„Gehet hin, so ihr wollet und betrachtet aus einiger Ferne ihr loses Getriebe und ihr habt die enthüllte Welt vor euch oder so ihr es lieber annehmet, auch die enthüllte Hölle!“

 


Das Wettrennen

Ein treffliches Gleichnis des Weltlebens

 

Jesus durch Jakob Lorber:

 

„Heute produziert die nun in dieser Stadt anwesende sogenannte `Kunstreitergesellschaft` ein Wettrennen zu Pferde und zwar auf dem Glacis. Jeder Reiter muss die elliptische Bahn in wenigen Minuten 3mal durchreiten und wer aus der ganzen Reitergesellschaft in der kürzesten Zeit die Rennbahn 3mal durchreitet, bekommt eine Ehrenfahne als  Siegesprämie und sonst nichts als seine gewöhnliche Gage. Also zeigt es der Kündzettel an.

 

Diese an sich ganz wertlose und Mir höchst zuwidere Sache ist aber dennoch ein treffliches Bild der Menschheit und ihres Strebens in dieser Zeit. Der Wirkungskreis der jetzigen Menschen ist gleich einer solchen Wettrennbahn, in der jeder nach Kräften sich zu Tode rennt und kommt aber dennoch nicht um ein Haarbreit weiter, denn von dem Standpunkt, von wo er ausläuft, auf demselben Standpunkte bleibt er dann auch stehen, gewöhnlich für die ganze Ewigkeit.

 

Das 3malige Herumrennen aber ist gleich dem, wie da ein Mensch in seiner frühen Jugendzeit einmal einen fleischlichen Sündenzyklus in aller Eilfertigkeit und mit überaus großem Leichtsinn durchtobt, als mit Fressen und Saufen, Mode und Hurerei, Tanzen und Spielen und dergleichen mehr.

 

Nach diesem ersten Rennen kommt der sogenannte männliche zweite Zyklus, bestehend aus Lug und Trug, Neid und Geiz, Scheelsucht und Ehrabschneidung, Stolz, Hochmut und Herrschsucht, Gewinn-, Gold- und Geldlust, Lieblosigkeit, Unbarmherzigkeit, Unglaube und endlich volle Gottlosigkeit u. dgl. m.

 

Darauf kommt dann das dritte Rennen, wenn so ein `Weltwettrenner` sich nicht schon beim ersten oder zweiten Durchrennen seiner Weltwirkungskreis-Bahn sich zu Tode gerannt hat. Dies dritte Rennen heißt die Altersschwäche des Leibes und noch mehr der Seele und gar am allermeisten des Geistes und ist nur im tempo moderato von den ersten zweien unterschieden und ist auch gleich dem alten Sprichworte: `Jung gewohnt – alt getan`, und so gleicht ein Renner dem andern auf ein Haar und der Mensch, der solche Bahn durchlaufen hat, bleibt sich gleich und ist dann im Alter auch selten um ein Haar besser als er es in seiner Jugend war!

 

Der Lohn, eine wertlose (Ehren-)Preisfahne bei der heutigen Wettrennerei, ist eben auch völlig dieser gleich, nur mit dem Unterschiede, der Wettrenner bekommt sie in die Hand und gibt sie daheim wieder ab für einen ferneren gleichen Zweck. Der Weltwettrenner aber wird damit zugedeckt, aber auch nur zum Scheine, denn am Grabe wird diese Ehrenfahne ihm ebenfalls wieder abgenommen, für einen ferneren gleichen Zweck bei einem anderen Weltrenner!

 

Diese Fahne ist dann bei gar Vielen auch ein Siegeszeichen und Aushängeschild, dass der Tod über sie gesiegt hat und nicht sie über den Tod!

 

- Ein trauriger Preis für so viel eitle Mühe und Arbeit in dieser  Welt

- für diese Welt! -

 

Ganz am Ende kommt noch das: `sonst nichts als die gewöhnliche Gage`. Diese ganz gewöhnliche Gage für all die eitel törichten Weltrenner ist das Jedermann wohlbekannte Grab, die Verwesung und anstatt der Auferstehung der ganz gewöhnliche ewige Tod oder die Hölle!

 

Und seht, da haben wir dann unsere Weltrennerschaft und Weltkunstreiterei samt Preis und `sonst nichts als die gewöhnliche Gage` so schön beisammen unter dem Bilde der heutigen Kunst- und Wettrenn-Produktion, dass wir es uns nicht schöner wünschen und malen könnten. Gehet hin, so ihr wollet und betrachtet aus einiger Ferne ihr loses Getriebe und ihr habt die enthüllte Welt vor euch oder so ihr es lieber annehmet, auch die enthüllte Hölle! –

 

Nur der Unterschied ist anbei noch zu bemerken: diese Kunstreitergesellschaft sorgt durch dieses ihr halsbrecherisches Unternehmen und eitles Mühen doch wenigstens für ihren irdischen Lebens-Unterhalt, wenn auch für sonst nichts, aber die Weltrenner sorgen meistens nicht einmal für das, weil sie in diesem Punkte gewöhnlich ohnehin versorgt sind. Sie sorgen daher lediglich nur für das, was da ist des ewigen Todes, denn vom Leben wissen sie nichts und sorgen sich daher auch nicht um selbes. Und so sie auch irgendwann an selbes gemahnt werden, so glauben sie aber dennoch nicht und bleiben nach wie vor Weltkunstreiter und Weltrenner für obigen Preis und gewöhnliche Gage.

 

Hütet euch daher vor solchen (darunter entsprechend gemeinten) Weltkünsten, die einen so schnödesten Preis zur ewigen Folge haben! Amen! – Das sage Ich, der Allgewaltige. Amen, Amen, Amen!“

 

(Jakob Lorber, „Das Wettrennen“, „Lebensgarten“)