"Es herrscht eine große geistige Finsternis an den theologischen Fakultäten der Christenheit, die sich naturgemäß auch in das zum Teil noch gläubige Volk ausbreitet..."


 

Über den Zustand der Kirchen

Oder: "Unter Denkmalschutz"

 

Peter Keune



Nachfolgend geht es um den gegenwärtigen Zustand der Kirchen, im Besonderen um die Theologie der evangelischen Pfarrer. Was derzeit an den Hochschulen von den Professoren gelehrt wird, wurde unter der Überschrift „Unter Denkmalschutz“ von Heinz-Werner Kubitza1 genau zu Ostern 2015 im Tagesspiegel veröffentlicht und gibt einen Einblick über den Grad der inneren Aushöhlung kirchlicher Lehren. Ich habe mir erlaubt, aus seinem Artikel die wesentlichen Aussagen im Wortlaut zusammenzufassen:

1) Der Autor ist promovierter Theologe und Autor des Buches "Der Dogmenwahn: Scheinprobleme der Theologie. Holzwege einer angemaßten Wissenschaft". 400 Seiten, Tectum-Verlag Marburg, 2015.


• Die Dogmatiker sollen so etwas wie eine Gesamtschau der christlichen Lehre liefern und das christliche Glaubensbekenntnis intellektuell rechtfertigen. Um diese Aufgabe sind sie nicht zu beneiden, denn es waren in den vergangenen 150 Jahren vor allem ihre neutestamentlichen Kollegen, die den dogmatischen, den kirchlichen Jesus durch ihre wissenschaftlichen Forschungen immer weiter zurechtgestutzt und destruiert haben. Heute dürfte kein Professor der Theologie, der an einer staatlichen Universität lehrt, noch der Meinung sein, dass an den Geburtsgeschichten Jesu im Neuen Testament sich mehr findet als christliche Legenden.


• Es ist jedem Neutestamentler klar, dass Jesus sich in der Erwartung des „Reichs Gottes“, das er als unmittelbar bevorstehend glaubte, schlicht geirrt hat.


• Man weiß heute, dass die biblische Verherrlichung ihrem Herrn bald davongaloppiert ist.


• Es ist allgemein anerkannt, dass er gläubiger Jude war und es bis zu seinem Tode geblieben ist, dass er sich nur gesandt sah „zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“, dass also Nichtjuden einfach nicht seine Adressaten waren. Den Auftrag zur Weltmission hat ihm erst der Evangelist Matthäus in den Mund gelegt.


• Kaum ein Neutestamentler nimmt heute noch an, dass er sich tatsächlich selbst als Messias verstanden hat.


• Und jeder Neutestamentler weiß, dass Jesus mit seinem Tod offenbar keine Sühnefunktion verband, wie das später Paulus behauptet hat. Die großen Differenzen zwischen der Lehre Jesu und der Verkündigung des Paulus ist Theologen hinlänglich bekannt.


• Jesus hat mit dem entstehenden Christentum eher wenig bis gar nichts zu tun, der eigentliche Protagonist ist Paulus. Jungfrauengeburt, Wunder und Exorzismen gelten als Übernahmen von alttestamentlichen Vorbildern oder der heidnischen Umwelt.


• Die Auferstehungserzählungen der Evangelien halten wohl alle Neutestamentler für legendär, auch wenn der Auferstehungsglaube selbst sehr alt ist.


• Erst die altkirchlichen Konzilien haben aus Jesus einen Gott gemacht.
Das sind bekannte Fakten unter Theologen, doch immer noch weithin unbekannt beim Kirchenvolk.


• Im Alten Testament ist der Kahlschlag fast noch größer. Dort haben die Archäologie und die alttestamentliche Forschung die wenig spektakulären Anfänge des alttestamentlichen Gottes als Wetter- oder Berggott von Nomadengruppen freigelegt, der später noch lange Zeit zusammen mit seiner Ehefrau Aschera verehrt wurde. Der Monotheismus war auch in Israel eine recht späte Erscheinung und hat sich erst nach dem babylonischen Exil durchgesetzt.


• Dass es die Erzväter Abraham, Isaak und Jakob tatsächlich gab, wird von vielen Forschern verneint. Es gab offenbar keinen spektakulären Auszug (Exodus) aus Ägypten.


• Viele Alttestamentler halten selbst Mose für eine rein literarische Figur.
Es gab keine Wüstenwanderung, keine „Landnahme“ und keinen Josua, offenbar auch kein Großreich unter David (obwohl ein „Haus Davids“ nachweisbar ist). Die Israeliten waren offenbar selbst Kanaanäer und verehrten wie diese lange kanaanäische Götter. Deshalb sind die Glaubensgrundlagen, wie sie in den Bekenntnissen der Kirchen fixiert sind, intellektuell schon lange nicht mehr haltbar.


• Der dogmatische Gott der Kirchen ist tot, und der übrig gebliebene „historische Jesus“ ist eher spröde und hat erstaunlich wenig zu bieten. Dogmatiker wissen dies, dennoch ist es ihre Aufgabe, die Denkmöglichkeit ihrer eigentlich längst hinreichend widerlegten Religion zu erweisen.


• So ist es typisch für ihre Dogmatiken, dass ihr Wirklichkeitsverständnis wie ein Pingpong-Ball hin und her springt. Einerseits wollen sie signalisieren, auf der Höhe der Zeit zu stehen und formulieren zuweilen erstaunlich offene Sätze. Andererseits sind sie Gefangene der theologischen Tradition und müssen zurück zu den notorisch überschätzten Kirchenvätern, den fragwürdigen Helden der Reformation und zu Bekenntnissen, die durch nichts als Mythologie zusammengehalten werden. Sie bringen Jesuszitate, denen sie offenbar tatsächlich so etwas wie Beweiskraft unterstellen, auch wenn ihre neutestamentlichen Kollegen diese längst als unhistorisch oder als Fälschungen entlarvt haben.

• Sie sind qua Amt verpflichtet, die dogmatische Fassade noch aufrechtzuerhalten, an die viele von ihnen sicherlich selbst nicht mehr glauben. Dennoch lassen sie in ihre Dogmatiken neben kritischen Anmerkungen auch immer wieder ausgesprochen fromm klingende Passagen einfließen, mit denen Gläubigen und wohl auch Kirchenleitungen so etwas wie Rechtgläubigkeit signalisiert werden soll.


• Ohnehin ist von den eigentlich umwälzenden Ergebnissen der Forschungen zur Geschichte Israels, zu Jesus und zum Urchristentum kaum etwas bei den einfachen Gläubigen bekannt. Dogmatiker tun nichts dagegen, im Gegenteil. Es ist in etwa so, als wüssten die Theologen längst, dass die Erde eine Kugel ist, loben aber weiterhin den Glaubenseifer derjenigen, die sie nach wie vor für eine Scheibe halten.


• Eine „moderne“ Theologie kann es aus Prinzip nicht geben. Denn eine Theologie, die sich den wissenschaftlichen Fakten ehrlich stellen würde, müsste sich eigentlich wegen hinreichend belegter Gegenstandslosigkeit selbst auflösen. Stattdessen tut man geschäftig und bastelt in den theologischen Parallelwelten weiter kreativ an Scheinlösungen für Scheinprobleme. Und unser Gemeinwesen leistet sich aus Tradition auch weiterhin für rund 280 Millionen Euro jährlich an staatlichen Universitäten gelehrte Mythologie, gläubiges Denken und konfessionell gebundene Wahrheiten.“ -


Soweit die Inhalte der Schrift, die ein bezeichnetes Licht auf die gegenwärtige Zerstörung der himmlischen Wahrheiten aufdecken.


Um sich die Diskrepanz der Lehrsätze vor Augen zu führen, seien die entsprechenden Kernsätze aus: „Das Himmlische Jerusalem“ (Swedenborg) gegenübergestellt:


Gott ist Einer

280. Es ist ein Gott, Welcher der Schöpfer des Weltalls und der Erhalter des Weltalls, Welcher also der Gott des Himmels und der Erde ist.

281. Es sind zwei Dinge, die das Leben des Himmels beim Menschen machen, das Gute der Liebe und das Wahre des Glaubens; dieses Leben hat der Mensch aus Gott und gar nichts davon aus dem Menschen; weshalb das Vornehmste der Kirche ist: Gott anerkennen, an Gott glauben, und Ihn lieben.

283. Darum können die, welche innerhalb der Kirche den Herrn und Sein Göttliches nicht anerkennen, nicht mit Gott verbunden werden und somit keinen Teil haben mit den Engeln im Himmel; denn niemand kann anders mit Gott verbunden werden als vom Herrn und im Herrn.

284. Weil der Vater im Herrn ist, und der Vater und der Herr eins sind, und weil man an Ihn glauben soll, und wer an Ihn glaubt, das ewige Leben hat, so ist offenbar, dass der Herr Gott ist; dass der Herr Gott ist, lehrt das Wort, wie bei Joh.1/1,3,14: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort; alles ist durch dasselbe geworden, und ohne dasselbe ist nichts geworden, was geworden ist; und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen Seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit wie des Eingebornen vom Vater“.

297. Dass das Dreifache im Herrn ist, nämlich das Göttliche Selbst, das Göttlich-Menschliche und das ausgehende Göttliche, ist ein Geheimnis aus dem Himmel und für die, welche im neuen Jerusalem sein werden.


• Jesus Christus ist dieser fleischgewordene Eine Gott

288. Dass das Göttliche und das Menschliche des Herrn eine Person ist, ist ein Teil der in der ganzen christlichen Welt angenommenen Lehre, welche also lautet: „Obgleich Christus Gott und Mensch ist, so ist Er doch nicht zwei, sondern ein Christus; ja Er ist völlig Einer und eine einzige Person, weil wie Leib und Seele ein Mensch ist, so Gott und Mensch ein Christus ist“. Dies aus dem Athanasischen Glaubensbekenntnis.

289. Die, welche von der Gottheit die Vorstellung dreier Personen haben, können nicht die Vorstellung eines Gottes haben; wenn sie mit dem Mund einen nennen, so denken sie dennoch drei; die hingegen, die von der Gottheit die Vorstellung von drei in einer Person haben, die können die Vorstellung eines Gottes haben, und können einen Gott aussprechen, und auch einen Gott denken.

290. Die Vorstellung von drei in einer Person hat man, wenn man denkt, dass der Vater im Herrn ist, und der Heilige Geist von Ihm ausgeht; das Dreifache ist alsdann im Herrn, das Göttliche Selbst, welches der Vater heißt, das Göttlich-Menschliche, welches der Sohn, und das ausgehende Göttliche, welches der Heilige Geist heißt.

• Die Lehre von der Heiligen Schrift

249. Der Mensch kann ohne Offenbarung aus dem Göttlichen nichts wissen vom ewigen Leben, nicht einmal etwas von Gott, und noch weniger von der Liebe zu Ihm und dem Glauben an Ihn; denn der Mensch wird in lauter Unwissenheit geboren, und muss hernach aus den weltlichen Dingen alles das lernen, aus dem er seinen Verstand zu bilden hat; er wird auch infolge des Anererbten in alles Böse geboren, das aus der Liebe zu sich und zur Welt kommt; die von daher stammenden Lustreize herrschen fortwährend, und geben Dinge ein, die schnurstracks wider das Göttliche sind; daher kommt denn, dass der Mensch nichts vom ewigen Leben weiß. Darum muss notwendig eine Offenbarung sein, aus der er es kennen lernen kann.

250. Dass das Böse der Liebe zu sich und zur Welt eine solche Unwissenheit in Beziehung auf die Dinge des ewigen Lebens mit sich bringt, stellt sich deutlich heraus an denen innerhalb der christlichen Kirche, die, obgleich sie aus der Offenbarung wissen, dass ein Gott ist, dass ein Himmel und eine Hölle sind, dass ein ewiges Leben ist und dass man dieses Leben sich erwerben muss durch das Gute der Liebe und des Glaubens, dennoch in die Leugnung aller dieser Dinge verfallen, sowohl Gebildete, als Ungebildete. Daraus erhellt wieder, wie groß die Unwissenheit wäre, wenn es keine Offenbarung gäbe.

251. Da also der Mensch nach dem Tode lebt, und zwar dann in Ewigkeit fort, und seiner ein Leben gemäß seiner Liebe und seines Glaubens wartet, so folgt, dass das Göttliche aus Liebe zum menschlichen Geschlecht solches geoffenbart hat, was zu diesem Leben führen und zu seinem Heile dienen soll. Was das Göttliche geoffenbart hat, ist bei uns das Wort.

252. Das Wort ist, weil es die Offenbarung aus dem Göttlichen ist, göttlich in allem und jedem, denn was vom Göttlichen ist, kann nicht anders sein. Was aus dem Göttlichen ist, das steigt durch die Himmel herab bis zum Menschen; weshalb es in den Himmeln der Weisheit der Engel, die dort sind, angepasst und auf Erden angepasst ist der Fassungskraft der Menschen, die auf ihr sind. Daher im Wort ein innerer Sinn, der geistig ist, für die Engel, und ein äußerer Sinn, der natürlich, für die Menschen ist; woher denn kommt, dass eine Verbindung des Himmels mit dem Menschen statthat durch das Wort.

253. Den echten Sinn des Wortes verstehen nur die, welche erleuchtet sind; und erleuchtet werden nur die, welche in der Liebe zum und im Glauben an den Herrn sind; denn ihr Inwendiges wird vom Herrn in das Licht des Himmels erhoben.


• Das ewige Leben

223. Der Mensch ist so beschaffen, dass er seinem Inneren nach nicht sterben kann; denn er kann an Gott glauben und auch Gott lieben und so mit Gott verbunden werden durch Glauben und Liebe; und mit Gott verbunden werden heißt, ewig leben.

224. Dieses Innere ist bei jedem Menschen, der geboren wird; sein Äußeres ist das, wodurch er, was [Aufgabe] des Glaubens und der Liebe ist, ins Werk setzt. Das Innere ist, was Geist heißt, und das Äußere, was Leib heißt. Das Äußere, das der Leib heißt, ist für die Verrichtungen in der natürlichen Welt eingerichtet; dieses wird weggeworfen, wenn der Mensch stirbt; das Innere hingegen, welches der Geist heißt, ist für die Verrichtungen in der geistigen Welt eingerichtet, dieses stirbt nicht: dieses Innere ist dann ein guter Geist und Engel, wenn der Mensch in der Welt gut war; hingegen ein böser Geist, wenn der Mensch in der Welt böse war.

225. Der Geist des Menschen erscheint nach dem Tode des Leibes in der geistigen Welt in menschlicher Gestalt, ganz wie in der Welt; er erfreut sich auch des Vermögens zu sehen, zu hören, zu sprechen, zu fühlen, wie in der Welt; und hat alles Vermögen zu denken, zu wollen und zu tun, wie in der Welt; mit einem Wort, er ist Mensch nach allem und jedem, nur dass er nicht mit dem schwerfälligen Leib, wie in der Welt, umgeben ist; diesen lässt er zurück, wenn er stirbt und nimmt ihn nie wieder an.

227. Das Leben des Menschen nach dem Tode ist das Leben seiner Liebe und seines Glaubens, wie daher seine Liebe und wie sein Glaube war, während er in der Welt lebte, so bleibt ihm sein Leben in Ewigkeit: ein Leben der Hölle denen, die sich und die Welt über alles geliebt hatten; und ein Leben des Himmels denen, die Gott über alles, und den Nächsten wie sich selbst geliebt hatten; diese sind die, welche Glauben haben, jene aber die, welche keinen Glauben haben. Das Leben des Himmels ist das, welches das ewige Leben heißt; und das Leben der Hölle ist das, welches der geistige Tod heißt.


E
s ist bezeichnend, dass die Werke Swedenborgs wie auch Lorbers nach wie vor einhellig von den heutigen Theologen abgelehnt werden. Da in dieser Hinsicht keine Einsicht zu erwarten ist, scheint es tatsächlich auf eine Zerstörung der gegenwärtigen Glaubensauffassungen hinauszulaufen.

 


Dass der neue Himmel früher gebildet wird als die neue Kirche auf Erden, ist der göttlichen Ordnung gemäß, denn es gibt eine innere und eine äußere Kirche, und die innere Kirche macht mit der Kirche im Himmel, also mit dem Himmel eins aus, und das Innere muss früher gebildet werden als das Äußere, und nachher das Äußere durch das Innere. Dass dem so ist, ist bei der Geistlichkeit in der Welt eine bekannte Sache. Inwieweit dieser neue Himmel, welcher das Innere der Kirche bei dem Menschen ausmacht, wächst, in so weit steigt aus diesem Himmel das neue Jerusalem, das ist die neue Kirche, herab; daher dies nicht in einem Augenblick geschehen kann, sondern in dem Maße geschieht, wie das Falsche der vorigen Kirchen entfernt wird, denn das Neue kann da keinen Eingang finden, wo das Falsche zuvor eingezeugt worden ist, es wäre denn, dass dieses ausgerottet werde, was bei der Geistlichkeit geschehen soll, und so bei den Laien. (WCR 784)


 

*


Wie aus dem vorherigen Text hervorgeht, herrscht eine große geistige Finsternis an den theologischen Fakultäten der Christenheit, die sich naturgemäß auch in das zum Teil noch gläubige Volk ausbreitet. Natürlich soll eingeräumt werden, dass es auch Priester gibt, die ihren Dienst gläubig und verantwortungsvoll ausüben, aber ihrerseits mehr und mehr verunsichert werden, was denn nun zu glauben sei. Zudem driftet die ganze wissenschaftliche Welt in eine Fortschritt suggerierende Abkehr von dem göttlichen Licht ab und damit in eine immer größere Dunkelheit. Diese lässt die geistigen Dinge aus der göttlichen Wahrheit als falsch erscheinen. Licht wird zu Finsternis und diese zu einem Scheinlicht, in dem sich Verständnis und Logik umkehren. Diesen Prozess kann man vor allem im Verständnis der Bibel als Offenbarung Gottes sehen. Nachdem vielfach der Glaube aufgegeben wurde, kann auch kein Verständnis des göttlichen Wortes erwartet werden. In solchem Licht erscheint es daher allen Kritikern notwendig, die bisher als heilig bezeichneten Schriften auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu durchleuchten. Die Denkrichtung geht allerdings von der vermeintlichen Annahme aus, dass sie nur Menschenwort sein kann. In diesem Kontext stehen generell auch die Naturwissenschaften, die ja davon ausgehen, dass es keinen Schöpfergott gibt. Das Problem liegt derzeit noch darin, dass die Entsprechungslehre allgemein noch unbekannt ist. Die in reiner Entsprechungssprache gehaltenen Inhalte der Heiligen Schrift haben, nur buchstäblich betrachtet, Anstößiges in ihren Aussagen. Als Beispiel diene nur die Aussage bei Matthäus 18,9:


Und wenn dich dein Auge zum Abfall verführt, reiß es aus und wirf's von dir. Es ist besser für dich, dass du einäugig zum Leben eingehst, als dass du zwei Augen hast und wirst in das höllische Feuer geworfen.“

 

Das Auge entspricht jedoch nach Swedenborg dem Weltverstand und das höllische Feuer den totbringenden Begierden.2

2) Siehe auch nachfolgende Zitate.


Während im Neuen Testament noch nachvollziehbar erscheint, ist das Alte Testament in dieser Hinsicht viel unverständlicher. Die Geschichte Israels als göttliche Völkerführung zu betrachten, lässt an vielen Aussagen völkerrechtlich mehr als zweifeln. Nimmt man hingegen diese Aussagen mit ihren radikalen Aufträgen zur Beherrschung anderer Nationen als geistigen Auftrag, also als Kampf um das Reich Gottes im eigenen Inneren, dann werden solch grausam anmutende Befehle zu einer notwendigen Strategie, um das geistige Ziel zu erreichen. Denn die Eigen- und Weltliebe und das Gottesreich schließen einander aus oder anders ausgedrückt: Sind unüberbrückbare Gegenpole.


Weil der Herr aber diese Probleme vorhergesehen hat, ließ Er auch zu Beginn der gegenwärtigen theologischen Entwicklung ein großes Licht über das rechte Verstehen Seines Wortes durch Swedenborg ergehen. Nachdem Martin Luther dem Volk das göttliche Wort äußerlich erschloss, indem er es für alle in verständlicher Sprache übersetzt hat, gleichzeitig aber auch vorgesorgt wurde, dass Lesen und Schreiben Allgemeingut werden konnte, war es gewissermaßen im zweiten Schritt notwendig, dieses Wort auch geistig, also vom inneren Sinn her zu verstehen. Natürlich hat Gott auch die Widerstände der Theologie gegen diese Neuerschließung vorhergesehen3 und damit die nachfolgenden zersetzenden Zustände in der kirchlichen Theologie zugelassen, damit alles Falsche offenbar werde, d.h. alle Welt sehe, wie es nun mit den Kirchenlehren bestellt ist. Und Er sieht nicht nur die Zeit, in der es zu einer Wende kommt und ein Neuanfang beginnen kann, sondern bereitet auch den Übergang durch geeignete Werkzeuge vor. Noch aber ist der Zustand, in dem die Theologie buchstäblich in aller Öffentlichkeit ihren „Offenbarungseid“ leisten muss.

3) Dargestellt in der Offenbarung des Johannes

 

*


Auf die berechtigte Frage, warum eigentlich die Heilige Schrift so verhüllt und nicht gleich unmissverständlich gegeben wurde, sollen hier aus der Neuoffenbarung durch Jakob Lorber zwei Hinweise gegeben werden, die der Herr auf entsprechende Fragen bezüglich der Unverständlichkeit der Bücher Mose gibt:


Das, was die heidnischen Bücher davon sagen, ist nur ein höchst verstümmelter Widerhall dessen, was den Urmenschen dieser Erde hell und klar durch denselben Geist, der nun in Mir wohnt, ist geoffenbart worden.

Nur die Schrift der Juden enthält allein die volle Wahrheit, allein nicht enthüllt, sondern in entsprechenden Bildern verhüllt, und zwar aus dem wohlweisen Grunde, damit die Heiligkeit der darin enthaltenen Wahrheit von den eigentlichen Kindern dieser Erde nicht verunreinigt und entheiligt werde.“ (Großes Evangelium Johannes Band 5,225,01)


B
ei anderer Gelegenheit heißt es, dass jedes Ding notwendigerweise eine Innen- und Außenseite haben muss. So wurde auch aufgezeigt, welche verheerenden Folgen es hätte, wenn die Innenseite, das Leben bergend, schutzlos nach Außen gekehrt wäre. Und dann, nachdem der Herr über die verschiedenen Reifegrade der Menschen aufgeklärt hatte:


Nun, diese eigentlichen Weltmenschen, als erst aus dieser Erde entwachsen, sind natürlich noch sehr sinnlicher Art, da ihre Seelen noch nie eine irgendwie menschliche Vorschule eines freien, sich selbst bestimmenden Lebens durchgemacht haben. Sie können daher anfänglich auch nur durch pur sinnliche Bilder zu der Erkenntnis eines allerhöchsten und ewigen Gottesgeistes hingeleitet werden.

Und sehet, der meisten Menschen dieser Erde wegen sind auch die Offenbarungen über die Reiche der Geister in lauter gewisserart sinnliche Bilder eingehüllt, die nur von den Kindern Gottes von Zeit zu Zeit mehr und mehr, nach der Fassungsfähigkeit eben der Weltkinder, denselben enthüllt werden können, – aber nie zuviel auf einmal, sondern gerade nur so viel, als selbige zu vertragen und in ihrem seelischen Magen zu verdauen vermögen.“
(Großes Evangelium Johannes Band 5,225,06)


Auf die Frage des Erkennens des inneren Sinnes gibt der Herr zur Antwort:


„Sage Ich: „Ja, Mein Freund Kornelius, eine Regel und eine Anleitung dafür gibt es nicht in der Außenweltsphäre; das einzige, was dir den Schlüssel gibt und zum Verständnisse des Geistes der Schrift verhilft, ist dein eigener, aus Mir und Meiner Lehre wiedergeborener Geist. Solange du im Geiste nicht wiedergeboren bist, nützt dir keine Regel irgend etwas; bist du aber einmal das, dann bedarfst du keiner Regel mehr, denn dein geweckter Geist wird seinesgleichen auch ohne eine allgemeine Regel gar leicht und gar geschwinde finden.“ (Großes Evangelium Johannes Band 4,164,01)


Als Beispiel der Anwendung von Entsprechungen soll hier das obige anstößige Bibelzitat vom Ausreißen des Auges dienen. Swedenborg schreibt diesbezüglich:


Auge bedeutet den Verstand (inwendige Gesicht) darum, weil das Gesicht des Leibes dem Gesicht seines Geistes, das der Verstand ist, entspricht, und weil es entspricht, wird durch das Auge im Wort beinahe überall, wo es genannt wird, der Verstand bezeichnet, auch wo man anders meint.
Mit den Augen sehen ist verstehen, dann auch Glauben haben; denn der Verstand ist das Geistige des Gesichts, und der Glauben ist das Geistige des Verstandes. (Himmlische Geheimnisse 2701)

Weil das Sehen des Auges dem Verstande entspricht, deshalb wird auch dem Verstande ein Schauen zugeschrieben; und dies wird das geistige Sehen genannt; auch werden die Dinge, die der Mensch wahrnimmt, Gegenstände dieses Schauens genannt; und auch in gewöhnlicher Rede wird gesagt, man sehe das, was man versteht; von dem Verstande wird auch Licht und Erleuchtung ausgesagt, und daher Klarheit und umgekehrt Schatten und Verfinsterung und daher Dunkelheit; dieses und ähnliches ging bei dem Menschen in den Sprachgebrauch über, weil es entspricht; denn sein Geist ist im Himmelslicht, und sein Körper im Weltlicht, und der Geist ist es, der im Körper lebt und auch denkt; daher gingen viele Dinge, die inwendiger Art sind, in die Sprache über. (Himmlische Geheimnisse 4406)

Durch die Augen im Wort, wo von Menschen die Rede ist, welche die göttlichen Dinge des Herrn aufnehmen, wird der Glaube, wie auch der aufnehmende Verstand bezeichnet; denn der Verstand ist das innere Auge, und der Glaube ist das Wahre, das gesehen und vernommen wird. (Himmlische Geheimnisse 10569)


Welche Kämpfe z. B. innerhalb der evangelischen Kirche aufkeimen, lässt der nachfolgende Bericht aus dem „Spiegel“ von 18/2015 erahnen:

Jan Fleischhauer, Der schwarze Kanal: Bringt meine Feinde4

„In der evangelischen Kirche gibt es eine große Diskussion über die Bibel, oder besser gesagt darüber, was im 21. Jahrhundert noch zur Heiligen Schrift gehören soll. Der Theologe Notger Slenczka hat vorgeschlagen, endlich das Alte Testament auszumustern. Schon jetzt sei es so, dass die Texte des Alten Testaments im Vergleich mit denen des Neuen „in der Frömmigkeitspraxis einen minderen Rang" hätten, schreibt er. Warum also nicht konsequent alles von der Genesis bis zum Buch Maleachi dekanonisieren und damit aus dem Bestand entfernen, der für Christen heilig ist? In Zukunft würden sich diese Teile bei den Apokryphen wiederfinden, wo all die Schriften stehen, die seit je als zweifelhaft gelten.

Für jeden friedliebenden Menschen ist das Alte Testament eine Zumutung. Man findet ständig unkritische Darstellungen von Sklaverei, Fremdenfeindlichkeit, Kindesmisshandlung, Frauendiskriminierung und sogar der Todesstrafe. Auch was die Auseinandersetzung mit Andersgläubigen angeht, entspricht die Bibel in ihrem vorapostolischen Teil nicht modernen Toleranzansprüchen. „Samaria wird wüst werden; denn es ist seinem Gott ungehorsam. Sie sollen durchs Schwert fallen und ihre kleinen Kinder zerschmettert und ihre Schwangeren aufgeschlitzt werden", heißt es bei Hosea 14,1. Pastoren in Amerika fordern seit Längerem, dass die Bibel nur unter Aufsicht gelesen werden sollte.

Die evangelische Kirche hat sich schon immer mit dem Gott des Alten Testaments schwer getan. Sie setzt auf Verständnis und Ermunterung anstatt auf Strafe und Verdammnis, was sich bereits mit der Geschichte vom Sündenfall nur mühsam in Einklang bringen lässt. „Wir sind keine Kirche der Angst", sagte mir kürzlich eine Pastorin auf die Frage, ob sie noch an Himmel und Hölle glaube.

Ich fand das wahnsinnig sympathisch, ich bin auch gegen Angst. Das Problem ist nur, dass nicht mehr viel übrig bleibt, sobald man anfängt, Texte, die vor der Geburt der Grünen entstanden, auf anstößige Stellen zu durchforsten. Wenn man die Dinge zu Ende denkt, ist auch Luther eine hoch zweifelhafte Figur. Der Mann war nicht nur ein schlimmer Antisemit, sondern auch ein furchtbarer Frauenfeind. Selbst Jesus ist nicht das Friedenslamm, für das viele ihn halten. „Doch diese meine Feinde, die nicht wollten, dass ich ihr König werde, bringt her und macht sie vor mir nieder", heißt es im Lukasevangelium. Keine Ahnung, wie Jesus das Margot Käßmann erklären will, wenn er dereinst die Gelegenheit dazu hat.5

Was die Attraktivität bei den eigenen Leuten angeht, ist das Programm der steten Selbstliberalisierung leider nicht ganz so erfolgreich. Acht Millionen Protestanten haben ihrer Kirche seit 1970 den Rücken gekehrt, das sind fast doppelt so viele Kirchenaustritte wie bei den Katholiken, die bis heute noch nicht einmal das Fegefeuer aus ihrem Katechismus verbannt haben. Am besten suchen sich die Reformatoren auch ein neues Kirchenvolk, das alte ist einfach zu rückschrittlich.“

4) Spiegel 18/2015

5) Anm.: Die Sache wird umgekehrt auslaufen und Margot Käßmann wird große Augen machen, wenn sie von dem ins rechte Licht geführt wird, der sich vor ihr rechtfertigen soll.


Zukunft der Kirchen und Religionen

Zu den Betrachtungen von Prof. Georg Schmid6 in der Zeitschrift „Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen“ im Heft 3/15

Prof. Georg Schmid nahm das 50jährige Jubiläum der „Evangelischen Informationsstelle Kirchen-Sekten-Religionen“ in der Schweiz zum Anlass, sich anlässlich eines Festvortrags "auf den glitschigen Pfad religionswissenschaftlicher Prognosen" zu begeben, wie er von sich selbst sagt. Der Vortrag wurde in der Zeitschrift „Materialdienst“ wiedergegeben und ist für uns wiederum Anlass zu Betrachtungen. Der Vortrag ist gespickt mit vielen Anmerkungen zu wissenschaftlichen Untersuchungen aller möglichen Institute und gibt einen guten Überblick über die derzeitige religiöse Entwicklung in der Welt. Dabei interessieren uns besonders die christlichen Aspekte und streifen daher nur die Entwicklungen in den nichtchristlichen Ländern. Die Hervorhebungen sind von uns.

6) Prof. der Theologie in Zürich


Zukunft der Kirchen (Extrakt)

Wenn Wissenschaft es wagt, die Zukunft der Kirchen und Religionen vorauszusagen, betritt sie glitschige Pfade. Denn Wissenschaft ist primär systematische Beobachtung des Vorgegebenen. Die Zukunft aber ist nirgends direkt vorgegeben. Wie glitschig dieser Weg der sogenannten wissenschaftlichen Prognosen ist, zeigt sich zum Teil in ihren konträren Ergebnissen:

Der Biopsychologe Nigel Barber z. B. stellt fest, dass mit zunehmendem Wachstum des Wohlstandes Religion überflüssig wird und Atheismus sich ausbreitet. Zwischen 2038 und 2041 wird also mit dem allgemeinen Wohlstand Religion völlig aussterben. Eine völlig andere Vision legt uns der Politikwissenschaftler Eric Kaufmann vor. Aus seiner Sicht wird die Welt immer religiöser, weil die konservativen religiösen Gesellschaftsschichten und Nationen weit mehr Kinder haben als die wohlhabenden Aufgeklärten.

Wer von beiden hat nun recht? Vielleicht ein möglicher Dritter, ein nüchterner Rechner, der gegenwärtige Trends ungebrochen in eine nähere und fernere Zukunft überträgt und voraussagt, dass um 2050 das evangelikale Christentum und der Islam die beiden zahlenmäßig bedeutendsten religiösen Strömungen unserer Welt sein werden? Doch nicht nur längerfristige Prognosen, sondern auch kurzfristige Stimmungsbilder werden oft innerhalb von Wochen oder Monaten durch Ereignisse überholt…

Bevor wir nun das dünne Eis eigener Prognosen betreten, halten wir uns vor Augen, was wir nun tun: Wir spekulieren. Das lässt sich nicht vermeiden. Aber Spekulation ist nicht immer gleich Spekulation. Wenn wir spekulieren, dann hoffentlich nicht einfach getrieben von eigenen Wünschen und Ängsten, sondern mit Stil. Stilvolle Spekulation lässt sich von möglichst vielen Beobachtungen und Reflexionen leiten. Und sie weiß, was sie tut. Sie weiß, dass sie spekuliert. Sie weiß vielleicht sogar, unter welchen Prämissen, mit welchen Mitteln und zu welchem Zweck sie spekuliert. Solche Angaben machen Spekulation beinahe schon plausibel. Stilvolle Spekulation pflegt nicht zuletzt auch die Kunst, zwischen zur Zeit sichtbaren Trends und möglichen zukünftigen Entwicklungen so sorgsam wie möglich zu unterscheiden, wobei selbstverständlich vielen gegenwärtigen Trends schon heute gegenläufige Entwicklungen gegenüberstehen und zudem nie sicher auszumachen ist, wie lange Trends anhalten werden.

In Mittel- und Westeuropa schrumpfen die traditionellen Großkirchen. Die Zahl der Kirchenaustritte übertrifft bei Weitem die der Eintritte. Die laue Beteiligung am gottesdienstlichen Leben führt nicht durchweg, aber oft zum Phänomen nur noch rudimentär gefüllter Kirchen. Das Phänomen der mitteleuropäischen Kirchenmüdigkeit wird durch das Auftreten einzelner attraktiver Freikirchen nur eingeschränkt, da meistens wachsenden Freikirchen auch schrumpfende freikirchliche Gemeinschaften gegen überstehen. Eindeutigere Grenzen setzt der fortschreitenden Säkularisierung wahrscheinlich auch in Europa in Zukunft der heute weltweit beobachtbare Trend, wonach neue religiöse Bewegungen vor allem pfingstlerischer und islamischer Prägung sich im urbanen Milieu etablieren und als alternative Lebenswelten ausbreiten. Trotzdem wächst der Anteil der konfessionslosen Bevölkerung voraussichtlich noch für einige Zeit stetig. Eine Pew-Studie erkennt wachsende Konfessionslosigkeit in allen reicher werdenden Gesellschaften. Wahrscheinlich besteht weltweit ein Zusammenhang zwischen wachsendem Wohlstand und abflauender Religiosität. Mancherorts weitet sich die Kirchenmüdigkeit zu einer generellen Religionsmüdigkeit aus. In einer weltweit durchgeführten Atheismus-ISSP-Studie figuriert in der Liste der glaubensfernsten Regionen der Welt auf Platz 1 das Gebiet der ehemaligen DDR, auf Platz 2 die Tschechische Republik und auf Platz 3 Frankreich. Mittel- und Westeuropa figurieren in dieser Liste an prominenter Stelle. Eine Pew-Studie erwähnt die Tschechische Republik mit 76 Prozent konfessionsloser Bevölkerung als das konfessionsloseste Land der Welt (noch vor Nordkorea, 71 Prozent …).

Beobachter des gegenwärtigen Islam stellen zwei gegenläufige Tendenzen fest: Eine Re-Islamisierung und eine De-Islamisierung. Die Re-Islamisierung ist genügend präsent. Kulturgeschichtlich betrachtet zeigt sie ungefähr folgendes Bild: Die islamische Welt durchläuft seit Jahrzehnten, seit der Gründung der Muslimbruderschaft in Ägypten oder noch deutlicher seit der Vertreibung des Schahs im Iran eine Phase offensichtlicher Islamisierung, d. h. einer Neubesinnung auf die islamische Tradition und einer überzeugten Abwehr unislamischer westlicher Sitten und Werte. Inwieweit der westliche Kolonialismus in dieser anhaltenden Islamisierung des Islam noch nachwirkt, inwieweit die als Affront empfundene Existenz des Staates Israel immer wieder neues Öl ins Feuer dieser Islamisierung gießt, inwieweit die Omnipräsenz westlicher Medien und des westlichen LebensstiIs traditionsbewussten Muslimen keine andere Möglichkeit lässt, als in islamistische Fahrwasser abzugleiten, all dies sei hier dahingestellt. Offensichtlich hat diese in manchen Aspekten reaktionär wirkende Islamisierung nicht nur konfessionelle Gegensätze wieder wachgerufen und im Ringen um ein rechtes Verständnis des Dschihad zu den verschiedensten Varianten kampfbereiten Glaubens geführt. Die liberaler denkenden Muslime fühlten und fühlen sich durch die reaktionären Elemente der Islamisierung auch in ihrer eigenen Identität bedroht, genauso, wie sich die Islamisten noch immer in ihrer Identität durch Islamkritik und modernen Zeitgeist nicht nur verunsichert, sondern direkt attackiert fühlen. Jede Islamkritik ist für die einen Blasphemie, d. h. Gotteslästerung. Jeder islamische Fanatismus ist für die anderen eine Beleidigung ihres Glaubens.

Die gegenläufige Bewegung, die Deislamisierung, ist weit weniger augenfällig, aber bei genauerer Betrachtung ebenso nachweisbar: Die zunehmende Bildung zumal auch der Mädchen und Frauen, die sich nicht selten mit der Liebe zum eigenen Denken und zur eigenen Lebensgestaltung verbindet, der bisherige fragwürdige Ausgang der islamistischen Revolutionen - nicht zufällig zweifeln vermehrt junge Iraner am Islam - all dies führt zu einem Verlust der Evidenz des eigenen Glaubens in der Optik zahlreicher Muslime. Dass sich dieser Verlust nicht offen religionskritisch artikuliert, liegt - solange Vertreter islamischer Institutionen sich massiv gegen jede Islamkritik stellen - auf der Hand. Aber das noch weitgehende Schweigen der in ihrem Glauben verunsicherten oder von ihrem Glauben frustrierten Muslime darf nicht zur Annahme führen, dass alle Muslime zweifelsfrei zu ihrem Glauben stünden …

Summa: Der Islam durchläuft in den nächsten Jahrzehnten wahrscheinlich noch immer eine Periode spannungsreicher Selbstfindung. In der modernen Gegenwart wirklich angekommen ist der Islam erst, wenn er auch die Möglichkeit zur Islamkritik bejaht.

Spiritualität scheint für die meisten keine wirkliche neue religiöse Option zu sein, sondern eher nur ein Versuch, autoritätsfern sich selbst verwirklichend zu glauben und betonte Kirchenferne und Glaubensmüdigkeit spirituell zu bereichern. Bloße Glaubensferne führt manche offensichtlich in eine zu karge, weitgehend sinnleere Welt.


Dieser Liebe zur persönlichen spirituellen Selbstverwirklichung kommt der Buddhismus weitgehend entgegen. Buddhismus ist schon in seiner ältesten noch greifbaren Form, im Theravada, in seinem Kern Analyse des menschlichen Geistes mit entsprechender Geistesschulung. Dass Psychologen und Neurowissenschaftler fasziniert feststellen, dass diese buddhistischen Analysen des menschlichen Geistes völlig psychologisch prozesshaft argumentieren und auf jedes Konzept eines eigenen ewigen Selbst, eines Gottes, und auf jede Kosmogonie verzichten, verwundert niemanden, der sich mit buddhistischen Lehrtexten beschäftigt. Die möglichst rationale, durchaus nicht axiomfreie und doch beinahe wissenschaftliche Analyse ist dem Buddhismus in die Wiege gelegt. Die Chancen des Buddhismus, sich als wissenschaftliche Religion zu präsentieren, liegen zu nahe. Es wäre seltsam, hätten moderne Buddhisten diese Chance nicht schon längst ergriffen.

Zur neuen westlichen oder gar weltweiten Volkskirche wird der Buddhismus trotzdem nie werden. Zu offensichtlich spricht er gerade in seiner analytischen Kraft spirituelle Eliten an. Als Volksreligion stand und steht der Buddhismus dem wissenschaftlichen Denken gegenüber nicht weniger fern als jeder andere volkstümliche Glaube. Überdies hat gerade der analytische Buddhismus nie viel von Bekehrungen und Mission und religiösen Organisationen gehalten.

Die vom Buddhismus faszinierten Zeitgenossen sehen sich vielleicht als Teil eines buddhistischen Freundeskreises, aber sie tragen sich ungern in Listen neuer Religionsmitglieder ein. Man lässt sich faszinieren, ansprechen und oft auch anleiten, aber nicht einbinden." …

Summa: Der Buddhismus stellt in seiner analytischen Kraft auch in Zukunft eine geistige Herausforderung erster Güte dar. Aber zur neuen Massenreligion wird er sicher nicht werden …


In Ost- und Südasien, in Afrika südlich der Sahara- und in Lateinamerika scheint ein charismatisch geprägtes Christentum den existenziellen, sozialen und spirituellen Bedürfnissen mancher Menschen weitgehend zu entsprechen. Hier begegnen viele einem erlebbar nahen Gott, der sich um sie und um ihr Leben kümmert bis hinein in die eigenen Gesundheitsprobleme und die eigen finanziellen Schwierigkeiten.

Zudem befreit das charismatisch-evangelikale Christentum in der modernen Welt sich etablierende Gesellschaftsschichten ein Stück weit von vielem, was sie in der bisherigen Religiosität als religiöse Bevormundung und als rückständig erleben konnten, von Priesterhierarchien und Kastenvorurteilen, von Frauenverachtung, von den Mythen der Vorfahren und der Magie der Vorgestrigen, von Pagodenmystik und Tempelmoder. (Man darf als europäischer Tourist nicht meinen, jeder Einheimische würde mit analoger Faszination den Tempel der schwarzen Kali in Kalkutta durchwandern). Charismatisches Christentum ist für viele intensiver religiöser Aufbruch in eine für sie befreiend neue Welt. Charismatisches Christentum eröffnet zudem so etwas wie eine Türe zu einem eigenen neuen Entwicklungsschritt: Es schenkt ekstatisch eindrückliche Vergebungserfahrungen und neues Menschsein in der engagierten Glaubensgemeinschaft. Das heißt nicht, dass wir in der außereuropäischen Welt nun das ideale Christentum vorfinden würden. Die vielschichtige Problematik zumal des sogenannten Wohlstandevangeliums, der Heilungsversprechen und des Starevangelistentums bleibt unbestritten. Es heißt nur: Viele aufstrebende Schichten finden sich im evangelikal-charismatischen Christentum und - in geringerem Ausmaß - in der analogen katholischen charismatischen Bewegung. Der Schwerpunkt des Christentums verschiebt sich immer offenkundiger in die außereuropäische Welt.

Gleichzeitig erlebt auch die tradierte Religiosität zumal Asiens ein gewisses Revirement. Dies gilt weniger für das ehemals oder immer noch kommunistische Asien. China, Nordkorea und Vietnam zählen noch immer zu den Ländern mit den meisten Konfessionslosen. Aber andernorts gilt: Nicht nur neue Kirchen, sondern auch laufend neue Tempel und Pagoden werden in Süd- und Südostasien gebaut. Die Spendenfreudigkeit und die entsprechenden Besucherzahlen in Kirchen und Tempeln sind - an mitteleuropäischen Maßstäben gemessen - enorm. (Selbstverständlich verbessern alle Spender mit ihrer Gabe ihr Karma.) Indien erlebt - nicht zuletzt dank der neuen Möglichkeiten des Internets - auch eine neue Blüte der Guru-Frömmigkeit. Eine Art Weltrangliste der beliebtesten Gurus hat sich im Internet etabliert. Neue Jünger können laufend die Position ihres Meisters oder ihrer Meisterin um eine zusätzliche Stimme verbessern. Selbstverständlich begibt sich der Schüler der Neo-Gurus auch wieder in spirituelle Abhängigkeit. Aber er wählt seinen Guru selbst. Und der neue Guru führt den Schüler mindestens in seiner Vorgabe noch deutlicher als der Guru der Vergangenheit zu sich selbst. Selbstfindung und Autonomie werden sogar dort groß geschrieben, wo - etwas drastisch formuliert radikal glaubenswillige Jüngerscharen jedes Wort von den Lippen des Meisters ablesen und nachbeten.

Summa: Es scheint, dass in der außereuropäischen, nichtislamischen Welt sich die tradierte Religiosität und das inzwischen auch weitgehend indigene Christentum gegenseitig mit ihrem spirituellen Feuer anstecken würden. Von europäischer Religionsmüdigkeit ist wenig oder noch wenig zu spüren.

Wie lange wird aber diese neu erwachte Liebe zumal zum evangelikalen Christentum und dieses gleichzeitige Revirement der tradierten Religionen anhalten? Solange sich Menschen finden, die auch im Glauben die eigene Erfahrung über die bloß tradierte Autorität stellen und die bewusst in ein persönliches, selbstverantwortetes Leben aufbrechen, bleiben das evangelikale Christentum und das gleichzeitige möglichst erfahrungsnahe Revirement der tradierten Religiosität für viele überzeugende Optionen. Etwas überspitzt lässt sich sagen: Der Westen wird „östlicher" und säkularer, der Osten und der Süden werden christlicher. Ein Ende dieser Prozesse ist noch lange nicht in Sicht …


Die gesellschaftliche Entwicklung, besonders die sich unaufhaltsam weiter ausbreitende moderne Bildung, schenkt den Menschen ein immer größeres Maß an Selbstständigkeit und Autonomie. Vielleicht dauert es lange, bis die möglichst eigenständig reflektierende, möglichst selbst verantwortliche Persönlichkeit in allen Kulturen mehrheitsfähig wird. Erst dann wird aber auch die Basis zu echter Demokratie vorliegen. Auch wenn es lange dauert, die Entwicklungsrichtung ist vorgegeben und auf die Dauer nicht mehr umkehrbar.

Für die Religionen heißt dies: Theokratien, Priestergehabe, Brahmanen-Privilegien, Bonzen-Attitüden, Guru-Verehrung und Männervorrechte werden zusehends nicht mehr als himmlische Gegebenheiten und irdische Notwendigkeiten, als ewige gottgewollte Strukturen, sondern nur noch als vorläufige Hilfskonstruktionen wahrgenommen werden. Einmal gesellschaftlich noch sinnvoll, heute zum großen Teil oft schon eher hinderlich als dienlich, werden sie neuen, besseren, autonomiekompatibleren Kirchenstrukturen Platz machen. Religionen werden sich vermehrt nach demokratischen Spielregeln organisieren. Zu diesen Spielregeln gehört auch die Gleichstellung der Geschlechter. Mit unaufhaltsam fortschreitender Mädchenbildung wird längerfristig auch in der islamischen Welt die Gleichstellung von Mann und Frau durch keine archaische religiöse Moral mehr eingeschränkt werden können. Auch in der katholischen Kirche sind meines Erachtens das Ende des reinen Männerpriestertums und der Einzug der Frauen in die katholische Hierarchie absehbar. Wann dies geschehen wird, wahrscheinlich noch nicht unter dem gegenwärtigen Papst, wage ich selbstverständlich nicht zu sagen. Aber dass dies geschehen wird, ist voraussehbar …

Der Prozess der fortschreitenden Durchmischung der Kulturen und Religionen wirkt einerseits relativierend, alle religiösen Positionen einander angleichend, andererseits in einer oft Generationen überdauernden Verunsicherungsphase Fundamentalismus fördernd. Die ungläubige Welt der Umgebung bedroht. Die Überlegenheit der eigenen Religion und Gruppe wird überhöht. Trotz öffentlich gezeigter Toleranz und demonstrativem Respekt gegenüber Andersgläubigen pflegt man im Kreis der eigenen Gruppe auf die Außenwelt herunterzuschauen. Im religiösen Pluralis wird doppelte Kommunikation in vielen Gemeinschaften fast zum Normalfall: Man kommuniziert nach außen nicht dasselbe, was man nach innen vertritt.

Latenter Fundamentalismus, das heißt Glaube mit nach innen gelehrter stolzer Exklusivität und nach außen demonstrierter pragmatischer Toleranz, breitet sich wahrscheinlich auch in Zukunft noch weiter aus und wird - wenn er dies nicht schon heute ist - zum religiösen Normalfall des engagierten Glaubens weltweit. Für eine sogenannte liberale Religion, ein Kind der europäischen Aufklärung, ist in der Optik der Gläubigen anderer Weltgegenden und engagierter Christen in Europa zusehends weniger Bedarf. Die klare göttliche Weisung und Wahrheit, die eigene Berufung, die nachfolgende Entschiedenheit und das eigene religiöse Erleben zählen mehr als die kritische Reflexion …


Das in Zukunft voraussehbare immer intensivere Zusammenleben verschiedener Kulturen und Religionen im gleichen Raum und die erwähnte Liebe religiöser Gemeinschaften zur doppelten Kommunikation machen Fundamentalismuskrisen auch in Zukunft mehr als nur wahrscheinlich. Zudem legen sie aber auch den Ausblick auf den positiven Ausgang dieser Krisen nahe. Von allen Seiten her haben Buddhisten nach den neueren Ausbrüchen buddhistischer Gewalt zur Rückbesinnung auf den Weg des Buddha aufgerufen. Jede Fundamentalismuskrise ist für die involvierte Religion eine Chance zur Rückbesinnung auf die eigene Mitte, auf die Essenz des eigenen Glaubens. Es wird sich zweifellos auch in Zukunft zu solcher Rückbesinnung reichlich Gelegenheit finden.

Erfahrungen menschlicher Ohnmacht sind auch in Zukunft nicht zu vermeiden. Sie legen den Keim zu einer immer öfter nur noch erfahrungsnahen, persönlich überzeugenden Religiosität. Not lehrt beten, sagt ein Sprichwort. Aber immer weniger Menschen nicht nur in der westlichen Welt werden fähig sein, auf angelernte Gebete zurückzugreifen. Bloß übernommene, nicht durch eigene Erfahrung angeeignete Religion zerbricht in modernen Krisen. Die Krisen der Zukunft, die persönlichen und die kollektiven, werden zu den eigentlichen Geburtsstätten persönlicher Religiosität. Dass es an solchen Krisen nicht mangeln wird, steht außer Frage …


Die von Auszehrung befallenen ehemals großen Kirchen der westlichen Welt stehen - nicht erst heute, sondern seit einiger Zeit schon - am Scheideweg. Sie könnten sich erstens in ihr Schicksal zunehmender Bedeutungslosigkeit gehorsam fügen. Eine große Vergangenheit lässt sich theologisch gut mit einer bescheidenen Gegenwart versöhnen. Auch vergangene Größe ist immer noch Größe, vor allem wenn sie sich in wunderbaren mittelalterlichen Kirchenbauten immer noch so eindrücklich manifestiert. Die ehemals großen Kirchen können zweitens für sich aber auch neue Bedeutungen entdecken …


Das spirituelle Angebot kann - falls die Mittel es erlauben - noch zusätzlich ausgebaut werden. Die ehemals großen Kirchen können sich drittens auch von den Kirchen der Schwellenländer inspirieren lassen. Das Christentum der USA gilt in manchen Freikirchen nach wie vor als Vorbild. Aber im Grunde gleitet das Christentum der USA - nur mit etwas Verspätung - in ähnliche Krisen wie das europäische. Das Christentum Asiens, Afrikas und Lateinamerikas hingegen überzeugt an vielen Stellen noch in seiner ungebrochenen Dynamik. Allerdings - der Mitteleuropäer ist kein Afrikaner und kein Lateinamerikaner. Charismatik ist spontan nicht seine Sache.


So bleibt viertens den ehemals großen Kirchen der westlichen Welt eigentlich nur noch die uralte, immer präsente Möglichkeit, dass sie sich auf die Essenz des Evangeliums besinnen. In der Überzeugung, dass das Evangelium in seiner ganzen Breite und Tiefe bisher in der Geschichte noch an keiner Stelle erschöpfend wahrgenommen und kirchlich nachempfunden wurde, könnte diese späteuropäische Besinnung auf die Essenz des Christlichen zu bisher kaum erahnten Formen neuer Kirchlichkeit führen. Das Evangelium ist mehr als alles, was wir oder andere bisher davon verstanden haben. Vielleicht entdecken gerade die westlichen Kirchen in ihrer nur scheinbaren Ausweglosigkeit dieses "Mehr" …


Dieses späteuropäische Christentum dürfte aber, wenn es überzeugen will, nicht einfach eine Kombination der besten Elemente europäischer Christlichkeit sein. Das wäre wahrscheinlich zu unorganisch. Es müsste dieses Mehr dazukommen, ein bisher noch nicht realisierter wesentlicher Aspekt des Evangeliums, zu dem sich alle erwähnten positiven bisherigen Aspekte organisch fügen.


Schlussbemerkung

Sich mit der Zukunft der Religionen zu beschäftigen, heißt genau besehen immer auch ‚orakeln’. Könnten wir heute noch das delphische Orakel fragen, wie es sich die Zukunft der Religionen vorstellt, würde es uns wahrscheinlich mit jenem Orakelspruch antworten, den Erasmus von Rotterdam zitiert und den C. G. Jung über die Türe seines Hauses in Küsnacht schreiben ließ: ‚Vocatus atque non vocatus deus aderit.’ - Gerufen und ungerufen wird Gott da sein.“


Ich denke, diese Analyse ist recht objektiv und gibt wieder, was in der Neuoffenbarung als Vorbedingung eines Wandels vorausgesetzt wird. So ist einmal die Freiheit des Menschen, seine eigenen Vorstellungen zu realisieren, vorausgesetzt, aber auch die Konsequenzen des eigenen Weges zu erkennen und diese evtl. korrigieren zu müssen, wenn man nicht alles verlieren will. Die Umorientierung wird aber unmerklich auf den Punkt gebracht, der ein neues Denken hervorbringt. Von uns hervorgehoben wurde im obigen Artikel die Passage, die die „Essenz des Christentums“ als Rettung beschwört:

„Das Evangelium ist mehr als alles, was wir oder andere bisher davon verstanden haben. Vielleicht entdecken gerade die westlichen Kirchen in ihrer nur scheinbaren Ausweglosigkeit dieses ‚Mehr’.“

Swedenborg ist angetreten, dieses „Mehr“, insbesondere durch seine Entsprechungslehre aufzuzeigen und schon zu seiner Zeit darauf aufmerksam zu machen. Damals waren die Kirchen nicht bereit, diese Möglichkeit zu bedenken, weil sie dazu noch keine Notwendigkeit sahen. Die katholische und evangelische Kirche hatten die religiöse Herrschaft über die Menschen und mussten nicht ums eigene Überleben kämpfen. Diese Zeiten sind weitgehend vorbei, selbst der Kirchenchrist hat sich vielfach spirituell von seiner Kirche gelöst.
Insofern hat diese den vollen Einfluss über ihre Schäflein verloren. Weder Höllenandrohung noch Bannung tangieren mehr und so bleibt nur noch ratloses Suchen nach Auswegen. Wie lange sich solcher Prozess der spirituellen Neuorientierung im Sinne eines Neuen Zeitalters hinzieht, ist offen, da er von der Willensfreiheit der Menschen abhängt. Und die darf Gott nicht antasten. Aber er kann zulassen, dass sich die Bedrängnis verstärkt und so zur Entscheidung drängt. Bis dahin haben sich hoffentlich die alternativen Möglichkeiten im Sinne Swedenborgs weltweit so verbreitet, dass sie dann überall zur Verfügung stehen und in das religiöse Leben aufgenommen werden können.

 


Die wesentlichen Stücke der Kirche, die mit dem Glauben an einen Gott sich verbinden, sind die tätige Liebe, die guten Werke, die Buße, das Leben nach den göttlichen Gesetzen; und weil diese zugleich mit dem Glauben das Wollen und Denken des Menschen anregen und bewegen, so verbinden sie den Menschen mit dem Herrn und den Herrn mit dem Menschen.

... Diese Dogmen oder Lehrbestimmungen der neuen Kirche sind lauter wesentliche Stücke, in deren jedem der Himmel und die Kirche ist, und sie zielen als auf ihren Endzweck darauf, dass der Mensch im Herrn sei, und der Herr im Menschen, nach Seinen Worten bei Joh.14/20 und 15/4-6.
(Aus Swedenborg: Kurze Darstellung der Lehre der Neuen Kirche 96,97)

 


 

 

(Mit Genehmigung des Verfassers aus: DAS PROGRAMM Oktober bis Dezember 2015, Swedenborg Zentrum Berlin)

 

Siehe auch linke Randspalte unter "Religionen / Kirchen (1)", Thema "Die Religion der Zukunft"

 

 

Texte der Neuoffenbarung Jesu zu Fragen der Kirche:

 

"Sage es den Kindern, und sage es allen, sie mögen sein, welcher Religion sie wollen - ob Römische, ob Protestanten, ob Juden, ob Türken (Muslime), ob Brahmi, ob finstere Heiden -, kurz für alle soll es  gesagt sein: Auf der Erde gibt es nur eine wahre Kirche, und die ist die Liebe zu Mir in Meinem Sohne, welche aber ist der heilige Geist in euch und gibt sich kund durch Mein lebendiges Wort, und dieses Wort ist der Sohn, und der Sohn ist Meine Liebe und ist in Mir und Ich durchdringe ihn ganz, und Wir sind eins, und so bin Ich in euch, und eure Seele, deren Herz Meine Wohnstätte ist, ist die alleinige wahre Kirche auf der Erde. In ihr allein ist ewiges Leben, und sie ist die alleinseligmachende." (HiG.01_004,09f)

 

"Kümmert euch nicht um die Ausschreitungen auf religiösem Gebiet, die sich jetzt überall regen! Sie sind wohl Wecker, doch ihren Anhängern wird über kurz oder lang der Hauptfaktor, der Tröster fehlen, den Ich damals nur denen versprach, die Meine wahren Jünger waren, und denen auch ihr in allem nachfolgen sollt.

Es mögen noch so viele religiöse Lehrgebäude aufgebaut werden, - wer nicht zu Meinem einfachen Hause zurückkehrt, in dem nur die Liebe, geleitet durch die Weisheit, allein thront, dem fehlt in schweren Augenblicken der Tröster überall; denn ihm fehlt neben dem wahren Glauben die wahre Überzeugung, ihm fehlt der Geist der Wahrheit, den Ich einst Meinen Jüngern versprach und auch gesandt habe, und der einem jeden zuteilt wird, der Mich im Geiste und in der Wahrheit begreift und im Geist und in der Wahrheit Meine Lehre in der Tat anwendet." (PH.01_025,14f)

 

"Eine Kirche ist nur Kirche, wenn sie lehret Meinen Willen und das Leben aus der Liebe, die am Kreuze für die ganze Erde, ja für die ganze Schöpfung blutete. Aber eine Kirche, die sich nur segnet und alles andere verfluchet, ist wie ein Geizhals, der allen den Tod wünscht, damit er aller Habe habhaft werden möchte. Es wird aber ein Kamel eher durch ein Nadelloch traben als ein solcher `Geizhals` in den Himmel." (HiG.01,01)