"14 Gleichnisse Jesu", Teil 3

 

 

4. Die Mutter und die Geschwister Jesu

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188. Kapitel

Ankunft der Mutter Maria in Jesaira mit den Söhnen Josephs. "Wer ist Meine Mutter, wer sind Meine Brüder": Matth.12, 46 –50; Mark. 3,31 – 34:

[GEJ.01_188,01] Während Ich aber noch also redete zum Volke, da kam die Mutter Maria mit den Brüdern von Mir; denn sie erfuhr es im Hause Kisjonahs, dass Ich nach Jesaira gefahren sei und Mich dort aufhalten dürfte. Sie hatte eine halbe Tagereise zu Fuß dahin, und so konnte sie am Montage mittags wohl in Jesaira sein, da sie sehr früh morgens vom Haus abgereist war.

[GEJ.01_188,02] Ihre Angelegenheit war einerseits eine häusliche, darum sie mit Mir reden wollte, andererseits aber wohl auch eine ins Geistige gehende, da sie so manches von Kapernaum aus über Mich erfahren hatte, darum sie besonders mit Mir reden wollte. (Matth.12,46) Sie konnte aber vor lauter Gedränge nicht ins Haus, darum sie denn auch notwendig draußen wartete, bis Ich hinauskäme.

[GEJ.01_188,03] Da sie aber schon lange vergebens wartete, so bat sie einen vom Hause Barams, dass er Mir sagen möchte, dass sie draußen schon eine geraume Zeit warte und notwendig mit Mir zu reden habe. Da drängte sich der Bote durchs Volk, kam in Meine Nähe und sprach: „Meister! Siehe, Deine Mutter und Deine Brüder stehen draußen und möchten mit Dir reden!“ (Matth.12,47)

[GEJ.01_188,04] Da sagte Ich in einem ernsten Tone zum Boten: „Was sagst du? Wer ist Meine Mutter, und wer sind Meine Brüder?!“ (Matth.12,48) Da fuhr der Bote etwas erschrocken zurück.

[GEJ.01_188,05] Ich aber erhob Meine Rechte über Meine Jünger und sprach: „Da siehe hin, das sind Meine Mutter und Meine Brüder! (Matth.12,49) Denn wer den Willen Meines Vaters, der im Himmel ist, tut, der ist wahrhaft Mein Bruder, Meine Schwester, Meine Mutter! (Matth.12,50) Gehe aber hinaus und sage den Harrenden, dass Ich kommen werde!“

[GEJ.01_188,06] Diese Rede fanden einige hart und machten Mir Vorwürfe und sagten, ob Ich nicht wüsste, wie da lautet das Gebot Mosis in Hinsicht der Eltern.

[GEJ.01_188,07] Ich aber verwies ihnen solch eine Frage und sagte: „Ich weiß es, wer Ich bin, und Meine Jünger und Meine irdische Mutter wissen es auch, und Ich darf darum reden, wie es ist der Wahrheit gemäß; kehret ihr daher nur recht fleißig vor eurer Tür, – um Mich braucht sich niemand zu sorgen und zu kümmern; denn Ich weiß es am besten, was Ich zu tun habe.“ Darauf schwiegen alle, und keiner getraute sich, Mir darauf noch etwas zu erwidern, weder pro noch kontra.

[JJ.01_001,17] Als aber der Joseph solches vernommen hatte, da antwortete er dem Priester und sprach: „Siehe, du gesalbter Diener des Herrn nach dem Gesetze Mosis, des getreuen Knechtes des Herrn Gott Zebaoth, ich bin schon ein Greis und habe erwachsene Söhne zu Hause und bin seit lange her schon ein Witwer; wie werde ich doch zum Gespötte werden vor den Söhnen Israels, so ich dies Mägdlein nehme in mein Haus!

[JJ.01_012,12] Wahrhaftig, dessen schäme ich mich beinahe vor den Söhnen Israels; denn sie wissen es, dass ich ein über siebzig Jahre alter Greis bin!

[JJ.01_013,05] Joseph aber verstand wohl, was der Freund zu ihm geredet hatte, und als der Freund ihn segnete und wieder verließ, da sprach der Joseph zu seinen Söhnen:

[JJ.01_013,06] „Höret mich an! Der Herr will es, dass wir alle nach Bethlehem ziehen müssen; also wollen wir uns denn auch Seinen Willen gefallen lassen und tun, was Er will.

[JJ.01_013,07] Du, Joel, sattle die Eselin für Maria und nehme den Sattel mit der Lehne; und du, Joses, aber zäume den Ochsen und spanne ihn an den Karren, in dem wir Lebensmittel mitführen wollen!

[JJ.01_013,08] Ihr drei, Samuel, Simeon und Jakob, aber bestellet den Karren mit haltbaren Früchten, Brot, Honig und Käse, und nehmet davon so viel, dass wir auf vierzehn Tage versehen sind; [Joel, Joses, Samuel, Simeon und Jakob waren die fünf Söhne des Joseph aus 1.Ehe!]

[JJ.01_284,09] Das Kindlein aber sprach: „O wundert euch der argen Menschen wegen nicht; denn so ihr das tun möchtet, da gäbe es überaus viel zu wundern in der Welt!“

[JJ.01_284,10] Da sprach die Salome zur Maria: „Aber du meine erhabenste Schwester! Es ist gerade nicht zum Begreifen!

[JJ.01_284,11] Das Gottkindlein darf nur den heiligen Mund öffnen, so sprühet ordentlich die Weisheit heraus!

[JJ.01_284,12] Wie ungeheuer weitsichtig weise waren wieder die Worte!

[JJ.01_284,13] O du überglückliche Mutter solch eines Kindes!“

[JJ.01_284,14] Und das Kindlein sprach: „Und – o du überglückliche Salome, die du für deinen Herrn ein Haus gekauft hast –

[JJ.01_284,15] und bist nun Zeugin, wie Er wohnet leibhaftig im selben!

[JJ.01_284,16] Was Unterschieds wohl ist zwischen der, die Mich auf kurze Zeit in ihrem Leibe barg,

[JJ.01_284,17] und zwischen Meiner rechten Hausfrau, die Mich für immer birgt in ihrem Hause?!

[JJ.01_284,18] So aber eine Mutter trägt ein Kind im Leibe, was wohl tut sie dazu, dass es lebendig wird, wächst und dann zur Welt kommt?

[JJ.01_284,19] Ist das nicht alles ein Werk Gottes, wo des Menschen Wille nichts vermag?

[JJ.01_284,20] So aber dann jemand ein Kind aufnimmt in sein Haus und gibt ihm Wohnung, Pflege und Kost für immer – sage, ist das nicht mehr?!

[JJ.01_284,21] Wahrlich sage Ich dir, die Mich dir gleich in der Zukunft in ihrem Herzen geistig aufnehmen werden, die auch werden sein gleich Meine Mutter, Meine Brüder und Meine Schwestern!“

[JJ.01_284,22] Diese Worte gruben sich alle tief ins Herz und begaben sich dann still und nachdenkend nach Hause. – –


5. Die Hand an den Pflug legen und zurückschauen

WS-A3253.05

(Luk 9,61+62)

[GEJ.05_076,04] Siehe, wer seine Hände an den Pflug legt und dabei nach rückwärts schaut, der ist noch nicht geschickt zum Reiche Gottes! Meinst denn du, dass Gott in Seinem hellsten Denken und Wollen etwa auch so einförmig und eintönig ist wie das starre Eis des Nordens?

[GEJ.05_076,05] O Mensch, erkenne erst Gott recht und Seinen allmächtigen Willen, und du wirst dann schon auch erkennen, ob ein Mensch, dessen Herz voll des Geistes aus Gott ist, nichts anderes mehr wollen und tun kann, als bloß nur so ganz stumm und geduldig mit dem ewigen Willen Gottes einen Tag um den andern werden und vergehen zu lassen und ganz glückselig zuzusehen, wie die verschiedenen Kräuter wachsen und blühen und dann wieder verdorren!

[GEJ.05_076,06] Wenn es Gott mit den Menschen nur um das zu tun gewesen wäre, so hätte Er ihnen nie einen eigenen Willen zu geben vonnöten gehabt, sondern Er hätte sie bloß nur den Meerespolypen gleich, wenn auch in Menschenform, wie die Pilze aus der Erde herauswachsen lassen können mit im Erdboden haftenden Saug- und Nährwurzeln; diese hätten dann gleich Tag und Nacht können zusehen, wie die Sterne nach dem Willen Gottes wenigstens dem Anscheine nach auf- und untergehen, und wie schön das Gras um sie herum wächst! Eine freie, ortsveränderliche Bewegung wäre ihnen gar nicht nötig; denn einen eigenen Willen hätten sie ja ohnehin nicht, und den stets gleichen und stereotpyen Willen Gottes könnten sie als Statuen noch um vieles besser durch sich gehen und walten lassen als irgendein noch so frommer und gottergebener Mensch mit seinem Willen!

[GEJ.05_076,07] Denn einem Menschen, der denn doch immer noch einen eigenen Willen und eine freie Bewegung hat, kann es ja doch noch bei aller seiner Ästhetik einmal in den Sinn kommen, einige Schritte über einen schönen Grasboden zu machen; und wie unvermeidlich muß er da das nach dem Willen und nach der ewigen Ordnung Gottes aufrecht gewachsene und stehende Gras zu Boden drücken und danebst noch so mancher Blattmilbe das Lebenslicht vor der Zeit ausblasen! – Merkst du nun schon so ein wenig das Alberne deiner Besorgnis?

[GEJ.05_076,08] Nun aber denke dir erst, dass der freiwillige Mensch zu seiner physischen Nahrung nicht nur allerlei herrliche, mit Fruchtsamen wohlversehene Früchte mit seinen Zähnen zermalmt und sie dann als Speise für seinen Leib ohne alle Gnade und Schonung verschlingt, sondern sich sogar über allerlei Tiere hermacht, sie tötet und endlich auch ihr gebratenes Fleisch mit einer wahren Gier verzehrt. Hie und da sucht er sich große Plätze aus, auf denen zuvor viele Jahrtausende hindurch das schönste Gras, andere heilsame Kräuter, Gesträuche und Bäume in der schönsten und allerungestörtesten Ordnung Gottes gewachsen sind, und baut dann tote Häuser und Städte darauf. Ja, Freund, kann das nach der von dir gedachten Ordnung Gottes wohl recht sein?

[GEJ.05_076,09] Oder, so du dir deine mit der Zeit zu lang gewachsenen Nägel, Bart und Haare abkürzest, handelst du da nicht wider die Ordnung Gottes, nach dessen stereotypem Willen Nägel, Bart und Haare gleich wieder fortwachsen und nicht so kurz bleiben wollen, als ihr ihnen mit der Schere das Maß vorgeschrieben habt?

[GEJ.05_076,10] So es Gott denn durchaus nicht wollte, dass irgendein frei denkendes und frei wollendes Wesen wider die Stereotypie Seines Schöpfungswillens handelte und zerstörende Eingriffe wider die bestehende, stets unwandelbar gleiche Ordnung im großen wie im kleinen machte, würde Er wohl weise gehandelt haben, sich Wesen zu erschaffen, die schon ihrer Existenz wegen genötigt sind, allerlei zerstörende Eingriffe in die Urschöpfungsordnung, die doch auch ein Werk desselben allmächtigen und höchst weisen Gottes ist, zu machen?!

[GEJ.05_076,11] Wenn aber Gott, der Herr und Schöpfer aller Dinge und Wesen, es zuläßt, dass die lebenden Wesen, und zwar namentlich die frei denkenden Menschen, die mit einem freien Willen begabt sind, Ihm die Wälder zerstören, Bäume umhauen, Hütten und Häuser daraus bauen und den größten Teil davon verbrennen, Ihm das schöne Gras zertreten, abmähen und als Heu den Kühen, Ochsen, Eseln, Schafen und Ziegen verfüttern, und auch niemandem auf die Hand schlägt bei zahllos vielen anderen Eingriffen in Seine stereotype Ordnung, um wie viel weniger wird Er dort Sich mit Seinem allmächtigen Willen entgegenstemmen, wo es sich darum handelt, des Menschen kleinste Willensfreiheit zur größten göttlichen heranzuziehen!

[GEJ.05_076,12] Hast du denn nicht gesehen, wie zuvor der Junge [der unter den Jüngern sichtbar anwesende Erzengel Raphael, der umgeben von einem materiellen Hilfsleib, nach dem Willen Jesu einen Stein in Gold umwandelte], der im Grunde auch nur ein Geschöpf Gottes ist, den Stein wider die Stereotypie des urgöttlichen Willens in Gold umwandelte? Hat ihn jemand darum zur Rede gestellt, weil er einen so gewaltigen Eingriff in die Grundordnung Gottes gemacht hat? Im Gegenteil, es hat nur der göttliche Wille, vereint mit dem des Jungen, solches zuwege gebracht!

[GEJ.05_076,13] Wenn du die leichten Gebote Gottes hältst und Gott wahrhaft über alles liebst, so wirst du ja doch offenbar stets einiger mit dem Erkennen und Wollen Gottes. Du wirst sonach weiser und weiser und im gleichen Maße auch mächtiger und einsichtsvoller im Wollen. Dein inneres Licht aus Gott wird zu einer Allsehe erhoben werden, mittels der du im sonst noch Lebensdunkeln nicht nur fühlen, sondern schauen wirst die wirkenden Lebenskräfte und durch die Inhabung des freiesten Willens Gottes sie auch wirst bestimmen können, so oder so tätig zu werden. Eben dadurch aber, dass du die zahllos vielen, von Gott stets ausgehenden Kräfte speziell und individuell erkennst und erschaust, kannst du als ein Besitzer des göttlichen Willens sie ergreifen und sie auch bestimmen und verbinden zu irgendeinem weisen Tatzwecke, und sie werden sofort auch ebenalso tätig sein, als so Gott sie unmittelbar Selbst zu irgendeiner Tätigkeit bestimmt hätte.

[GEJ.05_076,14] Denn alle die durch die ganze Unendlichkeit von Gott ausströmenden Kräfte sind gleich wie zahllos viele Arme eines und desselben allmächtigen Gottes und können ja unmöglich irgend anders tätig werden und sein als allein nur durch die Anregung des göttlichen Willens, weil sie im Grunde nichts als pure Ausstrahlungen des göttlichen Willens sind.

[GEJ.05_076,15] Wenn der Mensch denn seine winzigste Willensfreiheit mit der endlos großen göttlichen vereint, sage Mir, ob es da nur denkbar möglich ist, einen puren stummen Zuschauer des pur göttlichen Willens zu machen, oder ob der also groß frei-willig gewordene Mensch mit solch einer Willensfreiheit aus Gott nicht so manches zustande zu bringen vermögend sein wird!

[GEJ.06_059,05] Und so, siehst du, Mein Simon Juda, waren auch deine guten Unterredungen mit deinem alten Freunde! Siehe, er denkt schon jetzt nicht mehr daran, weil ein Handelsmann aus Kana zu ihm getreten ist und die beiden nun einen ganz vorteilhaften Kauf von verschiedenen Handelsartikeln abzumachen haben! Er weiß recht wohl, dass Ich Selbst hier bin, und hätte auch zu Mir hereinkommen können, um sich mit Mir Selbst zu besprechen über Meine von ihm für so außerordentlich erklärten Fähigkeiten. Ich hätte ihn wahrlich nicht zur Türe hinausgewiesen! Aber nein, da steht der Kaufmann aus Kana viel höher, und du darfst nun gar keine Angst haben, dass er noch etwas Weiteres über Mich mit dir besprechen werde!

[GEJ.06_059,06] Daher sind solche Menschen noch gar lange nicht tauglich und geschickt fürs Reich Gottes. Sie gleichen jenen Ackerbauleuten, die beim Pflügen ihre Augen nicht nach vorwärts, sondern nach rückwärts richten und daher nach vornehin nicht sehen können, wie der Ochse zieht den Pflug, und ob dieser wohl die rechten Furchen schneidet und aufwirft. Solche Leute sind darum noch lange nicht tauglich zum Reiche Gottes. Es ist auch besser, solche Leute stehen zu lassen, wo sie auch stehen mögen, weil sie mit allen Zeichen und mit lichtvollsten Worten von ihren Weltsorgen nicht abwendig zu machen sind.

[GEJ.06_059,07] Ich sage euch auch das: So ihr dereinst als vollendete Jünger Meine Lehre den Menschen in Meinem Namen werdet zu predigen anfangen, da habet darauf acht: Wird man euch irgendwo in einem Orte oder in einem Hause wohl aufnehmen, so bleibet daselbst und unterrichtet die Menschen wohl und gut, und taufet sie dann in Meinem Namen mit Wasser, wie es Johannes getan hat, und Ich werde sie dann taufen mit Meinem Geiste von oben her!

[GEJ.06_059,08] Wo man euch aber nicht aufnehmen wird oder nur also, wie dein alter Freund nun deine Worte aufgenommen hat, da schüttelt sogar den Staub von euren Füßen, der an einem solchen Orte oder in einem solchen Hause an ihnen klebend ward, auf dass von ihnen ja nichts Weltliches an euch haften bleibt! Denn ihr wisset, dass Mein Reich nicht von dieser Welt ist, sondern geschaffen werden muss durch die Erkenntnis und durch die Beachtung Meines Wortes im Innern des Menschen. Aber es ist die Erschaffung dieser inneren, geistigen Lebens- und Himmelswelt so lange hin stets eine schwierige Sache, solange an einem Menschen noch irgend etwas Weltsinnliches haftet.

[GEJ.06_059,09] Ich meine unter dem erwähnten Staube an euren Füßen aber nicht etwa den natürlichen Zimmerstaub oder den Staub auf den Straßen, sondern der Staub, den Ich meine, das sind jene weltklugen Reden solcher Menschen, die deinem alten Freunde ganz ähnlich sind. Sie klingen recht artig, freundlich und dem Weltverstande ganz angemessen; aber sie sind dennoch nichts als ein leerer Staub, weil sie nur Welttümliches befürworten und selbst darin von einem Wahrheitsernste keine Spur vorhanden ist. Wie aber der leere, nichtige Staub der Straßen keinem Wanderer zu etwas nütze werden kann, so auch derlei weltstaubige Reden solcher reichen und weltklugen Bürger.

[GEJ.06_059,10] Obschon aber solch ein Staub niemandem zum Nutzen werden kann, so kann er einem Wanderer aber dennoch mehr oder weniger schädlich sich gestalten. So ein Wind kommt und den Staub in die Luft hebt, da heißt es die Augen schließen und den Mund zuhalten, ansonst kann man erblinden und ersticken. Auch muss man so lange stehen bleiben oder sich gar, mit dem Gesichte zur Erde gekehrt, auf den Boden legen, bis der Wind den lästigen Staub weithin getragen hat. Und das hat den Wanderer sicher auch Zeit gekostet, infolgedessen er notwendig später an den Ort seiner Bestimmung gelangt, als er ohne die Staubbescherung gelangt wäre.

[GEJ.06_059,11] Was aber der Straßen- und Gassenstaub dem irdischen Wanderer ist, das ist der eitle, weltkluge Wortstaub dem Lebenspilger auf Meinen euch gezeigten Lebenswegen. Er trübt leicht die innere Sehe und kann sogar sehr erstickend auf das wahre, innere, geistige Seelenleben einwirken. Und mindestens verzögert er bei aller angewandten Vorsicht doch den geistigen Fortschritt! Darum sagte Ich, dass ihr auch sogar den Staub, der an euren Füßen kleben geblieben ist, abschütteln sollet, auf dass gar nichts Welttümliches an euch sei; denn wahrlich sage Ich euch: Solange an einer Seele noch ein welttümliches Atom klebt, kann sie nicht völlig in Mein Reich eingehen; denn alles Welttümliche ist das für die Seele, was das Gift für den Leib ist. Ein kleinster, kaum sichtbarer Tropfen von einem starken Gifte kann dem Leibe den Tod geben, und ebenso kann auch ein Atom Welttümlichkeit eines Menschen Seele ganz verderben oder wenigstens derart zu Schaden bringen, dass sie dann lange zu tun haben wird, um völlig geheilt zum ewigen Leben zu erstehen. Die Erfahrung wird euch darüber die vollste Bestätigung geben.“

[GEJ.07_025,02] Sagte Ich: „Wer da glaubt und tut nach Meinem Worte, der wird selig werden! Aber ihr glaubet nun, dieweil ihr Zeichen gesehen habt, und saget, dass Ich ein Gott sei; hättet ihr aber keine Zeichen gesehen, so hättet ihr auch nicht geglaubt und nicht gesagt, dass Ich ein Gott sei. Nun, wie kommt denn das?

[GEJ.07_025,03] Sehet, das kommt daher, weil in euch bis jetzt noch keine Wahrheit ist und auch nicht sein kann, weil ihr eben bis jetzt noch nie eine Wahrheit vernommen habt! Ich aber sage es euch nun: Befleißet euch alle der reinen Wahrheit; denn nur sie allein kann euch vollkommen frei machen am Leibe und an der Seele, – am Leibe, weil euch die Wahrheit sagen wird, warum euch ein Leib zu tragen gegeben worden ist, und an der Seele, weil euch eben die Seele aus der Wahrheit in ihr selbst sagen wird, dass sie für die vollste Freiheit und ewige Selbständigkeit da ist!

[GEJ.07_025,04] Nun, Meine arme und holde Tochter, Ich hätte dir das nun wahrlich nicht gesagt, so Ich es nicht wüsste, dass du ein in allem möglichen ganz besonders wohlerzogenes Kind bist. Aber Ich sage es dir, dass Ich Menschen, die manchmal in ihrem besseren Erkennen so ein wenig hartnäckig sind, lieber habe als jene, die oft nach wenigen Zeichen und Beweisen schnell wie ein Schilfrohr im Sturme umwenden und sich nach des Richters (Sturmes) Zuge kehren, was dann für sie offenbar beweist, dass sie eben keine irgend besondere Selbstkraft besitzen. Wenn aber jemand die Selbstkraft nicht besitzt und kein gutes Urteil fällen kann in seinem Verstande, ist er zum Reiche Gottes ebenso wenig geschickt wie derjenige, der einen Acker pflügt und sich dabei fortwährend nach rückwärts umsieht.

[GEJ.07_025,05] Und siehe, du holde Gestalt, also steht es nun noch mit dir! Du hast Mich ehedem wohl für einen Gott erklärt, wozu dich die Zeichen und Meine Weisheit nötigten; aber du verwarfst im selben Augenblick den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Denn du dachtest dir: ,Wer also weise reden und solche unbegreiflichen Wunderzeichen wirken kann, der ist dann bei dir schon ein Gott!‘ Aber nun reut es dich schon geheim im Herzen, dass du solches ausgesprochen hast, weil du dir gleich darauf wieder die Gesetze Mosis ins Gedächtnis gerufen hast, und du hast nun eine Furcht in dir, dass du in einer Gemütsübersprudelung des alten Jehova vergessen und Mir die nur dem wahren Gott gebührende Ehre geben konntest. Und siehe, das heißt die Hand an den Pflug legen und dabei nach rückwärts schauen!

[GEJ.07_025,06] Wenn du Mich aber schon für einen Gott ansiehst, so musst du Mich ganz für einen Gott wohlerkenntlich ansehen und dir keinen andern Gott neben Mir denken; denn so du Mich nun für einen Gott erklärst, dabei aber auch an den alten Gott denkst und dich vor Ihm darob fürchtest, weil du dich dadurch am Gesetze Mosis versündigt zu haben wähnst, so ist solch ein Bekenntnis von dir an Mich ein eitles, und du bist dadurch um nicht vieles besser als eine Heidin, die wohl auch an den Gott Mosis glaubt, aber dabei auch an den Jupiter, Apollo, Merkur und noch viele andere Götter mehr.

[GEJ.07_025,07] Siehe, als du zu Mir hertratst, da dachtest du, dass Ich einer der erwähnten Götter der Heiden wäre, und gabst Mir jener hohen Römer wegen die Ehre! Aber sogleich gedachtest du des Gottes Mosis, der da sagt: ,Du sollst nur an einen Gott glauben und keine fremden Götter neben Mir haben!‘ Es übermannte dich die Reue, das laut ausgesprochen zu haben, und siehe, das war sonach offenbar nicht recht von dir! Denn so du an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs glaubst, so kannst du Mich nicht als einen Gott begrüßen. Glaubst du aber ernstlich, dass nun Ich ein Gott bin, so musst du den alten Gott fahren lassen, da es nur einen Gott geben kann, und nicht zwei oder noch mehrere Götter, gleichwie es auch nur einen unendlichen Raum und nur einen ewigen Zeitenlauf gibt, in dem alles ist und geschieht.

[GEJ.07_025,08] Nur wenn du glauben könntest, dass Ich [Jesus] und der alte Gott [Jehova] etwa ein und dasselbe sind – obwohl es geschrieben steht, dass niemand Gott schauen und leben kann –, dann bliebe doch wenigstens dein Gewissen ruhiger, und deine Furcht vor dem alten Gott wäre dadurch offenbar eine mindere! – Sage Mir aber nun, was du tun wirst!“

[GEJ.07_157,06] Ich habe es euch aber ja auch schon zum voraus gesagt, daß ein Versprechen geben viel leichter ist, als dasselbe halten. Ich sage euch aber noch hinzu: Wer um Meines Namens willen nicht Haus, Acker, Weib und Kind verlassen kann, der ist Meiner auch noch lange nicht wert; und wer seine Hände an den Pflug des Reiches Gottes legt, sich aber dabei noch umsieht nach den Dingen der Welt, der ist noch lange nicht geschickt zum Reiche Gottes! Das wisset ihr nun; tuet, was ihr wollet!“

[GEJ.08_099,01] Es fragte Mich aber nun einer der Pharisäer, der auch sein Weib und seine Kinder in Bethanien hatte: „Herr und Meister, würdest Du mir gram werden, so ich hinginge, zu begrüßen mein Weib und meine Kinder?“

[GEJ.08_099,02] Sagte Ich: „O mitnichten, aber siehe da diese Meine ältesten Jünger; sie haben daheim auch Weiber und Kinder, und keiner fragt Mich wie du nun! Ich aber sage es dir nun und so auch euch allen: Wer da irgend in der Welt noch eines oder das andere mehr liebt als Mich, der ist Meiner nicht wert, und wer einmal seine Hand an den Pflug legt und sich nach rückwärts, das heißt nach dem, was der Welt ist, umsieht, der ist noch nicht geschickt zum Reiche Gottes. Meinst Du wohl, dass darum dein Weib und deine Kinder versorgter sein werden, so du sie in dieser Nacht noch sähest und sprächest? – Das ist nun so Meine Meinung; übrigens steht es dir vollkommen frei, zu tun, wie es dir gut dünkt.“

[GEJ.08_099,03] Als der Pharisäer solches von Mir vernommen hatte, da hatte er auch keine Lust mehr, nun am späten Abend sein Weib und seine Kinder zu besuchen und blieb ganz ruhig am Tische sitzen.

[GEJ.08_125,07] Sagte Ich: „Ihr könnet tun, wie ihr wollet; denn ein jeglicher Mensch hat seinen vollkommen freien Willen. So aber jemand als Mein Jünger Mir folgt zur Gewinnung des Gottesreiches, der muss bis zur Zeit der vollen geistigen Neugeburt Haus, Weib und Kinder aus Liebe zu Mir verlassen
[damals zur Zeit Jesu auch äußerlich; heute nur innerlich im Seelischen und Geistigen]; denn beim Suchen und Forschen nach dem Reiche Gottes muss er alle Sorge um Dinge dieser Welt Dem allein überlassen, der um alles weiß, und dessen allmächtiger Wille alles vermag. Denn sorgt sich ein wahrer Jünger an Meiner Seite auch um Dinge der Welt, so gleicht er einem Ackersmann, der seine Hände wohl an den Pflug legt, sich aber dabei stets nach rückwärts umsieht, nicht achtet auf den Gang des Pfluges und sonach nicht geschickt ist zum Reiche Gottes.

[GEJ.08_125,08] Da sehet Meine alten Jünger! Sie haben um Meinetwillen auch Haus, Hof und Weiber und Kinder verlassen und sind Mir nachgefolgt; aber ihr irdisches Hauswesen besteht fort und ist versorgt.

[GEJ.08_125,09] Wer als Mein Jünger der Welt nicht völlig entsagen kann, der wird nicht stark im Gottesreiche werden; denn Gott und der Welt dienen, geht schwer oder auch wohl gar nicht. So aber jemand im Reiche Gottes stark geworden ist, dann erst kann er wahrhaft auch aller Welt nützlichst dienen.

[GEJ.10_189,07] Wer da nicht versteht, mit den Weinenden zu weinen, mit den Lachenden zu lachen, mit den Heiteren selbst heiter und mit den Ernsten selbst ernst zu sein, der ist noch nicht geschickt zur Ausbreitung Meines Reiches auf Erden und gleicht in dieser Hinsicht einem Landmanne, der beim Aufackern eines Feldes wohl seine Hände an den Pflug legt, aber seine Blicke immer hinter sich richtet, um zu sehen, wie sich die Furchen legen; dabei vergißt er aber den Pflug, der seitwärts ging wegen Mangels rechter Aufmerksamkeit des Pflügers, und diesem bleibt dann nichts übrig, als den Pflug zurückzuziehen bis an die Stelle, wo er noch geradeaus ging, um daselbst wieder von neuem anzufangen zu pflügen.

[GEJ.10_189,08] Und so ist es mit den Lehrern, die alle Menschen – welchen Charakters und von welchen Natureigenschaften sie auch immer sein mögen – auf ganz eine und dieselbe Art in was immer unterrichten wollen. Einige von diesen Menschen werden etwas von diesem Unterrichte fassen, weil der Unterricht gerade für ihre Fähigkeiten getaugt hatte; die andern aber werden, unwissend und ungeschickter als sie vorher waren, den Lehrer verlassen.

[GEJ.10_189,09] Und so ist denn auch hier bei der Ausbreitung Meiner Lehre wohl darauf zu sehen, von welcher Beschaffenheit diejenigen sind, denen ihr Meine Lehre vorprediget, ansonst ihr wenig Nutzen stiften werdet.

[GEJ.10_189,10] Der Leichtgläubige wird bald alles glauben, – besonders, wenn ihr die Lehre noch mit irgendeinem Wunderzeichen bekräftigt; aber dabei denket euch das: Wer gar zu leicht etwas Neues annimmt, der lässt es auch ebenso leicht wieder fahren, als wie leicht er es angenommen hat, besonders so ihn eine Versuchung dazu nötigt. Mit einem Hartgläubigen werdet ihr zwar viel mehr Arbeit haben, – aber habt ihr ihn einmal gewonnen, so wird er auch bei dem verbleiben, was er angenommen hat. Darum müsst ihr euch bei ihm auch mehr Mühe nehmen als bei den Leichtgläubigen. Diesen aber trauet nicht, weil sie so gern und ohne viel Mühe eure Lehre angenommen haben. Denn so ihr wieder zu ihnen kommen werdet, werden sich vielleicht kaum die Hälfte noch bei eurer Lehre halten (befinden), die andere Hälfte aber zu ihrem alten, faulen Glauben zurückkehren oder irgendeinem andern falschen Propheten anhangen.

[GEJ.10_189,11] Darum seid zwar vollkommen einig in dem, was Meine Lehre betrifft, – aber was den Vortrag betrifft, so sehet euch die Menschen zuvor an, welches Geistes Kinder sie sind, und fanget danach erst an, ihnen Mein Evangelium zu predigen, und ihr werdet da allenthalben gute Wirkungen hervorbringen!

[GEJ.10_189,12] Gedenket dabei auch des alten römischen Sprichwortes, nach welchem aus einem höchst plumpen und faulen Holzklotze keine Gottheit geformt werden kann, und daß die sanfte und furchtsame Taube noch niemals einen Aar aus ihren Eiern gehecket hat! Daher seid denn auch – was Ich euch schon öfter gesagt habe – klug wie die Schlangen, dabei aber dennoch voll Sanftmut gleich den Tauben!

[GEJ.10_189,13] Das Lehramt ist eines der schwersten Ämter; aber wohl dem, der ein solches Amt tüchtig zu verwalten versteht!“

19. August 1842. Vormittag. (Kurze Schrifttexterklärungen, Fortsetzung)

[HiG.03_42.08.19,21] 20. Wer seine Hand an den Pflug legt und zieht zurück, der ist nicht geschickt zum Himmelreiche. Lukas 9,62.

[HiG.03_42.08.19,21] Die Hand ist der Wille, der Pflug ist das Wort Gottes, das Himmelreich ist das liebwerktätige Leben nach dem Worte. So da jemand das Wort Gottes zwar wohl ergreift und tut auch zur Hälfte danach, aber zur Hälfte wendet er dasselbe ins Weltliche und sagt: Solange ich in der Welt lebe, so lange auch muss ich mit ihr leben. Daher kann ich auch nicht vollends brechen mit ihr, sondern bin ihretwegen ja doch genötigt, so manches mitzumachen des Scheines halber wenigstens, damit sie nicht dies oder jenes von mir denke oder gar laut sage! Denn man kann die Welt ja nicht anders machen, als sie ist, und so bleibt einem doch nichts übrig, als mit ihr das zu machen, was man gerade nicht als absolut schlecht erkennt. Im übrigen aber kann man bei sich ja dennoch tun und denken und glauben, was man will! – Siehe, solches aber heißt ja eben die Hand an den Pflug legen und ihn zur Welt zurückziehen, um von ihr nur nicht gekreuziget zu werden!

[HiG.03_42.08.19,22] Es fragt sich aber: Wie aber wird bei dieser Ackerung der Acker für die Saat des Lebenssamens bestellet werden?! – Wahr ist es übrigens sicher, dass das Zurückziehen des Pfluges einen viel weniger Anstrengung kostet als das Vorwärtsschieben. Allein, wer solches tut, ist, wie es der Text aussagt, durchaus nicht geschickt zum Himmelreiche; denn bevor du der Welt nicht den letzten Heller, den du von ihr entlehnt hast, zurückgegeben haben wirst, wirst du nicht eingehen in das Reich der Himmel! Beachtet dieses wohl und seid vollkommene Ackerleute!


6. Die Jünger reißen am Sabbat Ähren aus

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176. Kapitel

Szene mit den Pharisäern wegen des Ährenausraufens am Sabbat. Barmherzigkeit ist besser als Opfer.  "Des Menschen Sohn ist auch ein Herr des Sabbats". Heilung des Menschen mit der verdorrten Hand. Die Pharisäer wollen Jesus steinigen. Kisjonahs Dazwischenkunft. Der Herr entweicht unter Heilung vieler:  Matth 12, 1 – 16:

[GEJ.01_176,01] Nach einer Weile aber, schon dem Tale so ziemlich nahe, kamen wir zu einem Acker, der voll von schon nahe völlig reifer Saat vor uns lag. Der Weg aber führte durch diesen Acker, und wir traten diesen Weg durch den Acker an, weil er etwas näher zum Dorfe führte. Wir gingen also durch die Saat, natürlich am Sabbat. Die Jünger aber, da sie samt Mir kein Morgenmahl bekamen, waren hungrig und fingen darum an, die reiferen Ähren auszuraufen, die Körner in der Hand auszureiben und sie zu essen. (Matth.12,1)

[GEJ.01_176,02] Als aber solches die ohnehin schon grimmigen Pharisäer sahen, traten sie eilig zu Mir hin und sprachen mit wichtiger Miene: „Siehst du denn nicht, dass da deine Jünger tun an einem Sabbat, das sich nicht schickt?!“ (Matth.12,2)

[GEJ.01_176,03] Sage Ich zu ihnen: „Habt ihr denn nie gelesen, was David tat, als es ihn und die, so mit ihm waren, hungerte? (Matth.12,3) Wie er in das Gotteshaus ging und die Schaubrote aß, die ihm doch auch nicht ziemten zu essen, noch denen, die mit ihm waren, sondern allein den Priestern?! (Matth.12,4) Oder habt ihr nie gelesen im Gesetz, wie die Priester am Sabbat im Tempel den Sabbat brechen und sind darob doch ohne Schuld?! (Matth.12,5)

[GEJ.01_176,04] Ihr habt Meine Werke in der Höhe gesehen und habt Meine Lehre vernommen, und es ist euch vielfach gesagt worden, Wer Ich bin! Sollte euch alles das noch nicht genügen, so sage Ich euch nun noch einmal ganz trocken ins Gesicht, dass hier in Mir Der ist, der größer ist denn der Tempel! (Matth.12,6)

[GEJ.01_176,05] Wenn ihr aber wüsstet, was das sei: ,Ich habe Wohlgefallen an der Barmherzigkeit, und nicht am Opfer!‘, so hättet ihr nun in eurem Herzen diese Unschuldigen nicht verdammt! (Matth.12,7) Ihr blinden und tauben Pharisäer, wisset es denn: Des Menschen Sohn, der Ich es bin, ist ein Herr auch über den Sabbat!“ (Matth.12,8) Dies Wort erschreckte die Pharisäer also, dass sie sofort zurückwichen und den Jüngern nicht mehr verwehrten, die Ähren auszuraufen.

[GEJ.01_176,06] Kisjonah aber, der immer an Meiner Seite ging, und dessen dieser Acker war, sagte zu Mir: „Herr, ich werde nun vorauseilen und sogleich ein reichliches Mahl richten lassen; denn mich dauern die guten Jünger ihres sichtlichen Hungers wegen!“

[GEJ.01_176,07] Sage Ich: „Daran wirst du wahrlich sehr wohltun. Aber Ich werde nun mit den Jüngern dennoch zuvor eine Schule besuchen dieser Pharisäer wegen, damit ihr Ärger nicht noch größer werde. Den Matthäus haben sie ohnehin schon im Magen, da er ihnen zuvor bewiesen hat, dass wir wegen der Synagoge so schnell gehen. Gingen wir nun bei der Schule im Dorfe vorüber, da wäre es aus bei ihnen, und sie fingen an, uns Spektakel zu machen; gehen wir nun aber zuvor dennoch in eine Schule, so haben wir ihnen dadurch den Mund gestopft, und du kannst ihnen dann auch ganz ungeniert deine Rechnung vorlegen, das heißt nach beendetem Sabbat.“ Auf diese Worte ging dann Kisjonah geraden Weges mit den Seinen nach Hause, wo er alles in der schönsten Ordnung antraf.

[GEJ.01_176,08] Wir aber bogen den Weg etwas mehr links zur Schule hin, die zu oberst des Dorfes gelegen war. Dort angelangt, gingen wir sogleich in die sehr wenig besuchte Schule (Matth.12,9), und die Pharisäer folgten uns am Fuß und waren heimlich schon voll Grimmes, weil sie auf dem Acker ihrer blinden Dummheit wegen sind belacht worden von den Jüngern, als Ich ihnen ihre Beschwerde wegen des Ährenausraufens verwies.

[GEJ.01_176,09] Als wir in die Schule kamen, da machten sich die Pharisäer gleich breit her und führten Mir einen Menschen vor, der schon seit lange her eine verdorrte Hand hatte und daher nahe jeder Arbeit unfähig war. Da fragten sie Mich, weil Ich ehedem gesagt habe, dass Ich ein Herr auch über den Sabbat bin, ob es erlaubt wäre, auch am Sabbat zu heilen. Diese Frage stellten sie aber nur, um eine Sache wider Mich zeugend zu bekommen (Matth.12,10); denn ihre argen Herzen brannten schon vor Zorn und Grimm.

[GEJ.01_176,10] Ich aber sprach zu ihnen: „Was fraget ihr Mich denn, als könntet ihr diesem Kranken helfen und beleben dessen lang erstorbene Hand?! So Ich ihn aber heilen will, werde Ich euch doch nicht fragen um eure Erlaubnis?!

[GEJ.01_176,11] Welcher unter euch ist denn wohl so töricht, dass er ein Schaf, das ihm in eine Grube fällt, nicht herauszöge am Sabbat?! (Matth.12,11) Wie viel besser aber ist doch ein Mensch denn ein Schaf! Darum wird man wohl dürfen an einem Sabbat einem Menschen Gutes tun?!“ (Matth.12,12)

[GEJ.01_176,12] Die Pharisäer schwiegen; Ich aber rief den Menschen zu Mir und sprach zu ihm: „Strecke deine Hand aus!“ Und er streckte sie aus, und sie ward ihm wieder gesund gleich wie die andere, die nie krank war. (Matth.12,13)

[GEJ.01_176,13] Nun war es aus bei den Pharisäern; sie verließen die Schule und gingen hinaus, um zu beraten, wie sie Mich töten könnten. (Matth.12,14)

[GEJ.01_176,14] Matthäus aber, der ein feiner Spion war, schlich ihnen nach und behorchte sie unbemerkt, kam bald nahe außer Atem zurück und gab laut kund, was er vernommen hatte. Da sandte Ich schnell einen Jünger zum Kisjonah und ließ ihm sagen, dass Ich für heute nicht bei ihm das Mahl halten könne der Klugheit wegen, indem die Pharisäer Mir nach dem Leben stellen, Ich sie aber nicht zu noch größeren Verbrechern machen will, als sie es ohnehin schon sind, daher Ich Mich denn auch aus dieser Gegend auf eine Zeitlang verlieren werde. Der Jünger eilte mit Pfeilesschnelle fort, wissend, wohin er Mir nachzukommen habe.

[GEJ.01_176,15] Als er solches kaum dem Kisjonah meldete, so brach dieser mit seinem ganzen Hause plötzlich auf, ließ alles stehen, sammelte in aller Geschwindigkeit noch eine große Menge Volkes und eilte zur Schule hin und kam gerade noch im rechten Momente, als die Pharisäer schon mit Steinen versehen in die Schule dringen wollten.

[GEJ.01_176,16] Dass die Pharaisäer hier vom Kisjonah ganz gehörig bedient wurden, braucht kaum erwähnt zu werden, worauf Ich dann mit vielem Volk von dannen zog, dessen Kranke Ich am Wege alle heilte; denn um die Zeit der Weizenernte war diese Gegend, weil nahe am Galiläischen Meere gelegen, etwas fiebrig, und so gab es da auch stets eine Menge kranker Menschen, besonders im Geschlechte der Weiber, und diese, von Mir hörend, liefen alle der Volksmenge nach und kamen zu Mir am Wege, dass Ich sie heilete. Und sie wurden alle geheilt, die da nachgekommen sind. (Matth.12,15)

[GEJ.01_176,17] Nachdem sie aber geheilt waren, bedrohte Ich sie, dass sie davon zu Hause ja niemandem etwas melden sollten (Matth.12,16), auch nicht erwähnen zu jemandem, wer er auch sein möge, an welcher Stelle Ich sie geheilt habe, und nach welcher Richtung Ich fürbaß gezogen sei. Sie versprachen solches auf das genaueste zu beachten, und Ich entließ sie darauf im Frieden.

177. Kapitel

Der Apostel Verwunderungsfrage an den Herrn, warum Er als der Allmächtige Sich manchmal vor den Menschen zu fürchten scheine. Des Herrn rechte Antwort. Der hungrige Judas und sein Korrektor Thomas. Des Petrus guter Tadel an beide. Des Herrn Lob. Verhaltenswinke: Matth.12,17 – 21:

[GEJ.01_177,01] Nachdem diese abgefertigt waren, da traten die Apostel zu Mir und sagten: „Herr, manchmal bist Du denn doch etwas rätselhaft! Siehe, wir haben von Dir schon so viele Wunderdinge gesehen und an uns selbst erlebt, dass wir auch keinen Augenblick mehr zweifeln könnten, so wir solches auch wollten, dass Du im vollsten und wahrsten Sinne der Sohn des lebendigen Gottes bist und sein musst; denn die Taten, die Du verrichtest, sind bis jetzt keinem Menschen möglich gewesen. Aber Du hast dabei dennoch so gewisse Momente, in denen Du Dich im Ernste vor den Menschen zu fürchten scheinst, während Dir doch, wie wir uns mehrfach in aller Tat überzeugt haben, alle mächtigsten Engelscharen aus den Himmeln zu Gebote stehen!

[GEJ.01_177,02] Die Pharisäer mit ihren unbewaffneten etwa fünfzig Anhängern, von denen einer feiger ist als der andere, hätten wir ganz gehörig zugerichtet; und so ein allmächtig Wörtlein von Dir, – und den Pharisäern wäre die Gier, Dich zu verfolgen, sicher für alle Zeiten vergangen! Wie Du vor jenen Kerlen im Besitze aller göttlichen Macht hast die Flucht ergreifen können, siehe, das ist uns ein Rätsel, das wir im vollsten Ernste bei unserem sicher besten Willen nicht begreifen können! – Erkläre uns doch solch Dein sonderbares Benehmen!

[GEJ.01_177,03] Sagte Ich: „Ihr seid noch bedeutend schwach und blind, dass ihr so was nicht auf den ersten Blick merken könnet! Sehet, das geschah deshalb, auf dass ihr es merken sollet, dass da in die Erfüllung ging, was der Prophet Jesaias von Mir geweissagt hat, indem er (Matth.12,17) also sprach: ,Siehe, das ist Mein Knecht, den Ich erwählt habe, und Mein Liebster, an dem Meine Seele ein Wohlgefallen hat; Ich will Meinen Geist auf Ihn legen, und Er soll den Heiden das Gericht verkünden (Matth.12,18). (Gericht bedeutet hier soviel als Wahrheit, Licht und Leben; denn die Wahrheit ist es auch, die ein rechtes und gerechtes Gericht schafft.) Er wird nicht zanken und schreien, und man wird Sein Geschrei nicht hören auf den Gassen. (Matth.12,19) Das zerstoßene Rohr wird Er nicht zerbrechen und einer Lampe glimmenden Docht nicht auslöschen, bis dass Er ausführe das Gericht (die volle Wahrheit). (Matth.12,20) Und die Heiden werden auf Seinen Namen hoffen.‘ (Matth.12,21)

[GEJ.01_177,04] Sehet, darin also liegt der Grund, warum Ich mit den Pharisäern in keinen Streit und noch weniger in irgend ein Handgemenge Mich einlassen wollte und konnte.

[GEJ.01_177,05] Übrigens wusste Ich es im voraus recht wohl, dass der Kisjonah sie nicht ungezüchtigt werde davonziehen lassen! Sie sind nun zehnmal ärger gestraft, als so wir uns etwa mit ihnen gebalgt hätten; denn fürs erste sind sie von Kisjonahs Leuten ganz entsetzlich durchgeprügelt worden, und fürs zweite dürfen sie von all dem, was sie gesehen, gehört und erlebt haben, in Kapernaum keine Silbe erzählen, was sie am meisten ärgert und geniert.

[GEJ.01_177,06] Denn da einer nur mit einer Silbe davon laut wird, so wird er, wie ihm auf dem Berge angedroht wurde, aber auch augenblicklich stumm, taub und, wo nötig, auch blind. Darum aber wollten sie auch einen Versuch machen, ob sie Mich töten könnten; denn dadurch vermeinten sie auch die von ihnen geglaubte sichere Wirkung Meiner ihnen am Berg gemachten Androhung zu vernichten.

[GEJ.01_177,07] Denn sie halten Mich noch gleichfort für einen bösen Magier, der wohl lebend, aber als ein Toter nichts mehr zu wirken vermag. Das Schlimmste für sie aber ist, dass sie nun nicht wissen, wohin Ich gezogen bin. Sie haben zwar schon Boten in der Richtung nach Morgen hin gesendet, um Mich auszukundschaften – denn sie haben uns von der Schule weg nach Osten hin fliehen sehen –; dass wir uns aber im Walde nach einer Stunde Weges plötzlich gen Abend hingewendet haben und nun auch sogleich übers Meer auf die andere Seite fahren werden, wissen sie nicht, und es wird daher ihr Suchen ein sehr vergebliches sein. Nun, ist euch euer Rätsel jetzt gelöst?“

[GEJ.01_177,08] Sagen die Zwölfe und auch viele andere, die mit Mir ziehen: „Ja, jetzt ist uns schon alles klar! Es ist also im Ernste um vieles besser, als so wir selbst Hand an die Bösen gelegt hätten; es ist nun schon alles wieder in der schönsten Ordnung.“

[GEJ.01_177,09] Sagt Judas etwas lakonisch: „Bis auf unsere Mägen! Außer den etlichen rohen Weizenkörnern ist heute, da es doch Abend geworden ist, nichts hineingekommen. Daher wäre es wohl gut, wenn auch für unsere Mägen, bevor wir übers Meer fahren, nur ein wenig gesorgt werden könnte!“

[GEJ.01_177,10] Sage Ich: „Heute heißt es einmal fasten, wenigstens bis ans jenseitige Ufer; drüben wird sich wohl etwas finden lassen.“

[GEJ.01_177,11] Thomas aber verweist dem Judas solche Gemeinheit und sagt: „Aber wie ist es dir doch möglich, inmitten der erhabensten Belehrung von Seiten des Herrn mit einer so echt tierisch gemeinen Bemerkung zu kommen?! Hast denn du gar keine Ehre oder Schande in deinem Leibe?! Wenn du denn schon einen gar so schreienden Wolfshunger hast, so nehme dir in der Zukunft irgendeinen Mundvorrat mit; aber solche Bemerkungen dem Herrn gegenüber zu machen, ist zu entsetzlich gemein, als dass man darüber noch ein Wort verlieren könnte!“

[GEJ.01_177,12] Sagt Judas: „Ja, ja, ich habe wieder vergessen, dass du auch noch in unserer Gesellschaft bist! Du bist und bleibst gleichweg mein Hofmeister und scheinst eine ordentliche Freude daran zu haben, mir bei jeder Gelegenheit irgendeinen Hieb zu versetzen. Ist ja auch recht; wenn es dich freut, so tue es immerhin, aber ärgern werde ich mich über dich nimmer!“

[GEJ.01_177,13] Sagt Petrus: „Ist auch besser; aber im übrigen hat Thomas dennoch recht, obschon er manchmal auch ein wenig hart ist. So meine aber ich, dass wir stets auf den Herrn schauen sollen; sagt Er etwas, so ist es gut und recht, dass es also gesagt ist, und jeder soll sich dann danach richten! Sagt aber der Herr nichts, dann kommt es uns noch weniger zu, etwas zu sagen! Ich meine, dass wir solches an uns wohl, zumal in des Herrn Gegenwart, allzeit beachten sollen, damit Friede und Einigkeit unter uns sei!

[GEJ.01_177,14] Mein lieber Bruder Thomas, sieh, wenn der hungrige Judas schon vor dem Herrn nicht schweigt, so wird er vor dir schon noch weniger eine Furcht haben! Ermahnen wir uns aber schon gegenseitig, da lassen wir alle Schärfe und alles Herbe beiseite, auf dass jener Spruch Jesajas, den zuvor der Herr über Sich uns kundgab, auch an uns, Seinen Jüngern, ersichtlich werde!“

[GEJ.01_177,15] Sage Ich: „Also ist es recht, Mein lieber Simon Jona! Also soll es sein unter euch und am Ende unter allen Menschen! Denn wer da hat eine Wunde und legt etwas Scharfes darauf, der wird die Wunde nicht zum Heilen bringen, sondern sie nur vergrößern und ärger machen. Wer aber die Wunde bestreicht mit Balsam und reinem Öl, der wird sie auch bald heilen und wird also den Schaden im Fleische gutmachen.

[GEJ.01_177,16] Aber nun steuern auch schon Meines Freundes, des Kisjonah, Schiffer daher ans Ufer, und er selbst ist dabei; darum gehen wir ans Ufer, auf dass wir bei der Hand sind, wann die Schiffer das Tau auswerfen werden; wir werden dann das Schiff voll ans Ufer ziehen und sodann schnell ins Schiff steigen; denn sie haben für dies Ufer einen Gegenwind und können daher schwer voll ans Ufer stoßen. Der Wind aber wird uns sehr gute Dienste leisten bei der Hinüberfahrt und wird uns in kurzer Zeit ans jenseitige Ufer befördern. Aber nun eilen wir hinab ans Ufer, auf dass sie sich nun nicht umsonst abmühen!“

[GS.02_101,09] Was spricht der Herr Selbst bei Moses, und zwar im dritten Gebot: „Du sollst den Sabbat heiligen!“? Frage, was tut aber der Herr Selbst im Angesichte Seiner buchstäblichen Erfüller des Gesetzes? Siehe, Er geht her und entheiligt Selbst den Sabbat, offenbar nach dem Buchstabensinne des Gesetzes, und erlaubt sogar Seinen Jüngern, an einem Sabbat Ähren zu lesen und sich mit den Körnern zu sättigen. Wie gefällt dir diese Haltung des Gesetzes Mosis, wo der Herr Selbst nicht nur allein für Sich, sondern zum größten Ärgernisse der buchstäblichen Gesetzeserfüller den ganzen Sabbat sozusagen über den Haufen wirft? Du wirst sagen, das konnte der Herr ja wohl tun, denn Er ist auch ein Herr des Sabbates.

[GS.02_101,10] Gut, aber ich frage: Wussten die sich ärgernden Pharisäer, dass des Zimmermanns Sohn ein Herr des Sabbats ist? – Du meinst, sie hätten solches an Seinen Wunderwerken erkennen sollen. Da aber sage ich: Bei diesem Volke waren Wunderwerke nicht hinreichend, um die vollkommene Göttlichkeit in Christo zu erkennen, denn Wunderwerke haben alle Propheten gewirkt zu allen Zeiten, die echten wie auch mitunter die falschen. Man kann also das nicht voraussetzen, dass die Wunder Christi die Pharisäer von Seiner Göttlichkeit und Herrlichkeit hätten überzeugen sollen.

[GS.02_101,11] Alle Propheten aber bis auf Ihn haben den Sabbat geheiligt, Er allein warf ihn über den Haufen. Musste das nicht den Buchstabenerfüllern ein Ärgernis sein? Allerdings, und dennoch ließ der Herr nicht mit Sich handeln.

[GS.02_101,12] Was geht aber aus dem hervor? Nichts anderes, als dass der Herr die Haltung des Gebotes allein für sich betrachtet ganz unten ansetzt. Warum? Ein kleines Gleichnis aus deiner eigenen Sphäre wie aus der Sphäre eines jeden Menschen, der je in der Welt gelebt hat, soll dir die Antwort bringen:

[GS.02_101,13] Ein Vater hat zwei Kinder. Er hat diesen Kindern seinen Willen wie gesetzlich bekannt gegeben. Einen Acker und Weingarten zeigte er ihnen und sprach: Ihr seid kräftig geworden, und so verlange ich von euch, dass ihr für mich nun den Weingarten und den Acker fleißig bearbeitet. Aus eurem Fleiße werde ich erkennen, welcher von euch beiden mich am meisten liebt. Nun, das ist das Gesetz, laut welchem natürlich demjenigen Sohne, der den Vater am meisten liebt, des Vaters Herrlichkeit zuteil wird.

[GS.02_101,14] Was tun aber die beiden Söhne? Der eine nimmt den Spaten und sticht den ganzen Tag fleißig die Erde um und bestellt den Acker und den Weingarten. Der andere lässt sich bei der Arbeit mehr, wie man zu sagen pflegt, gut geschehen. Warum? Er spricht: Wenn ich auf dem Acker oder in dem Weingarten bin, da muss ich stets meinen lieben Vater entbehren, zudem bin ich nicht so herrlichkeitssüchtig wie mein Bruder. Habe ich nur meinen lieben Vater, kann ich nur um Ihn sein, der meinem Herzen alles ist, da frage ich wenig um eine oder die andere Zuteilung einer Herrlichkeit.

[GS.02_101,15] Der Vater sagt diesem zweiten Sohne auch dann und wann: Aber siehe, wie dein Bruder fleißig arbeitet und sucht sich meine Liebe zu verdienen. Der Sohn aber spricht: O lieber Vater! Wenn ich am Felde bin, da bin ich dir fern, und mein Herz lässt mich nicht ruhen, sondern spricht immer laut zu mir: Die Liebe wohnt nicht in der Hand, sondern im Herzen, daher will sie auch nicht mit der Hand, sondern mit dem Herzen verdient sein! Gib Du, Vater, meinem Bruder, der so emsig arbeitet, den Acker und den Weingarten. Ich aber bin von dir hinreichend beteilt, wenn du mir nur erlaubst, dass ich dich nach meiner Herzenslust allezeit lieben darf, wie ich dich lieben will und muss, weil du mein Vater, mein Alles bist.

[GS.02_101,16] Was wird nun da wohl der Vater sagen, und das aus dem innersten Grunde seines Herzens? Sicher nichts anderes als:

[GS.02_101,17] Ja, du mein geliebtester Sohn, dein Herz hat dir das meinige enthüllt; das Gesetz ist nur eine Prüfung. Aber mein Sohn, die Liebe steckt nicht im Gesetze, denn jeder, der das Gesetz allein hält, hält dasselbe aus Eigenliebe, um sich dadurch mit seiner Tatkraft Meine Liebe und Meine Herrlichkeit zu verdienen. Der aber also das Gesetz hält, der ist noch fern von Meiner Liebe, denn seine Liebe hängt nicht an Mir, sondern am Lohne.

[GS.02_101,18] Du aber hast dich umgekehrt, hast das Gesetz zwar nicht verschmäht, weil es dein Vater gegeben hat, aber du hast dich erhoben über das Gesetz, und deine Liebe führte dich über demselben zu deinem Vater zurück. Also soll denn auch dein Bruder den Acker und den Weingarten überkommen und in meine Herrlichkeit treten; du aber, mein geliebtester Sohn, sollst haben, was du gesucht hast, nämlich den Vater Selbst und alle Seine Liebe!

[GS.02_101,19] Ich meine, mein lieber Freund, aus diesem Gleichnisse wird es etwa doch handgreiflich klar sein, was da mehr ist, die allein trockene Gesetzhaltung oder deren Übergehung und das Ergreifen der alleinigen Liebe.


Fortsetzung "14 Gleichnisse Jesu" Teil 4