Die Göttliche Ordnung ist unwandelbar - variabel aber ist das Verständnis derselben!

 


Ist der Christengott tolerant?

 

Peter Keune



In Zeiten vorherrschenden Demokratie-Verständnisses der westlichen Welt und des zunehmenden Zusammenrückens weltweiter Kulturen taucht automatisch wieder die Frage auf, ob der mosaische Gott, aus dem das Christentum hervorgegangen ist, mit seinem Hoheitsanspruch nicht überholt ist.

 

Wir erinnern uns an Luthers Bibelübersetzung: „Ich bin der Herr dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Auch an vielen anderen Stellen zeigte sich Gott als ein eifernder Gott und drängte Sein auserwähltes Volk kämpferisch gegen die heidnischen Gottheiten der Nachbarvölker (wie z.B. den Baalsgott*) vorzugehen. Besonders kaltblütig scheint die Aufforderung an das Volk Israel zu sein, bei der Landnahme von Kanaan alle Einwohner und sogar deren Vieh zu töten (5.Mose, 20, 16-18):

*) Die Auswertung der Schrifttafeln aus Ebla (Anm. Fundstätte in Syrien) ergab etwa 500 Gottheiten. Teilweise wurden sumerische und hurritische Götternamen übernommen. Jahrhunderte später sind noch etwa 50 herausragende Gottheiten in Syrien belegt. Dagon als Herr (bel) der Götter hat dabei eine führende Aufgabe. (Wikipedia)

 

Aber in den Städten dieser Völker hier, die dir der HERR, dein Gott, zum Erbe geben wird, sollst du nichts leben lassen, was Odem hat, sondern sollst an ihnen den Bann vollstrecken, nämlich an den Hetitern, Amoritern, Kanaanitern, Perisitern, Hiwitern und Jebusitern, wie dir der HERR, dein Gott, geboten hat, damit sie euch nicht lehren, all die Gräuel zu tun, die sie im Dienst ihrer Götter treiben, und ihr euch so versündigt an dem HERRN, eurem Gott.

 

Und wie zur Bestätigung der grausigen Aufforderung lesen wir bei Josua 10,40:

 

So schlug Josua das ganze Land auf dem Gebirge und im Süden und im Hügelland und an den Abhängen mit allen seinen Königen und ließ niemand übrig und vollstreckte den Bann an allem, was Odem hatte, wie der HERR, der Gott Israels, geboten hatte.

 

Dies klingt wie ein Aufruf zum Völkermord. Demgegenüber erscheint eine Trennung von Staat und Religion als demokratische Lösung gegenüber totalitären religiösen Ansprüchen. So haben sich die westlichen Länder in langwierigen Prozessen der eigenen religiösen Zwänge entwunden und sie aus dem Staatsgefüge als Privatsache separiert, ganz im Sinne des Alten Fritz, dass jeder nach seiner Facon selig werden soll. Die noch sehr den alten Theokratien verschriebenen Menschen (z.B. im Nahen Osten) hingegen wollen möglichst überall, zumindest aber in ihren Heimatländern, einen Gottesstaat durchsetzen (anstatt die vielfach beginnenden demokratischen Tendenzen zu unterstützen), da sie die westliche Staatsform als gegen die Gebote Gottes gerichtet ansehen.

 

Die nun seit 250 Jahren gegebenen Großoffenbarungen, welche mit Swedenborg beginnend*) die göttliche Ordnung erneut beleuchten, bestätigen die alten Gebote und damit den alleinigen Herrschaftsanspruch des einen Gottes des Alten Testaments.

*) Diese wurde durch eine weitere Großoffenbarung, gegeben durch Jakob Lorber, ergänzt.

 

Bedeutet das aber zurückzufallen zu den alten Verhältnissen von Gebot und Unterordnung?

 

Das kann nicht sein, ist doch die Menschheit tausende Jahre weiter entwickelt. Was anfänglich noch ein patriarchalisch denkender Untertan in alleinigem Gehorsam war, ist gegenüber Gott zu einem (zumindest in unseren Breitengraden) voll verantwortlichen Bürger geworden, der in eigenbestimmter Entscheidung möglichst aus Liebe und Demut handeln soll.

 

Gelten nun die alten Gesetze nicht mehr, besonders hinsichtlich des einzigen Gottes der Bibel? Natürlich doch!

 

Die Göttliche Ordnung ist unwandelbar - variabel aber ist das Verständnis von dieser. Deshalb hat der Herr in Seinen erneuten Offenbarungen nun dem gesteigerten Erkenntnisvermögen Rechnung getragen und Sein Wort tiefer erschlossen.

 

So ist Swedenborg als ein Verkünder des inneren Sinnes göttlicher Offenbarung Wegweiser eines neuen Bibelverständnisses geworden. Gerade dieses bedarf es zurzeit besonders, wo Theologie im Begriff ist, biblische Offenbarung generell infrage zu stellen und zum reinen Menschenwort zu deklarieren.

 

Gleichzeitig wird Gott Selbst mit Seinem Herrschaftsanspruch als Erfindung der Priesterkaste zur besseren Unterjochung der Menschheit interpretiert.

 

Nun aber erfahren wir, dass es wirklich nur einen Gott gibt, dessen Ordnung von Ihm ausgeht und es keinen anderen Heilsweg gibt als den zu Ihm - zurück zum Ursprung. Jetzt aber nicht mehr als Weg blinden Gehorsams, sondern als Weg wachsender Erkenntnis und zunehmender Liebe.

 

Deshalb wird in unserer Zeit die ganze Schöpfung durch diese zwei Offenbarungen größten Ausmaßes bis in die jenseitigen Verhältnisse hinein ausgebreitet, um die Einzigartigkeit Gottes aufzuzeigen.*)

*) Dies ist erst in unserer Zeit möglich, weil die heutige Menschheit durch die steigende Bildung ganz andere Vorstellungen vom Mikro- und Makrokosmos hat.

 

Und noch etwas Wichtiges wurde aufgedeckt: Dass alle biblischen Geschehnisse große Bildgeschichten sind, die einzig die inneren Verhältnisse vom Natürlichen zum Geistigen im einzelnen Menschen vor Augen stellen. So ist es nicht der Feind von außerhalb, der bedingungslos ausgemerzt werden muss, wenn der Heilsweg fortgesetzt werden soll, sondern eigenes Verhalten aus einem falschen Denken und Wollen.

 

Von daher bekommen die oben zitierten Anweisungen Gottes eine ganz andere Bedeutung.

 

Das zu erobernde Kanaan, durchsetzt mit einem bunten Völkergemisch heidnischen Ursprunges, stellt den noch natürlichen Menschen dar, der die erworbenen höheren Gottesvorstellungen (Lehre durch die Heilige Schrift - vorbildend durch Moses) „mit dem Schwert der Wahrheit“, durch Kämpfe mit sich selbst durchsetzen muss, wenn er zu einem „Heiligen Land“ werden soll. Dabei müssen selbst kleinste Ansätze des alten Zustandes vernichtet werden, damit von dort nicht wieder das alte Ungute Fuß fassen kann.

 

Es ist vom Prinzip her die gleiche Idee, ob ein äußeres Land oder die eigene Seele für Gott gewonnen werden soll. Einmal geht es aber um fundamentalistische Machtansprüche, gespeist durch menschliche Vorstellungen, ein andermal um die Wiedergeburt der Seele durch Gott Selbst.

 

Und was die Eingangsfrage betrifft, ob Gott tolerant ist, gibt es nur ein Ja und Nein. Was Ihn Selbst und Seine Ordnung betrifft, kann Er nicht tolerant sein, weil alles andere Verderben wäre. Aber was das Heimkommen Seiner Geschöpfe angeht, so muss Er größte Freiheit walten lassen und muss alle eigenen Wege Seiner Geschöpfe tolerieren, sollen sie nicht zu Marionetten Seines Willens werden.

 

Was die Regierungsformen angeht, gilt dasselbe. Seine Ordnung geht von Ihm aus über die Engels- und Geisterwelten bis zu den Regierenden dieser Erde. Wer sie annimmt, wird gut fahren. Eine Menschheit jedoch, die diese Hierarchie des Himmels noch nicht akzeptieren kann, muss solange ihre eigenen, mühsamen Wege gehen, bis sie bessere Erkenntnisse gewinnt.

 

(Mit Genehmigung des Verfassers aus: DAS PROGRAMM Jan. bis März 2013, Swedenborg Zentrum Berlin)