"...Aber ungefähr sieben Stunden nach seiner Hinrichtung, da seine Seele sich gewisserart wieder zusammenklaubte, überzeugte er sich schnell von der Grundlosigkeit seines irdischen Glaubens und gewahrte gar bald, dass er fortlebe."

 


Robert Blum -

seine Führung im Jenseits



1. Vorbemerkung
2. Robert Blum im Jenseits
3. Die heiligen Inschriften auf den Pyramidenstufen
4. Liebe als Grundquell aller Weisheit und Ausdruckskraft
5. Die Belehrung des Herrn über die Schlichtheit der Liebe
6. Was die Liebe tut, ist wohlgetan. Lass dich allein von ihr leiten!
7. Der Herr über das Verhältnis des Vaters zu Seinen Kindern
8. Liebevollste Belehrung über die jenseitige Ordnung



1. Vorbemerkung

Die nachfolgenden Offenbarungs-Texte sind dem Jenseitswerk „Von der Hölle bis zum Himmel. Die jenseitige Führung des Robert Blum“ entnommen (Lorber Verlag, 2 Bände), das Jesus Selbst dem größten Propheten der Neuzeit, Jakob Lorber, in die Feder diktiert hat.*) Das Werk schildert die spezielle Entwicklung und Führung des Robert Blum**) und vieler seiner Zeitgenossen im Jenseits durch Jesus Selbst, z.T. sogar wörtlich im Wiener Dialekt,

...„wie sie in der Geisterwelt in der Wirklichkeit vor sich geht – und auch unmöglich anders vor sich gehen kann, als wie da Sitte, Sprache, Leidenschaften und die verschiedenen Grade der Bildung bei einem Volke es notwendig mit sich bringen – und geschieht deshalb, um dem gläubigen Leser und Bekenner dieser Offenbarung einen anschaulichen Beweis zu geben, dass der Mensch nach Ablegung des Leibes ganz so Mensch ist mit Haut und Haaren, mit seiner Sprache, mit seinen Ansichten, Gewohnheiten, Sitten, Gebräuchen, Neigungen, Leidenschaften und daraus hervorgehenden Handlungen, wie er auf der Welt bei seinem Leibesleben war – d.h. solange er nicht die völlige Wiedergeburt des Geistes erlangt hat.

Deshalb heißt auch ein solcher erster Zustand sogleich nach dem Übertritt `die naturmäßige Geistigkeit`, während ein vollends wiedergeborener Geist sich im Zustand der `reinen Geistigkeit` befindet…“ (RB.01_067,01)

Es soll aber hier nicht hauptsächlich um die Entwicklung des Robert Blum und seiner Zeitgenossen gehen, sondern besonders um in diesem Zusammenhang wichtigen Aussagen Jesu zu dem grundlegenden Thema Liebe, die allein den geistigen Fortschritt des Menschen im Diesseits wie im Jenseits ausmachen.***)

*) Jakob Lorber, geboren am 22. Juli 1800 in Kanischa bei Marburg (Südsteiermark, Österreich, heute Slowenien), verstorben am 23. August 1864 in Graz. Siehe linke Randspalte unter „Warum JESUS2030 / Einführung“
**) Robert Blum: Politiker, Freiheitskämpfer, geboren am 10. November 1807 in Köln, erschossen am 9.November bei Wien
***) Siehe auch linke Randspalte unter „Texte der Neuoffenbarung zu…“, Thema „Über das Jenseits“ sowie entsprechende Stichworte unter „Themenregister“


2. Robert Blum im Jenseits

Aus Kapitel 1: Robert Blums Erdenlaufbahn

 

…“Dieser Mann wurde in der obenerwähnten Stadt*), wo er seine völkerbeglückende Idee durch die Gewalt der Waffen wie durch seine Reden verwirklichen wollte, als ein dem Staate gefährliches Individuum gefangengenommen und nach einem kurzen Prozess aus dieser in die andere Welt befördert. Und somit ward auch sein diesweltlicher, Völker beglücken-sollender Wirkungskreis geschlossen.“ (RB.01_001,10)
*) Robert Blum wurde am 9. November 1848 auf Befehl des kaiserlichen Oberstkommandierenden, Fürst Windischgrätz, in Wien standrechtlich erschossen.

Kapitel 2: Erste Eindrücke des Hingerichteten im Jenseits. Bewusstwerden des Lebensgefühls

Nun fragt es sich: Wie kam seine Seele und sein Geist in der ewigen Geisterwelt an?

Hier muss bemerkt werden, dass die meisten, ihr irdisches Leben durch ein Strafgericht gewaltsam Einbüßenden in der Geisterwelt mit dem größten Zorn- und Rachegefühl gegen ihre Richter ankommen und eine Zeitlang wie völlig Rasende umhertaumeln. Aus diesem Grund werden solche Ankömmlinge, so sie wirkliche Verbrecher wider Gottes Gebote, also im Grunde Böse sind, sogleich in ihr eigentliches Element, zur Hölle, getrieben, um dort Rache zu üben. Aus ihr kehren sie aber, so ihre Rache einigermaßen abgekühlt ist, wieder in die eigentliche Geisterwelt zurück und beginnen da von neuem, freilich auf sehr beschränkten Wegen, ihre Freiheitsprobe durchzumachen.

Geister aber wie der unseres Mannes, die bloß als politische Verbrecher gegen weltliche Gesetze gerichtet drüben ankommen, werden anfangs bloß in einen lichtlosen Zustand versetzt. In dem befinden sie sich wie Blinde und werden somit auch keines Wesens ansichtig, an dem sie ihre blinde Rache kühlen könnten. Großer Zorn und große Rache bewirken ja schon bei Menschen auf der diesirdischen Welt, dass sie förmlich blind werden vor Zorn und glühender Wut. Umso mehr bewirken diese argen Leidenschaften jenseits bei Seele und Geist den Zustand gänzlicher Blindheit. Darin werden solche Geister so lange belassen, bis sich ihre Rache in das Gefühl der Ohnmacht umwandelt. Die tief gekränkte und beleidigte Seele beginnt im auftauchenden Gefühl ihrer Ohnmacht zu weinen, was zwar auch dem Zorne entstammt, ihn aber nach und nach ableitet und schwächt.

Diesseits konnte unser Mann nichts mehr tun als nur so viel als möglich seine männliche Ehre retten. Deshalb zeigte er sich auch bei seiner Hinrichtung entschlossen und den Tod verachtend – was aber in Wahrheit durchaus nicht der Fall war. Denn er fühlte in sich überaus stark die Schrecken des Todes, und das um so mehr, als er als fester Neukatholik an ein Leben der Seele nach dem Abfalle des Leibes durchaus nicht glaubte.

Aber ungefähr sieben Stunden nach seiner Hinrichtung, da seine Seele sich gewisserart wieder zusammenklaubte, überzeugte er sich schnell von der Grundlosigkeit seines irdischen Glaubens und gewahrte gar bald, dass er fortlebe. Aber da verwandelte sich seine Überzeugung von dem Fortbestehen nach dem Tod in einen andern Unglauben: Er meinte nun bei sich, dass er wohl auf den Richtplatz hinausgeführt, aber nur scheinbar erschossen worden sei, um die vollkommene Todesangst auszustehen. Da ihm der Offizier die Augen habe verbinden lassen, auf dass er nicht das leere In-die-Luft-schießen merken solle, sei er bloß vor Angst betäubt zusammengesunken. Von da sei er in bewusstlosem Zustand in einen finsteren Kerker gebracht worden, von wo ihn eine Beschwerde von Deutschlands Bürgern sicher bald in die erwünschte Freiheit setzen würde.

Ihn stört nun bloß die starke Finsternis. Sein Aufenthaltsort erscheint ihm als ein finsteres Loch, das ihm jedoch nicht feucht und übelriechend vorkommt. Er befühlt sich auch die Füße und die Hände und findet, dass ihm nirgends Fesseln angelegt sind. So versucht er die Weite seines Kerkers zu untersuchen, und wie etwa der Boden beschaffen ist. Ob sich in seiner Nähe nicht etwa so ein heimliches Gericht vorfindet?

Aber er staunt nicht wenig, als er gar keines Bodens gewahr wird und ebensowenig irgendeiner Kerkerwand; und fürs zweite auch nichts von einer Hängematte finden kann, in der er sich etwa in einem freien Katakombenraume hängend befände.“ [RB.01_002,01) …

Kapitel 7: Ehrfurchtsvolles Gedenken an Jesus ruft starkes Blitzen hervor. Schreck und freudige Verwunderung Roberts

Robert spricht weiter: `Das sogenannte Vaterunser ist unter allen Gebetsformeln wohl die beste! Denn also hat der weise Lehrer Jesus seine Schüler beten gelehrt. Leider ist dieses Gebet noch nie ganz verstanden worden, da man es meistens blind für alle Fälle und Bedürfnisse vorbrachte. Aber die Römischen legen in diese Gebetsformel statt der Wahrheit nur eine gewisse läppisch magische Kraft und gebrauchen sie als eine sympathische Universalmedizin gegen alle Übel, auch wider die Krankheiten der Tiere! Und das ist mir denn doch unmöglich! – Das Vaterunser an und für sich ist sicher ein sehr würdevolles Gebet; aber freilich nur im rechten Sinne und nur als das, was es ist. Aber in der Art, wie es Römlinge und Protestanten gebrauchen, der barste Unsinn!

O du guter Lehrer und Meister Jesus! Wenn dein Los etwa auch dem meinen gleicht, so wirst du in solch einem Zustand nach deiner Hinrichtung wohl auch schon oft bereut haben, den argen Menschen so viel Gutes getan zu haben? Beinahe 2000 Jahre in solcher Nacht! O Edelster, das muss sehr hart sein!`

Als unser Mann den Namen Jesus so teilnehmend und ehrend ausspricht, fährt ein starker Blitz vom Aufgang bis zum Niedergang. Darüber erschrickt unser Freiheitsapostel sehr, empfindet aber eine große Freude, da er dadurch die Überzeugung hat, dass er nicht blind ist.

Zugleich aber fängt er auch an, nachzudenken, was denn etwa doch die Ursache dieses hellen Blitzes war. Er geht alle ihm bekannten Gründe zur Erweckung der Elektrizität durch, findet aber nichts zur genügenden Erklärung dieser ersten Lichterscheinung in seinem ihm noch immer unbegreiflichen Zustand.

`Aber jetzt geht mir ein neues Gedankenlicht auf!` ruft er. `Ja, ja, so ist es! – – O du herrliche Philosophie, du unversiegbarer Born der wahren Weisheit! Du bringst jedem das rechte Licht, der dich, wie ich, mit aller Glut und Liebe ergreift und dich in allen Lebenszuständen als einzigen und verlässlichsten Ratgeber und Wegweiser benützt! Schau, wie geschwind habe ich nun mit deiner Hilfe diesen gordischen Knoten gelöst!

Wo im Reich des Nichts ein individuelles Sein sich vorfindet, da können sich ja noch eine Menge anderer, entweder gleich- oder anders gearteter Sein vorfinden! Und so können außer diesem meinem Sein sich noch eine Menge allerartiger Wesenheiten hier befinden, die zur Erweckung der Elektrizität tauglich sind, ohne das uns alle umfassende Nichts im geringsten zu beeinträchtigen. So ist's gut! Ich weiß nun, dass es außer mir in dieser Nacht doch noch irgendwie geartete wesenhafte Nachbarn gibt. Ich bin somit durchaus nicht gar so allein hier, wie ich es mir geraume Zeit vorgestellt habe. Oh, das ist gut, das ist sehr gut!

Wenn ich mich nur schon früher ernstlich der deutschen Philosophie in die Arme geworfen hätte, da stünde ich sicher schon auf einem andern Boden. Aber ich Dummkopf verlor mich am Ende in eine kleinlich läppische Gebetskritik und in ein nutzloses Bedauern des großen, weisen und edelsten Völkerlehrers Jesus und ver– –!`

Hier blitzt es wieder und diesmal noch stärker als zuvor. Robert ist außer sich vor Schreck und Verwunderung und kann sich nicht fassen über dieses für ihn unbegreiflich intensive, freilich nur kurz dauernde Licht. – Es kam ihm dabei auch vor, als hätte er in einer weiten Entfernung bestimmte Umrisse von allerlei ihm bekannten Gegenständen gesehen. Aber ihre Beleuchtung dauerte zu kurz, als dass er sie näher hätte bestimmen können.

Nach einer langen Ruhe konnte er erst wieder seine Gedanken tiefer zu fassen anfangen. Sein erster wieder etwas geordnete Gedanke war folgender: „Aha, nun weiß ich erst, woran ich bin! Dieses Blitzen deutet auf ein starkes Gewitter, das sich nun in der Nacht über Wien hermachen wird! Ich erwache nun nach und nach aus meiner großen Betäubung und kehre wieder ganz ins Leben zurück. Wahrscheinlich hilft diese vom elektrischen Fluidum schwangere Luft mir dazu, und ich werde unter Blitz, Donner und Hagel wieder ins Leben zurückkehren? Donnern höre ich zwar noch nicht, aber das Wetter kann auch noch sehr weit von hier stehen.

Aber kann es denn nicht sein, dass ich auch taub bin? Meine Gedanken vernehme ich freilich wie Worte; aber das ist noch kein Beweis, dass ich darum im Vollgebrauch meiner Gehörsorgane bin. Vielleicht komme ich bei dieser Gelegenheit auch wieder zu meinem Gehör. Freilich, das sonderbare Gefühl des mich umgebenden Nichts kann ich mir auf natürlichem Wege durchaus nicht erklären. Aber was liegt da daran? Ich bin einmal da und habe nun zweimal blitzen gesehen: Beweis, dass ich nicht blind bin! Wer weiß, ob das nicht alles die Wirkung des drohenden Gewitters ist? Daher lasse ich das Wetter einmal loskrachen und vorüberziehen; da wird es sich dann schon zeigen, ob ich noch so verbleiben werde wie jetzt.

Freilich dauert dieser Stand schon hübsch lange. Nach meinem Gefühl könnten es auch schon hundert Jahre sein; aber das wird eine bloße Gefühlstäuschung sein. Ja, ja, wenn man in einer gewissen Betäubung dahinschmachtet, muss ja aus einer Minute ein Jahr werden. Ja, so ist es auch! Wenn es nur bald wieder blitzte und nachher auch ein wenig donnerte! Aber die Blitze lassen sich Zeit?`“ (RB.01_007,01 ff) …

Nach guten Gedanken an Jesus, den Glauben an die Unsterblichkeit und an einen Gott der Liebe, begegnet ihm letztlich Jesus Selbst und führt ihn weiter in die jenseitige Welt ein. (Siehe das oben genannte Buch)


3. Die heiligen Inschriften auf den Pyramidenstufen

Jesus zu Robert Blum: `Siehst du hier vor uns diese Pyramide? Sie ist deines Leibes Herz! Wie aber das Herz der Träger aller zahllosen Keime zum Guten und zum Bösen ist, so ist auch dieses Denkmal in Form einer Pyramide der Inbegriff alles dessen, was da rastete und handelte als Fleischeskraft im Fleische deines Naturwesens. Gehe nun mit deiner Gemahlin in diese Pyramide und betrachte alles wohl, was sich darin aufhält in der Höhe wie in der Tiefe und an allen Wänden.

So du alles besehen haben wirst, dann komme wieder zurück und sage es vor allen, was du angetroffen hast. Und Ich werde dir die weitere Weisung geben, was dir zu tun noch übrigbleibt. Aber verweilen darfst du bei nichts! Sollte dich aber irgendeine Lust bei einer oder der anderen Sache anwandeln, so sieh auf deine Helena und sie wird dich davon abziehen!

Und so trete nun deine Wanderung in die Unterwelt an, begleitet von Meiner Gnade und Liebe, mutig und voll besten Trostes! Denn auch Meine Seele musste vor der Auferstehung Meines Fleisches in die Unterwelt hinabsteigen und dort alle frei machen, die da im Fleische Meines Fleisches noch der Erlösung harrten.`

Nach diesen Worten verneigt sich Robert tief und tritt sogleich seine Wanderung an.

Der Franziskaner aber fragt Mich, ob er nicht etwa auch mitgehen dürfe. Ich aber sage zu ihm: `Mein Lieber, so du ganz reif wirst, dann wird auch auf dich ein Gleiches zu tun kommen, wenn schon deiner Beschaffenheit wegen in einer andern Form. Denn nicht allen ist eine und dieselbe Form entsprechend; diese hängt vielmehr von der hervorragendsten Hauptneigung ab, die eine Seele ihrem Fleische einprägte. Warte darum schön ab, was Robert alles für Dinge hervorbringen wird! Dadurch wirst du schon mehr oder weniger innewerden, auf welche Art du selbst in die Unterwelt steigen wirst.`

Spricht der Franziskaner: `Herr, ist denn diese Unterwelt etwa so eine Art Vorhölle, sozusagen das gewisse Fegefeuer?`

Rede Ich: `Ja, so etwas dergleichen! Aber dennoch ganz anders, als wie du es in deinem noch ziemlich römisch befangenen Herzen herumträgst.`

Spricht der Franziskaner: `Also kommt denn eigentlich doch niemand sogleich, wie man sagt, vom Mund auf in den Himmel?` –


Rede Ich: `Nicht leichtlich, Mein Lieber! Denn so Ich Selbst zur Unterwelt musste, der Ich doch der Herr Selbst bin – so wird schon auch ein jedes Meiner Kinder es tun müssen! Denn ein jedes Obst muss vollkommen reif sein, bevor man es genießen kann. Blöde und unwissende Kinder meinen freilich, eine Kirsche sei schon reif, wenn sie nur ein wenig gerötet ist. Aber der kundige Gärtner weiß genau, wie rot die Kirsche aussehen muss, um völlig reif zu sein. – Also ist's durchaus nichts mit dem ,vom Munde aus gleich in den Himmel kommen‘! Wohl aber in das geistige Paradies, wo ihr euch nun an Meiner Seite befindet. Es ist genug, so Ich zu einem Sünder sagte: ,Heute noch wirst du bei mir im Paradiese sein!‘ – Aber nun Ruhe, denn Robert wird bald wieder da sein.`

Der Franziskaner möchte noch gerne etwas sagen auf diese Meine Worte. Aber der General, der sich mit Dismas und dem verklärten Pater Thomas gerade dem Franziskaner am nächsten befindet, legt sogleich die ganze flache Hand auf den Mund des Franziskaners und sagt nichts als: `Der Herr Gott Vater hat geboten, nun stille zu sein, und so heißt es zu gehorchen! Verstanden?`

Rede Ich: `Lass das gut sein, Freund Mathia! Hier gibt es von Mir aus kein positives Gesetz. Will Cyprian reden, so soll es ihm nicht verwehrt sein!` –

Spricht der Franziskaner: `Nein, nein, ich will nicht reden, obschon es mich ein wenig gejuckt hatte. Soeben kommt aus der Pyramide Robert zurück und ich freue mich schon kindlich auf seine Erzählung. Aber er steht nun vor uns und macht eben nicht das zufriedenste Gesicht, auch seine Gefährtin nicht! Es muss ihnen die Sache nicht ganz zusammengegangen sein. Aber jetzt nur stille.` (RB.02_156,01 ff)

In diesem Augenblick tritt Robert mit seiner Gemahlin vor Mich hin und beginnt wie folgt zu reden: `O Herr, Du guter heiliger Vater aller Menschen und Engel! Da sieht es schlimm, sehr schlimm aus! Wäre dieser Pyramide Inneres ein Augiasstall, wenn auch noch ums Zehnfache ärger, dann wäre es ein Leichtes, ihn zu reinigen. So aber übersteigt der Sündenmist des Inneren und besonders das Untere dieser Pyramide den Augiasstall ums Millionenfache! Und da ist wahrlich an keine Reinigung mehr zu denken, könnte man auch alle Flüsse der Erde hineinleiten. – In den oberen Regionen dieser Pyramide präsentiert sich eine Unzahl von tausenderlei leichtfertigster Bilder aus meinem gesamten Erdenleben. Die unteren Gemächer aber sind erfüllt von allerlei unbeschreiblichem Unflat, der von übelstem Geruch begleitet ist. O weh, o weh! Wer wird mir Armem helfen, diesen Stall zu reinigen?`

Rede Ich: `Mein lieber Freund Robert! Keine Arbeit ist so groß, als dass sie mit tauglichen Mitteln nicht könnte in die beste Ordnung gebracht werden. Aber es gehört dazu eine rechte Einsicht und Geduld. Siehe an die unermessliche Schöpfung von ihrem Beginn bis zu ihrem einstigen notwendigen Ende, und von ihren kleinsten organischen und unorganischen Teilchen bis zu ihrem für dich unermesslich großen, geordneten Ganzen – und du wirst darin sicher die nach deiner gegenwärtigen Einsicht fast nimmer mögliche Ordnung, Erhaltung und Leitung zum rechten Endzwecke gewahren. Und doch steht dies große Schöpfungsgebäude bestgeordnet da, und kein Atom kann seiner Bestimmung entgehen! So ist es um so mehr möglich, deinen irdischen Augiasstall zu reinigen! Aber es gehört dazu die rechte Einsicht und Geduld und ein fester, durch nichts beirrbarer Wille!

Damit du aber vor allem zur rechten Einsicht gelangen magst, so gehe hin zu den äußeren Staffeln der Pyramide, die mit einem beschriebenen Goldreifen umfasst sind. Lies, was darauf geschrieben steht! Das wird dir sagen, was du da alles zu tun haben wirst.`

Robert geht hin und liest zuerst die Inschrift des untersten Reifes. Diese lautet: ,Kommt alle zu Mir, die ihr mühselig und beladen seid, es soll euch Erquickung werden!‘ – Und weiter liest er: ,Haltet euch an die alleinige Liebe! Wahrlich, so die Zahl eurer Sünden wäre wie die des Sandes am Meere und des Grases auf der Erde, so wird die Liebe sie ganz und gar tilgen. Und wäre eure Schande vor Gott gleich dem Blut der Sündenböcke, so soll sie von der Liebe weiß gewaschen werden wie weiße Wolle und wie der feinste Byssus!‘

Und weiter liest er an der zweiten Stufe: ,Die Liebe ist das Leben, das Gesetz, die Ordnung, die Kraft, die Macht, die Sanftmut, die Demut, die Geduld und dadurch der Kern aller Weisheit! Der Weisheit sind nicht alle Dinge möglich, weil die Weisheit nur einen gewissen Weg geht und sich mit dem nicht befassen kann, was unrein ist. Aber der Liebe sind alle Dinge möglich. Denn sie ergreift auch das, was verworfen ist, mit derselben Innigkeit, wie das, was in sich selbst schon das Reinste ist. Die Liebe kann alles brauchen, die Weisheit aber nur, was die Liebe gereinigt hat.‘

Und weiter liest er an der dritten Stufe: ,Frage dein Herz, ob es sehr lieben kann, ob es Gott über alles lieben kann ohne Interesse, außer dem der Liebe selbst? – Frage dein Herz, ob es um Gottes willen den Bruder mehr als sich selbst lieben kann? – Frage dein Herz, ob es wahrhaft und völlig rein lieben kann? – Kann es Gott darum lieben, weil Gott eben Gott ist? Und kann es den Bruder wegen Gott und aus purer Liebe zu Gott wie einen Gott lieben? – Kann dein Herz das, so ist deine Verwesung zu Ende, und du selbst stehst vollendet vor Gott, deinem Herrn, Vater und Bruder!‘

Und weiter liest er auf der vierten Stufe: ,Gott Selbst ist die urewige, reinste Liebe, und ihr Feuer ist das Leben und die Weisheit in Gott. Die Liebe ist also aus Gott wie in Gott das Leben und das Licht aller Wesen. Die Funken aus dem Essenfeuer der reinsten Liebe Gottes sind die Kinder Gottes – gleichen Ursprungs aus dem einen Herzen Gottes! Auch du bist ein solcher Funke! Fache dich an zu einem lebendigen Brande, und du wirst in deinem Herzen Gott schauen!‘

Und weiter liest er auf der fünften Stufe: ,Das Wort aus dem Gottes-Herzen ist der Liebe Allkraft. Daher ist das Wort und der ewige Sohn aus Gott eins. Gott Selbst ist das volle Wort, das im Feuer der Liebe gezeugt wird. – Du aber bist auch ein Gotteswort, erzeugt im Gottes-Herzen! Darum werde wieder ein volles Wort Gottes! Werde ganz Liebe, volle Liebe in Gott – so wirst du zum Gottes-Sohn gelangen und eins sein mit Ihm! Aber du gelangst nicht zu Ihm außer durch den Vater, der da ist die Liebe und das Wort selbst in sich, von Ewigkeit zu Ewigkeit stets derselbe!‘

Und weiter liest er auf der sechsten Stufe: ,Christus ist allein der Mittler zwischen Gott und der Menschennatur. Durch den Tod Seines Fleisches und durch Sein vergossenes Blut hat Er allem Fleische, das da ist die alte Sünde Satans, den Weg gebahnt zur Auferstehung und Rückkehr zu Gott! – Christus aber ist die Grundliebe in Gott, das Hauptwort alles Wortes, das da ist Fleisch geworden, und dadurch geworden zum Fleische alles Fleisches und zum Blute alles Blutes. Dieses Fleisch nahm freiwillig alle Sünde der Welt auf sich und reinigte sie vor Gott durch Sein heiliges Blut. – Mache dich teilhaftig dieses größten Erlösungswerkes Gottes durch das Fleisch und durch das Blut Christi, so wirst du rein sein vor Gott! Denn kein Wesen und kein Ding kann rein werden durch sich, sondern allein durch die Verdienste Christi, die da sind die höchste Gnade und Erbarmung Gottes. Du allein vermagst nichts, alles aber vermag Christus!‘

Und weiter liest er auf der siebenten Stufe: ,Dein irdisches Wohnhaus ist voll Unflates. Wer wird es reinigen? Wer hat die Kraft und die Macht allein? Siehe, Christus, der ewige Hohepriester vor Gott, Seinem ewigen Vater! Denn Christus und der Vater sind eins von Ewigkeit. In Christo allein wohnt alle Fülle der Gottheit körperlich. Und diese Fülle ist der Vater als die reinste Gottliebe. Diese ergreife mit deiner Liebe, und sie wird dein Fleisch reinigen und erwecken, wie sie erweckt hat das Fleisch Christi, das sie selbst in sich barg.‘

Und wieder weiter liest er auf der achten Stufe: ,Du erschrickst über die große Menge deiner argen Geister, die auf der Welt dein Fleisch und Blut beherrscht hatten, und fragst mit Paulus: Wer wird mich erlösen von meinem Fleische und frei machen von den Banden des Todes? Siehe hin: Christus, der getötet ward, ist auferstanden und lebt, ein Herr von Ewigkeit! Wäre Er im Tode verblieben, so es möglich gewesen wäre, da wäre dir ebenfalls der ewige Tod sicher. Aber da Christus auferstanden ist, wie du Ihn nun selbst siehst, so ist es unmöglich, dass da jemand im Grabe belassen werden könnte. – Denn wie durch die eine Schlange der Tod kam über alles Fleisch, so kam auch das Leben durch den einen Gottmenschen über alles Fleisch der Menschen der Erde. Aber zugleich auch ein neues Gericht, obschon das alte Gericht, das den Tod in sich barg, durch dieses Einen Auferstehung für ewig vernichtet ward. Dieses neue Gericht ist auch ein Tod; aber kein Tod zum Tode, sondern ein Tod zum Leben! – Mache dich an die Liebe durch deine Liebe, damit dies neue Gericht deines Fleisches durch die Werke des Einen zu einem wahren Leben wird. Du stehest an der Quelle, trinke des lebendigen Wassers in der Fülle!‘

Und auf der neunten Stufe liest er weiter: ,Die pure Weiberliebe ist Eigenliebe! Denn wer von der Weiberliebe sich so weit verziehen lässt, das ihm daneben die Nächstenliebe und aus dieser die Gottesliebe zur Last wird, der liebt sich selbst im Wesen des Weibes! Lasse dich daher von der reizenden Gestalt eines Weibes nicht gefangen nehmen übers gerechte Maß, ansonsten du untergehst in der Schwäche des Weibes, während doch das Weib in deiner Kraft erstehen soll zu einem Wesen mit und in dir! – Wie du aber ein oder das andere Glied deines Wesens liebst, also liebe auch das Weib, auf dass es eins werde mit dir! Aber Gott liebe über alles, auf dass du in solcher mächtigsten Liebe neu geboren werdest zu einem wahren, freiesten Bürger der reinsten Himmel Gottes für ewig und dein Weib wie ein Wesen mit dir!‘

Und noch weiter liest er auf der zehnten Stufe: ,Suche, suche, suche, dass du dich nicht übernimmst, so du groß wirst! – Siehe an des Herrn Demut, Sanftmut und Güte! Er ist der Herr von Ewigkeit. Alles, was die Unendlichkeit fasset, ist Sein eigenstes Werk. Seine Kraft ist so groß, dass alle Werke der Unermesslichkeit vor dem leisesten Hauche Seines Mundes in ein ewiges Nichts zurücksinken müssten. Und dennoch steht Er einfach und ohne allen Anspruch bei Seinen Kindlein, als wäre Er nahezu der Allergeringste unter ihnen. Er liebt sie und unterhält sich mit ihnen, als hätte Er nur sie allein in der ganzen Unendlichkeit, die doch von zahllosen Myriaden der wundersamst herrlichen und liebweisesten, reinsten Wesen strotzet! – Also suche, suche, suche der Geringste zu werden und zu bleiben für ewig!‘

Auf dieser letzten Stufe wird Robert so mächtig gerührt vor Liebe zu Mir, dass er laut zu weinen anfängt. Er sieht bald diese oberste Inschrift, bald wieder Mich und manchmal auch sein neues Weib an und sagt nach einer Weile des Staunens: `O du heilige Inschrift! Du bist so einfach, ohne allen Wortprunk hier auf reinstes Gold geschrieben – und dabei so ewig wahr wie Derjenige Selbst, dessen allmächtiger Finger dich hier in dies Gold gegraben hat! – O Gott! Jetzt, jetzt erst fängt mich eine ungeheure Liebe zu Dir ganz allein zu durchdringen an. Und dabei gewahre ich erst, dass ich Dich noch nie völlig wahr geliebt habe! Aber nun ist es anders geworden! Du ganz allein bist nun der Herr meines Herzens, meines Lebens! – Ewige, unbesiegbare Liebe, Dir allein nichts als Liebe, Liebe und Liebe, Du mein Gott und Vater Jesus!!

Als Du mir die schönste Helena zum Weibe gabst, da fühlte mein Herz zu Dir mehr eine innige Dankbarkeit als eine rechte Liebe. Und mit pünktlichstem Gehorsam gegen Deine Gebote meinte ich schon sicher die Vollendung zu besitzen. Aber wie weit war ich da vom wahren Ziel! Ja, ich wusste nicht einmal so recht, wie man Dich neben Helena mehr als diese lieben könne. Aber nun ist es anders geworden! Ich liebe nur Dich allein über alles und sehe in dieser Liebe ein ganz neues Leben erwachen! O Herr und Vater, o Jesus, Du meine einzige Liebe!`" (RB.02_157,01 ff)


4. Liebe als Grundquell
aller Weisheit und Ausdruckskraft


Sage Ich (Jesus): `Mein Freund, hast du nie gemerkt, dass Menschen, die so recht in der Liebe stecken, die zartesten Dichter sind? Also ist die Liebe die beinahe stets alleinige Mutter der wahren Lyrik. Ein David brannte vor Liebe zu Mir wie auch zu den Menschen und war darum auch einer der größten Lyriker. Sein Sohn Salomon war, solange er liebte, auch weise im wahren Sinn des Wortes. Als er aber dann seine rechte Liebe in das Fleisch der Weiber versenkte, ward er bald dumm und schwach in Wort und Tat.

Betrachte Meinen Johannes! Dieser Apostel hatte die mächtigste Liebe zu Mir und darum auch die größte Glut in der Darstellung Meines Wortes. Und in seinen Worten liegt auch die größte Weisheit wie bei keinem andern Apostel. Ihm ward darum auch die tiefste Offenbarung gegeben. So kannst du die ganze Geschichte der Erde durchgehen und wirst bei jenen Menschen die wahre Lyrik und Weisheit antreffen, die das Herz am rechten Fleck haben.

Wohl dichten auch die Verstandesmenschen und machen ein Langes und Breites, aber darin steckt nichts als ein höchst mühevolles Suchen eines verlorenen Groschens in der Nacht ihres Herzens. Sie kommen wohl manchmal dem Groschen auf die Spur, so sie ihn aber ergreifen wollen, da gleiten sie aus, weil der Grund, auf dem sie stehen, ein höchst lockerer ist.

Daher ist denn auch die sogenannte Weltweisheit eine größte Torheit vor Mir. Was der Mensch mit dem Verstande in hundert Jahren bei aller Mühe kaum erreicht, gibt dir die rechte Liebe in einer Sekunde. Denn die Liebe bin Ich Selbst im Menschen! Je vollkommener seine Liebe wird, desto mehr entfaltet sich Mein Ebenbild in ihm.

Der Verstand aber ist nur ein Schrank, in dem die Liebe ihre erworbenen Schätze aufbewahrt. Was kann aber die Seele dort finden, so das, was irgendeine erloschene Liebe früher in einer besseren Zeit hineingelegt hatte, in solch unerleuchteten Gemächern so zerstreut und verrostet daliegt, dass auch die mühevollste Arbeit der Seele nur höchst wenig oder auch gar nichts ausrichten kann? – Gehe du in einen finstern Keller, suche darin einen verlorenen Groschen, und du wirst ihn nicht finden. So du aber ein gutes Licht anzündest, wirst du den Groschen bald finden, wenn du eine rechte Geduld im Suchen hast.

Siehe, dieser Feldwebel hatte allezeit eine rechte Liebe zu Gott, den er jedoch nur so kannte, wie er Ihn aus der Schrift des Vorbundes kennen konnte. Er liebte also die Gottheit, ohne Sie zu kennen, schon über die Maßen. Wie groß muss dann erst seine Liebe werden, so er mit der Gottheit persönliche Bekanntschaft macht, wie es nun der Fall ist! Und eben diese Liebe gibt ihm solch lyrische Weisheit. Willst du aber auch eine solche, musst auch du die gleiche Liebe dir aneignen. Du liebst Mich wohl mächtig, aber der Feldwebel liebt Mich noch mehr. Wie dies aber möglich ist, das alles wird dir die nächste Folge klar darstellen.`

Sagt der Offizier: `Herr, ich verstehe wahrlich nicht, wie es möglich sein könnte, Dich noch mehr zu lieben. Denn bei Deinem heiligsten Namen, ich liebe Dich doch aus allen meinen Kräften! Und so wäre es mir rein unmöglich, Dich, o Herr und Vater, noch mehr über alles zu lieben. Herr, erweitere darum mein Herz und vermehre die Liebelebensflamme, dann werde auch ich in der Liebe zu Dir gleich einem Atlas werden, der den ganzen Himmel auf seinen Schultern trägt!`

Sage Ich: `Mein lieber Freund, was du von Mir willst, ist dir selbst anheimgestellt! Denn von nun an wirst du allein der Schöpfer und Umgestalter deines Wesens und deiner Liebe sein.`" (RB.02_245,01 ff)  


5. Die Belehrung des Herrn
über die Schlichtheit der Liebe


Rede Ich (Jesus): `Mein lieber Thomas, du bist noch sehr blöde! Den Judas hieß Ich nicht mit Mir Brot in die Schüssel zu tunken, denn Ich wusste es, dass es ihm zum Gericht gereichen werde, da er unwürdig war, mit Mir das Brot des Lebens zu essen! Dich aber beheisse Ich Selbst, weil Ich in dir keine Unwürdigkeit entdecke. Und so kannst du ohne Bedenken tun, was Ich von dir nun verlange. Zudem hat hier alle richterliche Zurechnung aufgehört, da hier jede Tat ohnehin ihre Folge hat, entsprechend dem Geist in dem sie begangen wurde. Weil ein jeder Geist nach seinen Taten hier vollkommen sein eigener Richter ist, hast du auch von keiner Seite mehr eine fremde Einwirkung zu befürchten. Was du willst, das wirst du auch tun; und das Tun wird dich richten nach deinem Willen, der die eigentliche Triebfeder jeder Handlung ist.

Und so mache dir von nun an keine Skrupel mehr! So du hungrig und durstig bist, wirst du doch etwas zu essen und zu trinken haben wollen. Wolltest du aber dennoch nichts essen und trinken, müsstest du dir dann freilich auch den Schmerz gefallen lassen, den Hunger und Durst als notwendige Folge in sich bergen. Oder würdest du eine scharfe Rute zur Hand nehmen und dich damit selbst züchtigen? Das wirst du sicher auch bleibenlassen.

Was du aber dir selbst nicht tun möchtest, wirst du auch deinen Brüdern nicht antun. Denn die Liebe deines Herzens würde sicher nimmer zulassen, den Brüdern wehe zu tun, weil hier im Geisterreich die Ordnung so bestellt ist, dass da eine jede Tat, an einem zweiten verübt, auch auf den Täter mit der gleichen Empfindung rückwirkt.

Du weißt nun durch diese Erörterung, wie sich die Sachen hier verhalten. Und so meine Ich, dass du nun nach Meiner Beheissung ohne Gewissensangst tust, was dir zu deinem höchsteigenen Besten gereichen kann und wird!

Siehe, Ich könnte dich zwingen, dahin augenblicklich zu gehen, wo Ich dich haben will. Da Ich dich aber schon zum Guten nicht mittels Meiner Allmacht zwinge, sondern nur mit sanfter Belehrung dein Herz, deinen Verstand und deinen Willen stärke, – um wie viel weniger werde Ich dich dann zu etwas Argem zwingen. Von Mir wird nichts so sehr berücksichtigt wie des Menschen völlig freier Wille. Und so kannst du es ganz beherzt wagen, freiwillig das zu tun, was zu tun Ich als dein Gott, Schöpfer und Vater voll der mächtigsten Liebe von dir verlange!`

Spricht Thomas: `O liebevollster Vater! Nun gibt es in meinem Herzen keinen Anstand mehr. Was Du wünschest, soll stets meines Herzens heiligstes Gesetz sein. O wie gar sanft und weise ist Dein heiliger Vaterwille! Wo ist ein Herz, das ihm widerstehen könnte? Wie selig ist nun mein ganzes Wesen, dass ich Dir folgen darf, und Du Selbst mir zur Seite stehst und an Deiner Vaterhand in das Reich des ewigen Lebens führst! O du heiliges Haus der Häuser, das Gott betritt! Wer kann lobend genug erwähnen des großen Mahles, das Gott Selbst bereitet hat allen denen, die Sein Vaterherz erwählt hat zu Seinen Kindern? Ihr seligsten Brüder und Schwestern, fühlt ihr es wohl ganz, erfasst ihr die heilige Tiefe, dass unser Lehrer und Führer Gott Selbst ist? – Wir sind bei Gott, ja bei dem großen Schöpfer der Unendlichkeit, bei dem Vater sind wir! O saget, fühlet ihr es wohl tief genug, wer Der ist, der uns nun führt in Sein Haus?`

Rede Ich im Gehen ins Haus: `Gut, gut, Mein lieber Sohn Thomas! Es ist Mir eine rechte Freude, dass du in deinem Herzen Gefühle aufkeimen lässt, die viel Ähnlichkeit haben mit den Mich preisenden Flammengedanken der Cherubim und Seraphim, die da sind die Austräger Meines Willens in Ewigkeit. Aber so erhaben auch solche Gedanken sind, deren Tiefe und Größe nur wenige Geister fassen, so ist's Mir dennoch lieber, wenn Mich Meine Kindlein so recht herzlich ,Vater‘ nennen. Lieber, als wenn die größten Lobengel Mich mit Weisheitsliedern besingen und am Ende ganz ermattet zusammensinken, so sie zur Einsicht kommen, dass ihre flammendsten Gedanken nicht einmal den Saum Meines Kleides berühren, während Meine einfachen Kindlein mit Meinem Herzen und Meinen Gedanken seligst spielen und allzeit bei Mir und an Meinem Tische das Brot des wahren Lebens genießen!

Siehe, die Meine Macht besingen und den unendlich großen Gott preisen, die sind außer Mir und betrachten Mich ungefähr so, wie du auf der Erde den gestirnten Himmel oft überaus erhaben besungen hast – aber dabei nicht wusstest, was die von dir besungenen Sterne sind und was in ihnen ist. Die aber zu Mir sagen: ,O lieber Vater! O Du mein göttlicher Bruder!‘ – die sind bei Mir und sogar in Mir. Sie preisen Mich wie Kinder ihren allein wahren Vater und betrachten Meine Größe nicht mehr aus heilig scheuer Ferne, wo sie stets eine große Kluft von Mir trennt. Sondern sie sind selbst auf den Sternen bei ihrem Vater im Vollgenuss jener heiligen Wirklichkeit, die von den Großsängern kaum geahnt wird.

Merkst du nun diesen gewichtigen Unterschied? Und weil du ihn merkst, bist du auch schon um vieles glücklicher als ehedem. Das ist gut und recht und Mir am meisten wohlgefällig, weil es in Meiner Ordnung ist. Du wirst gar bald an Meiner Seite die ungeheuersten Großwerke voll Wunder über Wunder zu schauen bekommen. Wenn du da allzeit fragen würdest: ,Wer fühlt es tief genug, was Gott ist?‘ – da würden dich Meine lieben Kindlein auslachen und dir sagen: ,Aber kindisch schwacher Bruder Thomas! Was schwärmst du denn für Unsinn zusammen? Wer kann es ewig je tief genug und ganz fühlen und empfinden, was Gott in Sich Selbst ist!? Wie kann das Endliche das Unendliche je erfassen? Gott ist unser aller Vater! Wir lieben Ihn über alles, Er führt uns und wir sehen Ihn, wie lieb und endlos gut Er ist. Das ist ja bei weitem mehr! Gott als Vater über alles lieben ist ja endlos mehr wert, als Ihn ergründen wollen! – Was ist wohl eines Menschen würdiger: sich in Gedanken vertiefen und, so ein armer Bruder vorüberzieht, diesen vor lauter großen Gedanken gar nicht bemerken – oder die Gedanken Gott dem heiligen Vater überlassen und mit liebfreundlichen Augen den armen Brüdern dienstfertig entgegenkommen? Lassen wir daher das Große den Großen über! Wir aber bleiben in der Liebe hübsch klein beisammen und werden glücklicher sein als die großglücklichen Großen!"… (RB.01_127,01 ff)


6. Was die Liebe tut, ist wohlgetan.
Lass dich allein von ihr leiten!


Sagt der Offizier:`O wie herrlich süß ist es, von einem solchen Herrn abzuhängen, der zwar in der Weisheit über allen Wesen ewig unerreichbar obenan steht, der Liebe aber die höchste Freiheit einräumt und sie so stellt, dass sie gar nicht fehlen kann! Ja, das ist endlos groß, erhaben und heilig!

Dass Du, o Herr und Vater, mit Dir durch die Liebe hast handeln lassen, darüber findet sich ja eine Unzahl von Beispielen in der Heiligen Schrift. Ich will jener Beispiele des Alten Bundes gar nicht gedenken, wo Du die Sarah erhört hast, dem liebenden Jakob das Vorrecht der Erstgeburt gabst, den Joseph zum Wohltäter seiner Brüder machtest. Und darauf den Moses, der von jeher ein Sohn der Liebe war und endlich durch den Drang seines Herzens zu Dir im brennenden Dornstrauch kam und da erst vollends zum Werkzeug Deiner Liebe und Erbarmung ward.

Aber ich gedenke hauptsächlich des Neuen Bundes, wo Du Selbst mit Dir hast derart handeln lassen durch die Liebe, dass sich darob oft Deine Jünger und Apostel weidlich geärgert haben. Wie gerne hätten sie es gesehen, so Du bei manchen ärgerlichen Gelegenheiten Feuer und Schwefel hättest vom Himmel herabregnen lassen! Aber Du verwiesest es ihnen und heiltest, wo sie erwarteten, dass Du verwunden würdest. O Herr, eine ganze Ewigkeit ist zu kurz, um alle die Wundertaten Deiner Liebe aufzuzählen! Aber was kann man tun? Nichts, als Dich nur lieben und lieben, weil Du Selbst nur Liebe und wieder Liebe in allem bist!`

Sage Ich: `Gut, gut, Mein Bruder, Mein Sohn! Was die Liebe tut, ist wohlgetan! Lass dich daher stets allein nur von der Liebe leiten! Wohin immer diese dich ziehen wird, wirst du am rechten Orte anlangen; Mein Reich ist pur Liebe, und wo die Liebe waltet, da bin auch Ich zu Hause. Daher kommt auch niemand ohne Liebe je in Mein Reich und noch weniger unmittelbar zu Mir. Das Licht Meiner Augen durchströmt wohl die Unendlichkeit, und das ist der ewig strahlende Diamant Meiner Weisheit. Aber die Liebe ist nur da, wo Ich unmittelbar Selbst zu Hause bin körperlich und wohl unterscheidbar wesenhaft.

Der Sonne Licht durchdringt auch einen beinahe unmessbaren Raum. Aber ihre Wärme genießen nur jene Weltkörper, die sich in ihrer Nähe befinden; über ihren Planetenkreis hinaus dringt keine Wärme mehr. Die Körper, die von der Sonne wollen erwärmt werden, müssen jedoch zuvor selbst Wärme in sich haben. Ein Eisklumpen nimmt keine Wärme an, außer er schmilzt zuvor zu Wasser, das da schon fähig ist, Wärme in sich aufzunehmen.

Was also Liebe hat, wird auch Liebe in sich finden und gewinnen wie zum vollen Eigentum. Was aber keine Liebe hat, das kann auch keine Liebe in sich aufnehmen. Hätte ein Stein kein Feuer in sich, nimmer könnte er glühend gemacht werden.

Bleibe also in der Liebe, da du die Liebe in dir hast – und gehe nun hin und nimm die Mathilde-Eljah, damit alle deine Liebe zu Mir eine ewige Nahrung habe! Denn so der Magnet als Symbol der Liebeskraft keine Nahrung hat, wird er schwach; hängt man ihm aber eine Speise an, so wird er stärker und stärker. Und so soll dir auch die Mathilde-Eljah eine stärkende Speisung sein! – Es sei!`“ (RB.02_253,01 ff)


7. Der Herr über das Verhältnis des Vaters
zu Seinen Kindern


"Der Graf, ganz außer sich, teils vor Furcht, teils aus freudigster Entzückung, teils auch aus Furcht vor einer von ihm für möglich gehaltenen Täuschung, kann sich über Meine Erklärung gar nicht fassen. Erst nach einer ziemlichen Weile des inneren Erstehungskampfes, durch den sein Geist alle Bande zerreißt und sich in seiner ganzen ihn umfassenden Seele ausbreitet, stammelt der Graf die Worte:

`Also – d-d-du – du – b-b-bist es!! – Du!? – der ewige Herr – über alles, was Zeit und Raum fassen und über alles, was über alle Zeit und allen Raum erhaben in ewiger Freiheit lebt und in die ewigen Tiefen Deiner Wunderschöpfungen schaut! – O Gott, o Gott, o Gott! – Ich – ein elender Wurm, ein nichtigster Staub stehe nun vor Dir, dem heiligsten, ewigen Meister der endlosen Wunderwerke, die alle aus Deiner allmächtigen Hand geflossen sind; vor meinem Gott, vor meinem Schöpfer, Vater, vor meinem Heiland Jesus!! – O höret es, alle Himmel! Kommet hierher, alle ihr überseligen Aeonen, helfet mir fühlen die Tiefe aller himmlischen Wonnen, – fühlen, was das ist: ein Geschöpf steht das erste mal vor Gott, seinem allmächtigen Schöpfer! Und – oh, es ist kaum zu denken – dieser Gott ist wie ein Mensch einfach und schlicht und spricht von der höchsten Liebe geleitet so herablassend mild und sanft mit mir, wie nur ein bester Bruder mit seinem anderen Bruder sprechen kann!

O Menschen, die ihr in allerlei Irrsalen auf der Oberfläche der tückischen Erde umherwandelt und nimmer wisst, wo aus und ein ihr euch wenden sollt – hierher kommt in euern Herzen und lernt Gott in Jesus, dem lieblichen Heilande kennen, und ihr werdet für das kurze Probeleben auf Erden mit euern eitlen Plänen leicht fertig werden.

Die wahre Erkenntnis Gottes wird euch zeigen, wie wenig dazu gehört, sich in Gott dem Herrn zurechtzufinden und dann über alle Begriffe glücklich zu sein! Streitet euch nicht wie elende Hunde und Katzen um irdische Dinge, sondern bewerbet euch um rechte Erkenntnis und Liebe Gottes! Liebet euch wie wahre Brüder und Schwestern als Kinder eines Vaters, der allzeit und ewig heilig und über alle Begriffe lieb, gut und sanft ist – so habt ihr in euern Herzen mehr, als was euch die ganze Welt je verschaffen könnte!

O Gott, welch eine Wonne ist es doch, bei Dir zu sein. Wie vergessen sind nun alle die schlimmen Missgeschicke, die mir auf der Erde begegnet sind! Wahrlich, nun könnte ich ausrufen: Kommet her Millionen, ob Feinde oder Freunde, und lasset euch brüderlich umarmen!“

Nach diesen Worten voll höchster Liebesglut fällt er auf die Knie vor Mir nieder, faltet die Hände und spricht: `O Du mein allein ewig guter Gott und Heiland Jesus! Lasse Dich ewig von mir anbeten, loben und preisen! Nun begreife ich es, wie man unter Deinem Lob und Preis allein die höchste Seligkeit empfinden kann. So liebe Dich denn alles, was an mir ist, ewig und danke Dir für alles, was Du je über mich wenn auch in einem noch so schwer zu tragenden Gewande verhängt hast! Denn nun erst fange ich an einzusehen, dass das alles bloß Deine unberechenbar große Liebe zu mir getan hat!

O Du heiliger Vater, ich war wohl auch ein stark verlorener Sohn und musste durch großes Elend zu Dir zurückgewendet werden. Aber nun bin ich wieder bei Dir, Du ewig guter Vater! Nimm mich auf als einen Allergeringsten in Deinem Reiche und sei auch mit all den vielen anderen verlorenen Söhnen ebenso gnädig wie mit mir! Und wenn es Dein Wille wäre, so lasse meine auf Erden hinterlassene Familie eher um alle irdische Habe kommen, als dass sie vor Dir zu tief falle und Deiner am Ende gänzlich vergäße!`

Rede Ich:Stehe auf, Mein lieber Bruder, und mache nicht so viel Aufhebens! Denn du siehst ja, dass Ich Mich nicht im geringsten verändert habe, da du Mich nun erkannt hast. Wie die Brüder miteinander reden, handeln und wandeln, so werden auch wir es ewig miteinander machen!

Ich bin wohl Gott, als das urewigste Wesen voll Weisheit, Macht und Kraft – und du nur ein Geschöpf Meiner Willenskraft. Aber dein Geist ist dennoch ganz das, was Ich Selbst bin. Somit bleibt zwischen uns fortan das völlig gleiche Verhältnis wie zwischen Vater und Sohn oder wie zwischen Bruder und Bruder. Denn deiner Seele nach, die nun dein äußeres Wesen ist, bist du Mir ein Sohn und deinem Geiste nach ein Bruder! – Die Seele ging hervor aus dem Urlicht Meiner Weisheit und ist um endlos vieles minder als das erschaffende Urlicht. Darum ist die Seele ein Sohn zu Mir, der Ich im Grunde des Grundes pur Liebe bin. Aber dein Geist, der da Meine Liebe Selbst in dir und somit Mein höchsteigener Geist ist, ist demnach Mein Bruder durch und durch! Also bedenke dich nicht zu weitläufig über diese Sache, sondern stehe auf und komme mit Mir zu den andern Brüdern hin!`

Spricht der Graf, sich langsam vom Boden aufrichtend: `O Vater, wie endlos gut bist Du doch! – Wenn meine dumme Zunge Dich nur einigermaßen Deiner heiligsten Würde entsprechend loben könnte! Aber ich bringe nun fast nichts zuwege!`

Rede Ich: `Sei ruhig, Bruder, und lasse das übertriebene Loben! Denn dein Herz ist das beste Lob, an dem Ich allein das größte Wohlgefallen habe. Alles andere gehört mehr oder weniger ins Reich der Mir lästigen Betbruderei! Stehe nun vollends auf und gehe mit Mir zu den andern Brüdern!`“ (RB.01_146,01 ff)


8. Liebevollste Belehrungen Jesu
über die jenseitige Ordnung


…Spricht der Fremde (Jesus): „`Seid Mir gegrüßt, liebe Freunde und Brüder! Ich komme nur euretwegen hierher zu euch. Ich habe eure Stimmen vernommen und bin daher von diesem Hause herausgeeilt, um euch allen nötigenfalls Hilfe anzubieten, so ihr einer bedürfet. Ich wohne in diesem Hause, das ihr von hier noch etwas im Nebel erschauet.` –

Spricht der Graf: `Dieselben werden wohl höchstwahrscheinlich der Eigentümer –?`

Spricht der Fremde: `Ja, so halb und halb, wie man zu sagen pflegt. Aber seht, es gibt hier kein eigentliches gesondertes Eigentum, alles ist da gewisserart ein Gemeingut. In diesem Reiche herrscht eine reine Demokratie. Denn was einem gehört, das gehört auch allen andern, die eines Sinnes und Herzens sind. Und so könnt auch ihr von allem einen Genussbesitz nehmen, ohne euch dabei zu fragen: wem gehört hier dies oder jenes? Hier herrscht die vollendetste Freiheit, über die nur eines jeden freiester Geist ohne irgendeine Einsprache zu befehlen hat. Was hier jemand will, das wird ihm auch zuteil.“

Spricht der Graf: ´O schön, das ist eine herrliche Ordnung! Das wollten wir auch auf der Erde erkämpfen, aber es ging da nicht. Denn da ist noch immer das Recht des Stärkeren! – Aber hier scheint demnach das Recht des ersten Besitznehmers zu gelten oder gar das uralte ,Jeder ist Selbstherr‘?`

Spricht der Fremde: `Ja, ja, fast so, aber doch noch etwas anders! Denn hier gibt es nur ein Recht und das ist das Recht der freien, reinen Liebe. Wie die Liebe, so das Recht aus und durch die Liebe! Was ihr wollt, dass man euch tue, das tuet auch den anderen – das ist hier der Grundsatz des Lebens! Und weil jedermann diesen obersten Rechtsgrundsatz zu seiner Hauptlebensmaxime macht, räumt er dadurch auch jedem das freie Recht ein, von allem, was er hat, den vollen Mitgenuss zu nehmen, da er umgekehrt auch das gleiche Recht ganz unbeirrt sich herausnehmen darf. – Ihr sehet nun jenes Haus schon etwas klarer. Und Ich sage euch, dass ihr das vollste Mitgenussrecht dieses Hauses habt, weil auch der Besitzer seinerseits dasselbe Recht hat an einem Besitz, der euch hier irgendwo zuteil werden kann. Seid ihr mit diesen Rechtsprinzipien einverstanden?`

Spricht der Graf: `Aber Freund, das ist ja der Kommunismus in bester Form oder so ganz eigentlich das reine, alte Christentum! Auf der Erde blüht für solch eine Staatsverfassung wohl noch lange kein Weizen. Es ist wahrlich die natürlichste und beste Verfassung eines Volkes. Nur das Üble ist daran, dass sich dabei die Trägheit vor dem Fleiße in einem mächtigen Vorteil befindet.`

Spricht der Fremde: `Freund, du irrst dich! Der Träge und der Fleißige stehen hier in keiner Gemeinschaft, weil der Träge unmöglich das wollen kann, was da der Fleißige will. Hier ist das wahre ,Gleich- und Gleich-gesellt-sich‘, und das Ungleiche scheidet sich von selbst aus. Denn wenn der oberste Rechtsgrundsatz heißt, dass ein jeder seinem Bruder gerade dasselbe zu tun hat, was er im Gegenfalle von seinem Bruder wünschen kann, – so ist dadurch schon von selbst ausgeschlossen, dass der Träge von seinem fleißigen Bruder alles ihm Zusagende wünscht, ohne jedoch des Sinnes zu sein, dem Bruder das gleiche zu tun. Das geht hier durchaus nicht, da hier eben ein jeder Geist nur trachtet, seinen Brüdern auf jede mögliche Art zu nützen. Wer aber träge und nicht von diesem Geiste beseelt ist, dem ekelt es bald vor solchem Kommunismus, und er sucht sich eine Gesellschaft aus, die in allem seines Sinnes ist. Wie es aber nach kurzem einer solchen isolierten Faulenzergesellschaft ergehen kann, dürfte wohl jedem aus euch ohne viele Erläuterung klar sein.

Ihr sagt dazu: Ja! Weil ihr dies nun völlig einseht und das Rechtsgesetz dieser Welt, in der es keinen Tod mehr gibt, als gut anerkennt – so verhaltet euch auch so, wie es in eurem eigenen Interesse dieses Gesetz fordert. Dann seid ihr dadurch schon vollkommen Bürger dieser Welt und könnt von allem einen guten, euch dienlichen Gebrauch machen, so ihr in jenes Haus ziehen wollt, um dort irgendeine Erquickung zu nehmen. Nur müsst ihr aber den festen Willen mitnehmen, diesem Hause auf jede mögliche Weise nützlich sein zu wollen!`

Spricht der Graf: `Mein geehrtester lieber Freund, das versteht sich von selbst! Denn ich wollte ja bei weitem lieber gar nicht sein, als von jemandem etwas annehmen, das ich ihm nicht auf eine oder die andere Art wieder rückerstatten könnte. So ist auch meine ganze Schar; dafür getraue ich mich einen Bürgen zu machen mit dem besten Gewissen! Aber nun, lieber Freund, der du schon sicher länger diese Gegend bewohnst und dich überall gut auskennen wirst, sage uns allen, wie wir uns zu unserer Hilfe an den alleinigen Gott Himmels und der Erde, also an Jesus, den Gekreuzigten, wenden sollen? Wo ist Er? Und werden unsere sündigen Augen je Sein heiligstes Antlitz zu sehen bekommen?

Wir sind ehedem, als es hier noch sehr finster war, durch eine Stimme aufgefordert worden, uns an Jesus zu wenden, so uns geholfen werden soll. Anfangs hielt ich das mehr für eine akustische Täuschung. Aber nach und nach fing ich an einzusehen, dass an der Sache wirklich etwas sein müsse. Aber wie diese effektvoll anpacken, das ist eine andere Frage! Und dies würde uns wahrscheinlich kein Wesen besser beantworten können als gerade du, der du hier sicher in allem und jedem schon ganz zu Hause sein wirst.`

Spricht der Fremde: `Ganz gut, Meine lieben Freunde! In dieser Welt bin Ich sozusagen überall völlig zu Hause. Aber was euer Anliegen betrifft, so habt ihr euch ja ohnehin schon an den Herrn Jesus gewendet, weshalb es auch sogleich heller um euch geworden ist. Ich brauche euch daher in dieser Sache nichts Weiteres mehr zu eröffnen. Behaltet nur Jesus in eurem Herzen, so wird euch ehestens die beste Hilfe werden. Nur müsst ihr allen euern von der Welt mitgebrachten Hochmut, Stolz, Eigendünkel, alles Rachegefühl und die leidige Sinnlichkeit in bezug auf das weibliche Geschlecht für ewig von euch verbannen und alles Jesus, dem Herrn, anheimstellen. So werdet ihr für ewig bei Ihm, um Ihn und in Ihm sein! Denn Seine Güte ist unermesslich.`

Spricht Miklosch, ganz entzückt über die Worte des Fremden: `O liebster Freund, da du den Herrn Jesus Christus gut zu kennen scheinst, ansonsten du doch nicht mit solcher Zuversicht von Ihm reden könntest, so gib uns allen gefälligst eine kleine Beschreibung von Ihm und zeige uns ungefähr die Gegend, wo Er Sich mit Seinen seligsten Freunden vorzugsweise aufzuhalten pflegt.`

Spricht der Fremde: `Liebe Freunde! Was da die erste Frage betrifft, so muss ich euch sagen, dass gerade Ich Selbst die größte Ähnlichkeit mit Ihm habe. Persönlich sieht Er geradeso aus wie Ich. Auch Seine Stimme ist ganz wie die Meinige. Fürwahr, wer Mich sieht, der sieht das wirklich vollkommene Ebenbild Jesu des Herrn! Ihr dürfet also nur Mich recht fest ins Auge fassen, so seht ihr auch schon so gut wie Jesus Selbst, der Gestalt nach.

Was aber das Wo betrifft, so ist die Antwort ein wenig schwieriger, obschon am Ende alles auf eins hinausläuft. Im allgemeinen aber wohnt Er im ewigen Osten. Und vom irdisch naturmäßigen Standpunkt aus betrachtet in der Gegend des Sternbildes ,Löwe‘, und zwar in der entsprechenden geistigen Zentralsonne, die da umfasst die naturmäßige unter dem Namen Regulus und über sie hinaus die ganze Unendlichkeit. Habt Ihr Mich wohl verstanden?`

Spricht der Graf: `Ja, so gut es gehen mag! Aber dass du dich dabei ein wenig dunkel über das Wo geäußert hast, wird wohl jeder von uns gemerkt haben. Wie da deine persönliche Ähnlichkeit mit Jesus und Sein wahres Wo am Ende auf eins hinauslaufen könnte, das, liebster Freund, ist mir ein bisschen zu rund! Denn was hat deine zufällige Ähnlichkeit mit dem wahren Wo des Herrn Jesus zu tun? Wie kann das eins sein? Da musst du dich im Eifer vielleicht doch ein wenig verredet haben. Sei demnach so gut und deute uns diese Sache ein wenig klarer!`

Spricht der Fremde: `Ja, mein lieber Bathianyi, schau, hier ist es schon einmal so! Es muss einem da nicht alles auf einmal klar sein. Siehst du denn nicht, wie diese Gegend von den Nebeln nicht auf einmal klar werden will? So geht es auch mit so mancher Antwort. Eine vollständige Antwort macht den Geist träge, weil er um nichts Weiteres mehr zu fragen hat. Ist aber die Antwort etwas dunkel, wird der Geist über alle Maßen fleißig, um sich darin wieder zurechtzufinden. Sieh, über die Gestalt Jesu hast du keinen weiteren Anstand erhoben. Dein Geist gab sich auf diese klare Antwort sogleich seiner trägen Ruhe hin und fragte um nichts mehr. Aber die Dunkelheit der zweiten Antwort erweckte ihn wieder und er nötigte dich dann, weiter fragen zu müssen. Und das ist gut! – Mache dir daher in der Zukunft über irgendwo vorkommende Zweifel keine Skrupel, denn zu rechter Weile wird dir schon alles klar werden!`

Spricht der Graf: `Das ist alles recht schön, gut und wahr – aber sehr mystisch bleibt es immer!` –

 

Fällt ihm der Franziskaner ins Wort: `Ja, ja, mystisch und immer mystisch! Wir müssen froh sein, dass uns dieser Freund so viel Aufschluss erteilt, nicht aber, dass wir noch seine herrlichen Worte bekritteln sollen. Mich hat die zweite Antwort gar nicht im geringsten geniert. Sie, Herr Graf, aber möchten halt schon wieder die ganze Hand, wo Ihnen ein Finger gezeigt wurde. Ich finde darinnen wahrlich keine Höflichkeit, die Ihnen doch sonst so eigen war!` –

Spricht der Graf: `Freund, das geht Sie nichts an! Wenn Sie eines trägen Geistes sind, so seien Sie es immerhin, aber von meinem Geiste haben Sie keine Trägheit zu verlangen!`

Spricht der Fremde: `Ruhig, ruhig, meine Freunde! In solchem Eifer lässt sich nichts Großes und Wahres erreichen. Liebe sei euer Führer!`"  (RB.01_139,18 ff)


„Die wahre Liebe ist hier der allein gültige Maßstab nach dem bemessen wird, wie nahe sich jemand bei Mir befinden kann! Hast du eine rechte, von allem Eigennutz freie Liebe, da bist du mir am nächsten. Je mehr Fünklein Eigennutz aber aus deinem Herzen emporsprühen, desto weiter kommst du von Mir zu stehen.“ (RB.02_160,06)


„Gott als Vater über alles lieben ist ja endlos mehr wert, als Ihn ergründen wollen!“
(RB.01_127,09)