"Es ist wahrlich nichts Geringes, wenn ein Mensch aus dem Mutterleibe zur Welt geboren worden ist. Denn was dazu gehört, bis eine Menschenseele aus allen Stufen reif wird zur Ausgeburt in die Welt, glaube es Mir, ist fürwahr mehr als du in Ewigkeiten zu fassen imstande sein wirst!"


 

Im Zweifel töten -

oder: zur pränatalen Diagnostik

 

Peter Keune

 


Mit den Anwendungen der an sich wertvollen Diagnostikmethoden bei Schwangeren taucht auch ein riesengroßes moralisches Problem auf. Die pränatalen Untersuchungsmethoden sind inzwischen so ausgereift, dass man sogar Schäden am Erbgut des Ungeborenen erkennen und so die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruches planen kann. Es erhebt sich die Frage, wie Eltern mit solchen Diagnosen umgehen sollen, ohne dass sie in eine tiefe Krise gestürzt werden.

 

Der „Spiegel“ in seiner Ausgabe vom 11.06.12 gibt einen Einblick in das problembeladene Forschungsgebiet und erläutert den jetzigen Stand der Dinge:

 

Doch jetzt gibt es dieses neue Verfahren, mit dem sich schon im Mutterleib erkennen lässt, welche genetischen Zeitbomben in den Zellen der Ungeborenen ticken – ohne diesen dabei ein Härchen zu krümmen. Alle Defekte im Erbgut: entlarvt. Aus ärztlicher Sicht eigentlich ein Traum. Und doch hat Holiski-Feder*), als Profi, zum ersten Mal Angst. ‚Die Eltern werden nicht mehr aus noch ein wissen’, sagt sie. Was der Humangenetikerin Angst macht, ist der Durchbruch in Sachen pränataler Diagnostik. Eine Zeitenwende. Es geht um eine Methode, die für immer verändern könnte, wie wir mit ungeborenen Leben umgehen. Wie wir mit Krankheit und Behinderung umgehen. Sicher ist, es wird mehr Schwangerschaftsabbrüche geben. Und es wird mehr Mütter und Väter geben, die verzweifeln, weil ihnen niemand mehr sagen kann, ob es gut ist ihr Baby zur Welt zu bringen. Es wird sich zum Beispiel die Frage stellen, ob es erträglich ist, ein Kind mit einer winzigen Mutation zu gebären, die vielleicht später krank macht. Aber vielleicht auch nicht. Es wird selektiert werden, durch sozialen Druck: Du hättest es wissen können, wieso hast du es nicht verhindert?’

*) Münchner Humangenetikerin

 

Weil die Verfahren für die Früherkennung ständig verfeinert werden, scheint sich eine neue Epoche der Möglichkeiten aufzutun.

 

Vor allem aber, das ist der neue entscheidende Schritt, haben Kitzmann und seine Kollegen*) es geschafft, sämtliche Gene des fötalen Erbgutes aus dem Blut der Mutter zu fischen. Selbst völlig neue Mutationen können sie aufspüren, Veränderungen des Erbgutes durch Zufall, die während der Eizellen- oder Spermienbildung auftreten. Das Verfahren ist damit geeignet, sämtliche Föten auf genetische Auffälligkeiten hin zu testen . . . Das komplette Gen-Screening des Fötus wird möglich sein, und es wird gemacht werden. Die Aussicht seinem Kind womöglich ein schweres Schicksal zu ersparen, mit einer simplen Blutentnahme und ohne Risiko einer Fehlgeburt, all dies wird dazu führen, dass der umfassende DNA-Test zur Regeluntersuchung wird. Wie der Ultraschall.’

*) Jacob Kitzmann und Jay Shendure, Universität Washington

 

Auch wenn heute die Untersuchungsergebnisse auf ihre Folgen hin noch nicht genau definiert werden können und zudem solche Analysen noch sehr kostenintensiv sind, wird bereits fieberhaft an deren Zuverlässigkeit gearbeitet. Auch die derzeitigen Kosten scheinen in Zukunft in bezahlbare  Größenordnungen zu sinken.

 

Dem äußeren Schein nach sind solche medizinischen Fortschritte - abgesehen von den sich auftuenden moralischen Skrupeln - für die Menschheit erstrebenswert. Geistig gesehen aber können ganz andere Einwände geltend gemacht werden. Wie aus den Nebenworten an Lorber, in „Himmelsgaben“ veröffentlicht, ersichtlich wird, ist die Geburtsstunde eines Menschen schon vor Urzeiten her berechnet worden. Wir lesen*):

*) [Himmelsgaben, Band 2,42.10.13,02] an Anselm Hüttenbrenner/Wortemsig anläßlich seines Geburtstages.

 

Höre, Mein lieber A. H.-W.! Es ist wahrlich nichts Geringes, wenn ein Mensch aus dem Mutterleibe zur Welt geboren worden ist. Denn was dazu gehört, bis eine Menschenseele aus allen Stufen reif wird zur Ausgeburt in die Welt, glaube es Mir, ist fürwahr mehr als du in Ewigkeiten zu fassen imstande sein wirst! Dass die Werdung eines Menschen für Mich Selbst keine solche Kleinigkeit ist, wie sich einige philosophische Toren träumen lassen, beweisen ja alle die Taten und alle die Vorschöpfungen, welches alles allein nur für den Menschen bewerkstelligt und gemacht wurde!

Demnach aber ist es denn ja auch billig und gerecht, dass selbst der leibliche Geburtstag für jeden Menschen ein wichtiger Tag sein muss, da er kein  zufälliger, sondern ein schon von Ewigkeit her wohl berechneter Tag ist.“ —

 

Wie wohlberechnet dieser Tag ist, wird aus dem folgenden Text deutlich, der die großen Entwicklungslinien zeichnet:

 

[HiG.02_42.10.13,08] „Als nun die Welten von den Urzentralsonnen abwärts ausgebildet waren, da auch erst wurde jedes Welten-Atom genau auf den tausendsten Teil einer Sekunde berechnet, wann es solle gelöst werden. Und war die große Rechnung einmal bestimmt, da erst begannen die organischen Schöpfungen auf den Weltkörpern durch alle Stufen in der allerhöchsten,  weisesten, wohl berechneten Ordnung. Und hernach kam endlich erst der Mensch, als ein vollkommenstes Aufnahme-Organ aller ihm vorangegangenen endlosen Stufen und als ein vollkommener Wiedervereinigungspunkt des einst aus Mir gegangenen Lebens!

Damit es aber bei dieser Neugestaltung der alten Wesen an der Seite Gottes  gegen Ihn Selbst keine Widerordnung gebe, musste Gott Sich gewisser Art durch Meine Menschwerdung Selbst neu gestalten, hernach bauen einen neuen Himmel und endlich machen, dass da alles neu werde, gleich Ihm!

Nun siehe, solches alles steckt hinter einem einzigen Geburtstag!“

Man kann diese alle Vorstellungen übersteigende Angabe in ihrer Aussagekraft vielleicht erahnen, wenn man davon ausgeht, dass der Herrn nicht von unten her anfängt zu schaffen, indem Er einfach etwas Lebendiges schafft und dann abwartet, was daraus werden könnte, sondern dass Er bei allen Schöpfungsprozessen immer das Endbild Seiner Schöpfung vor Augen hat, also das, was einmal werden soll. Für dieses Gesamtbild hat Er alle Bausteine im Blick, welche dafür zusammengetragen und bearbeitet werden müssen. Anders kann man diese grundlegende Rechnung nicht auffassen, die nach Seinen Aussagen vor aller Entwicklung des Lebens in der materiellen Schöpfung getätigt wurde. Von daher bekommt jeder Baustein oder jede menschliche Seele sein Schicksal*), das aus dem Vergangenem, dem Gegenwärtigen und Zukünftigen zusammengesetzt ist. Deshalb versteht sich Schicksal als Weg zum Ziel. Alles was einem begegnet, hat mit dem Werden und der Vollendung zu tun. Swedenborg formulierte dies in seiner Schrift „Göttliche Vorsehung, 154“ so:

*) In der Mythologie entwickelte sich der Gedanke des Schicksals als personifizierte Macht (die Schicksalsgottheiten Fortuna, Nornen, Tyche, Moiren, Parzen, Namtura), die sowohl das individuelle Leben als auch den Weltlauf beherrschen, und das Schicksal dem Menschen "schicken". (Wikipedia)

 

Die göttliche Vorsehung des Herrn hat zum Endzweck den Himmel aus dem menschlichen Geschlecht.“ (Näheres darüber siehe „Göttliche Vorsehung“ 27) Und an anderer Stelle „Es ist Gesetz der göttlichen Vorsehung, dass der Mensch vom Herrn vom Himmel aus geführt und belehrt werde, vermittelst des Wortes, der Lehre und der Predigt aus demselben, und zwar dem vollen Anschein nach wie von sich selbst.“

 

Der Herr legt also unter Wahrung des jeweiligen persönlichen freien Willens Hand an, obwohl es den Anschein hat, der Mensch gestalte sich selbst. Die Geburt einer Seele auf diesem Planeten hat deshalb eine herausragende Bedeutung, weil die Erde das Herzenswärzchen*) der Schöpfung darstellt und Bildungsstätte der Kinder Gottes ist und damit zu einem direkten „Sprungbrett“ in das Vaterhaus werden kann. Solche Geburten zu verhindern stellt schwere Eingriffe in die Entwicklungsmöglichkeit der zu inkarnierenden Seelen dar. Anders ist es, wenn Kinder im frühen Alter durch Krankheit oder Unfall sterben. Hier wirkt die göttliche Vorsehung und begrenzt solche Lebensproben aus weisen Gründen. In der Neuoffenbarung hat der Herr dafür verschieden Hinweise gegeben.

*) Nach Angaben des Lorberwerkes besitzt jedes Menschenherz ein allerkleinstes Organ in Form eines Wärzchens, durch das der Herr mit Seiner Lebenskraft in die Seele des Menschen einfließt und so den ganzen Menschen belebt.

 

Aus göttlicher Vorsehung werden auch sehr sensible Seelen aus anderen Regionen des großen Schöpfungsmenschen in ihrer Empfindungswelt bis zu dem Grad abgestumpft, der nötig ist, damit sie die Welt ertragen können. Dies betrifft auf Erden nicht selten geistig behinderte Menschen, die hier als besonders sensibel gewissermaßen „gedimmt“ werden, dabei aber in ihrer Art vollkommen fähig sind die volle Kindschaft Gottes erlangen zu können.

 

Wollte man diese Seelen im Vorfeld wegen ersichtlicher genetischer Schäden von vornherein ausgrenzen, würde man solchen werdenden Gotteskindern keinen Gefallen tun, sondern sie im Gegenteil auf ihrem Entwicklungsweg arg benachteiligen.

 

Natürlich ist es so gesehen richtig, alles werdende Leben als vom Herrn gegeben anzunehmen. Der Schriftsteller Hans-Jürgen Weidlich hat einmal im Zusammenhang mit Adoptivkindern geschrieben*): „Kinder kann man nicht umtauschen.“ Es gibt genügend Erfahrungsberichte von Eltern, die z.T. schwerst behinderte Kinder trotzdem überaus geliebt haben und sie um keinen Preis wieder hergeben wollten. Außerdem sind solche Anforderungen auch für die ganze beteiligte Familie ein riesengroßes Erfahrungsfeld.

*) In seiner Erzählung: "Der Knilch und sein Schwesterchen", Agentur des Rauhen Hauses, Hamburg

 

Da die Erde gemäß der göttlichen Ordnung ununterbrochen Seelen hervorbringt, müssen diese auch inkarniert werden können. Wenn nun die Bedingungen dafür wie Geburtenkontrolle, Schwangerschaftsabbrüche und dgl. in die Entscheidungen der Menschen gelangen, kann man sich die resultierende Unordnung im Ablauf der Schöpfungsordnung vorstellen*).

*) So auch bei der staatlichen Verordnung in China, nur noch ein Kind haben zu dürfen. Die Folge bringt die ganze Population durcheinander, indem männliche Kinder bevorzugt und viele weibliche abgetrieben werden. Wie man hört (Okt.2012), soll diese Regelung vom Politbüro wieder in Frage gestellt werden.

 

Da andererseits dem Menschen vom Herrn größte Handlungsfreiheit eingeräumt werden muss, können auch viele in die Substanz eingreifende  Fehlentscheidungen vorkommen, die erst einmal ausgebadet werden müssen, bis sie höheren Erkenntnissen weichen. Sollte aber etwas gänzlich dem Schöpfungsplan zuwider sein, verlaufen solche Anstrengungen im Sand, d.h. sie können nicht weiter zielführend fortgeführt werden.

 

In unserem Fall, der Frühdiagnostik, wird es vermutlich wenige Eltern geben, die sich von solchen Prognosen beeinflussen lassen. Es überwiegt doch die Liebe zum Kind - trotz allem.

 

(Mit Genehmigung des Verfassers aus: DAS PROGRAMM Jan. bis März 2013, Swedenborg Zentrum Berlin)