Gibt es Wunder?

 

1
Jesus: „…Nun frage ich dich, was heißt denn eigentlich Wunder? Siehe, so manche Erfindung, die jetzt bei euch das kleinste Kind begreift, wären vor einigen Jahrhunderten Wunder gewesen. Was waren sie denn eigentlich?

Es waren Naturgesetze oder Kräfte, die die Menschen noch nicht kannten oder, falls sie diese auch kannten, sie doch nicht zu benutzen verstanden!

Glaubst du denn, das Land der Entdeckungen sei schon ausgebeutet? Liegt nicht vielleicht noch das meiste im dunkeln begraben, besonders was geistig ist; und wenn Ich bald da oder dort solches Auffinden der Zugänge zum geistigen Leben zulasse, damit die Menschen Mich, den reinsten Geist, näher kennenlernen sollten; muß es deswegen denn gerade ein Wunder sein, welches die Menschen dann willenlos zum Glauben zwingen würde?

Wie du in deinem Briefe schreibst, `wenn sich deine Stahlfeder plötzlich in einen Bleistift verwandelte, so wolltest du glauben`; aber wenn Ich solches zuließe, was geschähe dann? Siehe, du wärest gezwungen, wenigstens im ersten Augenblick an eine Möglichkeit einer solchen Verwandlung zu glauben, und doch weiß Ich nicht, ob in ein paar Stunden du selbst nicht wieder dieses Wunder weggestritten hättest; hättest vielleicht gedacht, es muß eine Verwechslung beider Gegenstände stattgefunden haben, die du in Gedanken selbst verübt hast, ohne derselben gerade ansichtig geworden zu sein!

Mein liebes Kind, Wunder gibt es keine, denn alles hängt von den schon längst von Mir geordneten Gesetzen ab!

Weißt Du, was eigentlich ein Wunder ist oder wäre? Sieh, Ich will es dir sagen: Ein Wunder wäre, wenn entgegengesetzt Meinen von Anbeginn der Schöpfung festgesetzten unwandelbaren Gesetzen Ich etwas zulassen oder bewerkstelligen würde, was schnurstracks gegen diese Gesetze wäre, und Ich Mich damit einer Inkonsequenz (Widerspruch) beschuldigen müßte; denn wisse, Meine Gesetze sind so gemacht, daß ein Handeln dagegen nicht möglich ist, wenigstens nicht von Meiner Seite.

Ihr handelt zwar oft gegen Meine Gesetze, allein dem Überschreiten derselben folgt die Strafe auf dem Fuße nach.

Wo aber Meine Gesetze anfangen und aufhören und wie viele noch vorhanden sind, wovon eure Forscher und Philosophen keine Ahnung haben und sie auch nie entdecken werden, das ist eine ganz andere Sache.“ (Lg.01_031,27, vollständiger Text siehe linke Randspalte unter „Einführende Texte“, Thema „Worte an einen Rationalisten (2)")

 

2

Jesus:Freund, welchen Eindruck ein Wunder auf dich machen würde, weiß nur Ich am besten; daher soll dir auch keins gezeigt werden. Dass die gesamte materielle Weltschöpfung allerdings ein großes Wunderwerk göttlicher Macht und Weisheit ist, das die Menschen tagtäglich schauen können, ist wahr und richtig. Aber weil die Bewohner der Erde wie aller anderen Weltkörper eben solche Wunder schauen, die wohl die sprechendsten Gotteszeugen sind, müssen sie auch in diesen Wundern sterben dem Fleische nach, das auch ein gleiches Wunder ist.


Jedes Wunder ist für die beschauende Seele ein Gericht, von dem sie nur durch möglichst größte Selbstverleugung wieder befreit werden kann. Nun aber kann diese nur darin bestehen, dass der Seele alles hinweg genommen wird, was den leisesten Hauch einer Nötigung hat. Diese Wegnahme aber ist eben das, was ihr das Sterben oder den Tod des Leibes oder der Materie nennet.


Es muss aus der Seele alles hinaussterben, was nicht des Geistes ist. Solange irgendeine äußere Nötigung die Seele noch in einigen Lebensfibern gefangen hält, kann der freie Gottesgeist sich nicht in ihr völlig ausbreiten und die Seele frei machen von jeglichem Gericht.


Die Gottheit kann freilich wohl Wunder wirken, um eine Seele zur Überzeugung zu bringen. Aber diese Wunder von außen knebeln dann die Seele derart, dass diese sich an eine freie Bewegung gar nicht mehr erinnern kann, die doch die alleinige Bedingung des Lebens vor Gott ist. Daher muss dann die Seele in einen solchen Zustand kommen, in dem sie aller Äußerlichkeiten ledig wird, damit in ihr der Geist sich ausbreiten kann und der Seele vor Gott ewige Beständigkeit verleihen kann. Denn Gott gegenüber kann nichts bestehen als nur das, was selbst ,Gott‘ ist.


Verstehst du nun, warum Ich dir Wunder vorenthalte? Wenn Gott in die schon vernünftige Seele nicht den Geist gelegt hätte, könnte sie keinen Augenblick bestehen als ein freies Wesen; es würde ihr ergehen wie einem Wassertropfen auf weißglühendem Eisen. Die Tiere aber müssen eben darum dumm und nahezu ohne alle Erkenntnis einhergehen, weil sonst ihr Bestehen eine Unmöglichkeit wäre. Verstehst du solches?“ (RB.02_210,01 ff)


3

Jesus: „…Mein lieber Bruder! Das rührt daher, weil (jenseitige) Geister aus Gebirgsländern mit geringer Ausnahme stets mit einer helleren Sehe begabt sind als die mehr abgestumpften der Flachländer. Diese uns nun zu vielen Hunderttausenden umschwärmenden Geister wissen genau, dass sie sich in der Geisterwelt befinden und machen sich diesen Zustand so gut es geht zu Nutzen. Sie sind freilich wohl noch von vielen abergläubischen Dingen umgarnt, aber das macht nicht viel; denn andererseits sind sie dann auch fassungskräftiger und begreifen eher einen Wink.


Wo demnach so derbmaterielle Menschengeister vorkommen, dort müsst ihr Mir zuvor den Weg bahnen, weil das Allergeistigste Meiner Ordnung zufolge sich mit dem Materiellen nie sogleich unmittelbar in Berührung setzen darf. Und siehe, da eben seid ihr dann als eine Mittelstufe vonnöten. Hier, wo die Geister gar wohl wissen, was sie sind, kann Ich sogleich Selbst zweckdienlich verkehren, ohne ihnen zu schaden. Wie aber die Bewohner der Berge schon auf der Erde weit genügsamer leben als die nimmersatten Bewohner der Flachländer, ebenso sind auch die Geister, die die Berge bewohnen. So sie bitten, muss man ihnen stets etwas tun, und sie sind dann gleich zufrieden. Gäbe man ihnen aber nichts, so wäre es gefehlt. Denn das würde sie sehr traurig und am Ende doch wieder sehr ungestüm machen und ihnen alles Vertrauen nehmen.


Aus diesem Grunde geschieht es auch dann und wann, dass solchen Menschen auf der Erde in den Wallfahrtsorten irgendeine erbetene Gnade zuteil wird. Es ist zwar eine solche Zulassung durchaus nicht förderlich, weil sie die Flehenden nur in ihrem Aberglauben bestärkt. Aber lasse Ich so etwas gar nicht zu, verlieren sie am Ende allen Glauben, und das wäre dann noch schlimmer. Wenn man nur zwischen einem großen und einem kleinen Übel zu wählen hat, ist es doch sicherlich besser, das kleinere zu wählen. Meinst du nicht auch, Mein Bruder Robert?“ (RB.02_261,02 f)


4
Raphael:Das aber merke dir vor allem ja höchst wohl: Je mehr des erkannten reingöttlichen Willens du in dein Herz als unablässige Richtschnur deines Lebens – in dein Herz, wohlverstanden – aufgenommen hast, desto wunderbar mächtiger werden die Wirkungen deines Willens aus Gott sein!

Das Wissen, Erkennen und das Loben des erkannten göttlichen Willens nützt dir gar nichts; denn es ist das alles ein leerer Beifall alles des großartigen und wunderbaren Geschehens vor deinen Augen. Du erkennst daran das Gute, Schöne und Erhabene und weißt es recht gut, daß es von dem Erkennen und Wollen des Künstlers ausgeht.

Setzen wir aber den Fall, du hättest auch die Kenntnisse davon, aber natürlich bei weitem den Willen des Künstlers nicht dazu, - würdest du mittels des Erkennens allein wohl etwas leisten? Oder du hättest zwar wohl so ungefähr des Künstlers Willen, aber seine Einsicht und durch Mühe und Fleiß errungene Fertigkeit nicht, würdest du da auch etwas zu leisten imstande sein?

Ich sage dir: da muß ein wahrstes Erkennen, ein von Gott ausgehender fester Wille und eine große Fertigkeit in der Anwendung desselben vorhanden sein! Sodann kannst du freilich zu einem oder dem andern Berge sagen: `Hebe dich und stürze dich ins Meer, da es am allertiefsten ist`, - und es wird unfehlbar geschehen, was du gewollt hast!

Aber mit dem Erkennen und mit dem festen Wollen allein ist nichts oder nur sehr wenig ausgerichtet! Die Fertigkeit in der Anwendung des Willens Gottes im eigenen Herzen erlangt man aber einzig durch die Macht der reinen Liebe zu Gott und dadurch zum Nächsten; denn solche allein rechte Liebe schafft in der Seele den lebendigen Glauben und ein unerschütterlich allerfestestes Vertrauen, ohne das auch der Allergeläutertste nichts oder nur wenig vermag.“ (GEJ.05_082,05ff)