“Wisse, bei Mir haben nur Taten den eigentlichen Wert, - edle Taten bringen dich Mir näher, - Taten sind bleibende Denksteine, während Gefühle der Liebe, der Erhebung, so rein und erhaben sie auch sein mögen, in einer menschlichen Brust nicht bleibend fixiert werden können, sondern nur als vorübergehende Momente einer erst jenseits dauernden Seligkeit, als flüchtige Boten pur in eurer Seele erscheinen."

 


Über Liebe, Schönheit,

die Vereinigung und den Kuss

 

 

1. Liebe in der Tat

2. Die Schönheit

3. Warum das Streben nach Vereinigung

ein Grundgesetz der Liebe ist

4. Der Kuss

 

 

1. Liebe in der Tat

 

Jesus:Mit Wohlgefallen und großer Befriedigung sah Ich, wie ihr nach und nach fortschreitend Meinen Wünschen entsprechet. Da Ich aber ein Gott, ein Geist bin und auch euer Vater sein möchte, so versteht es sich von selbst, dass, wenn ihr auch mit dem Willen beseelt, nur das tun wollet, was Mir gefällt, ihr doch tausendmale dabei fehlet, durch die Welt, ihre Einflüsse und die von Mir geschickten Prüfungen wieder in eurem Vorsatze erschüttert und zeitweise von dem Wege abgebracht werdet, auf dem ihr so rüstig fortzuschreiten gewillt seid.

 

Du Meine liebe Tochter hast Mich mit ganzer Inbrunst erfasst, möchtest nur Mich lieben und mit Mir dich vereinen; aber diese Liebe genügt nicht, die du zu Mir hast, wenn du nicht selbe auch praktisch im Leben ausübst.

 

Wisse, bei Mir haben nur Taten den eigentlichen Wert, - edle Taten bringen dich Mir näher, - Taten sind bleibende Denksteine, während Gefühle der Liebe, der Erhebung, so rein und erhaben sie auch sein mögen, in einer menschlichen Brust nicht bleibend fixiert werden können, sondern nur als vorübergehende Momente einer erst jenseits dauernden Seligkeit, als flüchtige Boten nur in eurer Seele erscheinen.

 

Dein inbrünstiges Gebet wird dir vorwärts helfen, aber das Resultat für  deine Seele sollte stets sein, durch Taten zu beweisen, was du Mir in schönen Worten vorgetragen hast.

 

Nun, hier will ich dir ein wenig helfen, wie du den rechten Weg finden kannst, damit dein Herz ein steter Wohnort für Mich werden solle und könne! - so höre:

 

Bei vielen Gelegenheiten Meines irdischen Lebenswandels und auch in den zwei größten Geboten der Liebe habe Ich die Nächstenliebe derjenigen gleichgestellt, die Mich selbst betrifft, denn wenn es dort heißt 'Liebe Gott über alIes`, so will das besagen, die Liebe zu Mir sei unbegrenzt. Wenn Ich nun ein zweites Gebot sprach: 'Liebe deinen Nächsten wie dich selbst`, so wollte Ich damit eigentlich das nämliche andeuten, denn die Liebe des Menschen zu sich selbst ist ebenfalls im materiellen und geistigen Sinne so groß, dass derselben keine Grenzen gesetzt werden können, was besonders ersichtlich ist, wenn diese Liebe alle anderen Triebe in einem menschlichen Herzen unterdrückt, wo sie dann als schlechteste Eigenschaft extreme Eigenliebe nicht mehr himmlisch, sondern höllisch geworden, keine Nächstenliebe mehr zulässt.

 

Von dieser letzteren wollen wir hier nicht sprechen, sondern bei derjenigen gerechten 'Liebe seiner selbst' verbleiben, die man auch dem Nächsten angedeihen lassen soll und zwar mit Aufopferung seiner eigenen die gegen den Nebenmenschen steigern kann.

 

Nun hier, Mein Kind, fängt statt des bloßen Gefühlslebens das Tatenleben an, dieses Zusammenhäufen edler Handlungen, die am Ende dem geistigen Seelenmenschen erst seinen eigentlichen Wert vor Mir und ihm selbst geben.

 

Nun hier, Mein Kind, lege deine Hand auf deine Brust und frage dich: habe ich stets nach den Geboten dieser Gesetze Meines Vaters, Meines lieben Jesus gehandelt? Habe auch ich - wie Er so manche Unbilden und Kränkungen, die mir meine Mitmenschen angetan haben, in den Sand geschrieben? Habe auch ich wie Er schon ausgerufen: Verzeihe ihnen Herr, denn sie wissen nicht was sie tun! Habe auch ich für meine Feinde gebetet und Übles mit Gutem vergolten? Habe auch ich daran gedacht, an die Worte Meines Erlösers, wo er sagte: 'was ihr einem Armen tut, das habt ihr Mir getan?` usw.

 

Siehe, Meine liebe Tochter, wenn du so eine Rundschau in deinem Herzen hältst, da wird so mancher wunde Fleck auftauchen, wo du dir selbst wirst gestehen müssen, dass du Meinem Beispiel nicht immer nachgefolgt bist.

 

Nun sieh, du gibst doch vor, du liebst Mich - wie aber beweiset sich die Liebe wohl am besten, durch Worte bloß oder durch heilige Vorsätze, die aber auch ausgeführt werden müssen, um dem geliebten Gegenstande durch vollgültige Taten darzutun, dass die Liebesworte, die man an ihn richtet, tiefst gefühlt und keine Lüge, sondern als Taten glänzender Wahrheiten werden sollen.

 

Bis jetzt habe Ich dein Herz nach und nach, es ist wahr, durch bittere Prüfungen soweit geläutert, dass Mein Wort dort Eingang gefunden hat und du begreifen konntest, wie man  lieben solle und wie große Wirkungen diese Liebe in einer Seele, ja selbst in einem Körper vollbringen könne!

 

Jetzt steht dein Herz Meiner Liebelehre offen und bist du auf diese Art eine Stufe Meinem Herzen näher gebracht worden, jetzt aber kommt die zweite Stufe, die erklommen werden muss, willst du Mein Kind im vollen Sinne werden, willst du, dass deine Liebe, die in herrlich seligen tief gefühlten Worten aus deinem Herzen mir entgegen strömt, ebenfalls mit der Liebe, deren Ich als Vater und dein Jesus fähig bin, erwidert werden soll, jetzt, zur Ergänzung der Lehre kommt deren Erfüllung: die Praxis oder die Ausübung.

 

Fange also an, Meine liebe Tochter, mit edlen Taten, mit Duldung gegen die Schwächen der anderen, mit Demut und Liebe alle zu behandeln, die dich umgeben oder die die Verhältnisse dir in den Weg bringen, - fange an, strenge gegen dich und nachsichtig gegen andere zu sein und du wirst dir einen Himmel in dem Bewusstsein, also gehandelt zu haben, erschaffen, der dir die in seligem Gebete genossenen flüchtigen Stunden bleibend zu erhalten vermag.

 

Dann erst wirst du deinen Jesus in Seiner ganzen Größe und Milde erkennen, wenn du erfahren wirst, was Liebe zum Nächsten, im  Hinblick auf Ihn ausgeübt, für Seligkeiten verschaffen kann.

 

Dann wirst du aber auch die Stimme deines Vaters und Jesus öfters in dir vernehmen, welche lieb-freundlich dir zurufen wird:

 

`So ist's recht, Mein Kind!, fahre fort auf dem Wege des Liebe-Lebens, den du nun betreten hast und du wirst immer mehr in Gemeinschaft mit Mir treten, du wirst so einen Himmel um dich verbreiten und den größten in deinem Innern selbst besitzen.'

 

Ruhig wird da dein Herz schlagen bei allem, was Meine Hand dir gibt oder nimmt, - wie die Ereignisse auch kommen mögen, mit Mir in Verbindung kann die Welt dir nichts mehr anhaben, keine Lästerzunge hat mehr einen Stachel für dich, denn an der Liebe glatten und süßen Worten gleiten sie alle ab, die Schläge, die die Welt gegen dich führen möchte, - du bist bei Mir und Ich bei dir!, was willst du mehr?

 

Ob dann auch winzige Erdenwürmchen dich verunglimpfen wollten, ein mächtiger Gott ist's, der dich als Sein Kind dann in den Armen hält. - Begreife, was Ich dir sage und strebe danach, es ist des Kampfes und der Mühe wert!

 

Liebe deinen Jesus so viel du kannst und sei versichert, Er liebt und liebte dich doch stets noch viel mehr, als je ein menschlich Herz fassen und ertragen kann.

 

Bis jetzt hast du Meine Macht und Meine Liebe gefühlt, Augenblicke des Entzückens waren es nur, hier aber gab Ich dir die Winke, sie bleibend zu genießen.

 

Vertraue auf Mich und werde, was Ich aus dir machen will, im vollsten Sinne!

 

Dieses wünscht zu deinem Besten - dein Vater Jesus! Amen!"

 

(Gottfried Mayerhofer, „Liebe in der Tat", „Lebensgarten")

 


2. Die Schönheit

 

Ein gewichtiges, tiefes, und von euch Menschen in verschiedener Art verstandenes Wort.

 

Wäre es Mir nicht darum zu tun, euch und alle Meine neu ankommenden Kinder der Zukunft in die Geheimnisse Meines Ichs, Meiner Schöpfung, ja selbst Meiner Weisheit einzuweihen, Ich würde euch bei euren Begriffen lassen, die ebenso viele sind, als es Menschen auf Erden gibt.

 

Und doch, wenn überhaupt ein Begriff, eine Idee unter euch gangbar ist, so muss sie, wenngleich sie nach der Eigentümlichkeit der Individualität verschieden aufgefasst wird, doch eine Grundbasis, einen Grundgedanken haben, wovon alle anderen Begriffe nur Ableger oder Variationen sind - wie bei einem Baum seine Zweige nur von den Wurzeln und diese selbst von einem Zentrum ihre ganze Tätigkeit, ihr ganzes Leben erhalten, ebenso diese individuellen Ideen von einer Grundidee abhängen.

 

Um nun diese Grundidee euch klar vor Augen zu stellen und euch dadurch zu beweisen, wo doch immer der Sitz alles Wesenden und Sichtbaren liegt, so will Ich daher euch in dieser Hinsicht in jene Sphären führen, von wo alle Anfänge ausgehen und wohin alle wieder einst zurückkehrend sich zu einem Ganzen verbinden.

 

Nun sehet! Worte sind sichtbare oder, wie ihr sagen möchtet, euch hörbare Ausdrücke eines geistigen Gedankens oder einer in Worte gehüllten Idee; Worte haben daher also immer - als Produkte einer andern Macht - woanders ihre Anfänge, ihre Wurzeln; Worte drücken Lebendiges, drücken Geistiges, drücken Göttliches aus, und eben deswegen ist ihre Wirkung von ewiger Dauer und der Apostel Paulus hatte wohl recht, wenn er an die Korinther schrieb: 'Alles Herrliche wird vergehen, doch Gottes Worte werden ewig bestehen!'

 

Im Worte liegt wie in einem Samenkorn der ewige Keim zu weiterer Saat, im Worte liegt eine ungeheure Triebkraft. Sehet euer ganzes Leben, die Geschichte der Menschheit und endlich Meine Lehre selbst an, wo ist größere Wirkung aufzuweisen, in allen grausam geführten Kriegen, die materiell viel zerstörten und geistig nichts aufbauen konnten, im Vergleich mit dem Wort; es liegt eine unendliche Tiefe in dem Wort, ebendeswegen sagte auch Johannes: 'Im Anfang war das Wort und das Wort war Gott!'

 

Das Wort ist und war der Träger der Schöpfung, ist der Träger eures geistigen Lebens, ist der Träger allen Fortschritts, ohne Wort ist kein geistiges Leben zwischen Menschen möglich.

 

Das Wort verbindet Seelen, zieht sie aneinander in Verehrung eines höheren Wesens oder Zieles.

 

Das Wort ist die einzige verständliche, begreifbare Brücke, wo ein Mensch dem andern begreiflich machen kann, was in seinem Innern vorgeht.

 

Und wenngleich auch der Blick, der Druck der Hand, eine Umarmung usw. noch Größeres birgt und nicht in eure Sprache übersetzbar ist, so ist es eben nur das Wort, welches als artikulierte Laute, hervorgebracht mittels der Stimmwerkzeuge und der euch umgebenden Luft, es euch möglich macht, von den Tiefen, die in eurem Innern wohnen, den Nebenmenschen und der ganzen Menschheit einen leisen Begriff zu geben.

 

Daher vertiefet euch vorerst in die Idee, was 'Wort' heißt, damit ihr dann desto leichter fassen könnt, was ein Wort sagen will, das so wie keines Meine ganze Schöpfung umfasst, überall in mehr oder minderem Grade ausgeprägt ist und in Mir Selbst, als vollendetes Ganzes, seine eigentliche Lösung findet.

 

Ich musste diese Erklärung vorausschicken, damit ihr die Worte, die Ich euch sende - nicht so leicht hinnehmt und doch leise ahnen lernt, was unter einem Wort für Schätze unberechenbaren Genusses liegen, wenn man gelernt hat, sich darin so ganz zu vertiefen.

 

Auf diese Art ließen sich ganze Bücher schreiben über einzelne Worte, welche von viel umfassenden Begriffen oder Ideen der sicht oder hörbare Ausdruck sind. -

 

Nun, um das Wort 'Schönheit` zu begreifen, so müssen wir natürlich vorerst mit der Frage beginnen: was heißet ihr denn eigentlich 'schön'?

 

Hier wird die Antwort sein: Schön ist ein Begriff von einem gewissen Eindruck, der wohltuend auf die Seele wirkt, indem sie im harmonischen Einklang der Formen eine geistige Idee ausgedrückt sieht.

 

Dieses Sehen der harmonischen oder, wie ihr sagt, der 'ästhetischen' Formen ist so individuell verschieden, hängt so von der geistigen Bildungsstufe des Menschen und seines Innern ab, dass 'schön' ebenso viele Deutungen zulässt als es Menschen selbst gibt; denn wenn auch einige oder viele Menschen im Urteil über einen Gegenstand, sei es welcher es wolle, übereinstimmen, so ist es nicht die gleiche Ansicht aller, sondern nur weil so viele (Menschen-)Seelen mehr oder minder ihre Idee, die sie von einem solchen  Gegenstand hatten, verwirklicht sehen - wo jedoch ein jeder Mensch nicht den Gegenstand selbst, sondern im Gegenstand das wiederzufinden glaubt, was er als Bild im Innern trägt.

 

Also die Harmonie der Formen ist es eigentlich, was den Begriff Schönheit bedingt.

 

Nun frage Ich: Wie müssen denn diese Formen beschaffen sein, dass sie im Menschen solchen Eindruck hervorrufen und warum rufen sie ihn hervor?

 

Sehet, der Kreis des Begriffs von Schönheit zieht sich stets enger zusammen und wird eben deswegen, seinem Zentrum sich nähernd, leichter erfassbar.

 

Um die erste Frage zu beantworten, muss Ich euch an ein früheres Wort erinnern, wo Ich die zwei Linien, die gerade und die gebogene kreis- oder ovalförmige (Ei), als Hauptträger alles Geschaffenen und auch als symbolische Entsprechungen gebraucht habe.

 

Von den dort angeführten Eigenschaften gibt es aber neben der materiellen und der geistigen auch noch die göttliche Bedeutung, nämlich - gebogen, wellenförmig Iaufende Linien sind Produkte der Liebe, sich gerade zu Formen zusammenfügende, Produkte der Weisheit.

 

So auch der Eindruck von geformten Gegenständen. Solche aus lauter runden, gebogenen, weIIenartig laufenden Linien zusammengesetzt, haben als Gesamteindruck den des Lieblichen, die aus geraden Linien zusammengefügten jenen des Ernsten, der Weisheit ähnelnden.

 

Wie Ich sagte in einem anderen Wort, dass eine gebogene Linie der Liebe gleicht, welche Mithilfe, Mitgefühl anstrebt, so die gerade für sich selbst bestehende Linie sich selbst genügt und die Weisheit personifiziert, wie die krumme, sich neigende Linie - die Liebe ausdrückt. –

 

Wie nun in Meinem eigenen Ich - Liebe mit Weisheit gepaart, vereinigt zu einem Ganzen sich darstellt, wo Ich Schöpfer, Richter und doch Vater bin, so sehet ihr in euren Tempeln, Kirchen und Bauten, welche alle als Ausdruck einer geistigen Idee dienen sollen, wo man `ein Wohnhaus für Mich' bauen wollte, den Ernst mit der Liebe verbunden; daher der hohe Eindruck, welchen euch solche Monumente machen, wo ihr in ihnen den Gottesgedanken in geraden und gebogenen Linien verschmolzen findet.

 

Hier spricht die künstlich zusammengeformte Materie als ausgehend vom Innersten der Seele, verwirklicht durch den Verstand.

 

Ich fing hier mit den größten Werken an, die Menschenhände vollbringen können, gehe nun, wie ihr selbst, von jenen auf Meine eigenen Schöpfungen über; denn auch ihr, wüsstet ihr nicht, welche Schwierigkeiten es kostet, ein Wohn-, ein Bethaus oder einen Palast zu erbauen, wie viel Studium, Talent und Ausdauer, wie viel Aufwand von Kräften dazu gehört, Bauten aufzuführen, ihr würdet Meine Bauten: eure Erde, die sichtbaren Planeten, Monde und Sonnen nicht zu schätzen wissen.

 

Aber so, eure eigene Ohnmacht fühlend, erkennet ihr erst die Allmacht eures Schöpfers; die eigene Nichtigkeit recht ins Auge fassend, die Höhe Dessen, der aber am Ende eben doch nur im 'Kleinsten am Größten' ist!

 

Nachdem nun Meine ganze sichtbare Natur nur ein Wiederholtes alles dessen ist, was ihr Menschen künstlich hervorbringen wollt, und ihr nichts schaffen könnt, was ihr nicht in Meiner Schöpfung vorher gesehen habt und wovon euer Inneres stets schon lange den Urtypus in sich trug, so macht euch natürlich auch in Meiner Natur alles einen angenehmen Eindruck, was eurem Innern entspricht, wo ihr individuell das Studium der Formen mehr oder weniger ausgebildet habt.

 

Je mehr also ein Gegenstand, sei er von euch künstlich hervorgebracht oder schon unübertrefflich in Meiner eigenen Schöpfung vorhanden, in eurem Innern geistig vorhanden ist, desto mehr erwacht in euch das Gefühl des Wohlbehagens bei seinem Anblick, welches ihr dann mit dem Namen `schön` bezeichnet.

 

Je feiner dieses Formgefühl im Menschen ist, desto mehr Schönheiten wird er in dem Geschaffenen entdecken, wo auch nebenbei stets das Nützliche mit dem Schönen Hand in Hand geht.

 

So wird aber auch nur der Geist-Gebildetere, oder mit andern Worten gesagt - der mehr in der Liebessphäre Lebende überall Schönheiten in Formen, in harmonischen Verhältnissen entdecken, wo ein anderer gleichgültig vorübergeht; daher der verschiedene Begriff von 'schön', weil er stets nicht bloß von dem Gegenstand, sondern auch von dem geistigen Innenmenschen des Beschauers abhängt.

 

Würdet ihr die Menschen geistig beurteilen können, so wäre es euch leicht, aus dem, was ein Mensch schön oder hässlich findet, sein Inneres zu erkennen, inwiefern es Liebe besitzt, denn je mehr Liebe, desto mehr sucht der Liebende in allen Gegenständen diese Eigenschaft auf, welche seine eigene Liebe erweckend, ihm das angenehme Gefühl des 'ästhetischen Genusses` macht; denn er, ohne es zu wissen, vergeistigt die vor ihm stehenden Formen und sieht eben da, wo ein anderer nur Materie sieht, den Ausdruck einer nie verwelkenden Liebe, welche auch im Größten wie im Kleinsten nur seligen Genuss verschaffen will und kann.

 

Wenden wir nun diesen Begriff 'Schönheit' auf das letzte Produkt der Erde oder der Welten an, nämlich auf den Menschen selbst, so ist auch hier wieder die Idee von Schönheit ebenso verschieden, als es geistige Stufen in der menschlichen Seele geben kann.

 

So wie beim einen der Anblick eines schönen Weibes zur höchsten Begeisterung, zur höchsten Liebe und Verehrung führen kann, weil er hier das Abbild der Liebe, der Unschuld in Formen ausgedruckt, vor sich stehen sieht - ebenso können diese Formen bei einem andern nur sinnlich-tierische Gefühle erwecken, welche nicht der Form eigen, sondern vom Beschauer derselben hineingelegt werden.

 

Das könnet ihr euch wohl vorstellen, dass, als Ich den ersten Menschen schuf, als Ich ihn nach Meinem Ebenbild formte, Ich alles in seine Formen hineinlegte, was möglich war, um eine göttliche Idee in menschlichen Formen auszudrücken. Ich formte den Mann als Ausdruck der Kraft, entsprechend der Weisheit und das Weib als Ausdruck der Milde, entsprechend der Liebe.

Beide vereint sollten geistig das werden, was Ich in Mir vereine, das heißt Liebe mit Weisheit gepaart, so sollten sie dem Vereinigungsakt der höchsten geistigen Stufe entgegeneilen, wo sie gebunden durch den Drang zum Dritten, zu Mir, die reinste Seligkeit genießen könnten, weil jede Freude des einen in dem andern widerhallend ihren Ausdruck gefunden hätte.

 

So war Mein erstes oder letztes Werk auf den Welten, vom letzten Atom bis zum Menschen in der Form stets Liebe und Weisheit entwickelnd, und gestaltete sich in der menschlichen Form zum harmonischen Ganzen, zu jener Form, wo aus der kleinsten Wellenlinie des Körpers die größte geistige Idee stets hervorleuchten sollte und jedem zurufen möchte:

 

'Gedenket, dass ihr nach Meinem Ebenbilde, nach dem Ebenbilde eines Gottes, nach dem Ebenbilde der unbegrenzten Liebe und der unbegrenzten Weisheit geformt seid!'

 

Dass dann die Menschen als freie Wesen diese Form geschändet, missbraucht und verdorben haben, das war Sache ihres freien Willens; jedoch in Mein Reich werden sie nicht eingehen können, bis nicht ihre äußere Umkleidung, von so feinen Stoffen sie auch geformt sei, den Typus einer reinen, einer schönen Seele trägt. So wie Ich einst den Menschen als Mein Ebenbild in die Schöpfung hinausstellte, so muss er wieder zu Mir zurückkommen, das heißt geistig und körperlich schön, wo die Außenhülle der Abdruck des in ihm wohnenden göttlichen Geistes ist.

 

Nach diesem Gesagten seht ihr, wie vielseitig die Auffassung vom Worte Schönheit ist, so vielfach ist auch der Weg, den alle Geister und Seelen durchzumachen haben, bis sie zu Mir, das heißt in Meine Nähe gelangen und diese unbeschadet ertragen können.

 

Der Begriff vom Worte Schönheit zeigt euch klar die namenlosen Abstufungen, welche bestehen im Geisterreich, es zeigt euch deutlich, dieser Begriff, wie Menschen, wie Völker auf ihrer geistigen Kulturstufe fallen oder sich erheben, denn mit jeder höheren Stufe formt sich ein neues, schöneres, geistigeres Ideal vom Worte 'schön`.

 

Schön ist der Ausdruck der Liebe. Schön kann eigentlich nichts sein, was nicht gut ist, denn da die Form selbst nur die Hülle eines in ihr wohnenden Prinzips ist, so kann nur das 'schön` genannt werden, wo das Äußere dem Inneren entspricht (und letzteres `gut` ist).

 

Wenn auch die Natur und Verhältnisse manches Geschöpf zieren, dass dessen erstes Erscheinen wohltätig wirkt, so ist doch oft bei näherer Bekanntschaft diese Wirkung nicht von Dauer und statt Begeisterung tritt Bedauern ein, weil der Beschauer leicht bemerkt, dass das Äußere nicht mit dem Inneren korrespondiert.

 

Ein geistiges Auge sieht alles geistig und nur ein materielles kann dort Schönheiten finden, wo es selbst nichts als in einer anderen Form sein eigenes Ich bewundern kann.

 

Die wahre Schönheit ist also im reinsten und tiefsten Sinne nur Ausfluss eines göttlichen Funkens, sichtbar in der materiellen Form.

 

Nachdem nun Ich nur Liebe bin und diese Liebe gepaart mit Weisheit diese sichtbare und unsichtbare Welt erschaffen hat, so kann auch in ihr, so wie sie aus Meinen Händen hervorging, nur Liebliches und Weises herrschen.

 

Wenn der Mensch diese Urtypen verfälscht hat und nur in seltenen Fällen in einer oder der anderen Form solche Vereinigung von höchster Weisheit mit Güte und Liebe erblickt, so ist es nicht Meine Schuld.

 

Ich schuf die Welt voll Engel, die Teufel haben die Menschen selbst daraus gemacht!

 

Da Ich aber nicht umsonst erschaffen habe und es (das Geschaffene) nur so anerkenne, wie Ich es Mir dachte, so müssen diese Urtypen Mir wieder zurückgegeben werden, ob über kurz oder lang, die Zeit hat dabei nichts zu sagen, denn es ist eine Ewigkeit immer lang genug dazu!

 

Befleißiget also auch ihr euch alle, diesen Meinen Ideen der Schönheit der Seele zu entsprechen, dann wird auch das äußere Kleid in jener ewigen Lichtwelt so ausfallen, dass es ein reiner, geistig-seelischer Abdruck eures lnnersten für euch sein wird.

 

Dieses ist der Begriff von Schönheit, wie Ich ihn auf seine Wurzel, auf Mich, auf Meine Liebe zurückgeführt habe.

 

Schön ist alles, was aus Meinen Händen hervorging. Nur einem unschönen Gemüt sind jene Formen gleichgültig und nicht fassbar, welche teilweise oder ganz den Abdruck des Göttlichen durch sie hindurchleuchten lassen - daher der große Grad von verschiedenen Begriffen der Schönheit. Und wie Ich einst sagte: 'Dem Reinen ist alles rein!', so sage Ich jetzt noch diesem hinzufügend: 'Dem Schönen ist alles schön!'

 

Hier habt ihr wieder ein Wort geistig erklärt vor euch. Begreifet die Fülle des Geistigen eines solchen Wortes, und ihr könnt im KIeinen ahnen, was es erst in der Sprache der Geister  ist, wo mit jedem Worte die ganze unendliche Bedeutung desselben durchgefühlt und geahnt und eben dadurch die Geistessprache bedingt wird, welche manchmal auch - aber nur in höchsten Momenten an euren geistigen Ohren vorüberflutet, um euch anzuspornen, geistig heller sehen und besser hören zu lernen! Amen."

 

(Gottfried Mayerhofer, „Schöpfungsgeheimnisse“. Sg.01 024101 ff)

 

 

3. Warum das Streben nach Vereinigung

ein Grundgesetz der Liebe ist

 

Ja, du hast Recht, Mein Schreiber*), welch menschlich schwache Idee von einem Gotte, der nebenbei noch euer Vater sein soll!

*) Gottfried Mayerhofer

 

Wer steht Mir denn näher: der letzte Wurm, der zu euren Füßen kriecht, oder der größte Engelsgeist, der über Welten regiert und an Meines Thrones Stufen Meine Größe, aber auch Meine Liebe bewundert?

 

Siehe, die Tochter deines Freundes ist nervenkrank, sie ist aber auch seelenkrank, indem sie ihrer Seele die Speise entzieht, welche selbe zum Gedeihen eigentlich bedarf.

 

Wenn sie oft träumend dort sitzt und Tränen über ihre Wangen rollen, so ist es das Klagen der Seele, welches die körperlichen Nerven zum Mitgefühl anregt.

 

Ihre Tränen sind nicht Tränen des Schmerzes, sondern es sind die Tränen der Sehnsucht nach etwas, was sie ahnet, aber noch nicht kennt.

 

Diese Tränen trocknet kein menschliches Wort, diese Tränen zu stillen verstehe nur Ich. Aber man muss sich auch Mir ganz hingeben, dann lasse Ich den Balsam des Trostes in das müde Herz träufeln. Wo diese Hingebung fehlt, da ist auch der Trost umsonst. -

 

Siehe, dein Freund und Bruder möchte eine Erklärung haben:

 

Warum zwei Körper oder zwei Seelen nach (Ver-)Einigung  streben?

 

Und warum diese Einigung eines Meiner Hauptgesetzte der Schöpfung ist?, - warum Ich Mich als Gott, als Christus, auf die Erde begeben und dort ebenfalls - aber mit anderen Mitteln - das Gleiche angestrebt habe?

 

Siehe, Mein Sohn, dieses alles zu erklären und dann wieder zur obigen Frage wegen der Tochter zurückzukommen, muss Ich dich weit zurück, nämlich in die Anfänge Meiner Schöpfung führen, damit du erkennen mögest, wie dort schon als erstes Grundprinzip der Liebe diese Einigung zweier (Dinge oder Wesen) zu einem Ganzen nötig war. –

 

Nun so höre also:

 

Um dir das begreiflich zu machen, so muss Ich mit weltlichen Beispielen die höchsten geistigen Dinge erklären, damit du dann leichter einsiehst, was da ein Mensch tut, das nie auf seinem eigenen Felde gewachsen ist, sondern von Mir, seinem Schöpfer, ererbte und verliehene Gnadengeschenke sind.

 

Siehe, ihr in eurem ganzen geistigen Wirken habt stets einen Hintergedanken, warum ihr das oder jenes tut. Dieser Hintergedanke ist im Allgemeinen das Urteil des Nebenmenschen, von welchem ihr geehrt, geschätzt, ja oft beneidet sein wollet.

 

Nun, was besagt dieses alles? - Dieses alles will mit anderen Worten sagen: mein Handeln und Wirken muss einen Zweck haben, für andere mehr als für mich selbst, - und dieses abermals in andere Worte gefasst besagt: die Liebe ist die Anregerin zu Taten, die durch Weisheit geregelt dann bei anderen wieder Liebe erwecken sollen und so dem aus Liebe Handelnden seine Liebe durch die Anerkennung seines Strebens wieder zurückgeben.

 

So auf diese Art nähern sich zwei Wesen oder Geister, finden durch ein drittes - das beide gleich begeistert - das Band, welches sie in eins verbindet.

 

Nun, was Ich dir hier erklärt habe, das tat auch Ich, als Ich die materielle Welt erschuf!

 

Ich schuf selbe auch nicht für Mich, Ich schuf sie und ihre Geister, damit alles, Materie und Geist, von Stufe zu Stufe aufsteigend, Mir alles das wieder vereinigt zurückgeben solle, was Ich in Einzelnes getrennt verteilte.

 

So entstand im Anfange die materielle Welt und zuvor die geistige, wo Satana als erster und größter Geist Mein - wie ihr sagt -  'mathematisches Komplement' (wie Weib dem Manne, links und rechts, negativ und positiv) sein sollte.

 

Satana überhob sich, kehrte seine von Mir ihm gegebene Macht gegen Mich und Ich war gezwungen, diesen großen Geist in die Materie zu verbannen, wo er, da er als Ganzes nicht zurückkehren will, nun in Parzellen den Weg zu Mir nehmen muss, bis das Übriggebliebene keines Widerstandes mehr fähig ist und entweder für ewig fallen oder ewig sich wieder heben muss.

 

Ich schuf die ganze materielle und geistige Welt, damit Ich in dem Genuss der geschaffenen Wesen, in ihrer eigenen, sich Mir zuwendenden Liebe die Meinige erwidert und so die Geister frei in Meinen Schoß zurückkehren sehe! -

 

Die Liebe schuf, die Weisheit regelt das geschaffene und das Erkennen dieser reinsten Beweggründe von Seiten der Geister (und Menschen) vereint dann selbe mit Mir, so dass wir eines Gedankens und eines Sinnes werden sollen.

 

Als Ich die Welt eingerichtet und neben allen Versuchungen die Freiheit den einzelnen Individuen beließ, da musste Ich doch auch den geschaffenen Geistern im höchsten Sinne eigentlich angeben, was Ich unter Einswerden verstehe und zu diesem Zwecke ging Ich Selbst mit dem Beispiel voran, wurde Mensch, kleidete Mich in Materie und begann den Lebenslauf, welchen ihr wisset, sowohl den Anfang als auch sein Ende.

 

Ich entkleidete Mich als Sohn der Liebe und behielt bloß die Weisheit, d.h. das Bewusstsein des Verständnisses Meiner Abkunft und die Einsicht in das große Machwerk Meiner Schöpfung.

 

So zeigte Ich der ganzen Geisterwelt die Möglichkeit, Meiner Forderung genüge leisten zu können, setzte für euch Menschen den Grenzstein des höchsten idealen Vorbildes, welches ein Mensch - wenn er will, leisten kann und als Ich Meine Mission vollbracht, kehrte Ich zu Meinem Vater - wie Ich Mich ausdrückte, d.h. zu Meiner Liebe wieder zurück.

 

Nun, was die Vereinigung oder Gesinnungs-Einigung von zwei Wesen zu einem ist, das ist auf eurer Erdenwelt der Drang der Vereinigung von zwei geschlechtlich verschiedenen Wesen zu einem Ganzen.

 

Daher der geistige Drang, dieses zu erreichen, was weit vor aller (materiellen) Schöpfung schon bestand und auch in alle Unendlichkeit der Zeiten hinausreicht.

 

Was nun bei geistigen Wesen, d.h. bei moralisch guten liebenden Wesen das Bindemittel oder das vereinigende Dritte ist? - Siehe, Mein Sohn, das bin Ich als Ausdruck der höchsten Liebe, - Ich, als Inbegriff aller möglichen Abstufungen, wie die Liebe sich äußern könnte und als 'Vaterliebe' in einem Worte ausgedrückt, was alle Nebenzweige nur teilweise ergänzen können.

 

Ich also, als die höchste Liebe, bin das gemeinschaftliche Band, das alles zusammenhält und den Erkenner seiner selbst - Mir und seinem ergänzenden Geiste näher führt und so stets zwei zu einem vereinigt.

 

Was also die eheliche Liebe sein sollte, ein Zusammengehen zweier nach einem und demselben Ziele, nämlich ihre Vereinigung mit Mir anbahnend, - das soll die Geistergemeinschaft werden, welche dann noch weit über dieses kurze Erden-Wanderleben hinaus erst dort begriffen wird, wo kein fester materieller Körper die Schwingungen der Seele mehr hemmt, sondern vereint mit dem geliebten Ergänzungsgeiste - Meinen Gesetzen gemäß Mir in unendlicher Liebe wieder zurück gibt, was Ich in sie hineingelegt habe.

 

Siehe auch linke Randspalte unter „Texte der Neuoffenbarung zu…“, Thema „Ehe und Sexualität“

 

Und siehe, Mein Sohn, wenn deine Tochter Tränen der Sehnsucht vergießt nach etwas Unbewusstem, welches sie noch nicht kennt, so ist es der dunkle Drang zu Mir, wo sie aber des Weges dahin nicht kundig ist.

 

Gedulde dich nur noch etwas weniges und du wirst schon erfahren, wie viele Mittel Mir gegeben sind, um das suchende Herz zu stillen und ihr den Balsam zu reichen, welcher sie auf den rechten Weg, d.h. zu Mir führen wird.

 

Sie lege nur die Binde um, mit allem Glauben, allem Vertrauen, dessen ein kindliches Herz fähig ist und sie wird den Wechsel in ihrem Herzen von selbst verspüren. Voraus muss gehen der Glaube, dass Ich helfen kann, dann muss folgen die Liebe, welche diesem Glauben Kraft gibt und endlich das feste Vertrauen, dass Ich nur allein am besten weiß, was ihr und wann ihr es Not tut.

 

So bete sie zu Mir und die Vaterliebe wird die Kindesliebe nicht im Stich lassen. Amen."

 

(Gottfried Mayerhofer, „Warum das Streben nach Vereinigung usw. ein Grundgesetz der Liebe ist" ‚ „Lebensgarten")

 

 

4. Der Kuss

 

Seht, Meine lieben Kinder, dieses Zeichen der Liebe in verschiedenen Verhältnissen und Lagen des Lebens gebrauchet ihr und doch weiß keiner von euch, warum er gerade dieses Zeichen zum Ausdrucke seiner Gefühle gewählt hat und noch weniger, was es eigentlich ist oder geistig bedeutet.

 

Nach dem dieses Zeichen der Liebe von der Wiege angefangen bis zum Grabe in euer Leben verflochten ist, so will Ich euch über selbes einige Aufklärungen geben, woraus ihr erkennen möget, wie viele geistige hohe Verrichtungen oft in einem einzigen Akte liegen, von dem ihr keine Idee und mit allem Nachdenken euch nicht die mindeste Rechenschaft geben könnet!

 

Um nun zur geistigen Bedeutung des Kusses zu kommen, so muss Ich beim Materiellen anfangen, um euch zu zeigen, wie ihr, auf materiellem Wege der Berührung - Geistiges bewirken wollet, was natürlich nicht bleibend sein kann und eben deswegen dieser Akt des Kusses bei verschiedenen Verhältnissen auch oft wiederholt wird.

 

Nun zur Sache:

 

Ihr werdet schon öfters einen Polypen des Meeres gesehen haben*), der mit seinen Armen seine Beute umstricken kann und dann sich an selbe mit seinen Saugadern befestigt, - wie er auch diese Saugadern braucht, um sich an Gegenständen festzusetzen und zu halten und so der Gewalt der Meereswellen oder der Meeresströmungen zu trotzen oder wenn Gefahr droht, sich durch Anklammern mit mehreren Armen an einen festen Gegenstand dann mit den übrigen freien sich verteidigen zu können.

*) Gottfried Mayerhofer und Freunde in Triest

 

Nun, was tut der Polyp mit seinen Saugadern und wie sind diese gebaut, um seinem Zwecke dienlich zu sein?

 

Sehet, wir wollen bei dem Bau dieser Saugwerkzeuge vorerst anfangen: sie bestehen aus einer Menge kleiner Luftpumpen, wodurch das Tier die Luft unter dem hohlen Raume der Saugwarzen aufsaugt und dann durch den Druck der äußeren Luft oder des Wassers sich festhalten kann und zwar mit größter Leichtigkeit und ohne Kraftanstrengung.

 

Die Aufgabe der Saugwarzen ist es also, die am andern Gegenstande zunächst eingeschlossene Luft (oder Wasser) herauszuziehen, nachdem nun aber die Luft, nebst ihren Bestandteilen, auch dem andern Körper zu einem Fortbestande nötig ist, so der Polyp durch diesen Prozess dem anklebenden Körper etwas seines eigenen Lebensprinzipes und macht sich selbes zu eigen.

 

Nun, was der Polyp mechanisch durch den Bau seiner Saugwarzen tut, das tuet ihr Menschen alle bei dem Akte des Kusses. - Da bei euch ebenfalls der Mund wie eine Saugwarze zusammengezogen wird, dabei durch das Einziehen der Luft aber noch eine andere, ja zwei andere Substanzen in den Körper und seine Seele aufnimmt, erstens ein kleines Teilchen von fremdem Lebensmagnetismus und einen andern des seelischen Fluidums, welches bei solchen Momenten freier wird und sich anderen mitteilen kann.

 

Wie der Polyp sich wohler fühlt, wenn er durch seine Saugwarzen den gewollten Gegenstand fester an sich binden kann, so geht es auch dem Menschen, wenn er beim Akte des Küssens den andern lebenden oder leblosen Körper näher an sich gerückt glaubt, wo dann nebst dem angenehmen Gefühle der äußerlichen Berührung noch der seelische Kontakt dazukommt, welcher der Seele des Küssenden eine Ahnung von dauernder Vereinigung gibt, die leider auf dieser Erde und mit diesem schweren Körper nicht bewerkstelligt werden kann, bis einst feinere Elemente eure Umhüllung sein werden, wo das Ineinanderfließen zweier Seelen beim Küssen deutlicher und länger gefühlt werden kann.

 

Dass der Kuss auch bis zur sinnlichen Wollust reicht, ist natürlich, weil auch hinter diesem Akte ein noch höherer, geistiger stets verborgen liegt, der von wenigen gekannt und begriffen wird.

 

Die Liebe, dieses allumfassende Band, welches Meine ganze Schöpfung zusammenhält und sie durchströmt, - eben diese Liebe ist in ihren höchsten Momenten sprachlos, - Töne, Worte, ja selbst Blicke, wenn gleich aus liebestrahlenden Augen, sind zu wenig, um das auszudrücken, was die Liebe dem geliebten Gegenstande sagen will, - es drängt zur Berührung, um durch selbe ein Ineinanderfließen zweier Seelen zu bewirken.

 

Hier ist es 'der Kuss', der durch festes Anheften der Lippen den geliebten Gegenstand ewig an sich heften möchte, wo die Seele in dieser Berührung ihr ganzes Ich dem andern geliebten Gegenstand ganz geben möchte, um von ihm sein Eigenes auch ganz wieder zu erhalten.

 

Der Kuss ist einer von jenen Momenten, wo zwei Seelen sich als Eines fühlen, wenn gleich nur auf Augenblicke und wo keine Sprache Ausdrücke besitzt, das zu sagen, was man beim Kusse fühlt.

 

Es ist einer jener Momente, da die Seele sich über ihre gebrechliche weltliche Natur erheben möchte, allein, leider nur auf kurze Dauer ausführbar, diese Berührung wieder lassen muss, um später sie von neuem zu bewerkstelligen.

 

So ist das geistige Band der Seelen-Verwandtschaften, das Gleiches mit Gleichem verbindet, welches durch Meine ganze Schöpfung zieht, den Wesen je nach ihren geistig individuellen Stellungen oft leise Ahnungen einer höheren Welt zu Teil werden lässt, auf dass sie sich nicht zu sehr im Schlamme der Materie verlieren sollten.

 

'Der Kuss', eine einfache Berührung der Lippen, geht als Liebes-Zeugnis durch alle Lagen eures Lebens hindurch. Die Mutter an der Wiege ihres neugeborenen Kindes, weiß selbem nichts zu sagen, nichts zu deuten, aber ein Kuss drückt alles aus, was sie sagen will.

 

Der Kuss des Wiedersehens, des Abschiedes, selbst noch am Scheidewege in eine andere Welt, ist der letzte sprachlose Ausdruck einer Seele, die bei andern nichts mehr sagen, nichts mehr deuten kann.

 

Im Kusse vereinigt die Seele alles, will im Kusse alles geben und alles nehmen, was ihr die Umstände und Zeitverhältnisse erlauben. - Und erst der Kuss der Liebe, das Erkennen zweier Seelen, dass sie füreinander geschaffen sind, wer will diesen ersten Kuss beschreiben? - Von euch Menschen niemand, aber gehet hinüber ins Geisterreich, Meine Engel werden euch sagen können, dass dieser Kuss aus ihrer Heimat ist, nur dass er bei ihnen nie durch Sinnlichkeit entweiht oder missbraucht wird.

 

Ihr werdet diesen Kuss auch einst empfangen von denen, die vor euch hinübergingen und dort geläutert und gereinigt euch mit Ungeduld erwarten, dort werdet auch ihr erst das Zusammenschmelzen in Eins von zwei Seelen begreifen und fühlen lernen, wovon der Kuss nur ein schwaches Abbild ist und auf Erden als einziges Symbol Meiner großen Liebe zu euch und allem Geschaffenen fortdauern wird, so lange Geister in Materie eingekleidet sein werden.

 

Meine große göttliche Liebe, die mit euch nicht in körperliche, sondern nur in geistige Berührung kommen kann, hat euch diesen Akt des Kusses zu instinktiver Anwendung gegeben, denn im Kusse heftet ihr bei den höchsten Momenten Lippe auf Lippe.

 

Sehet, Meine, Kinder, die Lippe ist ein Hauptwerkzeug der Sprache, des Wortes, der geistigen Mitteilung mittels körperlicher Werkzeuge.

 

Wo nun die Lippe als Sprachwerkzeug verstummt, da leiht ihr die Liebe noch den letzten, den höchsten Ausdruck der Berührung des anderen Wesens, dem es sein ganzes Ich, seine ganze Seele geben oder in sie überschütten wollte, - und so ist das Aufpressen der Lippe auf die fremde der Akt, wo körperliche Mitteilung ihr Ende hat und die geistige ihren Anfang nimmt!

 

Der Kuss ist die Vereinigung zweier Seelen zu einem Ganzen und dieses Zeichen der Liebe wird so lange bestehen, als Ich, die Liebe Selbst in Person bin!

 

Wüsste ihr, was 'Lieben' heißt, auch 'der Kuss` wäre noch zu wenig für euch; aber ihr begreifet Meine Liebe nicht, wo die Berührung jedweder Gegenstände eine Entheiligung der 'Würde der Liebe' ist.

 

'Göttliche Liebe', dieses geistige, alles versöhnende, alles umfassende Band, hat euch den Kuss zum Zeichen gegeben, dass ihr bei allen feierlichsten Augenblicken den Grenzstein erkennen sollet, wo zwei Welten sich trennen und doch wieder zusammenfließen!

 

Die Liebe, jene unbegrenzte, die Mein Ich ausmacht und nach deren Ebenbilde ihr und alle Wesen geschaffen seid, diese Liebe sollet ihr nicht allein in einzelnen Momenten des Kusses ausüben, ihr sollet nicht allein den 'Versöhnungs-', den 'Bruder-Kuss' geben, - nein!, - ihr sollet bleibend werden, was dieser Kuss, dieser Moment ausdrückt - ihr sollet werktätig stets den Mitmenschen, wie der Polyp den festen Gegenstand als Stütze fortwährend durch Liebes-Akte an euch fest halten, immer näher ziehen und ihr werdet auch den Akt des Kusses mit all seinem weltlichen und geistigen Gefühle stets genießen, denn die Einigung mit euren Brüdern ist Einigung mit Mir!

 

Die Annäherung seiner Mitmenschen, die Versöhnung, Verzeihung ihrer Fehler ist das Luftaufsaugen der polypenartigen Lippen, ist Vergeistigung der materiellen, ist Vorgeschmack eurer künftigen Existenz, ist Eingang in Meine Himmel, ist der erste geistige Kuss Meines eigenen Ichs, das - würde dies jetzt möglich sein - ihr nicht ertragen und fortleben könntet.

 

Deswegen, Meine Kinder, missbrauchet den Kuss nicht zu sinnlichen Effekten oder gar zum Verrat, ihr schadet dadurch eurer und Meiner geistigen Natur, gebrauchet diesen Akt nur in den höchsten Momenten, wo die Sprache zu arm ist, eurem Mitmenschen die Liebe auszudrücken, die ihr für ihn fühlet.

 

Der Kuss soll unter euch nur das Zeichen des Friedens, der Versöhnung und der Liebe sein.

 

Und so werdet auch ihr einst von den Geistern in Meinem Reiche empfangen werden, wo dann der Schleier fallen wird, der euch von ihnen und von Mir trennt und ihr nicht mehr genötigt sein werdet, durch Aufpressen der Lippen dem anderen zu sagen: 'Brüder, wir sind geistige Produkte, Produkte Eines Vaters, Der nur Liebe ist, nur Liebe verbreitet und nur Liebe erwidert haben will, - gelobt und gepriesen sei Er!, Der in solch kleinen Akt, wie 'der Kuss', so großen geistigen Genuss gelegt, der wenn gleich nur auf Augenblicke - den Menschen dem  Weltlichen entrückt und ihn in die Nähe derer führt, die Kinder des Einen sind, - Der auch nie aufhören wird, noch je aufgehört hat, uns zu dem zu machen, was ihr schon längst seid! Amen!"

 

(Gottfried Mayerhofer, „Der Kuss", „Lebensgarten")

 

Siehe auch linke Randspalte unter „Texte der Neuoffenbarung zu…“, Thema „Ehe und Sexualität“