Der Hirntote, dessen Organe entnommen werden sollen, ist nicht tot, sondern er befindet sich vielmehr in einer abschließenden Phase des Sterbens...



Zur Frage der Organtransplantation

eine kritische Betrachtung aus geistiger Sicht


Michael Nolten



Zur aktuellen Entwicklung


In jüngster Zeit rückt das Thema der Organtransplantation in unserem Land wieder stärker in den Blickpunkt des Interesses. Grund ist offensichtlich die Tatsache, dass die Zahl der gewünschten „Organspenden“ bei weitem nicht ausreicht, um den erheblichen Bedarf zu decken, der inzwischen aufgrund der medizinischen Möglichkeiten zur Transplantation von Organen herrscht.

 

So war vor einiger Zeit in der Tagespresse auf der Titelseite folgende große Überschrift zu lesen: „NRW will bei Kliniken mehr Organspenden erreichen“. Und weiter hieß es: „Spezial-Beauftragte für Transplantationen sollen Pflicht werden – Seit Januar 2007 gab es nur 18 Entnahmen“. (Kölnische Rundschau vom 19.5.2007)

 

Dargestellt wird in diesem Artikel der Vorschlag der CDU-Landtagsfraktion, dass zukünftig alle 339 Kliniken in Nordrhein-Westfalen einen sogenannten „Transplantationsbeauftragten“ beschäftigen sollen, der - entsprechend psychologisch geschult – sich um die Hinterbliebenen kümmern, ihnen die Ängste vor der Organentnahme bei ihrem Angehörigen nehmen und diese letztlich als „Organspender“ der „Deutschen Stiftung für Organtransplantation“ (DSO) melden soll. Ebenfalls wird erwähnt, dass im Jahr 2006 lediglich 12 Organspenden auf 1 Million NRW-Einwohner gekommen seien; bundesweit habe die Quote bei 15,3 gelegen.

 

In öffentlichen Diskussionen ist der Druck der Transplantationsmediziner deutlich zu spüren, wie in einer Gesprächrunde im „Bayrischen Fernsehen“, als die Meinung einer Teilnehmerin, die sich kritisch zur Problematik des Hirntodes äußerte, gar nicht zur Kenntnis genommen bzw. auf ihre Argumente nicht eingegangen wurde. Diese und ähnliche Sendungen, die in regelmäßigen Abständen immer wieder auf den verschiedenen Kanälen ausgestrahlt werden und bei denen man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass sie oftmals recht populistisch aufgemacht sind, dienen natürlich einem Zweck: Sie wollen die Spendenbereitschaft der Bürger erhöhen und sie dazu ermutigen, einen Spenderausweis bei sich zu tragen, um so im Ernstfall als potenzielle Organspender zur Verfügung zu stehen.

 

So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich der „Nationale Ethikrat“ in einer Stellungnahme vom 24.4.2007 zu Wort gemeldet hat und ein Papier mit dem Titel „Die Zahl der Organspenden erhöhen – Zu einem drängenden Problem der Transplantationsmedizin in Deutschland“ veröffentlicht hat. Dieses Dokument setzt sich recht ausführlich und wissenschaftlich mit der Entwicklung im Bereich der Transplantationsmedizin und mit der Spendenbereitschaft  in der Bevölkerung auseinander, jedoch ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des hohen Bedarfs an Spenderorganen. Wie der Titel schon angibt, geht es darum, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man an mehr Spenderorgane kommen und die Zahl der Transplantationen steigern kann. Da die in Deutschland bestehende Zustimmungsregelung dem hohen Bedarf nicht gerecht wird, werden am Ende natürlich auch Wege aufgezeigt, wie aus der Zustimmungsregelung ein stufenweiser Übergang zu einer Widerspruchsregelung erfolgen könnte. Diese Empfehlung des Nationalen Ethikrates wendet sich an den Staat, der durch entsprechende Gesetze letztlich eine grundsätzliche Organentnahme legitimieren soll, wenn kein ausdrücklicher Widerspruch vorliegt. Das würde bedeuten, dass jeder Mensch ein potenzieller Organspender wäre, wenn er sein „Nein“ nicht vorher ausdrücklich dokumentiert hat.

 

Wie zumeist bei dieser Thematik ist die Sichtweise der Mitglieder des Ethikrates eine rein diesseitige, die die Organentnahme nur unter dem Aspekt der Lebensverlängerung anderer Menschen sieht. Ein ganzheitliches Menschenbild, das die Fragen nach Leib, Seele und Geist sowie die jenseitige Dimension mit einbezieht, wird nicht entworfen. Man bleibt bei dem Gedanken stehen, dass menschliches Leben auf jeden Fall so weit wie möglich ins Diesseits hinein zu verlängern ist und dass deshalb der andere durch seine Spenderbereitschaft dem Rechnung tragen soll. –

 

An dieser Stelle soll nun nicht der Eindruck entstehen, als würde der Wunsch, anderen auf diese Weise zu helfen, abgewertet oder in Frage gestellt. Das innere Bedürfnis, auch über den eigenen Tod hinaus noch etwas Sinnvolles getan zu haben, ist durchaus zu verstehen und nachzuvollziehen. Schwierig wird es jedoch dann, wenn moralische Kategorien und Appelle an das Gefühl der Nächstenliebe zur Unterstützung der eigenen Position dienen und einen – sanften – Druck ausüben wollen. So formuliert nämlich der Ethikrat:

„Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht, wie sie eine Erklärungsregelung mit einer Aufforderung zu einer persönlichen Entscheidung vorsieht, sind aus ethischer und verfassungsrechtlicher Sicht vertretbar. Organspenden sind Akte der Solidarität und Nächstenliebe, die Menschenleben retten. Zwar ist niemand zu solchen Akten verpflichten, aber dem Appell, wenigstens zu prüfen, ob er dazu bereit ist, kann sich niemand mit gutem Grund entziehen.“ (Stellungnahme S. 37)

 

Zustimmen mag man dem „Nationalen Ethikrat“ in dem letzten Punkt  auf jeden Fall: Eine persönliche Auseinandersetzung mit dieser Frage sollte jeder für sich führen, um nach Abwägung aller möglichen Aspekte für sich zu einer gereiften Entscheidung zu kommen.

 

Leider wird das Thema aufgrund bestehender Interessen zumeist sehr einseitig angegangen, nämlich um zur Spendenbereitschaft zu motivieren. Deshalb sollen im Folgenden noch einige weitere Anmerkungen gemacht werden, die zumeist in der öffentlichen Diskussion und im Rahmen der allgemeinen „Aufklärung“ unterbleiben. Auch die geistige Sicht, wie sie sich im Licht der Neuoffenbarung durch Jakob Lorber darstellt, soll mit einfließen.

 


Organentnahme bei toten oder bei sterbenden Menschen?


Eine entscheidende Frage, die sich im Rahmen der Organtransplantation stellt und die immer wieder zur Sprache kommt, ist die nach dem wirklichen Zeitpunkt des Todes des Menschen bzw. in diesem Fall des „Spenders“.  Der Deutsche Bundestag hat am 1.12.1997 das Transplantationsgesetz (TPG) verabschiedet und darin u. a. festgelegt,  dass Organe  erst entnommen werden dürfen, wenn der Tod des Organspenders festgestellt worden ist. Dies hat durch zwei „erfahrene Ärzte“ zu erfolgen, die unabhängig voneinander ihre Ergebnisse feststellen und schriftlich niederlegen müssen. Sie sollen sich auf dem „Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft befinden“. Unter Tod wird hier allerdings der „Gesamthirntod“ verstanden, der damit als Todesgrenze beim Menschen anerkannt wird und an dem sich die Transplantationsmedizin ausrichtet.

 

An dieser Sichtweise aber bleiben weiterhin, wie ich meine, berechtige Zweifel. Es gibt zahlreiche Stimmen, auch aus dem medizinischen Lager, die in diesem Punkt anderer Meinung sind. Die nachfolgenden Beobachtungen und Fakten sollten deshalb nachdenklich stimmen.

 

So trifft bei einer „Leiche“, deren Organe entnommen werden sollen, zu...
· dass ihr Herz schlägt, warm ist und durchblutet wird...
· dass sie eine rosige Haut hat, einen Hautausschlag bekommen, frieren,      schwitzen und Fieber haben kann...
· dass sie mit Hilfe des Beatmungsgerätes atmet und  sich  ihr Brustkorb  hebt und senkt...
· dass sie ein intaktes Stoffwechsel- und Immunsystem aufweist, ernährt wird und Verdauung hat...
· dass ihre Nieren arbeiten und Urin ausgeschieden wird
· dass Tränen fließen und Wunden heilen können...
· dass sie bei Schwangerschaft Kinder austragen und gebären kann...
· dass sie auf Berührung reagieren, sich aufrichten und die Arme und Beine bewegen kann (Lazarus-Symptom)...
· dass ihr Blutdruck beim Schnitt mit dem Skalpell ansteigt...
· dass sie Narkose-, Schmerz- und muskelentspannende Mittel erhält...
· dass sie "konditioniert" wird, d. h. herz- und kreislaufstärkende Mittel, Hormone und andere Medikamente erhält, um sie unbedingt am bzw. im Leben zu halten...
· dass sie bei Herzstillstand sogar wieder reanimiert, also wiederbelebt (!), wird. (Quelle: www.organspende-aufklaerung.de)

 

Auch wenn Mediziner und Wissenschaftler trotz dieser doch sehr klaren Symptome  unterschiedliche Schlüsse ziehen mögen, so wird m.E. hier jedoch deutlich, dass noch sehr viel Leben in dem „Toten“ ist und dass mit dem Ausfall der Gehirnfunktionen keineswegs alle Lebensfunktionen im Menschen erloschen sind. Als eine Stimme von vielen sei hier der Mediziner Linus Geisler zitiert. Er hat in einem Interview in der „Frankfurter Rundschau“ vom 24.2.1995 auf die Frage, ob ein „hirntoter“ Mensch tot sei, geantwortet:

 

„Ich sage ganz klar: Nein. Der Hirntod ist eine markante Zäsur in einem Prozess. Er zeigt an, dass der ‚point of no return’ im Sterben erreicht ist. Er ist also eine Phase im Sterbeprozess und damit eine Phase im Leben. Ihre Frage läuft letztendlich darauf hinaus: Ist ein Hirntoter ein Toter mit noch erhaltenen Körperfunktionen, oder ist er ein Lebender - 97 Prozent seines Körpers leben ja noch - ohne Hirnfunktion?“

 

Und wenig später sagt er:

 

Ob ein Hirntoter lebt oder nicht, können wir nicht als Ergebnis naturwissenschaftlicher Methoden wissen. Dieses grundsätzliche Unwissen lässt sich nicht durch Hirnstromuntersuchungen oder Messungen des Reflexverhaltens in Wissen überführen. Hier gibt es nichts zu messen und nichts zu registrieren, was uns eine sichere Antwort auf die Frage erlaubt: tot oder lebendig. Denn hier handelt es sich um eine anthropologische Frage. Es geht um die Frage: Was ist der Mensch?“

Mit diesem Hinweis weitet Linus Geisler das Blickfeld und führt uns in einen Bereich, der sich der Empirie entzieht und – zu  Recht – noch ganz andere Kriterien verlangt, die die Medizin und die Wissenschaft allein nicht zu geben vermögen. Den Menschen allein auf seine körperlichen und in diesem Fall speziell auf seine Hirnfunktionen zu beschränken, wäre in der Tat eine rein materialistische Sichtweise, die, wie wir bereits oben gesehen haben, der Ganzheit des menschlichen Wesens nicht gerecht werden kann.

 

Hier wäre eine ausführliche Gegenüberstellung von  naturwissenschaftlichem und geistigem Menschenbild erforderlich, was aber an dieser Stelle nicht geleistet werden kann. Stattdessen soll nun eine kurze Darstellung der geistigen Sichtweise des Sterbevorganges erfolgen, wie wir sie in der Offenbarung durch Jakob Lorber finden.

 


Der Sterbevorgang im Licht der Neuoffenbarung


Hier sei zunächst einmal betont: Wie der Sterbevorgang beim Menschen abläuft und wann dieser schließlich „tot“ ist, kann im Detail letztlich niemand sagen: Die Betroffenen können uns über ihre Erfahrung nicht mehr berichten und die Medizin bzw. die Wissenschaft lässt mit ihrer These vom Hirntod nach wie vor, wie wir gesehen haben, viele Fragen unbeantwortet.

 

Eine Hilfe ist dagegen das geoffenbarte Wort Gottes durch Jakob Lorber, das uns über die Todesschwelle hinausführt und anhand von Fallbeispielen und Erklärungen einen Einblick in das Ableben und den Übergang der Menschen von dieser Erde gibt. Allerdings müssen wir uns auch hier gerade wegen der Fülle der dargestellten Szenen und Vorgänge auf die Aspekte beschränken, die für unser Thema wichtig sind.

 

Einen ersten wichtigen Hinweis finden wir beim Sterbevorgang von Bischof Martin. Dort wird uns berichtet:

 

Seht, da sind wir schon – und seht, da liegt auch noch unser Mann auf seinem Lager; denn solange noch eine Wärme im Herzen ist, löst der Engel die Seele nicht vom Leibe. Diese Wärme ist der Nervengeist, der zuvor von der Seele ganz aufgenommen werden muß, bis die volle Löse vorgenommen werden kann. Aber nun hat dieses Mannes Seele schon völlig den Nervengeist in sich aufgenommen, und der Engel löst sie soeben vom Leibe mit den Worten: `Epheta`, d.h.` Tue dich auf, du Seele; du Staub aber sinke zurück in deine Verwesung zur Löse durch das Reich der Würmer und des Moders. Amen`.“ (BM.01_001,07f)

 

Durch diese Stelle wird für uns deutlich: Sterben ist ein Prozess, an dem Gott (durch seinen Engel) wirkt und beteiligt ist. Und das bedeutet zunächst einmal, dass dem Sterben und auch dem Sterbenden selbst mit Ehrfurcht zu begegnen ist.

 

Den Hinweis auf den „Todesengel“, der letztlich die Löse vornimmt, finden wir auch im Großen Evangelium: In einem Gespräch, in dem es um den Speisevorgang der Engel geht, wird von Josoe ausgeführt:

 

Wenn wir aber von Gott aus berufen werden, diese Welt zu verlassen, dann wird zuvor ein Engel Gottes mit uns ebenfalls machen, wie dieser nun tut mit der Speise, das heißt, er wird in einem Augenblick alles dem Geiste Angehörige aus der Materie frei machen, die Materie der vollen Auflösung übergeben, die Seele aber und ihren Lebensgeist, sowie alles, was in der Materie der Seele angehört, in vollkommenster Menschengestalt vereinigend in die reine Welt der Geister hinüberführen nach dem ewigen, unwandelbarsten Willen Gottes! – Siehe, das ist es, was du aus dem dir sonderbar vorkommenden Essen des mächtigen Himmelsjünglings lernen kannst und sollst!“ (GEJ.02_195,02)

 

Nehmen wir beide Aussagen zusammen, finden im Sterbevorgang also eine Sammlung des Nervengeistes (einem Fluidum zwischen Seele und Körper), eine Scheidung und schließlich eine Trennung der Seele von ihrem Leib statt, die dann in die geistige und jenseitige Welt hinübergeführt wird. Äußeres Kennzeichen, dass der Tod noch nicht eingetreten ist, ist schließlich eine „Wärme im Herzen“, die bei „Bischof Martin“ als „der Nervengeist“ beschrieben wurde. Aber gerade diese „Wärme im Herzen“ haben wir oben als eine Erscheinung bei einer „Leiche“ kennen gelernt, die zur Organexplantation bestimmt ist. Wer nun die Neuoffenbarung als göttliches Wort anerkennt, findet die bisherigen Zweifel bestätigt und muss an dieser Stelle ganz klar sagen: Der Hirntote, dessen Organe entnommen werden sollen, ist nicht tot, sondern er befindet sich vielmehr in einer abschließenden Phase des Sterbens. Die Neuoffenbarung unterstreicht damit die Skepsis gegenüber der „Hirntodthese“.

 

Fügen wir einen weiteren Aspekt im allmählichen Sterbeprozess beim Menschen aus Sicht der Neuoffenbarung  hinzu. Im 4. Band des Großen Evangeliums berichtet der junge hellsichtige Mathael über das Sterben einer Nachbarin, das er hat beobachten können. Dabei erkennt er, dass die Seele wie eine Dunstwolke aus der Brustgrube entweicht und sich erst allmählich in der jenseitigen Welt zu einer Menschenform entwickelt. Wichtig ist nun die folgende Beschreibung:

 

Während ich solchen Dunst über der Brustgrube der Kranken sich immer mehr ausbreiten und verdichten sah, lebte der Leib noch immer und stöhnte zuweilen wie jemand, der von einem schweren Traume geplagt wird. Nach etwa dem vierten Teile der Zeit einer römischen Stunde schwebte der Dunst in der Größe eines zwölfjährigen Mädchens etwa zwei Spannen hoch über des sterbenden Weibes Leib und war mit dessen Brustgrube nur noch durch eine fingerdicke Dampfsäule verbunden. Die Säule hatte eine rötliche Färbung, verlängerte sich bald und verkürzte sich auch wieder dann und wann; aber nach jedesmaligem Verlängern und abermaligem Verkürzen ward diese Dampfsäule dünner, und der Leib trat während der Verlängerungen stets in sichtlich schmerzhafte Zuckungen. Nach etwa zwei römischen Stunden der Zeit nach ward diese Dampfsäule von der Brustgrube ganz frei, und das unterste Ende sah aus wie ein Gewächs mit sehr vielen Wurzelfasern. In dem Augenblick aber, als die Dampfsäule von der Brustgrube abgelöst ward, bemerkte ich zwei Erscheinungen. Die erste bestand in dem völligen Totwerden des Leibes, und die andere darin, daß die ganze weißneblige Dampfmasse sich in einem Augenblick in das mir nur zu wohlbekannte Weib des Nachbarn umwandelte.“ (GEJ.04_128,07ff)

 

Hier wird uns gezeigt, wie langsam und behutsam der Übergang in die geistige Welt erfolgt und wie erst nach geraumer Zeit ein tatsächliches „Totwerden des Leibes“ erfolgt. Um eine Erläuterung dieses Vorganges gebeten, sagt der Herr:

 

Die sollet ihr sogleich haben; und so höret denn! Der ersichtliche Dunst – in dem Maße (Form) eines Menschen doch immerhin – ist eine Folge der großen Beklommenheit der Seele im Moment des Scheidens, in welchem sie vor lauter Furcht und Entsetzen auf einige Augenblicke ganz bewußtlos wird. Es ist eine außerordentliche Tätigkeitsanstrengung der scheidenden Seele, sich zu erhalten in ihrer sich selbst bewußten Existenz. Alle ihre Teile werden in eine außerordentlich heftige Vibration gesetzt, daß darob auch das schärfste geistersehende Auge irgendeine bestimmte Form nicht entdecken kann.“ (GEJ.04_129,01f)

 

Aus dieser Antwort des Herrn mag für unsere Frage zunächst einmal nur die große Anstrengung der Seele wichtig sein, die von Ihm an dieser Stelle erwähnt wird. Der Sterbevorgang ist letztlich nichts anderes als die Geburt in eine neue Welt und wie eine Geburt aus dem Mutterleib in diese irdische Welt für das Kind auch mit allerlei Anstrengung über einen langen Zeitraum verbunden ist, so gilt dasselbe auch für die Seele bei ihrer Geburt ins Jenseits.

 

Es fällt unter diesen Gesichtspunkten schwer, bei einer Organentnahme von einem menschenwürdigen Sterben zu sprechen. Denn was der gewaltsame Eingriff im Falle einer Organentnahme für die sich lösende Seele bedeutet, vermögen wir uns von außen kaum vorzustellen. Oben konnten wir sehen, dass der Blutdruck beim entsprechenden Eingriff ansteigt, was auf eine erhöhte organische – und zweifelsohne auch seelische – Tätigkeit schließen lässt. Es ist daher zu vermuten, dass ein starker seelischer Widerstand der Seele vorliegt, die sich gegen diesen gewaltsamen Eingriff wehrt. Was dieser letztlich für die Seele und ihren forcierten Übergang in die geistige Welt bedeutet, soll an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden; die Gefahr eines traumatisierten Überganges ist keineswegs auszuschließen.

 

Eine letzter Gedanke, auf den wir hier auch in aller Kürze eingehen  können, ist die Frage der mit dem materiellen Leib noch stärker verbundenen und gröberen seelischen Anteile, die im „normalen“ Sterbevorgang erst allmählich gelöst und der jenseitigen Seele zugeführt werden. In der Darstellung des Josoe klang dieses Thema bereits an (vgl. GEJ.02_195,02). In dem Werk „Die Erde“ erfahren wir mehr darüber:

 

Also besteht auch der menschliche Leib aus puren Seelenpartikeln; aber jene, die den Leib machen, sind noch grob, arg und unlauter, daher sie auch noch zuvor wieder in die Erde kommen, dort verwesen müssen und dann erst von da auf die euch schon bekanntgegebene Weise aus der Verwesung aufsteigen, um sich zur Komplettierung desjenigen Wesens, dem sie einst leiblich angehörten, anzuschicken. Dies ergibt sich gewöhnlich – wie euch schon bekanntgegeben – in der dritten oder obersten Erdgeistersphäre, wodurch dann natürlich erst ein jeder reine Geist vollkommen wird, wenn er nämlich all das Seinige wieder in sich aufgenommen hat, – welches Aufnehmen die sogenannte Auferstehung des Fleisches ist und den Spruch Pauli rechtfertigt, der da spricht: ,Ich werde in meinem Fleische Gott schauen.’“ (Er.01_040,06)

 

Überträgt man diesen Offenbarungsgedanken auf die Organtransplantation, so hat die Übertragung von Organen sowohl Konsequenzen für den Spender als auch für den Empfänger: Letzterem fehlen zur Komplettierung seiner Seele in der jenseitigen Welt die jetzt in einem anderen Leib gebundenen eigenen gröberen Seelenpartikel, worauf er letztlich – auch jenseitig – warten muss; der Empfänger dagegen trägt die fremden Seelenpartikel durch die implantierten Organe in sich. So kommt es zunächst zu einer Vermischung fremder Seelenspezifika, die später, d.h. nach dem Übergang des Empfängers, einmal wieder getrennt werden müssen.  Mag eine Organspende auch zu einer Verlängerung (und ggf. auch zu einer Verbesserung) des irdischen Lebens des Empfängers führen, die geistige Entwicklung in der jenseitigen Welt wird dadurch sicherlich nicht gefördert – ein Gesichtspunkt, der in der öffentlichen Diskussion in dieser Hinsicht keine Berücksichtigung findet.


 

Fazit:


Unsere Überlegungen zur aktuellen Diskussion der Organtransplantation waren von dem Bemühen gekennzeichnet, hier einmal die „andere“ Seite aufzuzeigen und bewusst zu machen, die im Regelfall nicht zur Sprache kommt. Einige Texte aus der Neuoffenbarung haben uns dabei geholfen, das Problem der Organspende aus einer geistigen Sicht zu beleuchten und vielleicht noch zusätzliche Kriterien für eine persönliche Entscheidung in dieser Frage zur Verfügung zu stellen. Eine persönliche Auseinandersetzung mit diesem Thema scheint immer mehr unumgänglich, da die Nachfrage nach zu transplantierenden Organen weiter zunehmen und der öffentliche Druck immer stärker werden wird. Von daher sind Kenntnisse um die medizinischen, aber auch um die geistigen Zusammenhänge immer wichtiger, um so auch zu einer abgewogenen Entscheidung dahingehend zu kommen, ob man sich für oder gegen eine Bereitschaft zur Organspende ausspricht.

 

Auf dieses Thema erneut aufmerksam zu machen und zu einer Auseinandersetzung auch unter geistigen Kriterien anzuregen, war Zweck dieses Beitrages.

(1997. Mit Genehmigung des Verfassers aus "Geistiges Leben" 01/08, Lorber-Gesellschaft)