„Darin aber liegt die höchste Weisheit, dass ihr weise werdet durch die lebendigste Liebe. Alles Wissen aber ist ohne die Liebe nichts nütze! Darum bekümmert euch nicht so sehr um ein vieles Wissen, sondern dass ihr viel liebet, so wird euch die Liebe geben, was euch kein Wissen je geben kann! Es ist ganz gut, dass ihr die drei Stunden zur vielfachen Bereicherung eures Wissens und eurer Erfahrungen alleremsigst verwendet habt; aber alles das würde für sich eurer Seele wenig nützen. So ihr aber in der Folge die Zeit also emsig der Liebe zum Nächsten opfern werdet, so wird euch ein Tag schon von größerem Nutzen für eure Seelen sein!“ (4.GEJ 1,9)

 


Was ist Wahrheit?

 

Gerd Kujoth

 

 

1. Die Liebe zur Wahrheit

2. Das vom Weltgeiste reine Herz

3. Die Wahrheit suchen und selbst finden

4. Die von Gott zugelassenen Irrtümer

5. Die von Gott geoffenbarte Wahrheit

6. Alles prüfen und das Gute und Wahre behalten

7. Der Glaube und der Verstand

8. Der Autoritätsglaube

9. Der Glaube auf gewirkte Zeichen und Wunder

10. Nicht blind glauben, sondern die Wahrheit verstehen

11. Die eigene Erkenntnis nicht anderen aufdrängen

12. Nicht der Weisheit, sondern der Liebe nachstreben

13. Durch das Handeln nach dem Gotteswort wird die Wahrheit erkannt

14. Gott ist die Wahrheit

15. Mit der wahren Liebe kommt das Licht der Weisheit

16. Die Wahrheit muss aus der Lebendigkeit des Herzens hervorgehen

 

 

1. Die Liebe zur Wahrheit

 

Als Jesus von Pilatus verhört wurde, sagte Er: „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass Ich der Wahrheit Zeugnis gebe; jeder, der aus der Wahrheit ist, hört Meine Stimme.“ Da fragte Pilatus: „Was ist Wahrheit?“ (Joh. 18,37-38) - Diese Frage des Pilatus nach der Wahrheit, macht es deutlich, dass wir Menschen nicht von vornherein erkennen können, was Wahrheit ist. Es ist für uns nicht einfach, die Wahrheit zu erkennen, weil wir auf dieser Erde in einer geistigen Finsternis wandeln. Jesus aber kam als das Licht in diese Welt. Er sagte: „Ich bin das Licht der Welt. Wer Mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern er wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh. 8,12)

 

Johannes schrieb: „Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen.“ (Joh. 1,5) - Als das Licht, das in die Finsternis der Menschen leuchtet, hat uns Jesus die Wahrheit verkündet. Er sagte: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, denn durch Mich.“ (Joh. 14,6) - Als das Licht ist Jesus die Wahrheit. Und Er sagte, als Er mit dem Vater in Ihm sprach: „Dein Wort ist Wahrheit.“ (Joh. 17,17) Das heißt: Das Wort des Vaters, das Wort der ewigen Liebe ist also die Wahrheit. „Und was Ich von Ihm gehört habe“, sagte Jesus, „das rede Ich zu der Welt.“ (Joh. 8,26) Und so ist das Wort, das Jesus zu uns spricht, die reine Wahrheit.

 

Das ist eine einfache Sache“, wird mancher denken, „denn da brauche ich ja nur das Wort Gottes zu lesen und mir zu eigen zu machen, so habe ich die Wahrheit.“ - Für den, der an das Wort Gottes glauben kann, ist das auch zunächst so einfach. Aber wie viele Kirchen, Sekten und Gemeinschaften gibt es, die alle aus demselben Wort Gottes, wie es in der Bibel geschrieben steht, ihre unterschiedlichsten Glaubensansichten bezogen haben? Und alle meinen, allein die Wahrheit zu besitzen. Auch an der Überzeugung, was alles Gottes Wort und was nicht Gottes Wort ist, unterscheiden sich die Geister. Und was machen erst diejenigen, die weder an Gott noch an ein Wort Gottes glauben können? - Da sagt Jesus: „Niemand kann zu Mir kommen, es sei denn, dass ihn ziehe der Vater.“ (Joh. 6,44) - Was heißt das? - Jesus erklärt es uns in der Neuoffenbarung. Er sagt:

 

Den der Vater - oder die ewige Liebe in Mir - nicht ziehet, der kommt nicht zu Mir, oder mit anderen für euch faßlicheren Worten gesagt: Wen die wahre Liebe zur Wahrheit und zum Lichte nicht anziehet, und der in seiner (geistigen) Trägheit und Schläfrigkeit ganz behaglich verharret und sich in der Welt so viel als möglich allen Vergnügungen und Zerstreuungen in die Arme wirft, wird der wohl irgendeinmal zum Lichte der Wahrheit gelangen?

 

Ich sage euch, ebensowenig, als aus einem trägen Studierenden, der seine Studien zuallermeist in Gast- und Kaffeehäusern und auf den Tanzböden und in den Gemächern der feilen Dirnen macht, ein großer Astronom wird; denn um das zu werden, dazu gehört von Jugend auf ein übergroßer Fleiß und eine große Menge von allerlei Selbstverleugnungen. Doch mit der großen Liebe zu solch einer erhabenen und schweren Wissenschaft ist er mit der Zeit dahin gekommen, Dinge zu berechnen, von denen der laie Weltmensch sich nichts kann träumen lassen. Und da heißt es wieder: Wen der Vater nicht zieht, der kommt nicht zum Sohne; denn der Sohn ist ja das Licht, ausgehend aus der Flamme und dem Feuer der Liebe oder des Vaters.

 

Gehet aber hin zu den meisten sogenannten christlichen Sekten und betrachtet besonders ihre Priesterschaft und fraget sie: Welche Liebe hat denn euch zu eurer vorgeblichen Wahrheit, die ihr prediget, gezogen? Und auf ihren Gesichtern und ihren Bäuchen werdet ihr’s geschrieben finden: die möglichst beste zeitliche Versorgung und überepikuräisch wohlbesetzte Speisetische mit allen best bereiteten Leckerbissen, die auf der lieben Erde irgendwo anzutreffen sind; und je höher sich solche Priesterschaft hinaufschwingen kann, desto epikuräischer wird auch ihre Tugend und damit auch ihre Selbstsucht und Herrschsucht.“ (3.Hg S. 325,17-20)

 

Wer also die Wahrheit erkennen will, dem dürfen nicht die zeitliche Versorgung oder andere weltliche Interessen und Rücksichten was auch immer für einer Art im Vordergrund stehen, sondern allein die Liebe zur Wahrheit. Denn wer keine Liebe zur Wahrheit hat, der kann auch nicht das Licht der Wahrheit erkennen. Zu einem Wahrheitssucher sagte Jesus: (Wem) es um die Wahrheit ernst ist, (dem) gebe Ich da gerne ein rechtes Licht. Wer aber da weder kalt, noch warm ist, sondern lau, der ist Meines Lebenslichtes auch nicht wert und wird es auch so lange nicht überkommen, als ihm darum nicht völlig ernstlich zu tun sein wird.“ (8.GEJ 129,15)

 

 

2. Das vom Weltgeiste reine Herz

 

Manche sagen, dass es ihnen ernst sei, die Wahrheit zu finden und sie hätten auch Liebe zur Wahrheit, und doch können sie nicht recht das Wahre vom Falschen unterscheiden, oder sie meinen den richtigen Glauben zu besitzen, haben ihn aber dennoch nicht. Wie kommt das? –

 

Dazu gibt uns Jesus die folgende Antwort: „Der einfache, schlichte Mensch, der da noch eines möglich reinen Herzens ist, hat auch eine freiere Seele und in der Seele einen freieren Geist und faßt darum bald und leicht das, was des Geistes ist. Aber ein Weltweiser, dessen Seele mit lauter materiellen Verhältnissen vernagelt ist und von einem göttlichen Geiste in ihr gar keine Ahnung mehr hat, wird das freilich nicht fassen und begreifen, was ihr zum größten Teile nun schon leicht begreifet und so ziemlich in der rechten Tiefe fasset. Aber dennoch fasset auch ihr jetzt noch vieles nicht.“ (3.GEJ 16,3)

 

Voraussetzung zur Erfassung der geistigen Wahrheit ist also ein vom Weltgeiste reines Herz und eine unverdorbene Verstandesbildung. Nur wenige Menschen sind heute noch eines so reinen Herzens, dass sie geistig sehend sind. Und wie es für diese Welt Blinde, Halbblinde und schlecht Sehende gibt, so gibt es sie auch für die Wahrheiten des Geistes. Und leider ist in der heutigen Zeit die Welt voll von geistig Blinden, Halbblinden und schlecht Sehenden. Das sind die Menschen, die an dieser Welt hängen, die ihren Weltverstand an erste Stelle setzen, das sind die Weltweisen, die zumeist viel über die Dinge dieser Welt gelernt und studiert haben.

 

Jesus sagt: „Es sitzen gar viele solche Blinde an den Wegen, und gar viele tappen in allen Ecken herum. Aber die am Wege sitzen, die schlafen ein, ganz berauscht vom Opiumtrank ihrer Gelehrtheit, und träumen dann also, als ob sie sehen möchten. Diese wissen in der Betäubung ihres gelehrten Traumes nicht, wann der Herr Seinen Weg bei ihnen vorüberzieht, und wissen auch nicht, dass sie blind sind.“ (Schr. 11,6) Diese fassen und begreifen nur schwer oder auch gar nicht, was Jesu Jünger damals schon leicht begriffen hatten.

 

 

3. Die Wahrheit suchen und selbst finden

 

Wenn auch die Jünger Jesu einerseits schon manches begriffen hatten, so begriffen sie andererseits aber doch vieles noch nicht. Und warum nicht? - „Es soll nicht sein“, so sagt uns der himmlische Vater, „dass der Mensch in jegliche Tiefe Meiner Weisheit dringe in der Zeit; denn dazu ist euch ja von Mir ein ewiges Leben bereitet!“ (3.HG 27,3)

 

Dies ist also bei der Beantwortung der Frage, warum die Wahrheit so schwer zu erkennen ist, auch zu beachten, dass es den Menschen nicht gegeben ist, auf einmal in die Tiefe der Weisheit zu dringen, sondern nur nach und nach.

 

Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Wort“, schrieb Paulus (1.Kor. 13) und deshalb erkennen wir alle nur stückweise. Jesus sagt: „Ließe Ich den vollen geistigen Tag allen Menschen auf einmal plötzlich werden, so würden die Menschen, solange sie ihren schweren Leib noch zu tragen haben, dann träge und würden sich nicht mehr viel mit dem Suchen und Forschen abgeben. Sie würden wohl die Gebote halten und handeln nach der in ihnen helleuchtenden Wahrheit, aber das sicher mehr auf eine mechanische, als auf eine völlig lebendige Art; und so ist es sicher besser, dass die Menschen erst so von Stufe zu Stufe durch ihr eigenes Suchen, Forschen und Handeln den geistigen Tag in sich entstehend gewahren und, dabei eine große Freude habend, auch ihre noch in der eigenen Nacht wandelnden Brüder belehren und sie auch zum Suchen des eigenen inneren Geistestages anregen und aneifern, als dass ein jeder Mensch ohne eigenes Tun und Handeln gleich in alle Fülle des inneren Geistestages durch Meine Allmacht versetzt würde.“ (8.GEJ 22,2)

 

Damit der Mensch keine Maschine wird, muss er sich die Erkenntnis der Wahrheit durch sein eignes Suchen, Forschen und Handeln nach und nach erwerben. Jesus sagt: „Die Wahrheit wird stets nur verdeckt den Menschen dieser Erde gegeben werden; denn offen würden die Menschen sie ebensowenig ertragen, wie du das Licht der Mittagssonne mit offenen Augen zu ertragen imstande bist. Die Menschen müssen denken lernen, dann suchen und selbst finden. Und hat ein Mensch das innere Licht des Lebens nicht selbst gefunden, so nützen ihm tausend Lehrer nichts.“ (6.GEJ 204,3)

 

Es muss nicht alles auf einmal klar sein. Gott hat Seine Ordnung so eingerichtet, dass sowohl der Mensch, wie auch der schon vollendete Engelsgeist, alles nur nach und nach und auch da nur bis zu einem gewissen Grade, erkennen kann. Diese Ordnung schafft dem Menschen in alle Ewigkeit eine stets wachsende Lebenslust. (2.GEJ 5,11) Deshalb darf ihm die volle unverhüllte Wahrheit nicht einfach gegeben werden, denn er könnte sie ebensowenig verstehen, wie ein Grundschüler die höhere Mathematik verstehen könnte. So geht es auch mit den Offenbarungen Gottes an uns Menschen. Eine vollständig klare Offenbarung macht den Geist träge, weil er um nichts Weiteres mehr zu fragen hat. Ist aber die Offenbarung etwas dunkel, wird der Geist über alle Maßen fleißig, um sich darin wieder zurechtzufinden. (1.RB 140,5)

 

 

4. Die von Gott zugelassenen Irrtümer

 

Der Mensch muss sich die Wahrheit erst mühsam nach und nach zu eigen machen und dabei muss es Gott zulassen, dass auch Irrtümer unter den Menschen entstehen.

 

Jesus sagt: „Es muss dem geistigen Teile des Menschen Wahres und Falsches und Gutes und Böses zur freien Erforschung, Erkenntnis und Wahl vorgestellt werden, ansonst er nie zum Denken gebracht werden würde.

 

Würde Ich es nicht zulassen, dass je Irrtümer unter die Menschen kämen, sondern nur die Wahrheit mit ihren bestimmten und vollends notwendigen Wirkungen, so würden die Menschen einem allerreichsten Prasser und Wollüstling gleichen, der am Ende für gar nichts mehr sorgt als bloß ganz stumpf nur, dass sein Bauch die Ausfüllung zur rechten Zeit bekommt!

 

Ihr sehet nun aus dem, wie alles unter den Menschen sein muss, damit sie gleichfort zu allerlei Tätigkeit aufgefordert werden; und es ist dann aus diesem Hauptlebensgrunde ebenso untunlich, das Einschleichen der Irrtümer zu verhindern, als die eingeschlichenen am Ende auszurotten.

 

Und die stets argen Folgen, die den Irrtümern folgen, sind am Ende auch die dienlichsten Mittel zur Austreibung der Irrtümer und zur Ausbreitung der Wahrheit.

 

Die Menschheit muss durch Not und Elend, die aus der Lüge und aus dem allerartigen Betruge entstehen, die schreiendste Notwendigkeit der Wahrheit erst tief und lebendig zu fühlen und sie vollernstlich zu suchen anfangen, dann wird die Menschheit die Wahrheit auch bald finden und dann erst wird die unter allerlei notwendigen Beschwerden schwer gefundene Wahrheit der Menschheit wahrhaft nützen; würde er (der Mensch) sie aber ebenso leicht finden, wie mit dem Auge die Sonne am hellen Firmament, so hätte sie für ihn nur zu bald keinen Wert mehr, und er würde, um sich zu zerstreuen, der Lüge nachrennen, gleichwie der Wanderer am Tage soviel als nur möglich den Schatten aufsucht; und je dichter er einen findet, desto lieber ist er ihm.“ (3.GEJ 168,3+5+8-10)

 

Dass sich die Wahrheit nicht so bald finden lässt, hat also seinen höchst weisen Grund, denn alles was dem Menschen mühelos gegeben wird, das hat in seinen Augen keinen so großen Wert, als was er sich mühsam erarbeiten muss. Müssten die Menschen die Wahrheit nicht selbst suchen und finden, würden sie träge und geistig nie geweckt werden. (9.GEJ 19,8) Haben sie die Wahrheit selbst gefunden und sie sich zu eigen gemacht, so gibt ihnen das erst die vollste Befriedigung und die größte Freude.

 

 

5. Die von Gott geoffenbarte Wahrheit

 

Vom ersten Menschen dieser Erde bis zu dieser Stunde,“ sagt Jesus, „sind die Menschen nie auch nur ein Jahr lang gänzlich ohne alle Offenbarung, von Mir ausgehend, geblieben, - aber stets also, dass ihr völlig freier Wille keine Nötigung zu erleiden hatte, weil der Mensch ohne dem kein Mensch, sondern nur eine Maschine Meines Willens wäre.

 

Es ward darum dem Menschen aber auch der Verstand gegeben als ein gutes Licht, um mit demselben Gott und Seinen Willen zu suchen, - was denn auch zu allen Zeiten gar viele Menschen getan und beim rechten Ernste auch das gefunden haben, was sie suchten.“ (9.GEJ 19,6-7)

 

Zwar gibt Gott den Menschen häufig kleinere Offenbarungen, mal in diesem, mal in jenem Volke, aber nur selten große, weil in ihnen die Wahrheit zu leicht zu finden ist und die Menschen ihnen deshalb nicht den Wert entgegenbringen, der ihnen gebührt. Die Menschen werden dann träge und fallen dann bald wieder in eine große Finsternis und sind dann in ihrer Seelennacht genötigt, mit allem Eifer die ewige Wahrheit und damit Gott zu suchen. Ist das Verlangen nach Wahrheit wieder erwacht, dann ist es an der Zeit, dass Gott der Menschheit eine neue Offenbarung erteilt, die dann auch wieder höchst willkommen ist. (9.GEJ 19,8+11)

 

Jesus sagt: (Es) ist gleich, ob es (das Gute und Wahre) ein Mensch durch sein reges Forschen entdeckt, oder ob es ihm von Gott unmittelbar geoffenbart wurde; denn das Selbstfinden einer Wahrheit ist eben auch eine Offenbarung von oben, aber eine mittelbare, und das Mittel dazu war das rege Forschen. Durch solches Forschen macht sich die Seele freier von den groben Banden der Materie und erweckt dadurch auf Momente den göttlichen Geist in sich, oder sie kommt mehr ins Lebenszentrum ihres Herzens, dahin stets und unablässig Gottes Licht und Erbarmung fließt und ebenso der Seele das Leben und geistiges Wachstum schafft.

 

Wenn in den wahren, lebensregen Momenten die Seele in das beschriebene Lebenszentrum im Herzen kommt, so ist sie dadurch auch zur Offenbarung des Geistes Gottes in jegliches Menschen Herzen gelangt und kann da nichts anderes als nur die ewige gleiche Wahrheit aus Gott in sich selbst finden.“ (3.GEJ 204,1-3)

 

Das Selbstfinden einer Wahrheit ist eine mittelbare Offenbarung und hat dem suchenden Menschen nur darüber ein Licht gegeben, worüber er eines haben wollte. Sie gilt nur für ihn und gleicht dem Licht einer Lampe, die ein finsteres Gemach erhellen kann, während eine unmittelbare Offenbarung, die direkt von Gott gegeben wird, der hellsten Mittagssonne gleicht, deren Licht die ganze Welt erleuchtet und darum auch für alle Menschen gilt.

 

 

6. Alles prüfen und das Gute und Wahre behalten

 

Müssen wir denn unbedingt mühsam forschen und suchen nach der Wahrheit“, wird mancher denken, „können wir denn nicht einfach nur glauben an das Wort Gottes?“ Dazu sagt Jesus: „Auch eine frommgläubige Seele sollte das gerechte Suchen und Forschen nicht auf die Seite setzen! Denn es sollte ein jeder Mensch alles prüfen, was er von Menschen vernimmt, und das Gute, das auch allzeit wahr ist, behalten. Doch was leicht erkennbar von Mir Selbst den Menschen geoffenbart wird, das braucht der Mensch nicht viel zu prüfen, sondern nur zu glauben und danach zu handeln, und die lebendige Wirkung wird sich ihm bald sehr bemerkbar zu machen anfangen.“ (9.GEJ 37,2)

 

Das heißt also: Was aus Jesu Munde Selbst kam, das brauchten diejenigen, die Ihn damals als die Wahrheit erkannt hatten, nicht noch groß zu prüfen. Ebenso brauchen auch wir heute die leicht erkennbaren göttlichen Lehren, wie z.B. „Liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich selbst“, nicht noch zu prüfen, sondern nur zu glauben und danach zu handeln. Eine Offenbarung aus dem Jenseits aber, die uns durch ein Medium übermittelt worden ist, muss bereits sehr genau geprüft werden, ob sie wahr ist und von Gott gekommen ist, denn sie ist durch einen Menschen gekommen. Wie aber soll eine Offenbarung geprüft werden?

 

Jesus sagt: „So ihr sie (die Offenbarung) mit den Strahlen eures Gefühls prüfen und beleuchten werdet, so wird euch deren Wahrheit alsobald einleuchtend werden, und ihr werdet euch alsobald finden, als wenn die Sache euch wie lange bekannt gewesen wäre. Mit dem Verstande aber besehen, wird es euch immer mehr und mehr zu befremden anfangen; denn wie gesagt, der Verstand hat nur sehr kurze Arme, welche noch dazu sehr schwach sind, und vermögen daher große Dinge, so sie ihnen auch sehr nahe wären, nicht zu erreichen, noch weniger aber ferne Sachen zu erreichen… Daher sollet auch ihr euren Verstand unter den Gehorsam des reinen Gefühles im lebendigen Glauben aus der Liebe zu Mir vollends gefangennehmen, so werdet ihr alle Dinge schauen, wie sie sind; und dann erst werdet ihr klar und deutlich einzusehen anfangen, wo die ewige Sonne der Wahrheit und Wirklichkeit leuchtet.“ (3.Hi. Seite 66,3+5)

 

Es ist aber zwischen Glaube und Glaube ein Unterschied. Nur der lebendige Glaube vermag die Wahrheit klar zu erkennen, aber der Verstandesglaube kann leicht in die Irre gehen.

 

 

7. Der Glaube und der Verstand

 

Jesus sagt: „Der Glaube ist dem Leben der Seele näher als der vollendetste Verstand. Ist der Glaube (aber) ein Zwang, so ist er dadurch sogleich auch eine Fessel der Seele; ist aber die Seele gefesselt, so kann von einer freien Entwicklung des Geistes in ihr keine Rede sein.“ (1.GEJ 155,8)

 

Hüten wir uns, nur einen geringsten Glaubenszwang auf die Menschen auszuüben. Dazu gehört auch schon, jemanden zu bedrängen, etwas Bestimmtes zu glauben. Jeglicher Glaubenszwang fesselt die Seele, so dass sie nicht an das glauben kann, was ihrer Einsicht entspricht. Der Mensch muss frei glauben können was er als wahr erkennt, damit sich der Geist in seiner Seele frei entfalten und entwickeln kann.

 

So aber zuerst der Verstand zur richtigen Einsicht gebracht worden ist,“ sagt Jesus, „so bleibt dabei die Seele frei und nimmt sich aus dem Lichte des Verstandes allzeit nur soviel, als sie ganz gut vertragen und verdauen kann.

 

Und so entwickelt sich dann aus einem recht gebildeten Verstande ein wahrer, voller, lebendiger Glaube, durch den der Geist in der Seele eine gerechte Nahrung überkommt und dadurch stets stärker und mächtiger wird, - was ein jeder Mensch sogleich wahrnehmen kann, so seine Liebe zu Mir und zum Nächsten stets stärker und mächtiger wird.

 

Aber wo bei dem Menschen der Verstand oft ganz unentwickelt ist und er, der Mensch, bloß den Glauben, der in seiner Einzelstehung nur ein Gehorsam des Herzens und dessen Willens ist, allein hat, so muss dieser mit aller Vorsicht behandelt werden, auf dass er nicht zu einem barsten Wahne erstarre oder auf die gräßlichsten Abwege gerate, wie dies bei allen Heiden und auch in dieser Zeit bei sehr vielen nur zu augenscheinlich der traurige Fall ist.“ (1.GEJ 155,9-11)

 

Der Glaube ist mehr als der Verstand und mehr als das emsige Suchen und Forschen nach der Wahrheit. Aber der alleinige Glaube, ohne einen rechten Verstand, steht in der Gefahr, ein Falsch- oder Wahnglaube zu werden, der einem Irrlicht nachläuft. Solch ein Irrlicht blendet die Menschen und macht sie blind für die reine Wahrheit. Auf diese Weise entstehen dann die verschiedensten falschen Glaubensansichten.

 

Deswegen sagt Jesus: „Gebet den Menschen allenthalben ein rechtes und wahrheitsvolles Licht; denn wo es an dem gebrechen wird, da werden die Menschen denn auch leicht und bald verkümmern und in allerlei Irrlehren übergehen, und es wird dann schwerhalten, sie auf die Wege der vollen Wahrheit zu bringen.“ (8.GEJ 27,6)

 

Auf welche Abwege der Glaube gelangen kann, zeigt sich an den vielen christlichen Sekten und an den vielen anderen Religionen, die auf dieser Erde existieren. Es ist schwer, einen Menschen, der vielleicht nur in einer einzigen Glaubenserkenntnis von einem Irrglauben überzeugt ist, für den er aber eine für ihn glaubhafte Begründung hat, von der Wahrheit überzeugen zu können.

 

 

8. Der Autoritätsglaube

 

Ohne die rechte Aufhellung des Verstandes und des Gemütes“, sagt Jesus, „bleibt der Glaube nur eine stumme und blinde Annahme dessen, was der Mensch von irgendeiner autorisierten Seite her vernommen hat. Solch ein Glaube aber ist so gut wie nahe gar keiner; er belebt das Gemüt nicht zur freiwilligen und das Herz beglückenden Tat und ist sonach denn auch tot, weil er ohne freie und Freude erzeugende Werke ist. Werke aber, die der Mensch durch ein äußeres Muss erzwungen verrichtet, haben für die Seele keinen Wert, da sie dieselbe nicht beleben, sondern erdrücken, weil sie nicht freiwillig aus innerer Überzeugung mit Freude, sondern nur aus Furcht vor der angedrohten Strafe mit geheimem Ärger, Grimm und Zorn vollbracht werden.“ (8.GEJ 27,9-10)

 

Wie oft ist in den vergangenen Jahrhunderten den Menschen mit der ewigen Verdammnis gedroht worden, wenn sie nicht an das glaubten, was die Kirche lehrte. Wie viele gezwungen Gläubige sind dadurch entstanden, die deshalb das Christentum schlecht vertreten haben.

 

Darum sage Ich euch noch weiter“, sagt Jesus, „Prüfet alles wohl zuvor, und behaltet dann das Gute und Wahre! ...Ich könnte von euch nun ja auch gar wohl verlangen, dass ihr Mir auch ohne weitere Erklärungen glaubet, was Ich euch sage und zu tun anrate, denn die Zeichen, die Ich vor euren Augen gewirkt habe, haben Mir doch sicher jene Autorität verschafft, die euch nötigt, Mir zu glauben; aber ein solcher genötigter Glaube ist noch lange kein inneres Licht der Seele und belebt sie nicht freudig zur Tat.

 

Dass es aber also ist, das beweiset ihr durch euer beständiges Fragen, und ihr bekennet dadurch offen, dass der pure Autoritätsglaube der Seele viel zu wenig Licht bietet, dessen Mangel euch dann erst Meine Erklärungen in euch decken. Wenn ihr aber nun neben allen Meinen gewirkten Zeichen und Lehren noch immer helle Erklärungen verlanget und diese euch wohltun, so werden das auch eure Jünger von euch verlangen, und ihr sollet damit nicht sparsam sein, so ihr dem Auftreten der falschen Propheten nach aller Möglichkeit steuern wollet!“ (8.GEJ 27,11-13)

 

Es ist allerdings nicht so, dass wir einem erfahrenen, wahrhaftigen Menschen nichts glauben sollen, was er uns aus dem Bereich seiner Erfahrungen mitgeteilt hat. Wir können es anfänglich nur allein glauben, aber dann können wir nach dem Glauben auf die angezeigte Art tätig werden und durch diese Tätigkeit selbst erfahren, ob das Mitgeteilte wahr ist. Wir haben es dann auf den Wahrheitsgehalt durch das Befolgen geprüft und es für richtig oder falsch befunden.

 

Es beschreibt uns z.B. jemand die Stadt Rom und den Weg dorthin. Weil er uns die Stadt mit begeisternden Worten beschrieben hatte, bekommen wir das Verlangen, uns selbst die Stadt anzuschauen. Wir glauben den Beschreibungen, fahren hin und beschauen uns die Stadt. Hätten wir der Beschreibung gar keinen Glauben geschenkt, so hätte uns dieser Glaube auch nicht zur wahren und lebendigen Tat belebt.

 

Und so siehst du“, sagt Jesus, „dass man beim Anhören einer neuen Lehre den Glauben wenigstens anfangs nicht missen darf. Man kann die Lehren und ihre Gründe wohl sehr prüfen, – aber es gehört dazu, dass man sie zuvor auf Grund der Autorität der Wahrhaftigkeit des Lehrers als Wahrheiten hohen Wertes angenommen hat, auch ohne sogleiches Verständnis bis auf den Grund; denn dieses kommt erst mit der Erfüllung dessen, was die Lehre als Bedingung in sich selbst aufgestellt hat. Kommt es nicht zum Vorschein, da erst könnte man achselzuckend sagen: ,Entweder war die Lehre aus der Luft gegriffen, oder die gestellten Bedingungen sind von mir noch nicht völlig erfüllt worden!‘ Da ist es Zeit, sich mit dem Meister erst näher zu besprechen und Erkundigungen einzuholen, ob die getreue Beachtung der Grundsätze der neuen Lehre auch bei niemand anderem eine gehoffte Wirkung hervorgebracht hat.

 

Hat sie bei einem andern aber doch gewirkt, nur bei dir nicht, so läge die Schuld doch offenbar auch nur an dir, und du hättest dann so manches Versäumte und Unterlassene emsigst nachzuholen, um auch ebendasselbe zu erreichen, was dein Nachbar erreicht hat. Hätte aber durch eine noch so strenge Beachtung der durch die neue Lehre auferlegten Pflichten gar niemand etwas erreicht, nun, so wäre dann erst Zeit, solch einer falschen Lehre den Rücken zuzuwenden.“ (5.GEJ 213,8-9)

 

 

9. Der Glaube auf gewirkte Zeichen und Wunder

 

Jesus sagte einst etwas vorwurfsvoll zu Seinen Jüngern: „Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder sehet, so glaubet ihr nicht!“ (Joh. 4,48) - Zeichen und Wunder sind stets ein Glaubenszwang, der die Seele unfrei macht. Sie lässt sich von ihnen beeindrucken und glaubt dann blind alles, was der Wunderwirkende sagt, sei es Wahres oder Falsches. Aus dem großen Evangelium wissen wir, dass einige wenige starke Seelen Jesus auf ein gewirktes Wunder hin noch nicht glaubten und Ihn nicht als Gott erkannten. Als sie dann aber aus Seinem Munde tiefe Weisheiten vernahmen, wie sie sonst kein Mensch von sich geben kann, da wurden sie voll Glaubens und erkannten Ihn als Gott. (6.GEJ 188,5 / 7.GEJ 122,17) Jeglicher Autoritätsglaube, wozu auch der Glaube auf ein gewirktes Zeichen hin gehört, ist ein blinder Glaube, und nützt keiner Seele etwas.

 

Über das Wunderwirken sagte Jesus einst: „Wird sie (Meine Lehre) den Menschen mit zu vielen Wunderzeichen aufgedrungen werden, so wird sie gleichen einer notreifen Frucht, die selten einen wahren, inneren Gehalt hat und sich für die Folge schlecht aufbewahren läßt.

 

Denn alles Notreife hat wenig inneren Geist und geht bald und leicht in Fäulnis und in Verwesung über, – denn was bald und leicht bewirkt werden kann, gleicht auch demjenigen Bauherrn, der sein Haus im Tale mit geringen Unkosten auf Sand gebaut hat, das, als Stürme und Wolkenbrüche kamen, denselben keinen Widerstand leisten konnte, sondern ward niedergerissen. Und ebenso geht es mit der Lehre vom Reiche Gottes, welche mit Hilfe der vielen Zeichen und Wunder den Menschen gepredigt und aufgedrungen wurde.

 

Ja, die Menschen nehmen die Lehre auch leicht und bald an; wenn aber mit der Zeit Versuchungen und Prüfungen über sie kommen, so wissen sie dann den Versuchungen nichts entgegenzustellen – das heißt jenen Menschen, die sie mit einer andern und falschen Lehre versuchen – als eben nur die erlebten Wunderzeichen. Wirken nun die Versucher als falsche Lehrer und Propheten ihre falschen Wunder vor den Augen solcher notreifen Christen, so haben diese notreifen Christen gar nichts, wodurch sie die innere Wahrheit Meiner Lehre bekräftigen könnten, fallen dann ab und gehen zu den falschen Lehrern und Propheten über.

 

Denn derlei Menschen, weil sie in sich noch nicht die Wahrheit begreifen, sind gleich einem Schilfrohr, das sich vom Winde nach allen Seiten hin beugen läßt.

 

Mit den Eichen und Zedern aber können die Winde kein solches Spiel treiben. Den Eichen und Zedern aber gleichen nur jene Menschen, die durch die pure Wahrheit Meiner Lehre zu Mir bekehrt worden sind. Vor denen mögen die falschen Lehrer und Propheten ihr tausendfaches Windspiel treiben, und sie werden sich nicht beugen, denn die Kraft der inneren Wahrheit ist mächtiger denn alle andern Kräfte auf der ganzen Erde.“ (10.GEJ 221,1-5)

 

Als Jesus dies geredet hatte, da fragte einer der Zuhörer, ob er auch zu den notreifen Früchten gehöre, weil auch er auf ein Wunderzeichen hin zum Glauben an Ihn gekommen sei.

 

Da gab ihm Jesus zur Antwort: „Mitnichten, Mein lieber Freund, denn ein gewirktes Zeichen ist nur für den gewisserart eine Notreifwerdung, der auf das gewirkte Zeichen alsogleich gläubig geworden ist und sich darauf um nichts Weiteres mehr bekümmert hat. Siehe, das war aber bei dir durchaus nicht der Fall, denn du bist Mir auch nach Meinem gewirkten Zeichen mit ganz kuriosen Einwürfen gekommen, und Ich habe dann mit Meinem Worte sogar eine rechte Not gehabt, dich auf den rechten Weg zu setzen, was wahrlich keine leichte Aufgabe war; denn du hast sogar dann noch, als du in dir schon an Mich glaubtest, eine scharfe Kritik über Mein Verhalten zu allen Geschöpfen, und so auch besonders zu den Menschen auf dieser Erde, Mir an den Hals geworfen, und hätte Ich mit der Wahrheit Meiner Rede nicht auf das kräftigste zu begegnen verstanden, so hätten dich alle Meine gewirkten Zeichen nicht dahin gebracht, dass du an Mich völlig geglaubt hättest. Du bist daher vielmehr durch die Kraft der Wahrheit in Meiner Rede zum wahren Glauben an Mich erhoben worden, und Meine vor- und nachher gewirkten Zeichen hast du da nicht mehr als eine Kräftigung deines Glaubens an Mich angenommen, sondern nur als eine dir und dieser Stadt erwiesene Wohltat, deren Bewirkungsmöglichkeit du nun selbst so gut einsiehst wie Ich und Raphael – und in der kurzen Folge noch besser einsehen wirst.

 

Was aber ein Mensch in seinem Herzen und Geiste, gewisserart von Faser zu Faser analysiert, einsieht und begreift, das dient für ihn nicht mehr zu einer Glaubensnötigung, sondern nur zur Vollkräftigung seines Geistes in ihm, und er gehört darum nicht mehr in die Klasse der notreif gewordenen Früchte, sondern schon in die Klasse der vollreif gewordenen. Denn Ich sage es dir: Ein jeder Mensch, der in seinem Leben irgend eine Wahrheit vernimmt, aber ihre inneren Grundelemente noch nicht näher kennt, an die vernommene Wahrheit aber doch glaubt, ohne sich weiter um die inneren Elemente zu kümmern, der gehört noch sehr zu einer unreifen Frucht; wer aber über die vernommene Wahrheit so lange allerlei Zweifel in sich aufkommen läßt, bis er hinter alle ihre Grundelemente gekommen ist, der gehört wahrlich zu keiner notreifen, sondern zu einer vollreifen Frucht.“ (10.GEJ 222,5-6)

 

 

10. Nicht blind glauben,

sondern die Wahrheit verstehen

 

Jesus sagt: „Verlanget ja von niemandem einen blinden Glauben, sondern zeiget jedem den Grund! (weshalb er etwas für wahr halten soll) Und sollte er nicht fähig sein, solchen zu erfassen mit seinem Verstande, so lasset es euch der Mühe nicht gereuen, ihn von Stufe zu Stufe hineinzuleiten mit aller Liebe und Geduld, bis er fähig wird, eure gute Lehre vom Grunde aus zu begreifen.“ (5.GEJ 88,5)

 

Die Autorität, die von einer Persönlichkeit ausgeht, darf uns nicht beeinflussen, etwas blind zu glauben, was wir nicht einsehen, oder nicht verstanden haben. In der Haushaltung Gottes lesen wir:

 

Du sollst dich von Mir nicht etwa überreden lassen, sondern davon nur das annehmen, was dir einleuchtend ist; und so sollst du keine Silbe annehmen, die du allein glauben müßtest, ohne sie im Geiste zuvor bestimmt erfaßt zu haben! Es gibt keinen schlimmeren Zustand für einen freien Menschen, als der da ist des Blindglaubens; denn ein solcher Glaube gebiert den wahrhaften Tod des Geistes.

 

Siehe, aus dem Grunde ist dann ja ein eigenes Urteil um vieles besser - und sei es noch so kümmerlich - als ein angenommenes allein durch den Glauben, für dessen Richtigkeit der frei sein sollende Geist keine andere Bürgschaft hat denn allein die Autorität des Predigers und die laue Genügsamkeit seiner eigenen Torheit.“ (2.HG 151,7-8;11)

 

Nicht das Überreden durch die Autorität eines Menschen soll uns veranlassen eine Lehre anzunehmen, denn das wäre ein Blindglaube, sondern allein dadurch, dass wir sie im Geiste als gut und wahr erkannt haben. Es gibt aber auch einen positiven Blindglauben und das ist das blinde Vertrauen. Wer Jesus über alles liebt, der vertraut Ihm blind, dass Er alles zum Besten führt und lenkt.

 

Jesus sagte einst zu seinen Jüngern: „Ich bin doch der Herr und der Meister von Ewigkeit, und ihr erkennet Mich als solchen nun vollkommen. Ich könnte zu euch nun sagen dies und jenes, krumm oder gerade, weiß oder schwarz, und ihr würdet es Mir glauben, da ihr nun lebensinnerlichst überzeugt seid, wer Ich bin. Da wäre sonach ein sogenannter Autoritätsglaube sicher am rechten Platze!? Aber wer von euch kann sagen, dass Ich solchen von jemandem verlange oder je verlangt habe?! Ja, Ich verlange Glauben, aber keinen blinden und keinen toten, sondern einen vollauf lebendigen! Ich lehre euch Wahrheiten, von denen der Welt nie etwas in den Sinn gekommen ist; aber Ich sage dabei nicht: ‘Glaubst du das?’, sondern: ‘Hast du das wohl verstanden?’ Und so du sagst: ‘Herr, dies und jenes ist mir dabei noch unklar!’, da erkläre Ich dir die Sache durch alle Mir zu Gebote stehenden Mittel so lange, bis du es vom tiefsten Grunde aus völlig begriffen hast.“ (5.GEJ 88,2)

 

Jesus erklärt uns Seine Lehre in der Neuoffenbarung mit Worten, wie nur ein Gott sie geben kann. Nur tiefste Wahrheiten sind für uns ein Beweis der göttlichen Herkunft einer Offenbarung. Doch nur ein helles Gemüt kann solche sonnenhellen Wahrheiten sofort erfassen. Aber Jesus lässt den Menschen Zeit zum Prüfen und Begreifen Seiner Wahrheit. Wie Er Sich aber uns gegenüber verhält, so sollen auch wir uns dem Nächsten gegenüber verhalten.

 

Ein freier Denker“, sagt Jesus, „ist Mir stets lieber als tausend leichtgläubige Seelen, denen es einerlei ist, ob man ihnen ein Alpha oder ein Omega vormacht. Denn wer nicht denkt, der lernt und begreift auch nichts, und ihm ist Gold und Blei am Ende ein und dasselbe. Aber der Denker kauft niemals eine Katze im Sack.“ (6.GEJ 188,7)

 

Wenn Jesus dies schon von Seinen eigenen Worten sagte, die doch vor 2000 Jahren direkt aus Seinem Munde kamen, um wie viel mehr gilt das von Seinen Worten, die nur indirekt durch einen Mittler zu uns gelangen. Denn eine Kundgabe, die den Anspruch erhebt, Gottes Wort zu sein, stellt sich uns als eine Autorität dar, die von uns verlangt, ihren Worten zu glauben. Aber bei solch einer herrlich frei machenden Lehre, wie wir sie nun gehört haben, können wir gelassen sein und brauchen nicht irgendwelche Lehren annehmen, nur weil sie sich uns als ein Gotteswort darstellen, ohne sie geprüft und für wahr befunden zu haben.

 

 

11. Die eigene Erkenntnis nicht anderen aufdrängen

 

Wir sollten unsere Glaubenserkenntnisse nicht im Eifer anderen Menschen aufdrängen, sondern es mit Gelassenheit ihrem eigenen Erkennen überlassen, ob sie diese annehmen wollen oder nicht. Gerade bei religiösen Diskussionen erhitzen sich oftmals die Gemüter. Da wird in erregten Wortgefechten die Meinung des anderen oft nicht einmal toleriert. Solche übereifrigen Streiter um die alleinige Wahrheit, die nur sie zu haben meinen, gleichen denen, die den Splitter in des Bruders Auge sehen und zu ihm sprechen: „Bruder, halt, ich will dir den Splitter deiner falschen Erkenntnis herausziehen, der in deinem Auge ist!“ während sie den Balken im eigenen Auge nicht bemerken.

 

Manche drängen sich in ihrem Eifer zu Wort und lassen den Gesprächspartner nicht einmal ausreden oder zu Worte kommen. Da prallen dann die gegensätzlichen Meinungen aufeinander, und am Ende werden dann im Ärger die Worte wie Schläge ausgeteilt. Der himmlische Vater gab einmal einigen Streithähnen um die Wahrheit folgendes Gedicht:

 

Ein Schlag her und ein Schlag hin,

wann wird draus je ein Gewinn?!

Habt ihr aber einen Sinn,

wo die Liebe ist darin,

dann habt ihr schon den Gewinn!

Ist auch Wahres nicht viel drin,

Ich euch dennoch näher bin;

so Ich aber näher bin,

ist denn das nicht ein Gewinn?!“

(1.HG 174,13-14)

 

Bei allen Diskussionen um die Wahrheit sollten wir doch immer in der gegenseitigen Liebe und Achtung bleiben, denn das Gebot Jesu lautet nicht: überzeugt einander, sondern: liebt einander. Paulus schrieb an die Laodizener: „Eure Rede sei allezeit mit Liebe gewürzt gegen jedermann und sei voll Salz der wahren Weisheit aus Gott.“ (Lao. 3,40) Die Lehren unseres himmlischen Vaters, wie wir sie soeben gehört haben, sollten von uns allen Übereifer und alle Intoleranz, wo einer es besser wissen will als der andere und ein jeder seine Ansichten dem anderen aufdrängen will, von uns abfallen lassen.

 

Was sprach dereinst der himmlische Vater zu Seth? Er sagte: „Seth, weißt du denn nicht, dass die wahre Liebe stumm ist und die Weisheit nur dann das Wort führt, wenn sie zum Frommen anderer zu reden aufgefordert wird?! Hast du Liebe, so schweige mit dem Munde und rede allein im Herzen; und hast du Weisheit, so lasse dich vorher von jemand begehren, und so solches geschehen, dann rede wenig Worte, und rede aus dem Herzen und nicht aus dem Verstande, was da frommt dem Begehrenden!! Es ist aber unvergleichlich vielmal besser, zu schweigen und das Ohr zu verhalten, ...als beständig zu mundwetzen und zu brodeln gleich einem Wasserfalle.“ (1.HG 98,2-4)

 

Jemand bemerkte einmal zu diesem Wort: „Wenn das aber in der Runde alle machen würden, dann gäbe es ja kein Gespräch.“ Dem ist aber nicht so, denn während der Hochmütige seine Meinung dem anderen aufdrängen will, so fragt der Demütige: Bruder, was meinst denn du zu diesem oder jenem? wie siehst du das? und begehrt damit, die Ansicht seines Gegenübers zu erfahren, hört ihm ruhig zu, um dann seinen eigenen Standpunkt zu überdenken. Der Hochmütige wäscht dem anderen den Kopf, indem er die Ansicht des anderen heruntermacht und lautstark behauptet, die eigene sei die richtige. Der Demütige aber wäscht ihm die Füße, indem er sagt: „Nach meiner Ansicht ist das so und so“, oder aber er schweigt.

 

Niemand meine von sich, dass er die Wahrheit am richtigsten erkannt habe, denn solch eine hohe Meinung von sich selbst überhebt ihn doch sehr leicht über seine Nächsten. Jesus sagt: „Für diejenigen, die Mich lieben, habe Ich allezeit für alle Ewigkeiten im Hintergrunde Unendliches verborgen, und diejenigen, die zu Mir in die Schule gehen, werden in alle Ewigkeit nicht auslernen. Denn je mehr da einer erkennen wird, desto mehr wird ihm noch immer zu erkennen bleiben. Daher wird es in Meinem Reiche auch keine ‘Gelehrte’ geben. Und da wird nie jemand die Staatsprüfung zur Doktors-Würde machen können. Denn da wird es stets heißen: Wir bleiben ewig Schüler, und all unser Erkennen und Wissen ist nichts als ein eitles Stückwerk gegen die Allwissenheit unseres Vaters!“ (1.Hi. Seite 221,24-26)

 

 

12. Nicht der Weisheit,

sondern der Liebe nachstreben

 

Weil in der Neuoffenbarung solch eine Fülle tiefster Weisheit steckt, ist die Gefahr groß, dass ihre Anhänger der Weisheit nachstreben anstatt der Liebe, obwohl durch das ganze Werk hindurch immer wieder auf die Wichtigkeit hingewiesen wird, nur dieser Liebe gemäß zu handeln.

 

Jesus sagt: “Freund, weil eben im klarsten Schauen und Erkennen die wahre Lebensseligkeit nicht besteht, sondern nur in der stets zu steigernden Liebtätigkeit, darum muss denn auch eine jede Seele sich diese zuvor zum einzigen Lebenselemente machen, ohnedem sie niemals zur inneren Lebensklarheit gelangen kann; denn die Liebtätigkeit ist ein inneres Lebensfeuer, das durch seine stets zunehmende Regewerdung zu einer hell leuchtenden Flamme werden muss.

 

Ist aber dieses Lebenselement (der Liebtätigkeit) in der Seele vollwach geworden, so dass die Seele also selbst ganz zu diesem Lebenselement wird - was soviel sagen will als: der ganze Mensch ist im Geiste neu- und also wiedergeboren -, dann bleibt die Seele stets im möglich höchsten Grade tätig, und ihre Seligkeit und ihre Klarheit steigert sich nach den Graden ihrer Liebtätigkeit und nicht nach den Graden ihrer Klarheit, zu der sie ohne die Liebtätigkeit ohnehin nie und niemals gelangen kann.“ (9.GEJ 142,2-3)

 

Wollen wir nun Weisheitsmenschen werden, indem wir ständig unsere Erkenntnisse vor den anderen verlauten lassen, oder wollen wir Menschen der Liebe werden, indem wir in der Liebe tätig sind? (2.RB 233,7) - Es ist besser, wir werden Täter des Wortes, indem wir der Liebe und der Demut gemäß handeln. Das gilt auch während der Gespräche oder beim Briefeschreiben und der Gesprächspartner wird es als eine Wohltat, als eine Tat der Liebe empfinden. Denn Jesus hat „nur Freude daran, wenn sie (Seine Kinder) tätig sind und wetteifern in der Liebe, aber nicht daran, dass sie einander ‘Narren’ schelten und ein jeder aus ihnen der Weiseste und Unfehlbarste sein will, mit lauter Räsonieren und dabei nichts tut.“ (EM 73)

 

Wenn am Anfang von der Liebe zur Wahrheit und vom Forschen nach ihr als Voraussetzung zur Erkenntnis der Wahrheit die Rede war, so wollen wir nun noch von dem vorzüglicheren Weg sprechen die Wahrheit zu erkennen, und das ist die Tat nach der Liebelehre Jesu. Jesus sagt: “Ich will Meine Lehre aber also stellen, dass durchs bloße Lesen oder Hören des Evangeliums niemand auf den Grund der lebendigen Wahrheit gelangen soll, sondern allein nur durchs Handeln nach Meiner Lehre; die Handlung erst wird jedem zu einer Leuchte werden!“ (1.GEJ 113,13)

 

Erst wenn wir die Lehre der Liebe in der Tat befolgen, dann werden wir die Wahrheit immer tiefer zu erfassen imstande sein.

 

 

13. Durch das Handeln nach dem Gotteswort

wird die Wahrheit erkannt

 

Wenn ihr in Meinem Worte bleibet“, sagt Jesus, „so seid ihr wahrhaftig Meine Jünger, und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen!“ (Joh. 8,31-32)

 

Wenn wir in Seinem Worte bleiben, das heißt: Wenn wir Sein Wort befolgen, dann werden wir die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird uns frei machen von aller Unwahrheit und allem Glaubenszwang. - Was muss also derjenige tun, der im Zweifel darüber ist, ob Jesu Wort das Wort Gottes ist? - Der probiere die einfache Lehre Jesu von der Liebe aus, die jeder als eine gute Lehre erkennen kann. Denn wenn jemand die Lehre von der Liebe befolgt, dessen Inneres wird Licht, und er wird erkennen, dass das Wort Jesu das Wort Gottes und damit die Wahrheit ist. (5.GEJ 123,1)

 

Jesus sagt: „Worin liegt das ‘Kriterium’ der Echtheit einer wirklich notwendigen göttlichen Offenbarung? - Das Kriterium liegt lediglich im Handeln nach der Offenbarung. Wer da gewissenhaft einer erkannten Offenbarung getreu lebt, der wird zur inneren Freiheit seines Geistes gelangen... Also steht es ja auch geschrieben (Joh. 7,16-17): Wer da tun wird nach Meinen Worten, der wird es erkennen, ob sie von Gott oder ob sie vom Menschen sind.“ (2.Hi. S. 269,8-9)

 

Wer völlig nach Meinem Worte leben wird, der wird es erst in sich zur lebendigen Überzeugung bringen, dass Meine Worte keine leeren Menschen-, sondern Gottesworte sind! Wahrlich, wer in seinem Herzen nicht diesen nun ausgesprochenen Beweis überkommen wird, dem werden alle anderen Beweise wenig oder nichts nützen! Denn Meine Worte sind selbst Licht, Wahrheit und Leben.“ (2.GEJ 32,2-3)

 

Sein Wort ist vom Anfang bis zum Ende eine einzige Anleitung zur Liebe. Selbst die Erklärungen über die Natur sind uns nur gegeben, damit wir durch Seine Schöpfung Seine Liebe erkennen. Sein Wort ist der Lockruf Seiner Liebe und soll uns anregen, die Liebe in die Tat umzusetzen. Wenn wir die Liebegebote befolgen, so werden wir im Maße unseres Tuns die Wahrheit erkennen. „Wer Arges tut“, sagt Jesus, „haßt das Licht und kommt nicht zum Licht.“ (Joh. 3,20) und: „Wer über etwas ein gutes und wahres Urteil schöpfen will, der muss in sich selbst gut und wahrhaft sein.“ (7.GEJ 87,5)

 

 

14. Gott ist die Wahrheit

 

Im großen Evangelium Johannes lesen wir von Josoe, der allein für die Wahrheit und von der Jarah, die allein für die Liebe war (2.GEJ 199,8). Jesus aber sprach zu Josoe:

 

Du sagtest: ‘Ich bin allein für die Wahrheit’... Sage du Mir daher: Was ist die Wahrheit, für die du allein bist? Ist es eine Wahrheit, was du siehst? Sieh, es ist alles ein Dunstgebilde von heute bis morgen, und es kann das, was für heute noch eine volle Wahrheit ist, für morgen schon lange keine Wahrheit mehr sein! Siehe hin, dort im letzten Dämmerlichte der lange untergegangenen Sonne schwebt ein Wölklein in Gestalt eines Fischleins! Sage Mir, für wie lange wird dieses Wölkleins gegenwärtige Gestalt eine Wahrheit bleiben? Siehe, der nächste Augenblick wird dieses Wölkchens gegenwärtige Gestaltung schon einer Lüge zeihen!

 

Wenn Ich dir drei Birnen vorlege, so sagst du, das sei eine Wahrheit, dass da vor dir drei Birnen liegen. Ich aber sage es dir, dass eine jede der drei Birnen mehrere Samenkörner in sich hat, aus jeglich welchem in der Folge eine zahllose Menge von Bäumen entstehen können, die am Ende die ganz gleichen Birnen in höchster Zahllosigkeit zum Vorscheine bringen werden! Sind demnach vor dir wirklich nur drei Birnen, die in sich schon eine abgeschlossene unveränderbare Größe bilden, oder sind sie bloß nur drei Scheingrößen, hinter denen, gleich den Kriegern im Bauche des hölzernen Trojaner Pferdes, sich noch eine Unzahl gleicher und auch noch ganz anderer Größen verborgen halten?

 

Wo fängt die Wahrheit an, und wo hört sie auf? Ist der Mensch eine Wahrheit, also wie er ist? Sieh an ein Kind, und siehe endlich an einen Greis! Siehe an eine von Menschenhänden erbaute Stadt! Ist sie eine volle Wahrheit? Sieh, heute steht sie noch, und morgen kann sie schon zerstört werden! Siehe, für den allein, der in sich durch und durch selbst Wahrheit ist, ist auch alles Wahrheit; für den aber, der in sich das nicht ist, ist ja auch notwendig alles andere nur das, was er selbst vorderhand ist. Eine Wahrheit aber, die nur zeitlich wahr ist, ist schon darum keine volle Wahrheit, weil in ihr keine Beständigkeit zu Hause ist. Die volle Wahrheit aber muss unwandelbar für ewig das sein im Vollmaße, was sie für jeden einzelnen Augenblick ist. - Was ist demnach die eigentliche, volle Wahrheit?“

 

Josoe machte da große Augen, dachte hin und her und wusste nicht, was er Jesus darauf für eine Antwort geben sollte. Jesus aber wendete sich an Jarah und sprach zu ihr: „Versuche du, Meine liebste Jarah, ob du in deinem Herzen eine rechte Antwort auf Meine Frage findest!“

 

Sprach Jarah ein wenig lächelnd: „Wahrlich, mich befremdet es recht sehr, dass der sonst so weise Josoe auf diese gar leichte Frage nicht sogleich in sich eine taugliche und vollösende Antwort gefunden hat! - Was kann sonst die volle, ewige Wahrheit sein als Gott Selbst, der, von Ewigkeit alle Vollendung in Sich fassend, im Geiste stets ein und derselbe ist, also für ewig in und für Sich unwandelbar, weil in Ihm als der endlosesten Vollendung in Sich Selbst keine weitere Wandelbarkeit denkbar ist. Gott ist der alleinige und ewige Urgrund alles Seins. Alles, was da ist, ist nichts anderes als nur Seine fixierten Ideen; ihr Sein ist sonach auch ein Gottessein, und ihr Leben ist Gottes Leben.

 

In Gott ist darum alles vollste, ewige Wahrheit, weil außer Gott nichts irgendwo etwas sein kann, - in uns Menschen aber nur insoweit, als wir eins mit Seinem heiligsten Geiste sind durch die reine Liebe zu Ihm. Die reine Liebe zu Gott verbindet uns mit Gott und macht, dass wir eins mit Ihm werden. Sind wir aber das, da wird alles reinstes Licht, wohin wir uns auch wenden mögen. Und dieses Urlicht in der höchsten Reinheit des Geistes ist dann eben die ewige, unwandelbare Wahrheit.“ (2.GEJ 198,2-199,5) An diesem Beispiel sehen wir, wie nicht das Forschen, sondern die Liebe in die Tiefe der Wahrheit dringt.

 

 

15. Mit der wahren Liebe

kommt das Licht der Weisheit

 

Jesus sagt: „Ich, als die Wahrheit im Vater, bin gleich wie ein Sohn, der Vater aber ist die ewige Liebe in Mir. Wen sonach die Liebe oder der Vater zieht, der kommt auch zum Sohne oder zur Wahrheit. Darum ist es besser, sich Mir durch die Liebe zu nahen als durch das Erforschen der puren Wahrheit. Denn mit der Liebe kommt auch der Geist der Wahrheit unfehlbar gleich also, wie mit dem Feuer, so es sich zur lebendigen Flamme gesteigert hat, das Licht.“ (9.GEJ 37,3-4)

 

Betrachte Meinen Johannes! Dieser Apostel hatte die mächtigste Liebe zu Mir und darum auch die größte Glut in der Darstellung Meines Wortes. Und in seinen Worten liegt auch die größte Weisheit wie bei keinem anderen Apostel. Ihm ward darum auch die tiefste Offenbarung gegeben. - Aber die sogenannte Weltweisheit ist eine größte Torheit vor Mir. Was der Mensch mit dem Verstande in hundert Jahren bei aller Mühe kaum erreicht, gibt dir die rechte Liebe in einer Sekunde.“ (2.RB 245,2;4)

 

Aber mit nur etwas Liebe langt es nicht, die völlige Wahrheit zu erkennen, es muss schon ein Vollmaß sein. Jesus sagt dazu: „Bevor beim Menschen die innere Liebelebenswärme nicht den möglichst vollsten Grad erreicht hat und das Licht dieser Wärme ihn nicht ordentlich durch und durch durchdringt, da wird er trotz der besten äußern Erklärung die inneren, geistigen Wahrheiten schwer oder am Ende gar nicht verstehen. Wenn er aber durch die innere zunehmende Lebenswärme und von ihrem Lichte wie eine reife Traube recht durchdrungen wird, dann ist er reif und hat die beste Erklärung aller seiner früheren Zweifel schon in sich.“ (6.GEJ 27,11)

 

Trotz der besten äußeren Erklärung sind die geistigen Wahrheiten nur schwer oder überhaupt nicht zu verstehen, wenn nicht das innere Licht des Herzens das Verständnis gibt. Jesus sagt: “Wenn ein Mensch die Wahrheit sucht, so muss er sie in sich suchen und nicht außer sich; denn die Wahrheit ist das Leben, und das Leben ist die Liebe. Wer da Liebe hat ohne Falsch zu Gott und zum Nächsten, der hat auch das Leben, und dieses Leben ist die Wahrheit und wohnt im Menschen.“ (7.GEJ 117,2)

 

 

16. Die Wahrheit muss aus der Lebendigkeit

des Herzens hervorgehen

 

Wer an Jesus glaubt und Ihn liebt, der wird mit Seinem Geist getauft werden und wird dann wandeln im Lichte der reinsten Wahrheit. (5.GEJ 120,7) Jesus sagt: (Die Wahrheit) wird euch euer Geist, der eigentlich Mein Geist in euch ist, in eurer Seele selbst offenbaren, und ihr werdet es sodann lebendig in euch haben; denn erkläre Ich es euch jetzt, so werdet ihr das Erklärte in euer Wissen aufnehmen und dann glauben, dass es also sei, weil Ich es euch eben also erklärt habe. Aber da seid ihr noch lange nicht in der vollen Wahrheit, und das darum, weil das Erklärte nicht euer Eigentum ist, sondern nur Dessen, der es euch erklärt hat aus Seinem lebendigen Schatze; aber wenn euer Geist es euch in eurer Seele offenbart, dann ist die Offenbarung euer Eigentum, und ihr seid also dann erst in der vollen Wahrheit.“ 5.GEJ 236,9)

 

Solange wir eine an uns gestellte Frage nur deshalb beantworten können, weil wir uns erinnern, deren Beantwortung schon im Worte Gottes gelesen zu haben oder aber weil wir über sie nachgedacht und sie mit Hilfe des Gedächtnisses durch Schlussfolgerung beantwortet haben, solange ist diese Antwort, auch wenn sie wahr ist, noch nicht unser Eigentum. (11.GEJ 50,6+10-11)

 

Alle Weisheit ist euch völlig unnütz“, sagt Jesus, „so sie entweder ein Werk des eigenen Nachdenkens oder auch ein Werk des mündlichen Unterrichtes ist. Soll euch aber solche Weisheit zum lebendigen Nutzen sein, so muss sie entweder zu einem lebendigen, klaren Gefühle im Herzen werden, oder - was freilich wohl das Vorzüglichste ist - sie muss aus der Lebendigkeit des Herzens hervorgehen. Ist eines oder das andere der Fall, so wird dann erst die dadurch geweckte eigene Lebenskraft als ein stetiger Zeuge auftreten und wird jedermann laut verkündigen, dass Gott die reinste und heiligste Liebe Selbst ist.“ (2.HG 164,15-17)

 

Wenn der Geist in uns erwacht ist und mit seinem Licht die Seele erleuchtet, so finden wir die Beantwortung einer Frage in unserem Herzen. Dann wird das Angelernte zu einem klaren Gefühl im Herzen und dann sind wir in der Wahrheit.

 

Was ist nun also die Wahrheit? – „Die Wahrheit selbst ist das Leben“, sagt Jesus, „und dieses bin Ich Selbst in euch. Die Unwahrheit aber ist der Tod, das Verderben und ein ewiges Gericht. - Ich bin von Ewigkeit die Wahrheit, das Licht, der Weg und das Leben Selbst! Wer demnach Mich hat in seinem Herzen, der hat alles; denn außer Mir gibt es ewig nirgends eine Wahrheit und ein Leben!“ (3.GEJ 225,18-19) Jesus ist die Wahrheit (Joh. 14,6), und somit ist das Wort vom Vater, das Er zu uns gesprochen hat, die Wahrheit (Joh. 17,17)

 

Es gibt wohl vieles, was für sich eine Wahrheit ist, aber „die Liebe ist die höchste Wahrheit“, sagt Jesus durch Gottfried Mayerhofer, „alles, was wegen ihr und mit ihr geschieht, trägt den Stempel des Göttlichen an sich! Nur Liebe kann Gutes wirken, wirken ohne weitere Absichten, ohne weitere Hintergedanken! Wo die Liebe nicht die erste Richtschnur aller Taten ist, ist kein Gedeihen, ist alles auf Sand gebaut, und nicht auf Stein; denn der Stein, (oder Fels) der ewig nie weicht und allen Stürmen trotzt, ist die Wahrheit: Gott ist die Liebe!“ (Be. Fe. Dr. Seite 51)

 

(Mit Genehmigung des Verfassers 3/2021)

 

Quellenverzeichnis

GEJ   Das große Evangelium Johannes, Jakob Lorber, 10 Bände, 1930

11.GEJ  Das große Evangelium Johannes, 11. Band, Leopold Engel, 1959

HG     Die Haushaltung Gottes, Jakob Lorber, 3 Bände, 1966

RB     Von der Hölle bis zum Himmel (Robert Blum), Jakob Lorber, 2 Bände, 1963

EM     Erde und Mond, Jakob Lorber, 1958

Hi.      Himmelsgaben, Jakob Lorber, 2 Bände, 1935

Schr. Schrifttexterklärungen, Jakob Lorber, 1958

Be. Fe. Dr.  Unser Betrachtungsbuch, Der Fest-Garten, Zur Dreieinigkeit, 1899

Lao.   Paulus‘ Brief an die Gemeinde in Laodizea, Jakob Lorber, 1980

Lorber Verlag, 74321 Bietigheim-Bissingen