondern wir sind gekommen, um dich ernstlich zu erforschen, ob du wohl der vollen Wahrheit nach derjenige bist, der uns verheißen ward. Wir müssen da an der Schwelle der alten Kirchentüre Wache halten, damit nicht etwa auch in dieser wundersüchtigen Zeit, in der die Essäer und auch andere Magier ihre gute Ernte halten, sich ein falscher Christus einschleiche und das leichtgläubige und blinde Volk mit seinen falschen Lehren und Wundertaten berücke und verführe. Wer demnach nicht vor uns die Feuerprobe besteht, der ist ein Eindringling und ein Betrüger, und wir haben das Recht, ihn zu ergreifen und hinaus zu stoßen.

[GEJ.07_193,21] Wenn du der wahre Christ bist, – warum ärgert es dich denn, so wir dich vor dem Volke erproben? Finden wir, dass an dir kein wie immer gearteter Betrug haftet, so werden wir dich auch allem Volke als den vorstellen, als den du dich uns selbst vorstellst; erkennen wir aber mit unserem Scharfsinn, dass du dich nur selbst zu etwas machst – etwa auf Kosten deiner geheimen Zauberei –, so liegt uns die von Gott auferlegte Pflicht ob, dich als einen Betrüger und Gotteslästerer hinaus zu stoßen und nach dem Gesetze zu bestrafen. Wenn wir aber also handeln, wie kannst du uns da mit den argen Weingärtnern in einen Vergleich stellen und uns dadurch vor allem Volke verdächtigen?“

[GEJ.07_193,22] Sagte Ich: „Weil Ich dazu allen Grund habe und Mich vor euch nicht fürchte! Ich will euch aber den Grund noch näher bezeichnen: Wie ihr nun seid, und wie ihr euch gebärdet, also war es auch schon seit sehr lange her der gleiche Fall. Auch diese (eure Vorgänger) hielten sich stets für die völlig rechtmäßigen Wächter und Bearbeiter des Weinberges Gottes; allein, wo und wie sie arbeiteten, da behielten sie die Früchte für sich und haben das Gesetz Gottes verkehrt und gar vertauscht mit einem weltlichen Gesetze zu ihrem diesweltlichen Besten.

[GEJ.07_193,23] Da sandte Gott die Propheten zu ihnen, und sie verfolgten sie mit Feuer und Schwert, indem sie vor dem Volke dieselben stets für falsche Propheten erklärten, und jeden Menschen für einen Frevler und Gotteslästerer der der Propheten Lehre annahm und danach lebte.

[GEJ.07_193,24] Hundert Jahre später erst wurden die von ihren zeitgenössischen Priestern verfolgten Propheten als wahre Propheten anerkannt, und es wurden ihnen Denkmäler errichtet, die ihr nun noch heutzutage aus lauter scheinbarer Ehrfurcht alljährlich übertünchet; aber an ihr, der Propheten, Wort glaubet ihr heute ebenso wenig, wie ihre zeitgenössischen Priester ihnen geglaubt haben. Und wie sie die alten Propheten verfolgt haben, so auch verfolget ihr die heute zu euch gesandten Propheten, erkläret sie für falsche, stoßet sie hinaus und tötet sie!

[GEJ.07_193,25] So ihr das aber tuet – was ihr nicht leugnen könnet –, habe Ich da nicht recht, euch für jene argen Weingärtner zu erklären, die nach eurem Urteil der Herr des Weinberges bald gar übel umbringen wird?! Wächter seid ihr wohl, aber gleich jener räuberischen Art, die vor einer Räuberhöhle Wache halten!

[GEJ.07_193,26] Was kümmert euch das Wohlgefallen Gottes, an den ihr noch nie geglaubt habt? Euch kümmert nur eure Weltehre, weil sie euch viel Gold, Silber und viele Edelsteine und dazu noch das Erste und Beste von allem, was das Land erzeugt und trägt, abwirft. Denn glaubtet ihr an Gott, so hieltet ihr auch Seine Gesetze, in welchen steht: ,Du sollst nicht verlangen, was deines Nächsten ist!‘ und: ,Du sollst nicht töten!‘ Ihr aber verlanget und nehmet gleich schon alles, was eures Nächsten ist, das er sich im Schweiße seines Angesichtes erworben hat. Wer euch aber das Verlangte nicht geben will, den verfolget ihr ärger denn hungrige Wölfe ein Lamm, und wer euch als von Gott erweckt ermahnt, dass ihr unrecht handelt, den ergreifet ihr alsbald und tötet ihn.

[GEJ.07_193,27] Dass ihr aber also und nicht anders handelt, das weiß nicht nur Ich, sondern das weiß nun schon ein jeder Mensch und weint und klagt über eure rücksichtsloseste Härte. Ihr leget den armen Menschen unerträgliche Lasten auf; ihr selbst aber rühret sie nicht mit einem Finger an!

[GEJ.07_193,28] Saget es hier dem Volke, ob euch zu solch einer frechsten und gewissenlosesten Gebarung je Moses oder ein anderer Prophet ein Gesetz gegeben hat! Wo steht es geschrieben, dass ihr die Habe der Witwen und Waisen gegen verheißene lange Gebete an euch bringen dürfet, und wann hat Moses befohlen, wahrhafte Propheten für falsche zu erklären und sie zu verfolgen und zu töten?!

[GEJ.07_193,29] Wenn ihr aber alles das tuet – was ihr nimmer leugnen könnet –, so ist es doch klar am Tage vor aller Welt, dass eben ihr die argen Weingärtner seid, von denen Ich geredet habe!

[GEJ.07_193,30] Hier wurden die zwei Pharisäer samt den andern gar sehr aufgebracht, dass Ich ihnen solches vorhielt, und alles Volk sagte: „Ja, ja, der redet die vollste und nackteste Wahrheit! Ganz also ist es und nicht um ein Haar anders!“

[GEJ.07_193,31] Als das Volk solches laut aussprach, da sagten die beiden gar drohenden Angesichtes: „Sage uns, wer du denn bist, dass du es wagst, uns solches vor dem Volke ins Gesicht zu sagen! Kennst du unsere Rechte und unsere Gewalt nicht? Wie lange willst du unsere Geduld noch auf die Probe stellen?“

[GEJ.07_193,32] Sagte Ich: „Ich bin nun Der, der Ich mit euch rede; dann habe Ich wahrlich nicht die allergeringste Furcht vor eurer Gewalt, weil euer eingebildetes Recht vor Gott und allen ehrlichen Menschen das höchste Unrecht ist. Was aber die Geduld betrifft, so hättet ihr wohl füglich fragen sollen, wie lange Ich mit euch noch eben die Geduld haben soll, die ihr mit Mir zu haben wähnet; denn Mir ist alle Gewalt und Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Mein Wille kann euch verderben und werfen in das Feuer Meines Zornes; ihr aber könnet Mir nichts tun, indem Ich euch um vieles eher verderben kann, als ihr es vermöchtet, an Mich nur einen Finger zu legen. Ja so Ich es zulassen werde eurer zu großen Bosheit wegen, dass ihr eure schnöden Hände an Mich leget, dann auch ist der Tag eures Gerichtes und eures Unterganges herbeigekommen!

194. Kapitel

Die Frage der Pharisäer nach dem Reiche Gottes: Matth. 21,42 – 46

[GEJ.07_194,01] Sagte einer der beiden: „Was redest du alles für gotteslästerlichen Unsinn zusammen! Sind wir denn nicht die von Moses und Aaron bestellten Bauleute am Hause Gottes auf Erden, wie solches auch geschrieben steht?“

[GEJ.07_194,02] Sagte Ich: „Ja, ja, es steht solches zwar wohl geschrieben; aber es stehet auch noch etwas anderes geschrieben, und das will Ich euch darum sagen, da ihr schon der Bauleute Erwähnung getan habt. Was aber da, euch sicher auch wohlbekannt, geschrieben steht, das lautet also, wie ihr solches auch in der Schrift gelesen habt: ,Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Dem Herrn ist solches geschehen und stehet zu schauen nun wunderbar vor euren Augen (Matth.21,42)!‘ Darum sage Ich euch: Das Reich Gottes wird von euch genommen und den Heiden gegeben werden und wird bei ihnen seine Früchte bringen (Matth.21,43).“

[GEJ.07_194,03] Da sagten die zwei: „Was soll denn mit dem Eckstein, für den du dich zu halten scheinst, weiter geschehen?“

[GEJ.07_194,04] Sagte Ich: „Mit dem von euch verworfenen Steine, der nun dennoch zum Eckstein geworden ist, hat es für die Folge diese Bewandtnis: Wer auf den Eckstein hinfallen wird, wie ihr nun, der wird zerschellt werden; auf wen aber der Eckstein fallen wird – was ihr zu erwarten habt –, den wird er zermalmen! – Habt ihr das nun verstanden (Matth.21,44)?“

[GEJ.07_194,05] Auf diese Meine Erklärung fingen auch die andern anwesenden Hohenpriester und Pharisäer an, erst zu begreifen, dass sie dieselben seien, die der über sie herfallende Eckstein zermalmen werde (Matth.21,45). Da wurden sie sehr ergrimmt und fingen an, unter sich zu beraten, wie sie Mich etwa doch ergreifen und verderben könnten (Matth.21,46a).

[GEJ.07_194,06] Aber die Gemäßigteren rieten ihnen ab und machten sie aufmerksam auf das viele Volk, das Mich für einen großen Propheten hielt (Matth.21,46b), und dass Ich dem Volke schon sicher aus dem Grunde sattsam dargetan habe, was die Hohenpriester und die Pharisäer allzeit mit den Propheten gemacht haben. Es wäre daher ratsam, Mich zuvor in der Rede zu fangen, Mich daraus vor dem Volke mit vollem Grunde für einen Lügner und Betrüger zu erklären und darauf erst Mich zu ergreifen und den Gerichten zu überantworten, wozu dann das Volk nichts mehr sagen könne. Solange Ich aber in der Rede nicht zu fangen wäre, wäre es wohl äußerst gewagt, Mich gerade in dieser Zeit zu ergreifen, in der das Volk durch die nächtlichen Zeichen am Himmel noch zu aufgeregt wäre.

[GEJ.07_194,07] Die Hohenpriester und Pharisäer sahen das bald ein, verbissen ihren Grimm und beschlossen, Mich weiterhin mit der List der Rede zu fangen.

[GEJ.07_194,08] Auf solch einen Beschluss wandten sie sich wieder an Mich in einer Art von Güte, weil sie sich vor dem Volke sehr fürchteten, und fragten Mich, sagend (die Pharisäer): „Meister, da du schon in der Schrift gar so sehr bewandert bist, so möchten wir nun von dir denn doch auch erfahren, worin denn das Reich Gottes bestehen wird, das uns genommen und den Heiden gegeben und bei ihnen die erwünschten Früchte tragen wird. Was ist überhaupt das Reich Gottes, – was verstehst du darunter? Ist es der Himmel, in welchen nach dem Leibestode alle Gläubigen zu kommen hoffen, oder besteht es schon irgendwo auf dieser Erde, was nach deiner Rede der Fall zu sein scheint, weil es ansonst nicht den Heiden gegeben werden könnte, von denen doch im wahren, geistigen Himmel keine Rede sein kann, weil es nirgends geschrieben steht, dass dereinst auch die finsteren Heiden in den Himmel Gottes aufgenommen werden? Solche deine Rede kam uns aus deinem Prophetenmunde etwas rätselhaft vor, weshalb wir dich ersuchen, uns diese Sache näher zu erklären!“

[GEJ.07_194,09] Hier frohlockten sie heimlich schon; denn sie meinten, dass Ich Mich mit dieser Rede schon gefangen hätte und ihnen auf solche ihre schlaue Frage eine rechte Antwort schuldig bleiben würde. Auch das Volk machte hier und da schon bedenkliche Mienen und ward sehr gespannt darauf, wie Ich Mich etwa aus solch einer Schlinge ziehen werde.

[GEJ.07_194,10] Ich aber richtete Mich auf wie ein Held und machte eine Miene, in der keine Verlegenheit zu erkennen war, und fing an, wie folgt, abermals in Gleichnissen mit ihnen zu reden (Matth.22,1), sagend: „Weil ihr voll Trägheit, voll Sinnlichkeit und des selbstsüchtigsten Hochmutes seid, so ist es euch auch unmöglich, das Geheimnis und die Wahrheit des Reiches Gottes zu verstehen! Ihr stellet euch den erhofften Himmel als irgendeine überherrliche und auch große Örtlichkeit über den Sternen vor, in welcher die frommen Seelen nach dem Tode des Leibes oder – wie da einige von euch noch der blöderen und unsinnigeren Meinung sind – erst nach vielen tausend Jahren am von euch noch nie verstandenen Jüngsten Tage aufgenommen und dann ewig im größten Wohlleben gleichfort schwelgen werden. Und von solchem eurem Himmel, der sonst nirgends als nur in eurer überdummen Phantasie besteht, sollen die finsteren Heiden nach euerm höchst selbstsüchtigen Glauben ausgeschlossen sein! Ja, sage Ich euch, von solchem eurem Himmel werden sie auch für ewig ausgeschlossen sein, weil es unmöglich ist, in einen Himmel aufgenommen zu werden, der in der Wahrheit nirgends besteht!

[GEJ.07_194,11] Auf dass sich aber dereinst niemand damit entschuldige, dass er nicht gewusst habe, worin anders gestaltet der wahre Himmel besteht, so will Ich euch des Volkes wegen in Bildern zeigen, worin der wahre Himmel allenthalben in der ganzen Unendlichkeit und hier auf dieser Erde, in und über allen Sternen ganz gleichartig besteht. Und so denn höret Mich!“

195. Kapitel

Das Gleichnis vom Könige und seinem Hochzeitsmahle: Matth. 22,2 – 14

[GEJ.07_195,01] (Der Herr:) „Das Himmel- oder Gottesreich ist gleich einem Könige, der seinem Sohne Hochzeit machte (Matth.22,2). Er sandte darum seine Knechte und Diener aus, auf dass sie einluden gar viele vornehme Gäste zur königlichen Hochzeit. Aber die Geladenen sagten bei sich: ,Was bedürfen wir einer königlichen Hochzeitstafel; wir haben es daheim besser und brauchen niemandem zu danken!‘ Und es wollte darum keiner der Geladenen zur königlichen Hochzeit kommen (Matth.22,3).

[GEJ.07_195,02] Als der König Kunde erhielt, dass die erstgeladenen Gäste nicht kommen wollten, da sandte er abermals andere Knechte aus und sprach zuvor zu ihnen: ,Saget den Gästen: Siehe, meine Hochzeit habe ich bereitet! Meine Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet, und alles ist bereitet; darum kommet alle zur Hochzeit (Matth.22,4)!‘

[GEJ.07_195,03] Da gingen die Knechte hin und richteten das treulich den einzuladenden Gästen aus. Die Geladenen aber kehrten sich abermals nicht daran, sondern verachteten das und gingen der eine auf seinen Acker und der andere zu seiner anderartigen Hantierung, und noch andere ergriffen die Knechte und verhöhnten sie und töteten sogar etliche (Matth.22,5.6).

[GEJ.07_195,04] Als das der König hörte, da sandte er alsbald in seinem gerechten Zorne seine Heere aus und brachte alle diese Mörder um und zündete ihre Stadt an und ließ sie von Grund aus verwüsten (Matth.22,7).

[GEJ.07_195,05] Darauf sprach der König abermals zu seinen Knechten: ,Die Hochzeit ist zwar wohl bereitet, aber die geladenen Gäste waren ihrer nicht wert; darum gehet nun hin auf alle die gemeinen Straßen und Gassen und ladet zur Hochzeit, wen ihr findet (Matth.22,8.9)!‘

[GEJ.07_195,06] Und die Knechte gingen und brachten, wen sie nur immer fanden, Böse und Gute. Und sehet, die Tische wurden voll besetzt (Matth.22,10)!

[GEJ.07_195,07] Als die Tische aber auf diese Weise bestellt waren, da ging der König hinein in den großen Speisesaal, die Gäste zu besehen. Da ersah er einen, der kein auch nur von fernehin hochzeitlich Kleid anhatte, während doch alle andern, als sie geladen wurden, nach Hause eilten und sich so gut, als es ihnen möglich war, in der Eile hochzeitlich schmückten (Matth.22,11).

[GEJ.07_195,08] Da fragte der König die Knechte: ,Warum hat denn jener Mensch sich nicht hochzeitlich geschmückt, auf dass er meine Augen erquickte und den vielen anderen Gästen kein Ärgernis gäbe?‘

[GEJ.07_195,09] Die Knechte aber sagten: ,O mächtigster König, das ist einer von den Erstgeladenen, die nicht kommen wollten! Wir fanden ihn nun beim dritten Einladen auch auf der Straße, luden ihn abermals ein und rieten ihm, dass auch er sich schmücken solle mit einem hochzeitlichen Kleide. Er aber sagte: Ei was da! Ich will mir der Hochzeit wegen keine saure Mühe machen, sondern ich werde zur Hochzeit gehen, wie ich bin! Und so ging er denn auch, wie wir ihn auf der Gasse trafen, mit den andern Gästen zur Hochzeit herein, und wir wehrten ihm es nicht, da wir dazu von dir aus kein Recht hatten!‘

[GEJ.07_195,10] Als das der König von den Knechten vernahm, da ging er hin zu dem, der kein Hochzeitskleid anhatte, und sagte zu ihm: ,Wie mochtest du da wohl hereinkommen, ohne hochzeitlich geschmückt zu sein mit einem Hochzeitsgewande? Siehe, die Tische sind voll besetzt nun mit Armen, davon ein Teil böse war und nur ein geringer Teil gut; aber alle haben sich geschmückt also, dass nun mein Auge ein rechtes Wohlgefallen an ihnen hat! Du aber warst schon ein erstes Mal geladen und wolltest nicht folgen der Einladung, und da nun die dritte, allgemeine Einladung erging, so hast du dich doch bewegen lassen, hereinzugehen, jedoch ohne allen Hochzeitsschmuck, und hast doch des Vermögens zur Genüge für ein Hochzeitsgewand! Warum tatest du mir denn solch eine Schande an (Matth.22,12a)?‘

[GEJ.07_195,11] Da ward der also Gefragte im höchsten Grade unwillig über den König und wollte sich auch nicht einmal entschuldigen und den König um Vergebung bitten, sondern er blieb stumm und gab dem Könige keine wie immer geartete Antwort, obwohl zuvor der König ihn als Freund angeredet hatte (Matth.22,12b).

[GEJ.07_195,12] Diese böse Verstocktheit ärgerte aber den König also sehr, dass er zu seinen Dienern sagte: ,Dieweil dieser Mensch also verstockt ist und meine große Herablassung und Freundlichkeit nur mit Unmut, Zorn und Verachtung belohnt, so bindet ihm Hände und Füße (Liebewillen und Weisheit) und werfet ihn in die äußerste Finsternis (purer Weltverstand) hinaus (in die Materie)! Da wird sein Heulen und Zähneklappen (Weltliche Streitereien über Recht, Wahrheit und Leben) (Matth.22,13).‘

[GEJ.07_195,13] Ich aber sage euch hiermit, dass zum wahren Reiche Gottes auch von Gott aus durch Seine erweckten Knechte auch viele von euch geladen und berufen worden sind, aber auserwählt dann nur wenige (Matth.22,14); denn einmal wollten sie der Einladung gar nicht Folge leisten, darauf widersetzten sie sich derselben – wie es nun der Fall ist –, und als zum dritten Male auch alle Heiden zur Hochzeit geladen wurden, sich schmückten und zur Hochzeit kamen, da kam der Erstgeladenen nur einer im unhochzeitlichen Gewande, und dieser ist das Bild eures Starrsinns, der euch in die äußerste Weltfinsternis und Not hinaus stoßen wird. Und darum werden unter den vielen schon von Anbeginne Berufenen sich gar wenig Auserwählte befinden, und es wird also das wahre Reich Gottes von euch genommen und den Heiden gegeben werden; ihr aber werdet in eurer äußersten Weltfinsternis suchen und zanken und streiten und werdet das nun verlorene und von euch gewichene Reich Gottes nimmerdar finden bis ans Ende der Welt.

[GEJ.07_195,14] Das wahre und lebendige Reich Gottes aber kommt nicht mit und besteht nicht im äußeren Schaugepränge, sondern es ist im Innersten des Menschen; denn welcher Mensch es nicht in sich hat, für den besteht es auch ewighin in der ganzen Unendlichkeit nicht und nirgends.

[GEJ.07_195,15] Darin aber besteht das Reich Gottes im Menschen, dass er die Gebote Gottes hält und von nun an glaubt an Den, der in Mir zu euch gesandt worden ist.

[GEJ.07_195,16] Wahrlich sage Ich euch: Wer an Mich glaubt und nach Meinem Worte tut, der hat das ewige Leben in sich und damit auch das wahre Reich Gottes; denn Ich Selbst bin die Wahrheit, das Licht, der Weg und das ewige Leben!

[GEJ.07_195,17] Wer das entweder aus Meinem Munde oder auch aus dem Munde derer, die Ich als Meine rechten und gültigen Zeugen nun schon aussende und in der Folge noch mehr aussenden werde, vernimmt und nicht glaubt, dass es also und nicht anders ist und auch ewig nicht anders sein kann, der kommt nicht ins Reich Gottes, sondern er bleibt in der Nacht seines eigenen Weltgerichtes. Ich habe solches nun zu euch geredet; wohl dem, der sich danach kehren wird!“

196. Kapitel

Die Zinsgroschenfrage: Matth. 22,16 – 22

[GEJ.07_196,01] Als die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Pharisäer solches von Mir vernahmen, da wussten sie nicht, was sie weiteres gegen Mich hätten unternehmen sollen, um Mich in der Rede zu fangen. Denn mit der Frage wegen des Reiches Gottes hatten sie nichts ausgerichtet, weil sie Mir darauf nichts zu entgegnen vermochten, und weil alles Volk sich laut dahin aussprach, dass Ich da die allervollkommenste Wahrheit geredet und gelehrt hätte.

[GEJ.07_196,02] Auch die anwesenden Gemäßigteren sagten: „Wir haben euch schon ehedem gesagt, dass ihm mit Fragen aus der Schrift nicht beizukommen sein wird, da er darin offenbar bewanderter sein kann als wir selbst! Ihr müsstet nur über römische Gesetze, die er als ein sein wollender Prophet gegenüber den Gesetzen Mosis nicht billigen kann, ihn um seinen Rat und um seine Meinung fragen! Da wäre es noch am ehesten möglich, ihn zu fangen! Aber es müssten ihm da schon von gar tüchtigen Gesetzeskundigen Fragen gestellt werden!“

[GEJ.07_196,03] Damit waren sie alle einverstanden und hielten unter sich geheim einen Rat, wie sie das anstellen sollten, um Mich auf die angeratene Weise irgend in der Rede zu fangen (Matth.22,15).

[GEJ.07_196,04] Da gingen einige hinaus zu den Jüngern des römischen Rechtes und auch zu den rechtskundigen Dienern des Herodes und versprachen ihnen einen großen Lohn, so mich diese in der Rede zu fangen vermöchten (Matth.22,16a).

[GEJ.07_196,05] Da kamen diese bald mit verstellten freundlichen Mienen und sagten (Diener des Herodes): „Meister, wir wissen, dass du wahrhaftig bist und den Weg Gottes recht lehrst und nach niemand fragst, so ihm auch ungenehm sein sollte deine Lehre! Denn du achtest nur die Wahrheit und niemals das Ansehen einer Person, darum du auch allzeit ein freies Urteil aussprechen kannst (Matth.22,16b). Siehe, wir sind Rechtskundige, und es kommt uns immer sonderbar vor, dass wir Juden, die wir nach dem Gesetze Mosis frei sein sollen, nun aber dem Kaiser nach Rom doch den Zins zahlen müssen. Was meinst du da in dieser Hinsicht? Ist es recht, dass auch wir Juden dem Kaiser nun den Zins zahlen müssen, obschon wir eine Urkunde haben, laut der wir uns trotz der römischen Oberherrschaft frei nach unserem Mosaischen Gesetze bewegen dürfen. Was sagst du dazu (Matth.22,17)?“

[GEJ.07_196,06] Da Ich aber nur zu gut ihre Schalkheit schon gleich bei ihrem Eintritte merkte, sah Ich sie mit ernster Miene an und sagte laut: „Heuchler, was versuchet ihr Mich? Weiset Mir vor eine Zinsmünze (Matth.22,18.19a)!“

[GEJ.07_196,07] Und sie reichten Mir sogleich einen römischen Groschen dar (Matth.22,19b).

[GEJ.07_196,08] Ich aber sagte weiter: „Wessen ist das Bild, und wessen die Überschrift (Matth.22,20)?“

[GEJ.07_196,09] Und sie antworteten: „Wie du es siehst, offenbar des Kaisers!“

[GEJ.07_196,10] Sagte Ich: „Nun, so gebet dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist (Matth.22,21)!“

[GEJ.07_196,11] Als sie das vernahmen, verwunderten sie sich über Meine Weisheit und sagten zu den Priestern: „Diesen Weisen möget ihr selbst prüfen; denn wir sind seiner Weisheit nicht gewachsen (Matth.22,22a)!“

[GEJ.07_196,12] Darauf gingen sie davon (Matth.22,22b).

[GEJ.07_196,13] Ich aber besprach Mich abermals frei mit dem Volke über die Unsterblichkeit der Menschenseele, was einige anwesende Sadduzäer anzog, mit denen Ich, wie folgt, bald in Berührung kam.

[GEJ.07_196,14] Es war aber während dieser Verhandlungen natürlich um die Mittagszeit geworden, und es fragten Mich darum einige Jünger, ob es nun, da Ich die Pharisäer so gut wie völlig besiegt habe und alles Volk auf Mich halte und an Mich glaube, nicht rätlich wäre, aus dem Tempel zu gehen und sich nach einem Mittagsmahl umzusehen.

[GEJ.07_196,15] Sagte Ich: „Dazu hat es noch lange Zeit und Weile; denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern auch von jeglichem Worte, das aus dem Munde Gottes kommt. Ich muss arbeiten, solange es Tag ist; wenn die Nacht kommt, da ist mit diesem Volke nicht gut umgehen und arbeiten. Die Pharisäer sind nun wohl hinausgegangen, um unter sich einen neuen Rat zu halten, ob Ich nicht doch noch etwa auf eine Weise zu fangen wäre. Sie werden darum bald wiederkommen und sich um Mich herumtummeln. Dort aber steht ein Schock Sadduzäer, die es auch schon scharf auf Mich abgezielt haben, und die werden nun bald mit Mir zu reden anfangen. Bei dieser Gelegenheit wird es an der Gegenwart der Pharisäer und Schriftgelehrten auch keinen Mangel haben, und somit bleiben wir hier im Tempel, weil ja auch das Volk hier verbleibt. So aber schon jemand von euch sich hinaus begeben will, um seinen Leib zu versorgen, der kann auch das tun; lieber ist es Mir, so er bleibt.“

[GEJ.07_196,16] Als die Jünger das von Mir vernommen hatten, da blieben sie, und keiner von ihnen ging aus dem Tempel.

197. Kapitel

Jesus und die Sadduzäer. Die Ehe im Himmel: Matth. 22,23 – 33

[GEJ.07_197,01] Es traten aber darauf gleich die Sadduzäer, die da der rein kynischen Meinung sind und an keine Auferstehung und an kein Fortleben der Seele nach dem Leibestode glauben, zu Mir und fragten Mich (Matth.22,23), sagend: „Meister, Moses hat gesagt, wennschon gerade nicht ausdrücklich geboten: ,Wenn der Mann eines Weibes ohne Kinder stirbt, so möge sein Bruder um seines verstorbenen Bruders Weib freien und dann seinem Bruder einen Samen erwecken (Matth.22,24).‘ Nun sind aber bei uns sieben Brüder gewesen. Der erste freite ein Weib, starb aber bald, ohne im Weibe einen Samen erweckt zu haben. Auf diese Weise kam das verwitwete Weib nach dem Rate Mosis an den zweiten Bruder (Matth.22,25). Aber auch diesem ging es wie seinem verstorbenen Bruder; und das Weib kam also fort an den siebenten ohne Frucht und starb am Ende selbst (Matth.22,26.27). Wenn es mit der Auferstehung nach des Leibes Tode seine Richtigkeit hat, so fragt es sich hier, wessen Weib wird es im andern Leben sein? Denn hier hatte sie ja alle sieben Brüder zu Männern gehabt (Matth.22,28)!“

[GEJ.07_197,02] Sagte Ich: „Oh, da irret ihr euch sehr, und kennet die Schrift nicht und noch um vieles weniger die Kraft Gottes (Matth.22,29)! In der von euch unverstandenen Auferstehung werden die Menschen völlig gleich sein den Engeln Gottes und werden weder selbst freien noch sich freien lassen (Matth.22,30). Denn die Ehe im Himmel ist eine andere denn die eure auf dieser Erde.

[GEJ.07_197,03] Gleichwie aber da auf Erden ein gerechter Mann und ein gerechtes Weib miteinander verbunden sind, also sind im Himmel die Liebe und die Weisheit miteinander verbunden.

[GEJ.07_197,04] Wenn ihr aber schon also bewandert seid in der Schrift, so werdet ihr ja auch das gelesen haben, wo es geschrieben steht, dass Gott also und verständlich geredet hat: ,Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs (Matth.22,31.32a)!‘ Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern ein Gott der Lebendigen (Matth.22,32b). Wenn aber Gott sicher ein Gott der Lebendigen und nicht der Toten und nach eurem Begriffe völlig Vernichteten ist, so müssen Abraham, Isaak und Jakob auch jetzt noch fortleben und müssen schon seit lange her auferstanden sein zum wahren, ewigen Leben.

[Müssen also auch zur Zeit Mosis, als er im brennenden Busch von Gott berufen wurde, im Jenseits weitergelebt haben!] Denn wäre das nicht der Fall, so hätte Gott zu Moses eine Unwahrheit gesprochen, so Er sagte: ,Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs‘, da Gott nur ein Gott derer, die da irgend leben und sind, sein kann und nicht auch derer, die nicht leben und auch nirgends sind. Denn so etwas zu behaupten und zu glauben, wäre wohl der größte Unsinn in der Welt!

[GEJ.07_197,05] Als aber Abraham noch im Fleische auf der Erde wandelte und zu ihm die Weissagung geschah, dass Ich Selbst dereinst – was nun vor euren Augen erfüllt ist – in diese Welt auch im Fleische als ein Menschensohn kommen werde, und ihm auch verheißen ward, dass er Meinen Tag und Meine Zeit in dieser Welt selbst schauen werde, da hatte er eine mächtige Freude darob. (Joh.8,56)

[GEJ.07_197,06] Und Ich kann euch der vollsten Wahrheit nach die Versicherung geben, dass er Meinen Tag und Meine Zeit auf dieser Erde auch gesehen hat und sie noch gleichfort sieht und sich darob gar höchlich freut. Könnte er das wohl auch, so er nicht schon seit lange her auferstanden wäre, oder so er völlig tot und, wie ihr da meinet, für ewig zunichte geworden wäre?

[GEJ.07_197,07] Sagten die ganz besiegten Sadduzäer: „So zeige uns den auferstandenen Vater Abraham, und wir wollen dir glauben, was du hier gesagt hast!“

[GEJ.07_197,08] Sagte Ich: „So ihr Meinen Worten nicht glaubet, so würdet ihr der leichtmöglichen Erscheinung Abrahams auch nicht glauben und würdet sagen: ,Siehe da, wie ist dieser Mensch doch ein Magier und will uns blenden!‘ Ich sage euch aber: Ich Selbst bin das Leben und die Auferstehung; wer an Mich glaubt, der hat das Leben und die Auferstehung schon in sich.

[GEJ.07_197,09] Da sehet hier viele, die noch im Fleische wandeln und sind im Geiste schon auferstanden und werden hinfort den Tod auch nicht mehr fühlen und schmecken, sondern fortan ewig leben. Diese haben Abraham, Isaak und Jakob auch schon gesehen und gesprochen und wissen, woran sie sind; ihr aber wisset noch lange nicht, woran ihr seid, obwohl ihr lebet und auch denket und wollet. Habt ihr Mich verstanden?“

[GEJ.07_197,10] Als die Sadduzäer diese Lektion von Mir bekommen hatten, sagten sie nichts mehr und zogen sich zurück.

[GEJ.07_197,11] Das Volk aber entsetzte sich förmlich über Meine große Weisheit (Matth.22,33) und sagte bei sich: „Dieser ist wahrlich mehr als ein purer Prophet; denn er spricht wie ein selbstmächtiger Herr. Wäre er nur ein purer Prophet, so würde er nicht also reden als ein Herr voll der höchsten Macht aus Gott; denn wer da sagt: Ich bin das Leben und die Auferstehung Selbst; wer an Mich glaubt, der wird den Tod nicht sehen, fühlen und schmecken, denn er hat das Leben und die Auferstehung schon in sich!, – das kann außer Gott niemand von sich aussagen! Wir wissen aber, dass allen Juden ein Messias verheißen ist, dessen Namen groß sein werde; denn Er wird heißen Immanuel, das ist: Gott mit uns. Dieser Mensch ist das sicherlich; denn woher käme ihm sonst solche Macht und Weisheit?

198. Kapitel

Der Herr fragt die Pharisäer, was sie von Christus halten. Das Wesen des Menschen. Vom dreieinigen Wesen Gottes: Matth. 22,34 – 46

[GEJ.07_198,01] Also redete das Volk unter sich. Doch die auch schon wieder anwesenden Pharisäer und Schriftgelehrten vernahmen nichts von dem, was das Volk über Mich für eine Meinung aussprach; aber das vernahmen sie dennoch, dass Ich den Sadduzäern das Maul gestopft habe (Matth.22,34), und sie hatten darob eine große, heimliche Freude, weil ihnen die Sadduzäer sehr verhaßt waren. Aber darauf bekamen sie wieder Mut, sich an Mir weiter zu versuchen, ob sie Mich etwa doch irgendwie in der Rede fangen könnten.

[GEJ.07_198,02] Und es trat ein Schriftgelehrter zu Mir und sagte: „Meister, ich habe mich überzeugt, dass du wahrlich allen Ernstes ein selten weiser und der Schrift wohlkundiger Mann bist; sage mir darum: Welches ist wohl das vornehmste Gebot im ganzen Gesetze (Matth.22,35.36)?“

[GEJ.07_198,03] Sagte Ich: „Das vornehmste und alles in sich enthaltende Gebot lautet: Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte! Siehe, das ist das vornehmste und größte Gebot! Das andere aber ist diesem gleich und lautet: Du sollst auch deinen Nächsten lieben wie dich selbst, das heißt, du sollst ihm alles dasjenige allzeit mit Freuden tun, was du auch wollen kannst, dass er dir desgleichen täte, so du es benötigtest und es in seinem Vermögen stünde! An diesen zwei Geboten hanget das ganze Gesetz und alle Propheten. Oder wisset ihr etwa irgendein noch vornehmeres Gebot (Matth.22,37-40)?“

[GEJ.07_198,04] Sagte der Schriftgelehrte: „Mir ist kein vornehmeres bekannt, und so hast du auch recht geantwortet!“

[GEJ.07_198,05] Es waren nun schon eine Menge Pharisäer und Schriftgelehrte um Mich versammelt und berieten sich, was sie Mich weiterhin fragen sollten, dass Ich ihnen aufsäße und sie Mich fangen könnten.

[GEJ.07_198,06] Ich aber sagte zu ihnen: „Höret, dass ihr Mir in einem fort Fragen gebet, bei denen ihr vermutet, dass Ich zu fangen wäre, erkennen alle Hierseienden! Ich habe euch nun schon eine Menge Fragen beantwortet und euch gezeigt, dass Ich nicht zu fangen bin; darum aber will Ich euch nun wieder eine Frage geben! Wenn ihr Mir diese beantwortet, so möget ihr Mich dann schon auch wieder eins oder das andere fragen (Matth.22,41)!“

[GEJ.07_198,07] Sagten die Pharisäer: „Gut, so frage uns; auch wir werden dir keine Antwort schuldig bleiben!“

[GEJ.07_198,08] Sagte Ich: „Nun, so saget es Mir: Was dünkt euch von Christus? Wessen Sohn wird Er sein (Matth.22,42a+42b)?“

[GEJ.07_198,09] Sagten die Pharisäer: „Wie es geschrieben steht: Er ist ein Sohn Davids (Matth.22,42c).“

[GEJ.07_198,10] Sagte Ich: „Hm, sonderbar, wenn also, wie nennt Ihn denn David selbst im Geiste einen Herrn, indem er sagt: ,Der Herr hat gesagt zu meinem Herrn: Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich lege Deine Feinde zum Schemel Deiner Füße!‘? So aber David Ihn einen Herrn nennt, – wie ist Er denn sein Sohn (Matth.22,43-45)?“

[GEJ.07_198,11] Sagte darauf ein Pharisäer: „Wir wissen es wohl, dass David im Geiste also von Christus geredet hat; aber wer versteht es, was er unter dem ,Herrn‘ verstanden haben wollte, der zu seinem Herrn geredet hat, und wer derjenige Herr sein soll, den David ,seinen Herrn‘ nannte? Denn wir können doch nach der Lehre Mosis nicht annehmen, dass zu Davids Zeiten schon an zwei Herren, von denen ein jeder ganz Gott wäre, gedacht und auch geglaubt wurde! Der Herr, der zum Herrn Davids geredet hat, muss doch offenbar ein anderer sein als der Herr, den David seinen Herrn nennt; denn wie hätte sonst David sagen können: ,Der Herr sprach zu meinem Herrn?‘ Wer aber kann nun das verstehen? Wenn du das verstehst, so erkläre es uns, und wir werden dann glauben, dass du aus dem Geiste Gottes redest!“

[GEJ.07_198,12] Sagte Ich: „Wenn ihr als sein wollende Schriftgelehrte die alte Redeweise der Hebräer nicht verstehet, wie wollet ihr dann erst ihren Geist verstehen?

[GEJ.07_198,13] Der Herr, also Jehova, wird doch etwa auch ein Herr Davids, also auch sein Herr gewesen sein? Und David hat sonach auch nicht gefehlt, so er gesagt hat: ,Mein Herr sprach zu meinem Herrn.‘ Wenn er aber also geredet hat, so ist es ja doch klar, dass die nur durch die Wortfügung scheinbaren zwei Herren im Grunde nur ein und derselbe Herr sind! Oder saget ihr nicht selbst: ,Mein Geist sprach zum Verstande meiner Seele?‘ Ist denn der Geist eines Menschen nicht in seiner Seele wohnend und somit eins mit der Seele, obschon er als die eigentliche Lebenskraft in der Seele edler und vollkommener ist als die substantielle Seele in und für sich selbst?

[GEJ.07_198,14] In Gott aber befinden sich auch unterscheidbar zwei Wesenhaftigkeiten, obschon sie Sein Urgrundsein und sonach Sein unteilbares Eine Ursein ausmachen.

[GEJ.07_198,15] Die eine unterscheidbare Wesenhaftigkeit ist die Liebe als die ewige Lebensflamme in Gott, und die andere unterscheidbare Wesenhaftigkeit aber ist als Folge der allerhellsten Lebensflamme das Licht oder die Weisheit in Gott.

[GEJ.07_198,16] Wenn aber also und unwiderlegbar nicht anders, ist da die Liebe in Gott nicht ganz dieselbe Herrlichkeit in Gott wie Seine Weisheit?

[GEJ.07_198,17] Wenn aber David sagte: ,Der Herr sprach zu meinem Herrn‘, so hat er damit nur das gesagt, dass die erbarmungsvollste Liebe in Gott in alle ihre Weisheit drang und zu ihr sagte: ,Setze Dich zu Meiner Rechten, werde Wort und Wesen, werde Eins mit aller Meiner Lebensmacht, und alles, was des Lichtes Feind ist, muss sich dann beugen vor der Liebelebensmacht in ihrem Lichte!

[GEJ.07_198,18] Was aber damals David im Geiste aussagte, das steht nun verkörpert wunderbar vor eurem Gesichte! Warum aber verschließet ihr eure Augen und wollet nicht innewerden, dass die große Verheißung nun erfüllt vor euch steht und redet und euch lehrt die Wege des wahren Lebens aus und in Gott?“

[GEJ.07_198,19] Als die Pharisäer solches aus Meinem Munde vernahmen, da überfiel sie eine Art Furcht vor Meiner Weisheit, so dass sich von ihnen keiner getraute, Mir eine weitere Frage zu geben, um Mich damit zu versuchen (Matth.22,46).

[GEJ.07_198,20] Und der gemäßigtere Teil der Templer sagte so mehr im geheimen zu den Wüterichen: „Wir haben es euch ja in ganz guter Meinung zum voraus gesagt, dass mit diesem Menschen nichts auszurichten ist! Denn erstens hat er in seinem Willen eine so unbegreiflich wunderbare Macht, mit der er Berge versetzen und vernichten kann, zweitens hat er alles Volk und die Römer diamantfest für sich, und drittens ist er so unbegreiflich weise, dass wir ihn mit aller unserer Weisheit mit keiner noch so schlau gestellten Frage nur insoweit fangen können, dass wir ihn dann beim Volke verdächtigen könnten. Je mehr wir ihn fragen, desto mehr verdächtigen wir uns nur selbst vor dem Volke, das uns nach aller Länge und Breite auszulachen anfängt. Welchen Gewinn aber haben wir dann davon? Wir hätten weit besser getan, so wir uns mit ihm nie eingelassen hätten! Nun aber ist das Üble für uns so gut wie fertig; was wollen wir nun tun? Wir meinen: Das klügste wäre nun noch, dieser ganzen Sache völlig den Rücken zu kehren und sich offen um sie gar nicht mehr zu kümmern!

[GEJ.07_198,21] Sollte das wirklich etwa möglicherweise doch eine Gottesfügung sein, so sträuben wir uns vergeblich dagegen; ist sie das aber nicht, so wird sie von selbst also vergehen, dass von ihr in Kürze den Menschen keine Erinnerung an sie übrigbleiben wird, wie das schon zu öfteren Malen der Fall war. Das ist nun unsere Meinung; ihr aber könnet darum noch immer tun, was euch gut dünkt, obschon ihr euch bis jetzt habt überzeugen müssen, dass wir recht gehabt haben!“

[GEJ.07_198,22] Sagte geheim ein Oberpriester, so dass das Volk davon nichts vernahm: „Ja, ja, ihr habt gerade wohl recht; aber sollen wir es dulden, dass er uns vor dem Volke, das unsere gute Melkkuh ist, gar so herabsetzt?!

[GEJ.07_198,23] Sagte ein Gemäßigter: „Das ist alles ganz wahr und richtig; aber schaffet nun ein Mittel her, die verdorbene Sache jetzt anders zu machen, und wir werden euch gerne mit allem unterstützen! Aber wir sind hier nur der Meinung, dass sich dagegen schwerlich ein taugliches Mittel wird vorfinden lassen, und mit untauglichen Mitteln werden wir dieser Sache nur einen stets größeren Vorschub leisten und unsere Lage verschlimmern.“

[GEJ.07_198,24] Sagte ein Oberpriester: „Wie wäre es denn, so wir ihn angingen, dass er selbst uns vor dem Volke als das darstellte, was wir nach Moses denn doch sind?“

[GEJ.07_198,25] Sagte ein Gemäßigter: „Das könnte vielleicht besser taugen als alle die Fallen, die wir ihm schon gelegt haben! Versuche das jemand, aber wahr und ernstlich; vielleicht nützt es doch in etwas! Denn soviel es uns scheint, so ist er im Grunde doch kein böser und rachsüchtiger Mensch, da wir ja von allen Seiten her vernommen haben, dass er armen Menschen viel Gutes erweisen soll, ansonst das arme Volk auch sicher nicht so große Stücke auf ihn halten würde.“

[GEJ.07_198,26] Darauf berieten sie untereinander, wer das auf sich nähme, mit Mir in dieser Hinsicht zu reden. Es erklärte sich bald ein Gemäßigter dazu und wurde dann der Reihe nach von allen als gut bestätigt. Dieser kam zu Mir und wollte Mir sein Anliegen vorbringen.

[GEJ.07_198,27] Ich aber ließ ihn nicht zu Worte kommen und sagte ihm gleich ins Gesicht: „Was du Mir nun sagen willst, weiß Ich nur zu klar und zu bestimmt; daher kannst du dir füglich die Mühe ersparen, hier vor Mir auch nur ein Wort von euerm Anliegen zu verlieren. Was Ich aber für und wider euch zum Volke und auch zu Meinen Jüngern zu reden habe, das weiß Ich auch, – und so kannst du entweder gehen, oder bleiben und hören, was Ich reden werde!“

[GEJ.07_198,28] Als der Pharisäer solches von Mir vernommen hatte, kehrte er sich um und ging wieder unter seinesgleichen, allwo alle ihre Ohren spitzten, was Ich alles für sie und auch wider sie zum Volke reden werde.

199. Kapitel

Des Herrn Rede über die Schriftgelehrten: Matth. 23,1 – 11

[GEJ.07_199,01] Ich aber öffnete bald Meinen Mund und sprach: „Auf dem Stuhle Mosis sitzen wohl nun die Schriftgelehrten und die Pharisäer (Matth.23,1.2). Alles, was sie euch sagen als von Moses und den Propheten herrührend, was ihr tun sollet, das haltet, und tuet es auch; aber nach ihren Werken sollet ihr euch nicht richten und nicht also tun, wie sie tun und machen (Matth.23,3a+3b)!

[GEJ.07_199,02] Sie sagen euch zumeist Gutes und Wahres, das ihr tun sollet; aber sie selbst tun nicht, was sie lehren (Matth.23,3c). Sie binden euch zu schweren und oft unerträglichen Lasten und legen solche den Menschen auf den Hals; sie selbst aber wollen dieselben auch nicht mit einem Finger anrühren (Matth.23,4).

[GEJ.07_199,03] Alle Werke, die gut zu sein scheinen, tun sie nur, um von den Menschen als seiende Diener Gottes gesehen zu werden! Darum machen sie auch ihre Denkzettel breit (die Denkzettel waren Aufzeichnungen für die, welche zu ihrem guten Fortkommen große und lange Gebete und Opferungen teuer bezahlt hatten) und die Säume an ihren Kleider groß (die großen Säume an den Kleidern zeigten einen strengen und anhaltenden Opfer- und Betdienst an, der aber auch nur im längeren Tragen der großen Säume bestand) (Matth.23,5).

[GEJ.07_199,04] Sie sitzen gern obenan an den Speisetischen, wie auch in den Schulen, und haben es gern, dass man sie grüßt auf dem Markte (ein großer Platz, wo viele Menschen miteinander verkehren), und dass sie von den Menschen ,Rabbi‘ genannt werden (Matth.23,6.7).

[GEJ.07_199,05] Aber ihr, so ihr auch Meine Jünger seid und werden möget, sollet euch nicht also nennen lassen! Denn nur einer ist euer wahrhafter Meister, und der bin Ich (Christus); ihr aber seid lauter gleiche Brüder unter euch (Matth.23,8).

[GEJ.07_199,06] Ihr sollet auch niemanden auf der Erde von nun an im vollen Sinne der Wahrheit Vater [Jeoua = VATER] nennen; denn nur einer ist euer wahrer Vater [Jeoua = VATER], der Ewige im Himmel nämlich (Matth.23,9)!

[GEJ.07_199,07] Und nochmals sage Ich euch, dass ihr euch ja nie und niemals von jemandem Meister in Meiner Lehre nennen und grüßen lasset; denn ihr wisset es nun schon, wer da euer Meister ist (Matth.23,10).

[GEJ.07_199,08] Also soll unter euch auch keine Rangordnung bestehen, wie sie da nun im Tempel und in der Menschenwelt besteht, sondern der Größte und Höchste unter euch sei der anderen Brüder Diener und Knecht! Denn wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden; wer sich aber aus Liebe zu seinen Brüdern selbst erniedrigt, der soll erhöht werden (Matth.23,11.12)!“

[GEJ.07_199,09] Als die Pharisäer aber solche Lehre von Mir vernahmen und Mich mit zornigen Augen ansahen, da rief alles Volk Mir laut zu: „O Meister, du allein bist wahrhaftig; also sollte es sein unter allen Menschen, so wäre diese Erde schon ein wahrer Himmel! Aber wie es nun geht und steht unter den Menschen, wo ein jeder oft um ein kaum Denkbares mehr und höher sein will, als da ist sein Nächster, da ist die Erde eine wahre Hölle; denn in dem eingebildeten Hoheitsdünkel verfolgt ein Mensch den andern und erdrückt den Schwachen mit seinem nie zu sättigenden Hochmutseifer. O wehe nun der armen und schwachen Menschheit dieser Erde! Es wäre da ja für gar viele besser, so sie nie geboren worden wären!

[GEJ.07_199,10] O Meister, wir erkennen, dass dein Wort ein wahres Gotteswort ist, aber, die es hören, befinden sich mit Haut und Haaren in der Hölle. Darum wird ihnen dein göttliches Wort auch keinen Nutzen bringen; denn die es am meisten anginge, werden sich auch am wenigsten danach kehren und richten. Schon jetzt blecken und fletschen sie mit den Zähnen ihres verbissenen Zornes gleich hungrigen Wölfen und Hyänen nach einem Lamme auf der Weide!“

200. Kapitel

Das Wehe des Herrn über die Pharisäer: Matth. 23,13 – 33

[GEJ.07_200,01] Derlei Reden von Seiten des Volkes rauchten den Pharisäern und Schriftgelehrten sehr in die Nase, und es erhoben sich darum einige Redner und fingen an, besänftigende Worte an das aufgeregte Volk zu richten, wobei sie es aber nicht unterließen, Mich und Meine Lehre zu verdächtigen und in den Schatten zu ziehen; sie zeihten Mich großer und ungebührlicher Anmaßungen und sagten, dass Ich dadurch das Gebot Mosis aufhebe, so Ich fordere, dass von nun an kein Kind mehr seinen Eltern die Ehre erweisen dürfe, sie mit dem Worte ,Vater[Jeoutza = ZEUGER] oder ,Mutter‘ zu begrüßen, da doch Moses ausdrücklich geboten habe, dass man Vater und Mutter ehren solle.

[GEJ.07_200,02] Das Volk geriet dadurch in allerlei zweifelsvolle Fragen unter sich, und einige sagten: „Ja, ja, da kann man den Pharisäern und Schriftgelehrten wieder nicht unrecht geben! Er scheint sich da in seinem Eifer denn doch einmal verstiegen zu haben!“

[GEJ.07_200,03] Da kam der gemäßigte Pharisäer zu Mir und sagte: „Hörst du das Volk nun reden? Siehe, uns hast du sehr verdächtigt vor dem Volke, so dass es eine starke Stimme wider uns erhob; wir aber merkten es wohl, dass du dich sogar wider Moses verstiegen hast, und es war hoch an der Zeit, das Volk eines Besseren zu belehren. Das Volk sieht nun den Irrtum ein, und ich frage dich, was du nun noch Weiteres machen willst.“

[GEJ.07_200,04] Sagte Ich: „Bei euch werde Ich Mir wahrlich nicht Rates holen, was Ich nun noch weiter tun und reden werde! Ihr habt, als Johannes das Volk belehrte und es zur Buße ermahnte, das auch getan zur Behauptung eures Weltrechtes, aber ihr tatet keine Buße und hieltet auch das Volk davon ab mit eurer Heuchelrede, was ihr nun soeben wieder tuet. Aber darum werdet ihr euch selbst auch desto mehr Verdammnis auf den Hals laden. Das sagt dir Der, welcher die Macht hat, euch zu erhalten oder zu verderben, je nachdem ihr durch eure Handlungen das eine oder das andere wollet.

[GEJ.07_200,05] Ihr Narren im Herzen und im Gehirne! Wenn ihr selbst Gott euren Vater nennet und saget, dass man den Namen Gottes nicht lästern solle, – wie möget ihr dann Gott den Menschen gleichstellen?! Ist denn da ein Unterschied dann, so ihr Gott euren Vater nennet und den aber auch, der euch im Schoße eines Weibes gezeugt hat?

[GEJ.07_200,06] Ihr wollet Schriftgelehrte sein und kennet nicht mehr den Unterschied der urhebräischen Worte Jeoua und Jeoutza! Das erste heißet ,Vater‘ und das zweite ,Zeuger‘. Wenn aber also und nicht anders, – wer sonst als ihr hat das Volk in den grässlichsten Irrtum gebracht?!

[GEJ.07_200,07] Darum wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr tollen Heuchler, die ihr das wahre Himmelreich durch eure große Trägheit, Dummheit und Bosheit stets den Menschen, die hinein möchten, verschließet! Wahrlich, ihr werdet auch nicht hinein kommen und keiner, der in der Folge auch also tun wird, wie ihr da nun tuet!

[GEJ.07_200,08] Ihr selbst kommet nicht hinein in das Gottesreich der Wahrheit und des Lebens, und die noch irgend hinein wollen, die lasset ihr nicht, sondern ihr verfolget und verdammet sie und versperret ihnen auf diese Art alle Wege zum Licht und zum ewigen Leben. Darum auch werdet ihr desto mehr Verdammnis überkommen (Matth.23,13)!

[GEJ.07_200,09] Wehe euch ferner, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr der Witwen und Waisen Häuser fresset und wendet dafür lange und kräftige Gebete vor! Auch darum werdet ihr desto mehr Verdammnis überkommen (Matth.23,14)!

[GEJ.07_200,10] Wehe euch noch fernerhin, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr argen Heuchler! Ihr ziehet über Länder und Meere, damit ihr irgendeinen Heiden zum Judengenossen machet; ist er es geworden, so machet ihr bald aus ihm ein Kind der Hölle, zwiefältig mehr, als ihr es seid. Auch dafür werdet ihr euren Lohn in der Hölle ernten (Matth.23,15)!

[GEJ.07_200,11] Und abermals wehe euch, ihr verblendeten Leiter, die ihr saget: Wer da schwört bei dem Tempel, das ist und gilt nichts; wer aber schwört bei dem Golde des Tempels einen falschen Eid, der ist schuldig und strafbar! O ihr Narren und Blinden! Was ist da größer und mehr: der Tempel, durch den das Gold geheiligt wird, oder das für sich lose Gold (Matth.23,16.17)?

[GEJ.07_200,12] Also saget und lehret ihr auch: Wer da schwört bei dem Altar, das ist auch nichts; aber wer da einen falschen Eid schwört bei dem Opfer, das auf dem Altare liegt, der ist schuldig und strafbar. O ihr Narren und Blinden! Was ist auch da größer: das Opfer oder der Altar, der das Opfer heiligt (Matth.23,18.19)?

[GEJ.07_200,13] Ist es denn nicht also nur wahr und richtig, dass ein jeder, der beim Altare schwört, dadurch auch bei allem schwört, was auf dem Altar ist; und wer da schwört beim Tempel, der damit auch bei allem schwört, was im Tempel ist? Und wer endlich schwört beim Himmel, der schwört sicher auch bei dem Throne Gottes und somit auch bei Dem, der darauf sitzt oder – besser – ruht und herrscht (Matth.23,20-22).

[GEJ.07_200,14] Und abermals wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr großen Heuchler, die ihr wohl verzehntet die alte Münze – Till und Kümmel – nach dem alten Gesetze zu eurem Vorteile, beachtet aber dabei das Schwerste und Größte nicht, nämlich ein rechtes und wahres Gericht, den Glauben und die Barmherzigkeit, auf dass vor euch einem jeden ein volles Recht zuteil würde. Ich sage hier aber nicht, dass man das erste nicht tun solle; aber das sage Ich, dass man darum das zweite, um gar vieles Wichtigere nicht lassen solle, wie ihr solches tuet (Matth.23,23)!

[GEJ.07_200,15] O ihr grundverblendeten Leiter: Mücken säuget ihr wohl, aber dafür verschlucket ihr Kamele! O wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler in allem, die ihr eure im Tempel geheiligten Becher und Schüsseln wohl auswendig reinlich haltet, aber euch über das kein Gewissen machet, so inwendig diese Gefäße voll Raubes und geilen Fraßes sind! O du blinder Pharisäer, reinige zuerst das Innere des Bechers und der Schüssel, damit dann auch das Auswendige der Wahrheit nach rein werde (Matth.23,24-26)!

[GEJ.07_200,16] Und noch weiter wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler allzumal! Ihr seid gleich den übertünchten Gräbern, diese scheinen auswendig wohl auch recht hübsch daher, aber inwendig sind sie voller Totengebeine und voll ekligsten Unflats. Solche Gräber sind euer volles und wahres Ebenmaß. Auch ihr scheinet von außen den Menschen als fromm; aber inwendig seid ihr voller Heuchelei und Untugend aller Art und Gattung (Matth.23,27.28).

[GEJ.07_200,17] Und gar überaus wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler durch und durch! Ihr erbauet nun den alten Propheten Grabdenkmäler und schmücket also der Gerechten Gräber und saget und klaget: ,Oh, wären wir zu unserer Väter Zeiten in der Welt gewesen, so würden wir nicht mit den blinden Vätern teilhaftig sein an ihrem unschuldig vergossenen Blute!‘ Eben dadurch aber gebet ihr euch selbst das Zeugnis, dass ihr wahre Kinder derer seid, die die Propheten getötet haben! Wohlan, so erfüllet auch an Mir das arge Maß eurer Väter, wie ihr es schon an Zacharias und an Johannes erfüllet habt? Ihr Schlangen, ihr Otterngezüchte, wie wollet ihr bei solch eurem Gebaren der höllischen Verdammnis entrinnen (Matth.23,29-33)?!“

201. Kapitel

Der Herr beruhigt das Volk

[GEJ.07_201,01] Auf diese Meine nun ganz schonungslose Rede fing das Volk wieder von neuem an zu jubeln und sagte: „Wenn dieser Mensch nicht wahrhaft Christus wäre und nicht in sich die vollste göttliche Kraft besäße, nimmer hätte er den Mut haben können, diesen Wüterichen solche Kardinalwahrheiten ins Gesicht zu schleudern! Jeden andern hätten sie schon lange ergriffen und vor Wut zerrissen; aber vor dem stehen sie wie schuldbewusste, grobe Verbrecher vor einem unerbittlichen Richter. Ja, ja, also ist es! Er hat ihnen nichts anderes als nur die vollste Wahrheit ganz geradeaus vorgesagt und hat ihnen als Herr auch ihren schon lange wohlverdienten Lohn gezeigt. Dies Tempelgeschmeiß ist aber nun auch nicht mehr wert, als dass man es ohne alles Bedenken ergreifen, an den Jordan hinaustreiben und dort ersäufen sollte als die allerwahrsten Sündenböcke vom ganzen, großen Judenlande!“

[GEJ.07_201,02] Sagte Ich zum Volke: „Urteilet nicht, als wäre euer das Richteramt und die Verhängung der Strafen, sondern habet auch Geduld mit den Sündern! Denn es steht geschrieben nach dem Worte aus dem Munde Gottes: ,Der Zorn und die Rache sind Mein!‘ Ihr Menschen aber denket, dass Gott der Herr allein der gerechteste Richter ist, der zur rechten Zeit alles Gute zu belohnen und alles Böse zu bestrafen weiß! Euch steht es zu, auch mit den Sündern Geduld zu haben. Denn so da jemand eines sehr kranken Leibes ist, so wäre es denn doch ganz sonderbar, dass man einen Menschen darum gleich strafen sollte, weil er sicher zumeist selbst schuld war, dass er so krank und elend geworden ist. Aber wenn dann ein allbewährter Arzt kommt, dem Kranken sagt, dass ihm noch ganz wohl zu helfen wäre, so er sich einer ordentlichen ärztlichen Behandlung unterzöge und nach dem Rate des verständigen Arztes täte, der Kranke sich aber dann gar nicht an den Rat des Arztes kehren will, so muss er es sich dann freilich wohl selbst zuschreiben, wenn er, auf seinem Starrsinne beharrend, offenbar gar elend zugrunde gehen muss.

[GEJ.07_201,03] Und seht, geradeso geht es mit diesen blinden Schriftgelehrten und Pharisäern! Ich als ein wahrer Arzt habe ihnen nun die großen Gebrechen ihrer Seele gezeigt und damit auch die Heilmittel verordnet; wenn sie dieselben aber verachten und sie gar nie in Anwendung bringen wollen, so werde nicht Ich sie darum richten, sondern die Folgen ihres Starrsinns werden sie richten und ins Elend und Verderben stürzen.

[GEJ.07_201,04] Gott hat darum dem Menschen Gebote gegeben zum Heile seiner Seele. Will er sie befolgen, so wird er leben und glücklich sein für ewig; will er sie aber durchaus nicht befolgen, so wird er sich dafür nur selbst strafen. Denn Gott hat einmal eine ganz feste und unwandelbare Ordnung gestellt, ohne die kein Dasein eines Geschöpfes denkbar möglich wäre. Diese Ordnung hat Er dem freien Menschen durch viele Offenbarungen treuest gezeigt, und der Mensch soll sich infolge seines freiesten Willens selbst danach richten, leiten und bilden. Tut der Mensch das, so wird er sich selbst vollenden nach dem Willen Gottes und wird ein freies, selbständiges, Gott ähnliches Wesen, ausgerüstet mit aller göttlichen Liebe, Weisheit, Macht und Kraft, und wird dadurch erst die wahre Kindschaft Gottes ererben. Diese aber kann ihm unmöglich anders zuteil werden als nur auf den Wegen, die ihm zu dem allerhöchsten Behufe zu allen Zeiten treulichst gezeigt worden sind.

[GEJ.07_201,05] Es kommt nun beim Menschen pur auf den wahren Glauben und dann auf seinen eigenen freiesten Willen an. Glaubt und tut er danach, so wird er das glücklichste Wesen in der ganzen Unendlichkeit Gottes; glaubt er aber nicht und tut er auch nicht danach, so muss er es sich nur selbst zuschreiben, wenn er an seiner Seele gleichfort elender wird und blinder und toter.

[GEJ.07_201,06] Ich bin ja nun darum Selbst als ein Mensch zu euch gekommen, um euch die rechten Wege zu zeigen, weil ihr allen Meinen Boten an euch noch nie ganz vollkommen geglaubt und somit auch nicht nach ihren Worten getan habt!

[GEJ.07_201,07] Wenn ihr aber nun auch Mir Selbst nicht glaubet und nicht tun wollet nach Meiner Lehre, so frage Ich euch aber dann, wer nach Mir noch zu euch kommen soll, dem ihr dann glauben werdet tun nach seiner Lehre. So ihr Mir, dem Meister alles Lebens, nicht glauben möget, – wem wollet ihr dann nach Mir glauben, danach tun und selig werden?

[GEJ.07_201,08] Dass Mir aber nicht geglaubt wird, und dass man auch nicht tun will nach Meiner Lehre, davon geben euch die Templer doch sicher das allersprechendste Zeugnis!“

202. Kapitel

Die Willensfreiheit des Menschen


[GEJ.07_202,01] Sagte einer aus dem Volke, der in der Schrift auch bewandert war: „Herr und Meister, es gibt unter uns viele, die Deine Lehren gehört und Deine vielen Zeichen gesehen und tiefst bewundert haben, und es entstand unter uns die Rede: ,Wenn dieser Mensch bei aller seiner noch nie dagewesenen Weisheit und bei aller der ersichtlichen, völlig gottähnlichen Wundertatsmacht und ebensolcher Kraft, vor der sogar der starre Tod sich beugen muss, noch nicht der verheißene Messias sein soll, da fragen wir ernstlich, ob möglicherweise der rechte Messias, so Er kommen würde, wohl größere Zeichen tun könnte! Wir glauben das nicht und werden es auch nicht glauben! Denn der Mensch, der ohne irgendein Mittel, sondern lediglich nur durch sein Wort alle noch so harten Krankheiten heilt, sogar abgängige Glieder wieder ersetzt – wie wir das bei Bethlehem gesehen haben –, tote Menschen zum Leben erweckt, den Winden und Stürmen gebietet und seinen Willen auch an der Sonne, am Monde und an allen Sternen sichtbar macht, – ist ein Gott und kein Mensch mehr!

[GEJ.07_202,02] Siehe, Herr und Meister, solche Rede ist nun unter uns gang und gäbe, und wir glauben darum, dass Du nicht nur einer der allergrößten Propheten, sondern wahrlich der Herr bist!

[GEJ.07_202,03] Du hast zwar wohl auch einen Leib wie wir, aber in solchem Deinem Leibe ist die Fülle der Gottheit verborgen, und Deine Worte und Taten sind Zeugen von ihrem wunderbaren Dasein in Dir. Das glauben wir nun einmal fest und werden uns von den argen Tempelwüterichen nicht mehr irreführen lassen.

[GEJ.07_202,04] Wir aber haben eine Bitte an Dich, o Herr! Verkürze doch Deine heilige Geduld, und strecke einmal vollends Deine unverbesserlichen Feinde unter den Schemel Deiner Füße, und züchtige sie mit der Rute, die sie sich lange wohl verdient haben!“

[GEJ.07_202,05] Sagte Ich: „So ihr an Mich wahrhaft glaubet, so müsset ihr Mir in der Weisheit, die alle Dinge in der Welt leitet und schlichtet, auch nicht vorgreifen, sondern eure Geduld mit der Meinen vereinen und euch denken: In dieser Lebensfreiheitsprobewelt ist die Ordnung ein und für alle Male so gestellt, dass da ein jeder Mensch tun kann, was er will; denn nur durch die vollste Freiheit seines Willens kann er sich das wahre, ewige Leben seiner Seele erkämpfen. Wie er aber einen freien Willen hat, so hat er auch eine rechte Vernunft und einen freien Verstand, durch den er alles Gute und Wahre wohl erkennen und beurteilen kann, und da ihm die Kräfte danach reichlichst verliehen sind, so kann er auch völlig danach handeln.

[GEJ.07_202,06] Erkennt der Mensch das Gute und das Wahre, handelt aber dennoch freiwillig dawider, so baut er sich selbst das Gericht und seine eigene Hölle und ist darum schon in dieser Welt ein vollkommener Teufel. Und sehet, das ist dann die Strafe, die sich ein Mensch ohne Mein Wollen selbst antut!

[GEJ.07_202,07] Darum kümmert euch nicht um Meine große Geduld und Liebe zu den Menschen, ob sie gut oder böse sind! Ich ermahne sie nur, wenn sie durch ihre eigene Schuld auf Abwege geraten sind; aber Ich kann sie mit Meiner Allmacht dennoch nicht ergreifen und zurücksetzen auf die rechten Wege des Lebens, weil das soviel hieße wie ihnen die Freiheit ihres Willens nehmen, was soviel wäre wie ihnen das Leben der Seele und des Geistes in ihr nehmen.

[GEJ.07_202,08] Darum gehe ein jeder, wie er gehen will! Es ist für den Menschen mehr als genug, dass er die Wege kennt und die sicheren Folgen, die er erreichen muss, ob sie gut oder böse sind. Denn ein jeder Mensch, wenn er zum Gebrauch seiner Vernunft und seines Verstandes kommt, weiß es, was nach den Offenbarungen aus den Himmeln recht und gut – oder auch, was da unrecht und böse ist. Die Wahl, danach zu handeln, ist seinem freien Willen völlig anheim gestellt.

[GEJ.07_202,09] Wenn ihr das recht erkennet, so dürfet ihr nicht klagen über Meine Geduld und Langmut; denn es muss einmal auf dieser Erde, die ein Erziehungshaus für werdende wahre Kinder Gottes ist, also und nicht möglich anders sein.

[GEJ.07_202,10] Wo die Menschen aber berufen sind, völlig gottähnliche Geister und Wesen zu werden, da muss ihre Willensfreiheit auch umgekehrt dahin den ins Endloseste gehenden freiesten Spielraum haben, sich zu einem vollendetsten Teufel zu gestalten, der aber dann freilich als selbst schuldig der elendeste Träger dessen sein wird, was er sich durch seinen Willen selbst bereitet hat.

[GEJ.07_202,11] Ich werde darum niemanden seiner bösen Taten wegen durch Meine Allmacht richten und strafen, sondern er sich selbst und das unwandelbare Gesetz Meiner ewigen Ordnung, das jedem auf dem Lichtwege der vielen Offenbarungen kundgemacht worden ist schon von Anbeginn des menschlichen Seins auf dieser Erde.

[GEJ.07_202,12] So ihr das nun verstanden habt, so übet euch denn auch in der Geduld und habt auch in euch ein wahres Mitleid nicht nur mit den kranken Leibern, sondern viel mehr noch mit den kranken und blinden Seelen der Menschen, so werdet ihr am leichtesten und ehesten zur wahren und vollen Gottähnlichkeit gelangen und gleich werden den Engeln im Himmel!“

203. Kapitel

Die Zukunft Jerusalems: Matth. 23,34 – 38

[GEJ.07_203,01] Sagte nun abermals einer der gemäßigten Pharisäer: „Meister, ich und noch mehrere von uns sehen es wohl ein, dass du ein gar gewaltiger Lehrer bist und frei und offen redest, ohne nur im geringsten irgend auf das Ansehen eines Menschen zu achten, und es ist völlig wahr, dass jedem Menschen durch die Propheten der rechte Weg zum Leben geoffenbart ist! Nun, mit diesen Offenbarungen hätten die Menschen ja auch ganz genug; wozu aber wird es dann zugelassen, dass da irdische Könige und Machthaber noch eigens mit ihren argen Weltgesetzen kommen müssen und dadurch zuallermeist die arme, schwache Menschheit verderben? Ich meine, dass das wahrlich nicht nötig wäre. Denn wie die Menschen nach dem Willen und nach der unwandelbaren Ordnung Gottes zu leben und zu handeln haben, das ist in den Offenbarungen ja ohnehin vollkommen gezeigt. Wozu dann noch die Zulassung von gar zu herrsch- und habgierigen Fürsten, Königen und nun gar Kaisern?“

[GEJ.07_203,02] Sagte Ich: „Das hat im Anfange nicht Gott durch irgendeine Offenbarung also bestimmt und angeordnet – denn Er gab den Menschen nur im Geiste geweckte, wahrhafte und gerechte Führer und Richter –; aber mit der Zeit, als es dem Volke zu wohl erging und es reich war an allem, was die Erde nur immer Gutes und Kostbares trägt, da war es mit den schlichten und bescheidenen Führern und Richtern nicht mehr zufrieden. Es fing an zu murren und verlangte unter dem treuen Samuel einen König, der auch also glänzen sollte wie die Könige der andern heidnischen Völker, die mit ihren Königen Abgötterei trieben.

[GEJ.07_203,03] Als das Samuel in seinem Geiste Gott vortrug, was das Volk von ihm begehre mit großem Ungestüm, da sprach Gott in Seinem Zorn zu Samuel: ,Es hat dieses Volk vor Mir schon mehr Sünden der gröbsten Art begangen, als es da gibt des Grases auf der ganzen Erde und des Sandes im Meere, und nun will es zu allen diesen großen und vielen Sünden noch diese größte hinzu begehen, dass es sich nicht mehr mit Meiner Regierung zufriedenstellt, sondern gleich den gottlosen Heiden einen König verlangt. Ja, es werde diesem undankbarsten Volke ein König als eine scharfe Rute und Geißel gegeben, unter dem es heulen und wehklagen wird!

[GEJ.07_203,04] Siehe, solches und noch mehreres hat Gott warnend zum Volke geredet, um es von seinem tollen Verlangen abzubringen.

[GEJ.07_203,05] Als aber alles nichts gefruchtet hatte und das Volk hartnäckig auf seiner Forderung bestand, da erst gebot Gott dem Knechte Samuel, den Saul zum Könige der Juden zu salben.

[GEJ.07_203,06] Siehe, so entstanden überall die Könige, wo die Völker mit der sanften Regierung Gottes nicht mehr zufrieden waren und durchaus aus ihrer Mitte einen Menschen zum Könige haben wollten!

[GEJ.07_203,07] War da nicht wieder nur der böse Wille der Menschen jener Satan, der sie in ein oft unerträgliches Elend gezogen hat?! Gott hat die Menschen in den verschiedensten Teilen der Welt oft lange genug gewarnt, unter sich einen Menschen zum Könige, mit aller irdischen Macht ausgerüstet, zu erwählen, und zeigte ihnen alle die schlimmen Folgen, die für sie daraus erwachsen werden; aber die Menschen verstopften gegen die Stimme Gottes Herzen und Ohren und haben sich nur selbst ihr Elend bereitet! Was sie sich aber selbst bereitet haben, das sollen sie denn nun auch ertragen!

[GEJ.07_203,08] Ja, wenn ein ganzes Volk eines Sinnes zu Gott flehte, dass Er es wieder führen, leiten und regieren möge, wie solches im Anfange der Fall war, wahrlich, Gott würde das ernste Flehen eines Volkes nicht unerhört lassen! Aber da eben die Könige stets zu viele Günstlinge für sich haben und dem Volke, das anders möchte, keine Freiheit gönnen und es auch zumeist zugunsten des Königs schon von der Wiege an bilden und erziehen lassen, so fühlt das Volk wohl den Druck des Königs, aber es weiß nicht, wohin es sich wenden soll, damit ihm geholfen werden möchte; denn es haben die Machthaber gleich zu Anfang ihrer Herrschaft eingesehen, dass ein von Gott erleuchtetes Volk sich von ihnen bald wieder losmachen würde.

[GEJ.07_203,09] Darum suchten sie auch mit Hilfe falscher Propheten, wie ihr nun davon noch ein trauriger Überrest seid, das Volk zu betören und es für den einen und wahren Gott blind zu machen. Als solches aber kann es aus sich ohne von Gott geweckte Menschen den rechten Weg zu Gott nicht mehr finden, sondern lebt in seiner angewohnten Abgötterei fort und sucht sich nur irdische Vorteile von seinem König oder dessen Günstlingen zu erwerben durch allerlei Mittel, – und wären diese an und für sich noch so schlecht. Kommt dann, von Gott erweckt, ein rechter Prophet, so wird er nicht nur gar nicht als ein solcher erkannt, sondern als Gotteslästerer noch verfolgt und oft getötet, wie das alles bei euch schon gar oft der Fall war.

[GEJ.07_203,10] Wenn aber also, wie soll da Gott einem so tief herabgesunkenen Volke irgend mehr helfen können, wo einmal das Volk trotz seines großen Elendes jede von Gott ihm gebotene Hilfe hartnäckigst von sich weist? Wo es aber also, wie bei euch nun, zugeht, da ist die Frage eitel, warum Gott neben den Offenbarungen auch weltliche Regenten zulässt, die mit ihren Weltgesetzen die Menschen verderben.

[GEJ.07_203,11] Wollen denn die Menschen etwas anderes, oder wollet ihr es?! So ihr das wolltet, so würdet ihr Mich nun gläubig hören und tun nach Meiner Lehre; denn Ich bin als der euch retten wollende Herr Selbst zu euch gekommen. Was tut ihr aber? Ihr haltet Rat über Rat, wie ihr Mich ergreifen und töten könntet! Wenn ihr aber und viele Tausende mit euch das tuet, da saget ihr nun selbst, wer außer Mir euch noch retten und helfen könnte!“

[GEJ.07_203,12] Sagte der Pharisäer: „Meister, du beschuldigest uns immer, als hätten wir selbst unsere Hände mit dem Blute der Propheten besudelt! Was können denn wir dafür, was unsere blinden Väter getan haben? Hätten wir mit unserer gegenwärtigen Erkenntnis und Einsicht zu den Zeiten der Propheten gelebt, so hätten wir sie sicher nicht gesteinigt! Also haben wir zu den Zeiten Samuels auch nicht nach einem König gerufen; aber so wir schon einen König haben müssten zur Strafe, so wäre uns ja doch ein Jude lieber denn ein Heide. Ich wollte von dir im Grunde nur das beleuchtet haben, warum wir Juden nun von heidnischen Gesetzen uns müssen beherrschen lassen.“

[GEJ.07_203,13] Sagte Ich: „Die Ursache liegt darin, weil ihr schon seit lange her die Gesetze Mosis und der Propheten verworfen und an ihre Stelle eure argen und unsinnigen Satzungen gestellt habt. Es waren euch die Weltsatzungen lieber als die weisen Gebote Gottes, und so hat Gott an euch denn auch das im Vollmaße geschehen lassen, was ihr gewollt habt und noch immer wollet; denn wolltet ihr die Gebote Gottes und die Lehren der Propheten lieber denn die Gesetze der Welt, so würdet ihr Mich hören, euch bekehren und tun nach Meinen Lehren, da Ich doch nichts anderes als das alte Wort Gottes predige, von dem ihr so weit abgewichen seid, dass ihr es aus Meinem Munde kommend nimmerdar erkennen möget. Aber ihr hasset und verfolget Mich nur, als wäre Ich ein gemeiner Sünder und Verbrecher, und so bleibt die Rute und das Schwert der Heiden über euch.

[GEJ.07_203,14] Es steht aber auch geschrieben: ,Siehe, Ich sende zu euch Propheten, Weise und wahre Schriftgelehrte! Von denselben werdet ihr etliche töten und sogar gleich den Heiden kreuzigen, und wieder etliche werdet ihr geißeln in euren Schulen und werdet sie verfolgen von einer Stadt zur andern (Matth.23,34), auf dass über euch zu sühnen komme all das gerechte Blut!‘ – sage – vom frommen Abel, den Kain erschlug, bis zum Blute des Zacharias, der ein Sohn des frommen Barachias war, welchen ihr getötet habt zwischen dem Tempelvorhang und dem Opferaltar (Matth.23,35). Wahrlich, Ich sage es nun euch: Weil ihr also gehandelt habt und auch jetzt noch gleich also handelt, so ist alles solches über euch gekommen (Matth.23,36), und es wird noch viel Ärgeres über euch kommen; denn ihr selbst wollet es also und machet und bereitet es euch also!

[GEJ.07_203,15] O Jersualem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst jene, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe Ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel; und ihr Kinder wolltet euch nicht versammeln lassen unter Meine schützenden Flügel! Darum aber wird dies euer Haus wüste und öde gelassen werden, und das also sehr, dass in seinen Mauern auch nicht einmal die Nachteulen und Krähen wohnen werden (Matth.23,37.38)!

[GEJ.07_203,16] Merket euch das, damit, wenn das alles jüngst über euch und eure Kinder kommen wird, ihr euch dann erinnern möget, dass Ich euch das zum voraus gesagt habe, und wie euch das auch die nächtliche Erscheinung am Himmel in einem Bilde sehen ließ!“

[GEJ.07_203,17] Hier fragte Mich der Pharisäer, woher Ich solches wohl wüsste, dass Ich der Stadt solche bösen Dinge vorausverkünden könne. Und so Ich nun etwa Jerusalem wieder verlassen werde, wann Ich dann wiederkäme; denn er werde bei den Hohenpriestern für Mich eine gute Vorrede tun.

[GEJ.07_203,18] Sagte Ich: „Ich werde mit all den Meinen den Tempel nun alsbald verlassen, und ihr werdet Mich hierher nicht eher kommen sehen, als bis ihr rufen werdet: ,Heil Dem, der da kommt im Namen des Herrn (Matth.23,29)!‘“

[GEJ.07_203,19] Hierauf begab sich der Pharisäer wieder zurück zu den andern und sagte: „Meine Freunde, mit dem kämpfen wir vergeblich, wie ich das schon gleich anfangs bemerkt habe! Nun haben wir uns über fünf Stunden mit ihm abgegeben und haben nichts ausgerichtet, sondern mit unserem Eigensinne nur das Volk gegen uns gereizt. Es fragt sich nun, wer es wieder einmal für uns stimmen wird.“

[GEJ.07_203,20] Auf diese Bemerkung gab dem Pharisäer niemand eine Widerrede, und alle verließen den Tempel.

[GEJ.07_203,21] Ich aber ermahnte noch einmal das Volk und vertröstete es; dann aber ging auch Ich aus dem Tempel mit allen, die zu Mir gehörten, und wir gingen wieder auf den Ölberg, allwo schon ein wohlbereitetes Mahl uns erwartete.

204. Kapitel


[GEJ.07_204,01] Als wir uns wieder auf dem Ölberge befanden, da kamen uns auch Nikodemus, Joseph von Arimathia und der alte Rabbi nach, und Nikodemus sagte gleich zu Mir: „O Herr, Du meine Liebe aller Liebe, heute, heute hast Du einmal diesen Wüterichen die Wahrheit ganz unverhüllt unters Gesicht gerieben! Ja, das war ja ein Wunder über Wunder, dass sie heute nicht, wie letzthin, nach den Steinen gegriffen haben! Ich habe aber schon bei jedem Deiner heiligen und wahrsten Worte eine so wahre und große Freude empfunden wie nicht bald je irgendwann. Das Herrlichste an der Sache aber war erstens, dass beinahe das ganze im Tempel anwesende Volk Deine heilige Lebenslehre annahm, und zweitens, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten mit jeder an Dich gestellten Fangfrage gerade sich selbst am meisten gefangen und beim Volke aber auch den letzten noch an ihnen haftenden Funken Glauben und Vertrauen rein eingebüßt haben.

[GEJ.07_204,02] Oh, das war gut für die anmaßenden und herrschsüchtigen Gleisner, Heuchler und selbstsüchtigen Zeloten, die sich nun schon höher stellten als Gott und Moses selbst, wie sie auch das dem Volke beibrachten, dass Gott nur durch sie mit dem Volke verkehre und nur ihre Stimme und Gebete anhöre und erhöre. Heute aber ist es ihnen klar vor dem Volke dargetan worden, in welchem Ansehen sie vor Gott stehen, und das war schon so etwas Vortreffliches, wie es schon nichts Vortrefflicheres mehr geben kann! Na, die werden nun wieder Beratungen über Beratungen halten, von denen eine schlechter und dümmer sein wird als die andere!

[GEJ.07_204,03] Das beste dabei ist noch das, dass sie unter sich in ihren Ansichten gespalten sind! Die Gemäßigteren sehen es doch wenigstens ein, dass sie gegen Dich nichts ausrichten können; aber die eigentlichen Erztempler sehen auch das nicht ein, obschon sie eben heute ihre völlige Ohnmacht fühlen müssen. Kurz, ich bin nun über Deinen Totalsieg über diese argen Finsterlinge so höchst erfreut, dass ich nun schon laut zu rufen anfangen möchte: Heil Dem, der in Dir zu uns gekommen ist im Namen des Herrn!“

[GEJ.07_204,04] Sagte Ich: „Ja, ja, du hast recht gefühlt und recht gesprochen; aber Mir wäre an der Sache dennoch das Liebste gewesen, wenn auch die Pharisäer und alle die Schriftgelehrten die Wahrheit erkannt und ihren Sinn geändert hätten. Aber so sind sie nun ebenso verstockt, wie sie ehedem waren.

[GEJ.07_204,05] Sie haben durch ihre Spione gemerkt, dass Ich Mich mit Meinen Jüngern und all den andern Freunden auf diesen Berg begeben habe, und es werden kaum zwei Stunden Zeit verrinnen, so werden wir hier ihre neuen Knechte und Häscher ersehen. Aber Meine gewisse euch schon bekannt gegebene Zeit ist noch nicht da, und so werde Ich durch Meinen Raphael und vorerst aber durch die noch anwesenden sieben Oberägypter ihnen eine ganz wohlgenährte Züchtigung zukommen lassen, und wir werden dann wieder eine Zeitlang vor ihnen Ruhe haben. Nun aber gehen wir an unsere Tische und stärken unsere Glieder! Die da unten aber sollen nun machen, was sie wollen!“


Fortsetzung "14 Gleichnisse Jesu" Teil 3