Hannelore Winkler



Sündflut - entschlüsselt aus Lehrtexten

 

seit dem 2.Jahrtausend vor Christus

 

Textsammlung: Sumer, Altbabylonien, Judäa - Israel, Griechenland, Römisches Reich und Kaiserreich Österreich 19. Jh.

 


Von Religionswissenschaftlern wurden in den letzten beiden Jahrhunderten nützliche Vorarbeiten geleistet, indem sie die vorhandenen Texte auflisteten, analysierten und auf ihre Abhängigkeit hin untersuchten. Nach dem Zeitpunkt der Flut wurde nicht gefragt, weil das aus den schriftlichen Überlieferungen nicht hervorging. Mit dem Flutthema beschäftigten sich Altorientalisten vor allem im 19. und frühen 20. Jh. Gegenwärtig sind die archäologischen Forschungen im Irak nicht mehr auf die Untersuchung von Flutschichten hin ausgerichtet. Weil frühere Grabungen zeigten, daß in Sumer keine einheitliche Sintflutschicht anzutreffen ist. Mit der Bestimmung des Zeitpunkts der Flut geben sich heute eher Naturwissenschaftler, wie Meeresbiologen, Klimatologen und Geologen, ab.

 

Betrachtet man die vorhandenen Texte aus Sumer, Altbabylonien, Israel, Griechenland und aus dem Römischen Imperium in ihrer chronologischen Reihenfolge, dann ergibt sich ein guter Überblick über die Rezeptionsgeschichte. Wir erfahren, daß in allen Hochkulturen Lehrtexte zu diesem Ereignis verbreitet gewesen waren, außerdem, daß schon in frühester Zeit Nachforschungen darüber angestellt wurden. Die Nachrichten verbreiteten sich zuerst in Sumer, da sumerische Königslisten aus der Zeit um 2100 v.Chr., deutlich von einer Epoche vor und nach der Flut berichten.

 

Das berühmte sumerische Ziusudra-, Enmerkar- und Gilgamesch-Epos, sowie das Atram-Hasis-Epos der Babylonier transportieren das Wissen von einer Flut bis in die heutige Zeit. Aus dem erhaltenen Textmaterial geht deutlich hervor, daß Kenntnisse zum Untergang vieler Menschen in einer Flut, bereits vor der Zeit der Hebräer vorhanden waren. Kulttexte riefen das Geschehen immer wieder vor Augen. Das Flutopferfest wurde seit der 2. Hälfte des 3. Jahrtausends v.Chr. in mehreren Ländern, jedes Jahr im Februar zelebriert. Nachgewiesen ist das bis in die römische Zeit des 4. Jh. n.Chr. Auf diese Weise waren die Zuhörer über die Geschehnisse der Vergangenheit informiert. Aber wann die Überflutung geschehen war, das blieb bis heute unbekannt. Ein erster Schritt der Untersuchung war, die Entstehung der erhaltenen sumerischen, akkadischen und altbabylonischen keilschriftlichen Epen in ihrer Entstehung zu datieren. Weitaus schwerer war es, die Frage nach der Datierung der Offenbarungen an Moses im Alten Testament zu beantworten, um beurteilen zu können, ob in dem jüngsten Gilgameschepos des 12. Jhs. v.Chr., die Kenntnisse der Hebräer um die Flut, dort mit eingeflossen sind. Andererseits stand die Frage im Raum, ob Semiten in Sumer lebten. Weil es von Abram heißt, daß er mit seinen Angehörigen Ur-Chasdim verlassen habe ("P" 1Mo 11,31; 12,1). Hier galt es, die Linie des Sem und seiner Nachfahren zu verfolgen und die Lebenszeit des Abraham und des Moses in Erfahrung zu bringen, was erneut Schwierigkeiten bereitete.

 

Das Kapitel zu Griechenland verdeutlicht die Problematik, welche die drei verschiedenen Flutsagen, zur Deukalion-, Ogyges- und der Dardanosflut mit sich bringt. Dundes Alan, "The flood myth" (1986) hat alle griechisch-römischen Textstellen zur Flut betrachtet. Trotz seiner Grundlage befaßten sich Historiker und Philologen, mit Ausnahme von Kalcyk Hansjörg, "Zur Besiedlung des Süd- und Westrandes der Kopais, in: BOIOTIKA (1989), nicht weiter mit griechischen Flutmythen. Es herrschte die Ansicht, Mythen zählen zur Gattung Literatur, sie enthalten einen wahren Kern, seien aber weitestgehend erdichtet.

 

Zunächst könnte man annehmen, es handele sich bei Deukalion, Ogyges und Dardanos lediglich um ein- und dieselbe Person. Und dieser Flutheld trage in Attika, in Böotien und in Arkadien jeweils einen anderen Namen. Dies ist keineswegs der Fall. Erst jetzt werden größere geschichtliche Zusammenhänge des 2. Jahrtausends v.Chr. deutlicher erfaßt. Gemeint sind die neueren archäologischen Forschungen zum Tempedurchbruch in Thessalien und die Wasserflut, welche vom Kopais-See in Böotien ausging. Aus früheren Textuntersuchungen ermittelte man für Griechenland eine Flut, welche 1796, 1539 und 1530 v.Chr. aufgetreten sei. Genealogische Tabellen verdeutlichen, daß sich die Deukalion- und die Dardanosflut sehr wohl auf die Noahflut im 3. Jahrtausend v.Chr. beziehen. Wohingegen die Ogygesflut auf einen späteren Termin verweist. Jetzt stehen die altorientalischen, hebräischen und griechischen Überlieferungen zur Flut näher beieinander. Die Differenz ist gemindert.

 

Der Abschnitt über die römischen Quellen zeigt einmal mehr, daß die Menschen zu allen Zeiten von einer Flut in der Vergangenheit wußten. Und verdeutlicht auch, wie antike Historiker mit dem Textmaterial umgingen. Hinzu treten Kirchenhistoriker, welche sich in ihren Werken mit der Sintflut auseinan- dersetzten. Die Überlegungen der christlichen Forscher waren geleitet vom Kalenderbeginn der Juden im Jahr 3761 v.Chr. Eusebius galt als Quelle für historische Datierungen des Alten Testaments.

 

Alle bisherigen Vermutungen werden durch die Neuoffenbarungen des Jakob Lorber, in Graz, 1840—1861, auf den Kopf gestellt. In seinen beiden Haupt- werken, Die Haushaltung Gottes und Das Große Evangelium des Johannes, finden sich Anhaltspunkte, nach denen die Sündflut berechnet werden kann, weil ein Fixdatum angegeben ist. Genannt ist das Jahr 4151, in welchem Adam auf der Erde in Erscheinung trat (Lorb., Gr. Ev. Joh. VIII, 86, 3). Mit ihm beginnen die Darlegungen im Alten Testament. Die Kulturentwicklung unter den Adamiten, Sethiten und Cahiniten werden im Detail geschildert und damit die Geschehnisse, welche zur Flut führten. Auch auf Mißverständnisse im Alten Testament wird Bezug genommen, sie betreffen meistens namensgleiche Personen unter den Sethiten und Hanochiten. In Nhod, im Staat Hanoch, in Keilschriften wiedergegeben mit HNWK, lebten zuerst die Cahiniten, später die Sethiten. Zwischen beiden Völkern kam es zum Krieg. Maßnahmen zur Vernichtung der Cahiniten führten zu einem unterirdischen Brand und zu einer Wasserflut, weil abgesprengte Gesteinsmassive in unterirdische Wasser- und Erdölbassins stürzten. Daß es in späteren Jahren zu einer Flutkatastrophe kommen würde, war bereits 3231 v.Chr. dem Adam und allen seinen Nachfahren bekannt gegeben worden. Mahel, der Bruder des Noah, traf Maßnahmen zur Vermeidung. Seine Warnungen wurden von den Befehlshabern der letzten Zeit im Staat Hanoch nicht angenommen.

 

Um die schwierige Fragestellung nach dem Sündflutdatum abzuschließen, muß man die nachfolgende Zeit in Sumer betrachten. Entsprechend den philologischen und archäologischen Erkenntnissen der Altorientalisten begann die Zeit, in der mehr und mehr schriftliche Zeugnisse abgefaßt wurden, in der 2. Hälfte des 3. Jahrtausends v.Chr. Es gibt Hinweise auf Kriege, und Dynastien können benannt werden, weil genealogische Reihen aufgezeichnet wurden. Von besonderer Bedeutung sind die Ausführungen, die bis etwa zum Jahr 2000 v.Chr. reichen. Von großem Interesse ist die Frage, wo die Semiten, Hamiten und Japhiten lebten.

 

Die Untersuchung, "Sündflut, entschlüsselt nach Lehrtexten" (2008) ist eine Entgegnung auf Veröffentlichungen der naturwissenschaftlichen Richtung. Begründet wird, weshalb die neuesten meeresbiologischen Forschungen am Schwarzen Meer nicht mit den Angaben im Alten Testament im Zusammenhang stehen, wie es vor allem Pitman Walter und Ryan Wiliam, "Sintflut ein Rätsel wird entschlüsselt" (1999), und Haarmann Harald, "Geschichte der Sintflut" (2003), darlegten. Pitman und Ryan gehen davon aus, daß, aufgrund der Ergebnisse der Dendrochronologie, im Schwarzmeerraum um 7000/6700 v.Chr., beim Durchbruch der Landbrücke zwischen Kleinasien und Europa, eine Überschwemmung stattgefunden habe, auf welche sich die biblische Sintflut beziehe. Haarmann geht vom sprachwissenschaftlichen Standpunkt aus und beruft sich auf die Meinung der Meeresbiologen. Wenn Haarmann von Kulturen von 7000 v.Chr. bis 4000 v.Chr. spricht, dann meint er die Voradamiten, die Tiermenschen, die sich vom Schimpansen herleiten. Die Flut, über die in der Heiligen Schrift gesprochen wird, hat keineswegs um 6700 v.Chr. stattgefunden, sondern im Jahr 2495 v.Chr. Das Alte Testament handelt kontinuierlich ab der Zeit von Adam und führt die wichtigsten Vertreter der Priesterlinie an, die sich von ihm herleiten, bis hin zur Geburt Jesus v. Nazareth im Jahr 7. v.Chr. (Lorb., Gr. Ev. Joh. VIII, 86, 3–6). Von Adam, 4151 v.Chr., bis zur Sündflut sind nach hebräischer Überlieferung 1656 Jahre vergangen, das führt zum Jahr 2495 v.Chr. Mit Adam wird eine neue Gattung mit neuen Genen in die Welt gesetzt, und von ihm stammen die heutigen Menschen ab. Gemäß der Genesis 1Mo ist Adam von Gott geschaffen worden und ihm ähnlich. Deshalb ist in den alten Texten stets die Rede von Göttersöhnen und von Göttern.

 

Der innovative Forschungsansatz stützt sich auf Keilschrifttexte, berücksichtigt sumerische Königslisten, betrachtet hebräische Überlieferungen, wie z. B. Berger Klaus, "Das Buch der Jubiläen" (1981), verwendet die griechisch-römische Literatur und bezieht die Neuoffenbarungen des Jakob Lorber mit ein. Damit verändert sich das Bild von frühen Kulturen dahingehend, daß Ausführungen zu Zentralasien hinzukommen. Wir erfahren von einer geistigen Hochkultur im Land Ehuehil, im Kaukasus. Daneben von einer technisch hochstehenden Kultur im Land Nhod, in der Tiefebene, in der Region wo sich heute das Kaspische Meer befindet. Der nachflutliche Zeitabschnitt ist unter Assyriologen deshalb unklar, weil sie erstens nichts vom Staat Hanoch wissen, und weil sie zweitens von einem höher gelegenen Flutdatum ausgehen. Ningirsu/Ninurta halte ich beispielsweise für Nimrod, nicht für einen fiktiven Gott. Seit dem Hamiten Ningirsu/Nimrod haben sich Machthaber vergöttlicht, und seit ihm ist die Anschauung verbreitet, daß Könige, d. h. die Hochadeligen, von Gott abstammen, daher selbst Götter seien. Diese Auffassung hielt sich bis zum Ende der Antike.

 

©Dr. H. Winkler

6. September 2011

 

LIT Verlag. Reihe Religionswissenschaft: Forschung und Wissenschaft Bd.4. Gedruckt mit Unterstützung des Jakob-Lorber-Förderungswerkes e.V., Bietigheim-Bissingen. 2008. 448 Seiten, 15 Karten, 6 Abbildungen. ISBN 978-3-8258-0397-1. Bestellung über Buchhandel oder die Autorin unter Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! JavaScript muss aktiviert werden, damit sie angezeigt werden kann.