Betrachtungen zum Osterfest, Teil 2



Ein ernstes Wort zum Gründonnerstag

Empfangen durch Gottfried Mayerhofer am 24.03.1871

Ihr habt Meinen Schreiber gebeten, er möchte von Mir für diesen Erinnerungstag einige Worte für euch erflehen, weil ihr den Akt der Kommunion wie im vorigen Jahr feiern wollet.

Nun um euren Wunsch nachzugeben, so will Ich Mich denn herbeilassen, und euch wieder einige Beobachtungslehren, verbunden mit einer Rückschau auf das vergangene Jahr, geben, damit ihr erfassen möget, was ihr eigentlich tun sollet, und was in Wirklichkeit ihr getan habt.

Sobald man was immer für ein Fest als Erinnerung an ein wichtiges Ereignis feiern will, so muss man sich vorerst die Tat, welche man als Erinnerung wiederholen will, so recht vor Augen stellen, um die rechten dazugehörigen Gefühle zu erwecken, - so dann, daran anknüpfend, die Betrachtung anstellen, inwiefern die Bedingungen von Seiten der Feiernden erfüllt wurden, und endlich diese ganz nähere Beleuchtung dieser Erinnerungsfeier mit den nötigen Vorsätzen schließen, dass solche Feierlichkeit nicht leere Zeremonie werde, die für euch gar keinen Gehalt hat, - ein Missbrauch Meiner Gnade und Langmut, und endlich auch für Mich ein Gräuel ist, denn Ich sehe dort, wie Ich es Meinem Schreiber vor einigen Tagen sagte, nur „volle Gläser und leere Herzen!“

Was das Abendmahl betrifft, welches Ich einst mit Meinen Jüngern feierte, so wisset ihr wohl seine Bedeutung, und doch wisset ihr nicht seine geistige tiefe Bedeutung, wie selbe für eure Welt, und wie sie auch jetzt für euch gemeint ist.

Alles hat verschiedene Seiten, ob man es von da oder dort betrachtet, so kann jede Beschauung des Gegenstandes von verschiedenen Seiten ebenfalls zu verschiedenen Betrachtungen führen, und das bei euch Menschen schon, um viel mehr, wann Ich etwas verschieden beleuchten will, und noch mehr einen Akt, den Ich selbst vollzog, da alle Meine Handlungen und Worte eine Mir würdige, und für alle Ewigkeiten weit greifende, ewige Bedeutung haben. –

Dieses Abendmahl war also, wie Ich es mit Meinen Jüngern hielt, der letzte Liebesakt, wo, noch nichts herbes ahnend, Mein Jünger Johannes vertrauensvoll an Meiner Brust ruhte, und keiner Meiner Jünger Meine Voraussagungen verstand, die Ich ihnen daselbst machte, nur höchsten Judas eine Ahnung davon im Kopfe trug, obgleich er um einige Silberlinge den Verräter an Mir machte, die Sache nicht so streng nahm, indem er bei sich dachte: Der Herr wusste sich so oft, Seinen Feinden zu entziehen, und es wird Ihm auch jetzt ein leichtes sein, dasselbe zu vollführen; - Judas glaubte mehr die Juden (= Priester) als Mich betrogen zu haben, daher auch seine spätere Reue und sein schmählicher Tod.

Dortmals, als Ich das Brot brach, es segnete, und Meinen Jüngern anriet, dieses Mahl als ein Erinnerungsfest jedes Jahr zu halten, Meiner und Meines Erdenwandels gedenken – als Ich vom Verrate sprach, da wusste Ich wohl, dass noch nach tausend und so und so vielen Jahren diese nämliche Feier wenigstens im Gebrauche bei den Menschen erhalten wird, - wusste wohl, wie streng dieses Fest als Zeremonie gehalten, und wie nichtssagend in geistiger Hinsicht, - wusste wohl, dass wie er einst an Meinem Tische saß, so auch bei jeder solchen Feier jetzt noch der Verräter nicht fehlen wird, - wusste wohl, dass was Ich einst als Liebes-Denkmal (und –mahl) für die ganze materielle Welt einsetzte, von wenigen verstanden und gewürdigt, und bei den Bestdenkenden noch bloß zum leeren Gebrauche benützt wird, wo man wohl den Magen mit Leckerbissen bewirtet, die Seele aber Hunger dabei leiden lässt.

In jener vergangenen Zeit fasten Meine Jünger um Mich, - es waren Männer schlichten Charakters und einfacher Sitten, Männer, welche alles verließen, und Mir nachfolgten, weil sie zwei Eigenschaften besaßen, die jetzt meistens überall fehlen: Sie glaubten und liebten! Sie glaubten Meine Lehre, und liebten ihren Führer! –

Noch lag für sie der eigentliche Zweck, warum sie Mir folgten, im Dunkeln; und noch wussten sie nicht, wie und wann, und auf welche Weise sie Meine Lehre verbreiten sollten, und was ihnen selbst noch bevorstehen wird; dass sie müssten vielleicht ihr Leben für die Lehre geben, welcher sie mit so viel Liebe anhingen, das viel ihnen gar nicht ein, denn sie waren der Meinung: Bin Ich wirklich Gott, so werde Ich ihnen schon die Macht und die Mittel geben, den Gefahren und dem Tod auszuweichen, wie Ich es ihnen an Meiner Person Selbst so oft gezeigt habe. Im ganzen hofften sie auf eine bequemere Verbreitung Meiner Lehre, als sie ihnen in der Folge wirklich ward, - sie wussten und ahnten nicht, dass an dieser so ruhigen, so friedlichen, nur Versöhnung und Liebe atmenden Lehre so viel Leiden, so viel Dornen und so viel Blut kleben wird, als Bedingung, wenn man für Mich und Mein Reich arbeiten will.

Wie es diesen Meinen dortigen Jüngern ging, so geht es heutzutage auch euch selbst; auch ihr glaubt, so ganz gemütlich ein Erinnerungsfest Meines Abendmahles zu halten, schöne Worte und Reden miteinander auszutauschen, und dann, wenn gleich mit den besten Vorsätzen diesen Akt zu beendigen, doch auch diese Vorsätze so bequem als möglich einzurichten, damit man nebenbei seinen Mitmenschen oder Nächsten plagen, ihn für schlechter als sich selbst halten, ihn seine Abhängigkeit in jedem Augenblick fühlen lassen, und so statt der vielbesprochenen Liebe und Versöhnung in den Herzen der anderen nur Hass und bittere Verachtung erwecken kann. –

Das weibliche Geschlecht, welches am meisten bloß aus Neugierde nach neuem hascht, glaubt ebenfalls neben den geistig tief bedeutenden Worten, die Ich euch in so großer Fülle schon gesendet, ihre Modesucht so danebenbei treiben, ihre schon halb verwesenden Leiber stets mehr zieren, und selbe ja recht schön für die Außenwelt herausputzen zu dürfen, während das innere, geistige, werktätige Leben brach liegt; sie wollen alles wissen und bekritteln, was andere tun, aber nur ihr eigenes Tun und Lassen keiner gerechten Kontrolle unterziehen.

So ist eure Gesellschaft zusammengesetzt, (zum Teil aus Leuten, die dem Anschein nach Anteil an Meiner Lehre, Interesse an diesem Himmelsbrot haben, aber alles nur bis auf einen gewissen Punkt, sobald es heißt: Zähme deine Leidenschaften, - verzeihe, wo du strafen, - liebe, wo du hassen, - segne, wo du fluchen solltest! – da ist (für sie) der Grenzstein Meiner Lehre, es bleibt bei den Worten, und – aus Opferscheue – zur Tat kommt es nie!)

Ihr, die ihr seit lange mit so vieler Liebe und Gnade von Mir überschüttet worden seid, ihr wollt, wie einst Meine Jünger, an Meinem Tische sitzen, wie Ich oben sagte: mit gefüllten Gläsern, aber mit leeren Herzen! – Bedenket doch: was waren Meine Jünger, was taten, was erlitten sie, Mir zulieb, und was tut oder tat ihr, was dem Wirken Meiner Jünger auch nur im Mindesten gleich kommen könnte! – Mein Jünger Johannes lag liebetrunken an Meiner Brust; aber diesen Platz, der zwar für euch alle bestimmt ist, gewinnt man so leicht nicht, gewinnt man nicht mit dem Scheine, als wäre man für etwas begeistert, wo aber die Tat das Gegenteil zeigt, dass man es nicht ist!

Auch an eurem Tische sitzt der Verräter, und der ist eure Eigenliebe, die alle Fehler entschuldigt, euch die Bahn so leicht als möglich machen möchte, so zwar, dass man, während man allem Unsinn der Welt und seinen eigenen Leidenschaften huldigt, doch Tränen der Rührung vergießen kann bei schönen, erhabenen Worten, aber weiter nichts; denn wie die Träne im Auge wegen der Körperwärme leicht verdunstet, so verflüchtigt sich auch der Eindruck schöner, wenn gleich göttlicher Worte.

Wie der Judas mit seiner Eigenliebe sich entschuldigen wollte vor seinem Gewissen, so entschuldigt auch eure Eigenliebe euch selbst vor Mir, und euer Inneres tröstet sich gewöhnlich mit der hohlen Phrase: „Man lebt in der Welt, und kann nicht alles abstreifen, das andere wird in der anderen Welt schon leichter zu Stande zu bringen sein!“ – So beschwichtigt euer Verräter – die Eigenliebe – euch selbst, ihr fahret fort, der Eine zu schimpfen und zu fluchen, der Andere sich zu putzen und der Modewelt nachzulaufen, und glauben, wenn sie nur bei Lesung Meines Wortes Begeisterung fühlen, ist es schon genug, nur darf das Wort nicht zu lang sein, sonst kommt auch dort, statt Kurzweil, Langweile als Endresultat heraus.

Seht, ihr alle wollt von Mir ein Wort haben, ihr alle glaubt, Ich ergebe Mich dann in sentimentalen Phrasen, schildere euch die Liebe und alle göttlichen Eigenschaften einer besseren Welt als die eurige, mit rosiger Farbenpracht, zwinge euch zur Rührung, zur Begeisterung, die wie eure Kunstfeuerwerke viel Lärm machen, aber in ein paar Minuten erloschen sind. – Nein, dessen bin Ich nicht gewillt! –

Mein Zweck mit euch ist ein ernsterer und höherer. Auch euch riet Ich: Werfet Meine Kost nicht den Schweinen vor, - aber auch Ich bin nicht gesonnen, Meine Worte an Solche zu verschwenden, die selbe zwar anhören, aber sie nur zur Not befolgen wollen, aber wohl gar nur diesen Versammlungen beiwohnen, weil sie eben nicht anders können. Mich betrügt niemand; Ich sehe überall klar, wenn es auch noch so finster scheint; keine Verheimlichung, kein Simulieren hilft bei Mir etwas. Und eben deswegen – wollt ihr ein Fest, das Meiner Liebe, Meines letzten Kampfes und Sieges feiern, so bestehe Ich darauf, dass es würdig gefeiert werde, wie es denen geziemt, die schon so viel von Mir erhalten, und wissen können und sollen, wie Ich Meine Lehre verstanden haben und wie Ich sie ausgeübt sehen will!

Klagt nicht wegen Nichterfüllung eurer Wünsche, die entweder Bequemlichkeits- oder Gelegenheits-Begehren sind, - es ist niemand daran schuld, als ihr selbst! Die meisten von euch wollen oder wünschen weltliche Dinge, die Ich als Geist, euch zu erfüllen oder nicht, der Welt überlassen muss. Von Mir muss man Geistiges verlangen, solches erfülle Ich gerne, wenn diese Wünsche zu eurem Seelenheil beitragen werden, alles andere lasse Ich der Welt über, an welche ihr euch wendet, denn sie hat auch die Mittel, euch zu befriedigen. Ist aber die Welt schlecht und betrügt euch, so geschieht es euch ja Recht, warum verlangt ihr von einem Betrüger, was nur der Rechtschaffene und Gute zu leisten fähig ist! –

Ihr seid heute wieder an Meinem Tische versammelt, glaubt das Recht zu haben dort zu sitzen; lasset sogar den Stuhl für Mich frei; allein solange eure Herzen nicht denen Meiner Jünger gleichen, solange nicht Einfalt, Liebe, Versöhnung, und Demut in selbem die Haupttugenden sind, solange ihr diesem Tische euch nähern müsset mit dem Bewusstsein: Manches habe ich getan, aber vieles hätte ich noch tun können, - so lange bleibt der für Mich bestimmte Stuhl leer, wie es eure Herzen sind. –

Füllt letztere mit Gottes- und Menschenliebe, erkennt die Welt als das, was sie ist, eine Prüfungsschule, - erkennt eure Eigenliebe als den Judas, den Verräter an, - merzt die schlechten Begriffe, die schlechten Gewohnheiten aus euren Herzen aus, - denkt bei allem, was ihr denkt und tut, es solle zu Meiner Ehre gereichen, - befolgt nicht die Landes- und polizeilichen Gesetze aus Furcht vor Strafe, sondern befolgt die Gesetze des eigenen Gewissens, die Gesetze Meiner Liebe, und dann werdet ihr auch ohne Gewissensbisse an diesem Tische treten, an dem Ich einst den Liebesbund zwischen Mir und der Welt gegründet, und mit dem darauf als Mensch zu duldenden Leiden und Tod besiegelte.

Dieses Abendmahl sollte geistig anzeigen, als wäre der Abend oder das Scheiden des weltlichen Einflusses gekommen, und nach kurzer Nacht bräche ein geistiger Morgen an; - so soll es auch in jedes Menschen Herzen sein, wenn selber sich zu Meinem Abendmahl setzt; es soll dieses Abendmahl, als Akt der Liebe, alles Schlechte und Böse in die Vergessenheit versenken, und nach der kurzen Nacht der Reue und geistigen Finsternis ein neuer Tag anbrechen, der Tag des geistigen, tätigen Liebelebens, um dem Tische würdig zu werden, und nicht umsonst so viele geistige Kost genossen zu haben, die – wie bei einem Vielfraße – wieder weggeht, wie sie genossen wurde, ohne nur im mindesten genützt zu haben.

Dann, wenn eure Herzen voll Liebe, euer Bewusstsein voll von Erinnerungen an gute Taten ist, dann wird auch der Stuhl, der für Mich bestimmt ist, nicht leer bleiben; dann könnt ihr Meine Gegenwart ertragen, ihr habt sie dann erkämpft, errungen; Mein Erscheinen wird dann in euch Wonne und Seligkeit erwecken, während jetzt noch Furcht vor dem strengen Richter über eure geheimsten Ideen und Wünsche euch zu Boden drücken würde. Daher trachtet, dass das Fest des Abendmahles ein Auferstehungsfest eures geistigen Menschen werden kann! Amen!

Quelle: Festgarten, „Noch einiges Wichtige zur Karwoche“, S.10.


Wahres Abendmahl

Empfangen durch Jakob Lorber am 25.04.1847

Frage des Ans. H.-W.:
„Sind von Dir (Herr) aus nur die Priester der christlichen Konfessionen berechtigt, im Gedächtnismahle Dein Fleisch und Blut in Brot- und Weingestalt auszuspenden, oder dürfte auch ein Dich demütig liebender Laie ein Gleiches tun - und das umso mehr dann, wenn er, von Dir erleuchtet, erkennt, dass in der Kirche, in der er erzogen ward, der Abgötterei gehuldigt wird und dass die Klerisei dieser Kirche Finsternis statt Licht verbreitet und mehr darauf sieht, dass ihre Satzungen als Dein heiliges Wort vom Volke beachtet werden?“

In der Schrift steht nur: »Dies tuet zu Meinem Gedächtnis!« - Wer aber das tun solle im besonderen Sinne, davon steht nichts geschrieben. Dass dies ein jeder, der wiedergeboren ist, d.h. getauft aus dem Wasser und Heiligen Geiste in Meinem Namen, tun kann, zeigt ja die Schrift klar, die es allen und nicht einzelnen anratet.

Wäre es nicht also, so dürfte der Laie ja auch das »Vaterunser« nicht beten und sonst auch nichts tun, was im Evangelium zu tun geboten ist. Denn von Mir aus haben ja nur die Apostel und Jünger die Lehre und die Gebote erhalten. Ich aber habe nie zu den Aposteln gesagt: »Das tuet ihr besonders, und die Gläubigen dürfen es unter der strengsten Todsünde nicht tun!« - sondern allenthalben heißt es: »Das tuet!« - Und das gilt allen gleich, ob Boten oder Schüler! Denn »Einer ist euer aller Meister und Herr, ihr alle aber seid Brüder! An der Liebe aber wird man euch erkennen, ob ihr Meine Jünger seid.« - Also lautet es in der Schrift.

Wer das eine tun soll und tun muss, um das ewige Leben zu erreichen, der tue auch das andere! Denn wer das Wort, das Ich gelehrt habe, nicht völlig erfüllt, der ist wie eine Frucht, die mangels des starken Sonnenlichtes nicht zur gewünschten Vollreife gelangen konnte.

Wie aber jeder gute Christ taufen kann, wenn ein Mensch für die Taufe des Geistes fähig ist, also ist es aber auch eine noch größere Pflicht für jeden rechten, wahrhaft evangelischen Christen, so er es tun kann, den Brüdern und Schwestern zu Meinem Gedächtnisse ein rechtes Liebesmahl, bestehend in gutem Brote und Weine, zu reichen - wobei nur zu bemerken ist, dass daran nicht auch die »Schweine« teilnehmen sollen, die an Mich nicht glauben und Mich nur verhöhnen und verachten.

Ich aber sage euch: Wahrlich, wahrlich, so oft ihr, die ihr Mich liebet, esst und euch dabei Meiner erinnert, und besonders, so oft ihr arme Brüder in Meinem Namen speist und tränket, so oft nehmt ihr das rechte Liebesmahl in euch auf und spendet es auch würdigst aus.

Denn was ihr den Armen tuet, das tuet ihr Mir Selbst! - Wollt ihr etwa noch Größeres und Heiligeres tun? - Mir, dem Herrn, ist keine größere und heiligere Handlung bekannt! Das ist das echte »Hoc est enim corpus meum (Kirchliche Abendmahlsformel: »Dies ist mein Leib«), dass ihr wahre Werke der Liebe verrichtet! Denn ein rechtes Liebewerk in Meinem Namen ist Mein eigentlichster, wahrhaftigster »Leib«, der für viele, ja für alle, nicht nur für die Apostel oder Priester, gegeben ist zur wahren Gewinnung des ewigen Lebens.

Ebenso verhält es sich mit dem Kelche, der da ist Mein »Blut«, d.h. Mein Wort, das an alle Völker, wie das Blut an alle Glieder des Leibes, ausgegossen werden sollte in der ersten Reinheit und Echtheit, also als ein reiner, echter, aber nicht als ein unreiner, allergepanschtester Wein.

Wo sonach bei einem Liebesmahle Mein Name wahrhaft im Herzen bekannt wird, da wird auch der Kelch im Geiste und in der Wahrheit genossen. - Will noch jemand aus euch mehr?

Was wohl ist besser: Liebe oder Hostie oder sogenannter konsekrierter Wein? - Ich sage euch: Wo Ich nicht bin in der Liebe der Menschen und in Meinem Worte, da ist Brot und Wein eine Null! - Wo Ich aber bin in der Liebe und im Worte, da bin Ich auch als fortwährendes ewiges Abendmahl in jedes Menschen Herz, Seele und Geist - ohne alle priesterliche Konsekration! Amen. Amen. Amen.

Quelle: Jakob Lorber, Himmelsgaben Band 2, S.319.

„Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist.
Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.
Und dieses Brot ist mein Fleisch,
das ich geben werde für das Leben der Welt.“
(Joh 6,51)


Zum Verständnis des Abendmahles

Belehrung Jesu über das Essen des Fleisches und das Trinken des Blutes

Sagte Ich: »[…] Brot und Fleisch sind da eines und dasselbe, so wie auch Wein und Blut, und wer da in Meinem Worte das Brot der Himmel isst und durch das Tun nach dem Worte, also durch die Werke der wahren, alleruneigennützigsten Liebe zu Gott und zum Nächsten den Wein des Lebens trinkt, der isst auch Mein Fleisch und trinkt Mein Blut. Denn wie das von den Menschen genossene natürliche Brot im Menschen zum Fleische und der getrunkene Wein zum Blute umgestaltet wird, so wird in der Seele des Menschen auch Mein Wortbrot zum Fleische und der Liebetatwein zum Blute umgewandelt.

Wenn Ich aber sage: "Wer da isst Mein Fleisch", so ist damit schon bedeutet, dass er Mein Wort nicht nur in sein Gedächtnis und in seinen Gehirnverstand, sondern auch zugleich in sein Herz, das da - wie bereits gezeigt - der Magen der Seele ist, aufgenommen hat, und im gleichen auch den Liebetatwein, der dadurch nicht mehr Wein, sondern schon das Blut des Lebens ist; denn das Gedächtnis und der Verstand des Menschen verhalten sich zum Herzen beinahe geradeso, wie der Mund zum natürlichen Magen. Solange das natürliche Brot sich noch unter den Zähnen im Munde befindet, ist es noch kein Fleisch, sondern Brot; wenn es aber zerkaut in den Magen hinabgelassen und dort von den Magensäften durchmengt wird, so ist es seinen feinen Nährteilen nach schon Fleisch, weil dem Fleische ähnlich. Und also ist es auch mit dem Weine oder auch mit dem Wasser, das sicher auch den Weinstoff in sich enthält, da ohne das Wasser, das das Erdreich zur Ernährung aller Pflanzen und Tiere in sich birgt, die Rebe erstürbe. Solange du den Wein im Munde behältst, geht er nicht ins Blut über; aber im Magen wird er gar bald in dasselbe übergehen.

Wer demnach Mein Wort hört und es in seinem Gedächtnisse behält, der hält das Brot im Munde der Seele. Wenn er im Gehirnverstande darüber ernstlich nachzudenken anfängt, da zerkaut er das Brot mit den Zähnen der Seele; denn der Gehirnverstand ist für die Seele das, was die Zähne im Munde für den Leibmenschen sind.

Ist vom Gehirnverstande Mein Brot, also Meine Lehre, zerkaut oder als volle Wahrheit verstanden und angenommen, so muss sie dann auch von der Liebe zur Wahrheit im Herzen aufgenommen werden und durch den festen Willen in die Tat übergehen. Geschieht das, so wird das Wort in das Fleisch und durch den ernstfesten Tatwillen in das Blut der Seele, das da ist Mein Geist in ihr, umgestaltet, ohne dass die Seele so tot wäre wie ein Leib ohne das Blut.

Der ernstfeste Tatwille aber gleicht einer guten Verdauungskraft des Leibmagens, durch die der ganze Leib gesund und stark erhalten wird; ist aber die Verdauungskraft des Magens schwach, so ist der ganze Leib schon krank und schwach und siecht selbst bei den besten und reinsten Speisen.

Dergleichen geht es der Seele, in deren Herzen der Wille zur Tat nach der Lehre ein mehr schwacher ist. Sie gelangt nicht zur vollen, gesunden, geistigen Kraft, bleibt so halb hin und halb her, gerät leicht in allerlei Zweifel und Bedenken und fängt bald die eine und bald eine andere Kost zu prüfen an, ob sie ihr nicht besser und stärkender anschlüge. Aber es ist damit der einmal schon schwächlichen Seele dennoch nicht völlig geholfen. "Ja", aber fraget ihr nun in euch, "ist denn einer schwächlichen Seele dann auch nicht mehr völlig zu helfen?" O ja, sage Ich. Wie aber?

Höret! So ein Mensch einen schwachen Magen hat, so nimmt er einmal einen euch wohlbekannten Kräutertrank, durch den die schlecht verdauten Speisen auf dem bekannten natürlichen Wege aus dem Magen und den Gedärmen hinweg geschafft werden; die schlecht verdauten Speisen aber gleichen den in der Seele erwachten Bedenken, ob sie dies und jenes wohl völlig glauben und danach tätig sein solle. Wenn aber der natürlich schwache Magen einmal gereinigt ist, was ist dann zu tun, damit er wieder stark werde und stark bleibe? Der Mensch werde recht tätig und mache dabei in der frischen und reinen Luft eine rechte Bewegung, und der Magen wird dadurch zuerst seine volle und gesunde Kraft wieder erhalten. Und seht, das tue denn auch die Seele! Sie reinige ihr Herz von all den irrtümlichen Lehren, Begriffen und Ideen, nehme die Wahrheit, wie Ich sie euch lehre, liebewillig und vollgläubig auf und werde danach recht tätig und regsam, und sie wird dadurch bald sehr erstarken und auch völlig und unverändert bleibend gesund werden!

Darum sei denn keiner von euch nur Hörer, sondern sogleich auch ein ernstwilliger und emsiger Täter Meines Wortes, so werden dadurch auch ehest alle Bedenken und Zweifel aus seiner Seele entwichen sein.

Wie aber der natürliche Leibesmagen in seinem kräftig gesunden Zustande allerlei reine und im Notfalle auch unreine Speisen in sich aufnehmen kann, ohne einen Schaden zu leiden, weil er durch seine Tätigkeit alles Unreine entweder von sich wegschafft oder ins Reine verkehrt, ebenso tut das auch der kräftige und völlig gesunde Magen der Seele; und es ist demnach dem Reinen alles rein, und selbst der unreinste geistige Pestdunst der Hölle kann in ihm keinen Schaden bewirken.

So ihr denn im Vollbesitze Meines Reiches in euch sein werdet, da werdet ihr über Schlangen und Skorpionen einher wandeln und Gifte aus der Hölle trinken können, und es wird euch das nimmerdar schaden.

So ihr nun das alles wohl begriffen und aufgefasst habt, so werdet ihr denn nun auch das der vollen und lebendigen Wahrheit nach einsehen, was Ich in Kapernaum unter dem "Mein-Fleisch-essen" und unter dem "Mein-Blut-trinken" von euch verstanden haben wollte, und ihr werdet das hinfort auch sicher keine harte Lehre mehr nennen. Es sind aber für den puren Menschenverstand die Dinge und gar viele Erscheinungen schon in der sichtbaren Naturwelt grundursächlich schwer dahin zu erklären, auf dass er darauf von allen möglichen, den bösen Aberglauben nährenden Irrtümern frei werde und so den Weg der Wahrheit wandle; um wie vieles schwerer begreiflich erst sind dann die dem Fleischesauge des Menschen unsichtbaren, himmlisch geistigen Dinge, Kräfte, Wirkungen und Erscheinungen für den puren Gehirnverstand und für die Seele ersichtlich zu machen!

Darum sage Ich euch denn auch allzeit: In alle Weisheit in geistigen, himmlischen Lebensverhältnissen und in deren Kraft und Macht werdet ihr erst dann eingeweiht werden, so ihr auf die Art und Weise, wie Ich sie euch ausführlich klar gezeigt habe, in Meinem Geiste völlig neu geboren sein werdet. Und nun fraget euch selbst, ob ihr das alles auch in der rechten und vollen Wahrheitstiefe verstanden und begriffen habt!«

Quelle: Jokob Lorber, Das große Evangelium Johannes Band 9, Kap. 73-74.

„Habt ihr eure Seelen gereinigt im Gehorsam der Wahrheit zu ungefärbter Bruderliebe,
so habt euch untereinander beständig lieb aus reinem Herzen.“
(1 Pt 1,22)


Zum Ostermahl - Haltet euch an die Liebe!

„Und Er sprach zu ihnen: ‚Von Herzen hat Mich verlanget, dies Osterlamm mit euch zu essen, bevor Ich leide. Denn Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht davon essen, bis dass es vollendet werde im Reiche Gottes.“ (Lukas 22,15-16)

Empfangen durch Jakob Lorber am 04.12.1841

Dass ihr derlei Dinge, die doch leicht sind, noch immer nicht fasset, liegt lediglich daran, dass ihr euch noch stets mehr an die Weisheit eures Verstandes haltet als nur allein an die Liebe, in der alles vereinigt und daher überleicht alles zu finden ist – während in der törichten Verstandes-Weisheit alles also zerstreut und zertragen ist, wie die Sterne in der Unendlichkeit, von denen da niemand erschauen kann mit seinem Verstande, wie und was sie sind und was darinnen ist.

Daher nehmet zur Liebe, zur alleinigen Liebe eure Zuflucht, an diese haltet euch! Sie allein ist der vollkommene Brennpunkt der ganzen Unendlichkeit, ebenso der Ewigkeit und der ganzen Tiefe und unendlichen Vollkommenheit Gottes! So ihr die Liebe recht ergriffen habt, und diese euch, dann könnet ihr alles erfahren und Dinge begreifen, davon noch keine Weisheit sich etwas träumen ließ!

Und das ist es auch, da Ich zu ihnen sprach: „Von Herzen hat Mich verlanget“, oder: „Die Liebe, Meine Liebe zu euch, nötigte Mich, die Liebe zuvor noch mit euch zu teilen, bevor diese Meine Liebe Rechnung halten wird mit der Welt und dieser das Ihrige zurückgeben wird, um das Eurige zu erhalten, welches ist das wahre ewige Leben aus derselben und durch dieselbe.“

Und so ist auch das Folgende eines und dasselbe: „Ich werde von nun an nicht davon essen, bis dass es vollendet wird im Reiche Gottes!“ – oder zu euch Harthörigen auf Deutsch gesagt: „Ich werde von nun an nicht mehr essen, als nach dem Gericht der Welt oder des Fürsten der Welt im Gottesreiche, welches ist das Reich der Liebe oder die Wiedergeburt des Geistes.“

Das wahre Osterlamm aber ist die reine Liebe des Herzens zu Mir, wodurch das Herz wird zu einer Wohnung des Heiligen Geistes.

Sehet, solches Leichte und Leichtfassliche besagen diese zwei Verse! – Suchet daher fürder das Verständnis solcher Texte nicht mehr mit dem Verstande und im Verstande mit einem metallenen Welt-Geiste, sondern mit der Liebe in der Liebe mit dem demütigen Geiste der Wahrheit, da euch alle Dinge leicht werden. Sonst werde Ich noch gar lange nicht im Reiche des Lebens mit euch das neue Osterlamm speisen können! – Verstehet es wohl! – Amen.

Quelle: Jakob Lorber, Himmelsgaben Band 2, Seite 4.


Zum Gründonnerstag II

Empfangen durch Gottfried Mayerhofer zum Gründonnerstag am 11.04. 1870

Meine lieben Kinder!

Jetzt, da ihr an Meinem Tische gegessen und getrunken habt, so lasset euch noch eine Mitgabe auf den weiten Weg durchs Leben geben, die Ich euch nun mitteilen will, damit ihr ganz genau wisset, was ihr in Zukunft zu tun habt, und wie ihr Meine Wege alle, die zu Meinem Vaterherzen führen, betreten sollet! – Nun merket auf:

Als Ich bei Meinem Erdenwandel am Tische saß, das Brot brach und sprach: „Dies tut zu meinem Andenken!“ sah Ich dort schon voraus, was alles sich ereignen werde von Meinem Hinscheiden an, das von euch wieder gefeiert werden wird, bis auf eure heutigen Zeiten.

Dort wusste Ich schon, wie viele Phasen Meine Lehre durchmachen wird müssen, bis selbe endlich siegreich auf der Erde allen Meinen Kindern rein erklärt, und von ihnen begriffen und tatsächlich ausgeübt werden wird; ebenso wusste Ich auch dort schon, was in der Zukunft noch geschehen wird, und (Ich sage euch), es wird nicht lange dauern, bis ein neuer (letzter) Stoß zum Besten aller Menschen, alle gewaltig rütteln und – nach der Offenbarung Meines lieben Johannes – ihnen die zwei Wege zur Entscheidung vorhalten wird, entweder zu Mir oder weg von Mir, nach oben oder nach unten!

Jetzt bei diesem Akte (des Liebesmahles), den ihr eben vollzogen habt zum Andenken Meines irdischen Lebenswandels, erinnere Ich euch auch, und zwar nicht mit Weh-Posaunen Meiner Engel, die nach Johannes kommen, und dann ihre Zornschalen ausschütten werden über die ganze Erde, um zu reinigen den Weizen von der Spreu, sondern durch Worte der Liebe will Ich jetzt euch, Meine lieben Kinder, die ihr in Meinem Namen versammelt seid, erinnern: Vergesset nicht, was ihr heute getan und wie ihr es getan habt!

Was ihr heute getan, ist, dass ihr an Meinem Tische saßet, und Mein Fleisch und Mein Blut mit dem euren vermischt habet, und warum habt ihr es getan? Weil ihr durch diese Gnade Anspruch darauf machen wollet, wie Meine Jünger einst, ebenfalls auf dem Weg zur Wiedergeburt des Geistes zu sein.

Bedenket Meine Lieben wohl, was ihr durch diesen eben begangenen Akt für eine Verbindung mit Mir eingegangen seid! Ihr habt euch gleichsam verpflichtet, nachdem Ich euch zu Meinem Tische zugelassen habe, auch stets würdige Kinder eures euch stets liebenden Vaters zu sein, und durch die Tat fortan zu beweisen, dass ihr dieser außerordentlichen Gnade, die euch schon längst ohne euer Zutun zuteil geworden ist, und die Ich heute mit diesem Akte an Meinem Tische mit geistigen Speisen aus Meinen Himmeln euch erquickend bekräftige, stets würdig sein wollet!

Ja, Meine lieben Kinder! Es ist wahr, Ich suchte euch (und alle, die den Herrn mit allem Ernst suchen, werden Ihn finden [in sich]) aus Tausenden und Tausenden heraus, führte euch, jeden auf seine ihm anpassende Weise, zwischen Versuchungen und Sünden durch, bis an Mein Vaterherz, wo Ich euch für alles, was ihr erduldet, gelitten und erkämpfet habt, den reichsten Trost geben wollte! – Ich rief euch zu: „Wer belastet ist, der komme zu Mir, auf dass Ich ihn erquicke und seine Bürde ihm erleichtere!“

Ihr habt die Stimme des Vaters erkannt, seid Mir gefolgt, so gut es eure menschlichen Kräfte und eure Verhältnisse es erlaubten; jetzt, heute, an dem Gedenktag, wo einst vor mehr als tausend Jahren Ich ebenfalls am Tische unter Meinen dort einzigen Kindern und Jüngern saß und das Brot brach, und den Wein segnete, und ihnen solches als ewiges Andenken zur Erinnerung an Mich zurückließ; jetzt bin Ich wieder unter Meinen Lieben, bin unter euch, Meine lieben Kinder; fühlet den göttlichen Hauch in euren Herzen! Es ist der Vater, der zu seinen schwer geprüften Kindern spricht:

„Fahret fort auf dem Wege, den ihr betreten, kämpfet mit der Welt, und verzweifelt nicht, wenn euch immerhin und oft wo ihr’s am wenigsten glaubet, fremde Einflüsse und die eurer eigenen Natur zum Sündigen gegen Mich und den Nächsten verführen, verzweifelt nicht, wenn ihr fallet! Stehet wieder auf, mit neuer Kraft“ (die im Vertrauen zum heiligen Vater liegt).

Die Kraft kann ja doch nur durch Versuchung und Übung gestählt werden, denn wenn kein Gegenstand sich böte, an dem ihr eure Kraft des Widerstandes üben und prüfen könnet, so wüsstet ihr ja nicht, dass ihr wirklich Kraft besitzet. Nur im Bewusstsein „ich habe gekämpft, aber ich habe auch den Kampf siegreich bestanden“, liegt ja die große Seligkeit eines hartgeprüften Gemütes.

Deswegen, Meine Kinder, lasset nicht ab Mir zu folgen, - sehet, auch Ich habe das Kreuz getragen, und als Herr und Schöpfer verschmähte Ich nicht, unter selbem seufzend, doch zu vollführen, was Ich Meinen geschaffenen Wesen zu lieb getan, weiset also auch ihr das Kreuz, wenn Ich es auf eure Schultern lege, nicht zurück! Es ist der Prüfstein eurer Geduld und eurer Liebe zu Mir; - wollet ihr Mir nachfolgen, so müsset ihr euch gefallen lassen zu ertragen, was Ich Selbst geduldet und gelitten habe.

Ist es denn nicht selig, nach einem beschwerlichen Weg endlich einmal auf einen Platz zu kommen, wo dem müden Wanderer dann Ruhe und Frieden aus allen ihn umgebenden Gegenständen anlächelt, nachdem er finstere Wälder, Sümpfe und Moräste, steile Felsen und stachelige Gestrüppe mit vielleicht wunden Füßen durchschritten, er endlich nach langer Mühe und bangem Sehnen auf einem Platze ankommt, wo bei freier Aussicht die ganze Gegend ihn mit Liebe belohnt!

Während in den Wäldern und zwischen den Abgründen Wind und Nebel miteinander kämpften, bewegt hier leise ein sanfter Hauch die Blätter der Bäume und Gesträucher, Blumen und üppige Gefilde bedecken den Boden und in weiter Ferne sieht der Wanderer sein endliches Ziel: eine Gegend mit ewigem Sonnenschein und heiterer Ruhe!

Wird er da wohl des Vergangenen, Ausgestandenen gedenken? Oder wird er nicht Den preisen, der treu ihn geführt über Schlünde und Abgründe, damit er erkenne: Hätte er diese schauerlichen Gegenden nicht zuvor durchwandern und kämpfend sich den Weg bahnen müssen, so wäre das jetzige beseligende Gefühl des Bewusstseins den Kampf mutig bestanden zu haben, nicht in ihm wach geworden, und er hätte seinem Führer nicht segnend gedankt, dass Er ihn geschützt und nicht verderben ließ, um die Krone des Sieges als Endziel alles Ausgestandenen von ferne ihm vorzuhalten!

So, meine Kinder, ist der Weg des Lebens; durch Gestrüppe und über Abgründe muss Ich euch führen, damit ihr dort gereinigt werdet von all dem Irdischen, was euch anklebt; und wenn ihr dann endlich rein und neu gewaschen seid in dem Bade Meines göttlichen Lebenswassers, dann werden euch die frischen Kleider und die Siegerkrone nicht fehlen! –

Nehmet den Vorsatz mit euch vom heutigen Abende, wo ihr (zum ersten Mal) an Meinem Tische (mit direkten Worten) gespeist, stets, so oft ihr euch demselben wieder nahen werdet, es würdiger zu tun, vergesset nicht und lasset nicht aus euren Augen Meine Lehre, Meine väterlichen Worte an euch, und Meine eigenen Taten, Leiden und Erduldungen während Meiner irdischen Laufbahn; das soll euch trösten, nicht allein, dass eurer lieber Vater euch dies alles zur Prüfung auflegt, sondern dass Er euch Selbst mit dem Beispiel voranging und litt, wogegen eure vermeintlichen Leiden ein Nichts noch sind, wenn sie euch auch unübersteiglich scheinen möchten!

Bedenket dies alles, fahret fort, dem Tische und dem Gastmahlgeber, der euch heute bewirtete, stets würdiger zu werden, damit ihr dann dem euch liebenden Vater, Der keine Mühe gescheut euch zu Seinen Kindern zu erziehen, doch wenigstens die Freude machen könnet, dass Er Seine Bemühungen nicht an Unwürdige vergeudet hat!

Dies sagt euch euer allerliebevollster Vater, Der euch nie verlassen hat, und euch führen wird, bis ihr an Seinem Vaterherzen von allem dem Ausgestandenen ausruhen möget. Amen. – Meinen väterlichen Segen euch allen, Meine lieben Kinder! Amen! Amen! Amen!

Quelle: Festgarten, „Weitere Worte für die Karwoche“ S.1.

 

Karfreitag


 

Die Erzählung vom Leiden und Sterben des Herrn aus der Bibel


Jesu Verhör und Verurteilung:

Matthäus 26,57 – 27,26
Markus 14,53 – 15,15
Lukas 22,54 – 23,25
Johannes 18,13 – 19,16

Jesu Hinrichtung:

Matthäus 27,26-56
Markus 15,15-41
Lukas 23,23-45
Johannes 19,13-37

Jesu Grablegung:

Matthäus 27,57-66
Markus 15,42-47
Lukas 23,50-56
Johannes 19,38-42


Die Erzählung vom Leiden und Sterben des Herrn
aus dem Großen Evangelium Johannes

 

Jesu Verhör und Verurteilung

[…] In der Frühe wurde Ich dahin (zu Pilatus) gebracht und dem Landpfleger die Sache vorgetragen: Ich sei ein Rebell und Gotteslästerer und habe als solcher den Tod verschuldet.

Pontius Pilatus, dem Mein Einzug sehr wohl bekannt war und der nichts Rebellenhaftes an ihm hatte finden können, suchte Mich zu retten, da er als Römer geneigt war, in Mir eine Art Halbgott von besonderen Kräften zu sehen. Er sprach nun mit Mir, wie es im Evangelium Johannis zu lesen ist, und sagte den vor dem Richthause stehenden Templern, dass er keine Schuld an Mir fände.

Darauf trat einer der höheren Priester vor und erklärte ihm nochmals, dass Ich das Land durchzogen und gegen den Tempel und dessen Diener gepredigt habe, die doch die Hoheit des Landes und Stellvertreter Gottes seien. Bei dieser Gelegenheit wurde gesagt, dass Ich aus Galiläa sei.

Pilatus war froh, als er diese Botschaft hörte, und sah einen Ausweg, sich den ganzen Handel vom Halse zu schaffen. Galiläa stand unter der Oberhoheit des Herodes, und so konnte dieser hier ein Urteil sprechen. Er beendete also kurz das Verhör und gab Befehl, Mich zu Herodes zu senden, um diesen das Recht sprechen zu lassen über einen seiner Untertanen.

Herodes war sehr erfreut, als Ich zu ihm gebracht wurde, da nun sein Wunsch, Mich persönlich zu sehen, erfüllt wurde und er sich nun überzeugen wollte, was an den vielen Gerüchten von Meiner Wunderkraft Wahres sei. Er ließ Mich sogleich vor sich führen und befahl seiner Umgebung, sich zu entfernen. Wir blieben allein. Er sprach seine Verwunderung aus, dass ein Mann wie Ich, der doch über besondere Kräfte verfüge, sich habe fangen lassen, und wollte wissen, wie das hätte geschehen können. Ich antwortete ihm jedoch nicht, so dass er darüber in Verlegenheit geriet und ernstlich verlangte, er wolle Antwort von Mir haben. Mein fortgesetztes Schweigen verstimmte ihn zunehmend, und er geriet in eine große Wut darüber, so dass er auf Mich zulief und Mir mit der Folter drohte. Ich sah ihn nur ruhig an, und alsogleich erzitterte der alte Sünder ob dieses Blickes so sehr in seinem Herzen, dass er angstvoll nach seiner Umgebung rief. - Ich war ihm äußerst unheimlich geworden, und um seine Furcht zu verbergen, spottete er nun Meiner vor dem Hofgesinde, das selbstredend sogleich mit dem Herrscher in solche Spottreden einstimmte.

Herodes sah sich nun in seinen Hoffnungen betrogen, durch übernatürliche Macht etwas ausrichten zu können, und wollte nun wenigstens noch so viel als möglich Nutzen aus der ganzen Sache ziehen. Daher gab er Befehl, Mich zu Pilatus wieder zurückzuführen, indem er mit verbindlichen Worten sagen ließ, dass er der Oberhoheit Roms gern untertan sei und verzichte, über einen seiner Untertanen zu richten, der nach Ausspruch des Tempels sich auch gegen die Oberhoheit Roms auflehnen wollte. Mit einem weißen Kleide angetan, das Mir Herodes als ein Zeichen der Unterwerfung geben ließ, kam Ich nun zu Pilatus zurück, der über Meine Rückkunft nicht sonderlich erbaut war, wohl aber über das Handeln des Herodes, das auch später eine völlige Versöhnung zwischen beiden Machthabern verursachte.

Pilatus war inzwischen von seinem Weibe gewarnt worden, welches im Traum gesehen hatte, wie die Guten und Bösen vom Sohne geschieden wurden, und er trachtete danach, Mich loszulassen. Er verfiel daher auf die Idee, dem Volke vorzuschlagen, Mich freizugeben, da es zur Osterzeit Sitte war, irgendeinen Verbrecher zu entlassen, für den das Volk sprach.

Die Priester und Templer hatten jedoch ihren ganzen Anhang aufgeboten, der vor dem Richthaus stand, und dieser ließ niemand von dem übrigen Volke hinzu, so dass die eingeschüchterte, Mir anhängliche Volksmenge nicht in nächster Nähe stand, sondern nur diese Tempelsippe, die ihren Zweck, Mich zu beseitigen, mit aller Macht zu erreichen suchte. Da, wie schon früher gesagt, Barabbas beim Tempel gut angeschrieben war, so wurde auf die Frage des Landpflegers, welchen Gefangenen er losgeben sollte, sogleich verabredetermaßen 'Barabbas!' gerufen und Mich zu kreuzigen verlangt, wobei immer betont wurde, Ich sei ein Aufrührer und gegen den Kaiser.

Pilatus wusste sich nicht mehr zu helfen, da wohl Beschuldigungen genug gegen Mich vorgebracht worden waren, er aber die Schuldfrage bei sich nicht bejahen konnte. Er glaubte nun, durch eine Geißelung allein genug Strafe über Mich zu verhängen und verlas diese denn auch. Und so wurde Ich denn gegeißelt.

Nach dieser Strafe führten die Knechte Mich im erbarmungswürdigsten Zustande, im Purpurmantel und mit Dornen gekrönt, heraus, da Pilatus hoffte, dieser Anblick würde die Juden zum Mitleid bringen, so dass er Mich freilassen könne.

Doch der Juden Herzen waren härter als Stein und wieder schrien sie: »Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!«

Pilatus wiederholte: Er finde keine Schuld an Mir, die den Tod verdiene, und Ich sei nun genug gestraft.

Da schrien die vordersten und erbittertsten pharisäischen Priester: »Er muss sterben, denn er hat Gott gelästert! Er hat sich selbst zu Gottes Sohn gemacht, und nach unserem Gesetz ist der des Todes, der Gott lästert!«

Da erschrak Pilatus noch mehr, als er das hörte; denn seine römische Ansicht, Ich könne ein Halbgott sein, fand hier neue Nahrung. Darum ging er wiederum in das Haus, in das Mich die Knechte ebenfalls zurückgeführt hatten, und fragte Mich, von wannen Ich sei, das heißt welcher Herkunft und welchen Landes, da er Mir glauben wolle, nicht Meinen Anklägern.

Ich jedoch antwortete ihm nicht - und das aus Erschöpfung. Pilatus fragte wiederum, wie Johannes, Kapitel 19, Vers 10, angegeben. Auch die weiteren Ereignisse spielten sich nach Vers 11, 12 und 13 ab.

Pilatus, welcher nun eingeschüchtert war - denn er kannte den Tempel und wusste, dass dieser zu allem fähig war, wenn es galt, etwas durchzusetzen -, wollte daher der Sache ein Ende machen und bestieg den Richtstuhl, eine Zeremonie, die bei den Römern Sitte war, wenn es galt, ein unumstößliches Urteil zu fällen. Er stellte Mich nochmals dem Volke vor und fragte, wen er freilassen solle.

Der Anhang schrie wiederum: »Barabbas!«

Es wurde daher nun nach diesem gesandt, um ihm die Freiheit zu geben. Sodann wies Pilatus auf Mich und sagte: »Sehet hier, euer König! Was geschehe mit ihm?«

Schrie wiederum der Haufe: »Kreuzige ihn!«

Pilatus sagte nun spöttisch: »Soll ich euern König kreuzigen?«

Darauf trat einer der Hohenpriester vor und sagte sehr nachdrucksvoll: »Wir haben keinen König denn den Kaiser; dieser aber ist gegen den Kaiser und hat sich selbst zum König gemacht. Auf ihn kommt die Schuld!«

Sagte Pilatus sehr ernst: »Und wenn nun dennoch unschuldig Blut vergossen wird?« »So komme sein Blut über uns und unsere Kinder!« rief laut der Hohepriester, und der Anhang fiel lärmend in diesen Ausruf ein, ihn oft wiederholend.

Da sah nun Pilatus, dass er Mir nicht helfen könne, ohne sich selbst schwere Ungelegenheiten zu bereiten. Auch fürchtete er, das römische Ansehen könne darunter leiden, wenn er zu viel Schwäche zeige.

Um aber ein äußeres Zeichen zu geben, dass er sich frei von der Verantwortung fühle, wusch er sich vor dem Volk die Hände und sprach (Pilatus): »Ich bin unschuldig an dem Blute dieses Gerechten; denn nach unserem Gesetz hat er nicht gefehlt. Anders mag es sein nach eurem Gesetz, wie ihr sagt, - und so übergebe ich ihn nun eurem Gesetz!«

Darauf überantwortete er Mich den bereitstehenden Tempelwächtern, die Mich alsbald in Gewahrsam nahmen, zu derselben Zeit, als Barabbas entlassen und vom Volke mit lauten Zurufen begrüßt wurde.


Jesu Kreuzigung, Tod und Begräbnis

Der Tempel hatte nun anscheinend gesiegt, und derselbe beeilte sich, das ausgesprochene Todesurteil so schnell als möglich zur Vollstreckung zu bringen. –

Es soll nun weiterhin nicht die genaue Beschreibung aller Martern erfolgen, die Mein Leib durchzumachen hatte; denn das sind Dinge, die keines Menschen Seele im Leibe schon fassen kann. Erst im freigeistigen Zustande ist es dieser möglich, zu begreifen, inwiefern diese Todesqual geeignet war, den Leib völlig zu vergeistigen und dadurch auch zur Erlösung der Materie beizutragen, obschon nicht gerade die Notwendigkeit dieser Peinigung vorlag.

Es sollen hier nur verschiedene Irrtümer noch berichtigt und Klarheit in einige Dinge gebracht werden, damit an der Hand der bezüglich des Leibestodes ziemlich genauen Evangelien ein deutliches Bild der letzten Stunden des Menschensohnes gegeben werde.

Es ist hier zunächst das Kreuztragen ins Auge zu fassen. Es war bei den Römern Sitte, dass jeder zum Tode der Kreuzigung verurteilte Verbrecher sein Marterholz selbst bis zur Richtstätte tragen müsste, und oft, falls ihn die Kräfte hierzu verließen, wurde er auf das grausamste gepeinigt, um diese Strafe zu vollführen. Auch Mir blieb natürlich dieses nicht erspart; jedoch verließen den auf das höchste erschöpften Körper sehr bald die Kräfte, so dass Ich mehrere Male zu Boden stürzte.

Simon von Kyrene nun, der ein Anhänger Meiner Lehre und als solcher den Priestern sehr wohl bekannt war, begegnete dem Zuge und beobachtete voller Entsetzen und Mitleid Meine jammervolle Lage.

Da rief ihm einer der Templer höhnend zu: »Da sieh deinen großen Meister, der sich nicht selbst helfen kann! Jetzt kommt all sein Betrug elend zutage.«

Simon entgegnete empört und weissagenden Geistes: »Ihr werdet noch der Stunde fluchen, in der ihr solches getan habt! Ich aber wünsche, meinem Meister dienen zu können, damit dieser Schmerzensweg Ihm leichter werde.«

»Das sollst du!«, riefen erbost mehrere Priester, »denn da du es wagst, die Handlungen des Tempels zu schmähen, so legen wir dir Buße auf, und du sollst das Kreuz deines Meisters tragen!« Als Simon das hörte, eilte er freudig hinzu, nahm das schwere Kreuz auf seine starken Schultern und bot Mir, dem am Boden Liegenden, noch seine Hand, damit Ich Mich stützen möge. Ich nahm diese, und Simon ward so sehr in seiner Kraft gestärkt, dass es ihm leicht wurde, die schwere Last zu tragen.

Es waren aber alle Meine nächsten Freunde, die während der Aburteilung nicht zu dem Richthause gelangen konnten, nun gefolgt, und auch nahte sich jetzt viel des Volkes, das erst eingeschüchtert von Ferne gestanden hatte, als der Anhang des Tempels sein 'Kreuzige ihn!' geschrien hatte. Diese nahmen alsbald eine drohende Haltung an, als der Zug sich dem Tore näherte, an dem ein weiter Platz es ermöglichte, sich auszubreiten. Die Pharisäer hatten aber sehr wohl so etwas befürchtet und hatten daher eine größere Abteilung römischer Soldaten beordert, welche den Zug am Tore nach Golgatha hin erwartete, um die Ordnung aufrecht zu erhalten.

Als nun die Mir Wohlgesinnten sahen, dass Ich rettungslos verloren und eine etwaige gewaltsame Befreiung aus den Händen der Tempelschergen unmöglich sei, erhob sich ein großes Wehklagen, in das namentlich die Weiber stark einstimmten.

Ich wandte Mich daher zu den Nächststehenden und sagte zu ihnen: »Weinet nicht über Mich, sondern über euch und eure Kinder; denn diesen wird Schlimmeres widerfahren, als ihr nun sehet, dass es Mir geschieht! Ich gehe ein zu Meinem Vater; jene aber werden nicht wissen, wohin sie gehen!«

Es heißt in der Überlieferung der Kirche, die Magd Veronika habe Mir ein Tuch gereicht, um den Schweiß zu trocknen. Das ist wohl wahr; denn diese stand in den ersten Reihen der Wehklagenden. Das Abdrücken des Gesichtes in dies Tuch ist jedoch eine später entstandene Sage, ebenso wie es hier gesagt sei, dass es zu Meiner Zeit nie einen Juden Ahasver gegeben hat, der Mich von seinem Hause verjagte. Beides sind Mythen, die später entstanden sind aus Erzählungen frommer Gemüter, die bemüht waren, Meinen Leibestod mit allen möglichen Wundern auszuschmücken, die sich auch in den Evangelien eingeschlichen haben.

Wäre tatsächlich, während der Leib am Kreuze hing, all derartiges geschehen, wie es berichtet wird - das große Erdbeben, die Verfinsterung der Sonne, das Erscheinen der Geister und vieles andere -, so hätte Jerusalem, gezwungen durch diese starken Zeichen, noch desselben Tages Buße in Sack und Asche getan und Meine Auferstehung nicht mit Zweifeln, sondern mit Freuden und als Zeichen der Vergebung aller Sünden betrachtet. So ist aber in der Zeit des Absterbens des Leibes nichts so Außergewöhnliches geschehen, dass es gerade auf Meinen Tod zwingend Bezug hätte haben müssen. Und es kann das nicht anders sein, weil die Freiheit des Willens gewahrt werden muss, Mir jedoch, falls dieses Hauptprinzip nicht gewahrt werden sollte, es jedenfalls schon früher möglich gewesen wäre, durch solche Wunder einen Zwang auszuüben. Alles, was geschah, war derart, dass es auch wohl ohne Meinen Leibestod hätte eintreten können, - und so wollen wir jetzt genauer betrachten, was das gewesen ist.

Als Ich nun hinausgeführt worden war nach Golgatha, der derzeitigen allgemeinen Richtstätte von Jerusalem, kam Judas Ischariot in höchster Verzweiflung angestürzt und versuchte, den Ring zu durchbrechen, welchen die Tempelwächter um die Stätte gezogen hatten. Er wurde mit Gewalt zurückgetrieben und blieb mit stieren Augen in der Nähe stehen, immer noch hoffend, es werde etwas Außergewöhnliches zu Meiner Befreiung geschehen. Er war stets in der Nähe gewesen, als Meine Verurteilung erfolgte, und je mehr es ihm klar wurde, dass Meine Kraft hier entweder erloschen sei oder nicht von Mir gebraucht werde, in umso größere Angst geriet er.

Schließlich eilte er zu dem Hohen Rate zurück und wollte das Geld zurückgeben, indem er sagte, er habe unschuldig Blut verraten, und sich selbst heftig anklagte. Voll Hohnes wurde er natürlich abgewiesen mit dem Bemerken, er solle sehen, wie er damit sich fertig werde. Voller Verzweiflung warf er das Geld in den Almosenkasten des Tempels und eilte hinaus, noch immer sich mit schwacher Hoffnung daran haltend, Ich würde Mich Selbst befreien, ehe das Schlimmste eintrete. Als er nun sah, wie Mein Leib zu Boden geworfen und auf das Kreuz gelegt wurde, als er die Hammerschläge hörte, die die Nägel durch Mein Fleisch ins Holz trieben, schrie er laut auf und stürzte eilends davon. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, eilte er in eine einsame Gegend, wo er sich an einem Feigenbaum mit seinem Gürtel erhängte.

Er hatte seinen Irrtum, seine Geldgier und Selbstsucht teuer bezahlt. Was jedoch mit ihm sodann geworden ist, davon wird noch einmal berichtet werden.

Erst mehrere Tage nach seinem Leibestode ward sein Leichnam gefunden, der von dem Gürtel heruntergefallen war und von den Hunden und Schakalen benagt wurde. An derselben Stätte wurde er auch verscharrt. –

Es wird nun berichtet, es sei eine Finsternis eingetreten, als Mein Leib am Kreuze hing. Ja, eine große innere Finsternis trat ein über Jerusalem, aber keine äußere. Eine innere, die jeder fühlte, als sei ihm etwas verlorengegangen, ohne dass er wusste, was es sei, und selbst die Hohenpriester, Schriftgelehrten, Pharisäer und Tempeljuden, die doch sehr nach Meinem Tode verlangt hatten, fanden keine Befriedigung und keine Freude an ihrer Tat.

Daher kam es auch, dass der Tempel keinerlei Schritte tat gegen Meine Jünger und nächsten Anverwandten, auch nicht gegen Nikodemus, Joseph von Arimathia und Lazarus, die alle zu Meinem Kreuze wallfahrten und in der letzten Lebensstunde zugegen waren. Vornehmlich der Würde des Nikodemus als Mitglied des Hohen Rates verdankten es die Meinen, dass sie in nächster Nähe zu bleiben die Erlaubnis erhielten, während sonst der Platz von Soldaten abgesperrt und niemand hinzu gelassen wurde. Dieser Fürsprache zufolge wurde eine Ausnahme gemacht. Meine allernächsten Jünger jedoch, außer Johannes, waren nicht zugegen, wie Ich es auch schon oftmals früher vorhergesagt hatte. Der Hirte war geschlagen, und so zerstreuten sich die Schafe. Nach Meiner Gefangennahme hatten sie sich teilweise zu Lazarus geflüchtet, teils waren sie bei Freunden versteckt, die sie verborgen hielten.

Nur Johannes allein wagte es, sich überall offen zu zeigen und Meiner Leibesmutter Maria eine Stütze und ein Trost zu sein.

Petrus, der nach seinem Falle von tiefster Reue erfasst worden war, folgte allerdings heimlich dem Zuge, der Mich durch die Straßen von Jerusalem von einem Oberhaupte zum andern führte, hielt sich jedoch von allen Brüdern fern, da er in seiner Seele das Bedürfnis des Alleinseins fühlte und nun erst zur völligen Klarheit hinsichtlich Meines Wirkens gelangte, wozu die Übungen in Ephrem ihm ganz besonders dienlich waren. Er erkannte das Wesen und den Zweck Meines irdischen Heimganges und war auch fest durchdrungen von dessen Notwendigkeit und von Meiner vorhergesagten Auferstehung, auf die er, zwar ohne ein Wort darüber zu äußern, fest vertraute.

Bezüglich Meiner letzten Stunden ist das Notwendigste bereits früher gesagt worden, und wer es sich nochmals vergegenwärtigen will, lese »Die sieben Worte Jesu Christi am Kreuz«1, so wird er über Meine letzten Stunden genugsam aufgeklärt sein.

Als Meine Seele sich nun vom Körper trennte, entstand allerdings ein Erdbeben; aber das war wiederum eine Erscheinung, die nicht zu sehr auffiel, da in jener Gegend zu Meiner Zeit die unterirdischen Gewalten des Jordantales noch weit häufiger sich bemerkbar machten als jetzt, daher Erdstöße nicht allzu selten waren. Dass allerdings aber diese Erscheinung wirklich mit Meinem Tode zusammenhing, kam den verstockten Juden nicht in den Sinn.

Auch ist es richtig, dass der Vorhang im Tempel zerriss als ein äußeres Zeichen, dass es nun gar keine Schranke mehr gebe, um zum allerheiligsten Herzensraum des Vaters zu gelangen, ja, dass ein jeder dahin gelangen könne, um das ewige Leben daselbst zu empfangen; aber auch diese Erscheinung, wenn auch verwunderlich, machte weiter kein Aufsehen. Die diensttuenden Priester hingen den Vorhang wieder auf, und damit war die Sache abgetan.

Weiter wird berichtet, dass die Sonne ihren Schein verlor. Es ist schon gesagt, dass eine Finsternis nicht eintrat, - wohl aber ist es jedem bekannt, dass sich Erdbeben in heißeren Ländern durch eine starke Trübung der Atmosphäre ankündigen, wodurch die Sonne an Glanz verliert. So geschah es ähnlich auch hier. Allerdings hatte aber diese Glanzlosigkeit der Sonne einen andern Grund als den gewöhnlichen, - wenn auch die Erscheinung die nämliche war.

Es wird noch berichtet, dass Verstorbene aus ihren Gräbern stiegen und vielen erschienen sind. Dieser Bericht muss richtig verstanden werden, und es wird ihn jeder besser begreifen, wenn er das Folgende in sich aufnehmen wird. –

Als nun der Körper gestorben war und die Zahl der Feinde ihre Rache völlig gekühlt hatte, verlief sich das Volk auch bald, weil ein inneres Grauen - eben die innere, schon berichtete Finsternis - jeden veranlasste, einen Schutz in seinem Hause zu suchen, wo sich die Juden nach ihren Satzungen nun zum Sabbat vorzubereiten hatten, der mit Sonnenuntergang herannahte.

Meine Anhänger näherten sich nun immer mehr der Richtstätte, so dass der Kreis der Mir Nahestehenden sich ziemlich vergrößerte. Joseph von Arimathia war schon früher zu Pilatus gegangen und hatte um Meinen Leib gebeten, eine Vergünstigung, die nicht immer gegeben wurde.

Pilatus jedoch gab sie ihm gern, da er dadurch, sowie auch durch die in drei Sprachen ausgeführte Schrift an der Spitze des Kreuzes, welche besagte, Ich sei der Juden König, den Juden einen Ärger bereiten wollte.

Meine Freunde nahmen alsbald den Körper herab, reinigten und salbten ihn und trugen ihn sorgsam zu einem Felsengrab, das dem Joseph von Arimathia gehörte, auf einem Grundstück, welches dieser dem Nikodemus abgekauft hatte, um daselbst einst seine eigene letzte Ruhestätte zu finden.

Golgatha war zwar ein Felsenhügel, jedoch war die Stätte in nächster Nähe eines vielbewohnten Villenviertels, wo sich viele reiche Römer und Juden angekauft hatten und herrliche Landhäuser erbauten; daher ist die Nähe des Gartens erklärlich.

In dieses Grab legten sie den Körper und verwahrten es wohl, aus Furcht, die Juden möchten in ihrer Bosheit sonst auch noch dem Leichnam Böses antun.

Diese aber hatten wiederum Furcht, Meine Anhänger möchten den Leichnam entführen und dann etwa behaupten, Ich sei auferstanden; denn sie hörten und wussten sehr wohl, dass die Rede von Meinem vorhergesagten Tode und auch von Meinem Auferstehen im Volke umging. Daher baten sie den Pilatus um Wachen, die dieser auch bewilligte, schon aus Neugierde, ob denn da etwas Wunderbares herauskommen würde, wie allerseits sowohl von den Freunden erwartet, als auch von den Feinden befürchtet wurde. Es wurden daher Wächter bestellt, römische Soldaten, welche fünf Tage lang an dem Grabe Wache stehen sollten.

Quelle: Leopold Engel, Das große Evangelium Johannes Band 11, Kap. 73-74.

1 Im Betrachtungsbuch "Festgarten" von 1991 als Nachdruck der Auflage 1899 unter `Sammlung neutheosophischer Schriften No 18B. 1899 abgedruckt. Anm.: Es ist fraglich, ob Jesus die Quelle dieser Kundgabe ist, die auch in Diskrepanz zu etlichen Aussagen in den übrigen Lorber-Werken steht. Folgendes aus der urspr. Texteinleitung ist in der späteren 7.Aufl.von 1930 nicht mehr erschienen: "..wisse demnach, sofern du wagst zu zweifeln, so werde Ich dir Meine Gnade entziehen, und dich versinken lassen in Nacht und Grauen." Jesus, die Liebe Selbst, für den unsere Willensfreiheit unser auch für Ihn unantastbares höchstes Gut ist (HiG.02_43.06.23,02) droht nicht.

„Und er wird auf diesem Berge die Hülle wegnehmen,
mit der alle Völker verhüllt sind,
und die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind.
Er wird den Tod verschlingen auf ewig.
Und Gott der Herr wird die Tränen
von allen Angesichtern abwischen
und wird aufheben die Schmach
seines Volkes in allen Landen.“
(Jes 25,7-8)


Am Karfreitag

Empfangen durch Gottfried Mayerhofer am 07.04.1871

Der heutige Kreuzigungs- und Grablegungstag soll für euch alle ein „Frei“-Tag werden; er soll für euch der Tag werden, wo ihr anfangen sollt, eure schlechten Eigenschaften zu kreuzigen und sie ins Grab der Vergessenheit zu versenken, damit ihr in Bälde von neuem ein Auferstehungs- oder Erhebungsfest feiern könnt, wie es übermorgen in euren Kirchen förmlich begangen wird. Nehmt euch ein Beispiel der Demut an eurem Jesus, dann werdet ihr Sein Wort verstehen, welches Er einst zu Seinen Aposteln sprach: „Und wenn ihr auch alles getan habt was in euren Kräften steht, so bekennt doch, dass ihr faule Knechte wart!“ Wenn ihr bei diesem (Er- und) Bekenntnisse angelangt seid, dann ist der erste Schritt zur Wiedergeburt getan, dann beginnt der Geistesfrühling, den Ich mit Blumen aus Meinem Reiche, d.h. mit Segensblumen väterlicher Liebe zieren werde! Amen!

Quelle: Festgarten, „Karwoche-Betrachtungen in sieben Worten“, S.8.

„Will mir jemand nachfolgen,
der verleugne sich selbst
und nehme sein Kreuz auf sich
und folge mir.“
(Mt 16,24)

 

„Mich dürstet!“ – „Es ist vollbracht!“

Johannes 19,28 und 30

Empfangen durch Jakob Lorber am 28.12.1843

Mich dürstet!“ Wonach? Nach der Liebe, die die Welt nicht hat, – darum sie Mir auch nur Essig und Galle zur Stillung Meines Durstes statt des belebenden Wassers reichte und noch bis jetzt fortan immer reicht.

Mich dürstet!“ Wonach? Nach dem Leben, das Ich Selbst ursprünglich von Ewigkeit Selbst bin, und das Ich in so reichlicher Fülle von Urbeginn an ewig zahllose Wesen verschwendet habe!

Also nach diesem Leben dürstet Mich! Endlos vielfach ist dieses Leben in den Tod übergegangen. Ich kam, um es dem Tode zu entreißen. Darum dürstete Mich gar sehr im Augenblick der großen Erlösung nach diesem verschwendeten Leben; aber der Tod hatte so sehr überhandgenommen, dass ihn das ewig lebendige Blut der Liebe nicht zu erwecken vermochte!

Als Ich verlangte zu trinken das Leben, da gab man Mir aber dennoch nicht das Leben, sondern man gab Mir zu trinken den Tod! Essig und Galle war der Trank; Essig als das Symbol des Zusammenziehenden und Verhärtenden und die Galle als das Symbol des Hasses, Zornes und Grimmes.

Dieses Bild ist klar und deutlich dargestellt, und wir wollen sehen, wie es fürderhin für unsere Sache taugt.

Sehet, also rufe Ich zu aller Welt, wie zu euch, fortwährend: „Mich dürstet!“, oder was ein und dasselbe ist: „Liebet Mich, gebet Mir zu trinken eure Liebe! Liebet Gott über alles und euren Nächsten wie euch selbst! Das ist das Wasser des Lebens, danach Mich in euch dürstet.“

Frage: Reichet ihr Mir wohl dieses Wasser? Oder reichet ihr Mir nicht vielmehr auch Essig und Galle?

Das wenige, das Ich von euch verlange, ist nichts als die Liebe und die Tat danach. Wenn ihr aber anstatt der wahren, lebendigen Liebetat nur leset und dabei nichts tut, außer was eurem Weltsinne so oder so zusagt, – Frage: Ist das nicht Essig mit Galle, das ihr Mir an Stelle des lebendigen Wassers reicht? Ja, Ich sage euch: Je mehr ihr zusammenleset und dabei aber nichts tut, als was euch nach eurem Sinne weltlich erfreut, desto saurer wird der Essig und desto bitterer die Galle.

Es heißt dann freilich: „Es ist vollbracht!“ Aber was? – Mein eigener Kampf um euch; denn mehr kann Ich nicht tun, als euer Schöpfer, Gott und Herr und das ewige Leben Selbst euren Tod auf Mich nehmen!

Dass aber Ich nicht getötet werden kann in Meinem ewigen Geiste, das braucht keiner weiteren Erklärung. Nur den Kampf für euer Leben kann Ich bis zur endlos höchsten Stufe treiben. Aber da ihr selbst endlich seid, so muss auch dieser Kampf irgendein möglich höchstes Ziel haben. Ist dieses Ziel erreicht, dann ist der Kampf vollbracht, von Mir aus betrachtet, – aber nichtsdestoweniger etwa auch bei euch, die ihr Mir, dem vollbringenden Kämpfer um euer Leben, aus lauter Dankbarkeit statt des lebendigen Liebewassers nur Essig mit Galle reichet.

Es ist freilich vollbracht; aber nicht für euch, sondern leider nur für Mich Selbst, oder: Ich habe für euch alles getan, was nur immer in der göttlichen Möglichkeit steht; darum habe Ich Mein Werk um euch vollbracht. Aber tut auch ihr danach, dass dieses Werk in euch vollbracht wäre?

O ja, – ihr leset fleißig, ihr schreibet auch fleißig, ihr besprechet euch auch gern von Mir; aber wenn Ich sage: „Widmet Mir an Stelle eurer gewissen Weltgedanken und an Stelle eurer so manchen Welterheiterungen nur eine volle Stunde am Tage; heiliget sie dazu, dass ihr euch in derselben mit nichts als nur mit Mir in eurem Herzen abgebet!“, – oh, da werdet ihr hundert Anstände für einen finden, und hundert weltliche Gedanken werden sich um einen einzigen schwachen geistigen wie ein Wirbelwind drehen!

Allerlei weltliche Rücksichten werdet ihr da zum Vorschein bringen; und wenn sich auch jemand für eine solche Stunde entschließen möchte, so wird er sich sicher nicht zu sehr freuen auf diese, sondern wird vielmehr eine kleine unbehagliche Scheu vor derselben haben und wird dabei fleißig die Minuten auf dem Zifferblatt seiner Uhr zählen und nicht selten mit Ungeduld auf das Ende des Mir geweihten Stündleins harren.

Und käme da nur irgendein unbedeutendes Weltgeschäftlein dazwischen, so wird das Stündlein entweder gar kassiert oder wenigstens in eine solche Periode des Tages versetzt, in welcher sich gewöhnlich schon der wohltätige Schlaf über die Sterblichen senkt, und in welcher, besonders beim weiblichen Geschlecht, keine angenehmen Besuche mehr zu erwarten und keine nervenstärkenden Promenaden mehr zu unternehmen sind.

Sehet, das alles ist Essig und Galle! Und es ist in euch dadurch nicht vollbracht, wenn Ich zufolge Meiner unendlichen Liebe alles Erdenkliche tue, um euch auf den rechten Weg des Lebens zu bringen; denn zur Vollbringung in euch ist nötig, dass ein jeder sich selbst verleugne aus wahrer Liebe zu Mir, sein Kreuz auf sich nehme und Mir treulich nachfolge.

Wer aber tut das? Das weibliche Geschlecht kann wohl, wenn es gut geht, den ganzen Tag für den Leib stechen und heften und kann sich putzen und nicht selten über die Maßen freuen auf irgendeinen Besuch; aber wenn Ich dazu sagen möchte: „Bleibet daheim in eurem Kämmerlein, und gedenket in eurem Herzen Mein!“, da werden sie traurig, lassen ihre Gesichter hübsch weit herabhängen und sagen: „Aber auf der Welt haben wir doch nichts Gutes!“

Frage: Ist das nicht Essig und Galle, wie sich's gehört? Oder halten solche weiblichen Menschen in ihrem Herzen nicht eine noch so nichtssagende Welterheiterung höher denn Mich? Haben solche Menschen auch in sich vollbracht, wie Ich am Kreuze für sie den großen Kampf vollbracht habe?

Gebet ihnen angenehme Bücherchen mit allerlei Histörchen, die Meinetwegen auf Mich Bezug haben sollen; sie werden sie recht gern lesen, besonders wenn darin dann und wann von einer romantischen Heirat die Rede ist oder darin wunderbare Märchen vorkommen. Gebt ihnen aber nur ein etwas ernster abgefasstes Büchlein; das werden sie gerade mit einem solchen Appetit lesen, als mit welchem da frisst ein an gute Speisen gewöhnter Hund eine ihm dargereichte dürre Brotkrume, die er höchstens anschnüffelt, sie aber dann bald mit gesenktem Schweif und hängenden Ohren verlässt.

Da aber das Tun doch immer noch etwas Ernsteres ist als das alleinige Lesen selbst des ernstesten Buches, so erklärt sich die Sache von selbst, mit welcher Schwierigkeit da das Tun wird zu kämpfen haben.

Es gibt viele, die eine gute Musik gern von Künstlern hören; aber wie wenige darunter wollen sich dahin selbstverleugnen, um durch ein angestrengtes Studium selbst Künstler zu werden.

Es ist leicht das Hören und nicht schwer das Lesen und ebenso leicht das Zuschauen; aber das Selbsttun ist für jedermann von keinem großen Reiz. Was nützt aber jemandem das Wissen und Nicht-Tun-danach?

Sehet, das alles ist Essig mit Galle und bringt das Vollbringen nicht zuwege! In Mir wohl, indem Ich jedermann alles Erdenkliche dazu gebe, – aber nicht in dem Menschen, der das nicht also und dazu benutzen will, wie und warum Ich es ihm gebe.

Daher seid nicht eitle Hörer, sondern Täter des Wortes! Denn nur als Täter löschet ihr Meinen Durst mit dem lebendigen Liebewasser, sonst aber reichet ihr Mir allzeit Essig und Galle.

Quelle: Jakob Lorber, Schrifttexterklärungen Kap. 5.


„Jesus nun, der Seine Mutter sah und den Jünger dastehen, den Er lieb hatte, spricht zu Seiner Mutter: `Weib, siehe, dein Sohn!` Danach spricht Er zu dem Jünger: `Siehe, deine Mutter!` Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich."

Johannes 19,26-27

Empfangen durch Jakob Lorber am 16.02.1844

Es ist bei euch auf der Welt ja auch üblich, so jemand seines Leibes Tod vor Augen sieht, dass er mit seinem Nachlasse irgendeine letzte Willensanordnung trifft, die bei euch unter dem Namen ,Testament' vorkommt. Also war es ja auch bei Mir notwendig der Fall, dass Ich mit Meinem Nachlasse eine letzte Willensanordnung treffen musste. Maria, Meines Leibes Gebärerin, war ein solcher Nachlass, und sie musste doch für ihre noch übrigen Lebenstage auf der Erde eine nötigste Versorgung haben.

Es dürfte freilich hier und da jemand fragen: »Hatte denn der Joseph gar nichts hinterlassen? Er selbst hatte ja Kinder, eigene und auch fremde, die er auferzogen hatte; konnten diese denn nicht auch sorgen für die Maria?« Darauf kann erwidert werden: Joseph hatte fürs erste nie ein völliges Eigentum besessen und konnte somit auch keines hinterlassen. Seine Kinder, sowohl die eigenen, als auch die aufgenommenen, befanden sich fürs zweite selbst in der größten Armut und sind Mir zumeist nachgefolgt; und darunter war eben auch Johannes selbst, der sich viel im Hause des Joseph aufhielt und gleichsam ebenfalls ein Züchtling (Zögling) dieses Hauses war. Denn sein Vater war noch dürftiger als Joseph selbst und gab daher seinen Sohn dahin, dass er erlernen möchte die Kunst Josephs. Er erlernte sie auch und war ein recht geschickter Zimmermann und Schreiner zugleich und wusste auch mit dem Drechseln umzugehen. Zudem hatte er die Maria, sowie Mich und das ganze Haus Josephs ungemein lieb, und Maria konnte keinen besseren und getreueren Händen anvertraut werden als eben diesem Sohne des Zebedäus.

Sehet, das ist nun das ganz natürliche Testament, und das ist demnach auch der ganz naturgerechte Buchstabensinn dieser Meiner Worte vom Kreuze.

Da aber diese Worte nicht nur allein der Mensch Jesus, sondern der Sohn Gottes oder die ewige Weisheit des Vaters geredet hat, so liegt hinter ihnen freilich noch ein ganz tiefer und allerhöchst göttlich-geistig himmlischer Sinn, den ihr aber freilich je ebenso wenig in seiner Volltiefe werdet zu erfassen imstande sein als so manchen andern Tatengrund des Gottmenschen! Ich kann euch daher nur Andeutungen aus dem Gebiete der Weisheit darüber geben. Forschet aber dann nicht zu viel darinnen; denn ihr wisset, dass sich Dinge der Weisheit nie so begreifen lassen wie Dinge, die aus der reinen Liebe hervorgehen, wie euch solches schon die Natur zeigt.

Ihr könnet allda wohl die leuchtenden Dinge wie die glänzenden erfassen, sie hin und her legen und betrachten von allen Seiten; könnet ihr aber wohl auch solches tun mit den freien Lichtstrahlen, die den leuchtenden Körpern entströmen?

Diese Strahlen führen die Abbilder von zahllosen Dingen unverfälscht mit sich, wovon euch die neuentdeckten Lichtbilder einen hinreichenden Beweis geben. Fraget euch aber selbst, ob ihr trotz alles Mühens mit euren Sinnen in den freien Strahlen solche Bilder entdecken möget! Sicher werdet ihr diese Frage verneinend beantworten müssen!

Daher gilt auch der frühere Wink, dass ihr über gegebene Dinge aus der Weisheit nicht zu viele Spekulationen machen sollet; denn ihr werdet da noch weniger ausrichten als bei der allfälligen Beschauung der Gebilde in den freien Lichtstrahlen.

Ihr könnt zwar optische Vorrichtungen machen, durch die der freie Strahl genötigt wird, sein getragenes Bild eurer Beschauung auszuliefern; habt ihr aber auch eine optische Vorrichtung, durch welche die Bilder der Strahlen aus dem Urlichte in ihrer Tiefe abgeprägt werden können?

Ja, ihr habt wohl eine solche geistig optische Vorrichtung in euch, - aber diese fängt erst dann an wirksam zu werden, wenn ihr des Weltlichtes völlig ledig werdet. Die Welt muss eher in die volle Finsternis übergehen, bevor das Licht des Geistes seine getragenen Bilder in euerm Geiste wohlbeschaulich abgibt. Eure eigenen Träume geben euch davon einen gültigen Beweis, und die Gesichte der Verzückten oder nach eurem Ausdrucke der Somnambulen liefern einen noch haltbareren und klareren Beweis. Diese Vorerinnerung war notwendig, und so können wir zu den betreffenden Andeutungen über diese Worte am Kreuze übergehen!

"Weib, siehe deinen Sohn!" und: "Sohn, siehe deine Mutter!" heißt tiefer soviel als: "Du, Welt, siehe des Menschen Sohn, und du, Menschensohn, siehe an die Welt, und richte sie nicht, sondern erweise ihr Liebe!" Tiefer gesprochen: "Du, göttliche Weisheit! Neige dich hin zu deinem ewigen Urgrund, und du, ewiger Urgrund, siehe an und nimm auf zur Einswerdung deinen ausstrahlenden Sohn!" Weiter: "Du Eine, die du einst das Allerheiligste trugst, siehe an den Tod deines Werkes, und Du Getöteter, so Du auferstehen wirst, gedenke der, die einst das Allerheiligste, das Licht der ewigen Liebe nämlich, trug!"

Sehet, in diesen kurzen Andeutungen liegt die unendliche Tiefe, die kein geschaffenes Wesen je völlig erfassen wird, weil der Inhalt dieser Tiefe an und für sich schon unendlich ist und sich dazu noch in einem jeden Augenblicke verunendlichfältigt.

So viel aber sagte Ich euch darüber darum, auf dass ihr daraus ersehen sollet, dass Derjenige, der solches vom Kreuze herab geredet hatte, mehr war als nach der Meinung vieler ein bloß einfacher israelitischer Delinquent unter dem Scharfgerichte Roms, weil Er als ein Volksaufwiegler und Rebell gegen Rom angeklagt ward.

Das ist demnach der tiefere Sinn. Ihr aber bleibet für euch bei dem natürlichen Testamente! Denn auch ihr seid Meine Jünger, und die Armen der Welt sind Meine Mutter. Und so sage Ich auch zu dieser Mutter: "Siehe, deine Söhne!" Und zu euch sage Ich: "Sehet, eure Mutter!" Wahrlich, wenn ihr da tun werdet gleich dem Johannes, so sollet ihr auch seinen Lohn haben ewig! Amen.

Quelle: Jakob Lorber, Schrifttexterklärungen Kap.32

"Und lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer." (Eph 5,2)